Maka und Taka
4. Gadaga
(Die Ebene von Ur)
von Uwe Vitz
Endlich erreichten Maka und Taka Gadaga.
Solche merkwürdigen Häuser hatten sie noch nie gesehen.
Dieses seltsame Volk, die Dilin lebten nicht in Wohnhöhlen, wie die Wamaras,
sonder in runden Häusern.
Aber es war nichts von ihnen zu sehen oder zu hören.
Nach ihrer Auseinadersetzung mit den Sisuris zogen es die Schwestern vor schweigend durch das Dorf zu wandern
und sich nach Lebenszeichen um zu sehen. Doch niemand war zu sehen oder zu hören.
“Seid ihr in friedlicher Absicht hier? “
fragte eine heisere Stimme. Maka und Taka drehten sich um, doch niemand war zu sehen.
“Wir haben mit niemanden Streit.“ rief Maka.
Was nun stimmte, denn die Gruppe Sisuris, welche versucht hatte, die beiden Mädchen zu ermorden,
hatte die folgende Auseinadersetzung mit den Schwestern nicht überlebt.
“Seid ihr Freunde der Sisuris? „
Maka und Taka schwiegen.
“Seid ihr Freunde der Sisuris?“
Taka traf die Entscheidung. Sie trat vor und sagte laut: „Nein!“
„Welch ein Glück.“
Aus einem der seltsamen runden Häuser trat ein Mann.
Er war größer als die beiden Schwestern. Er hatte spitze Ohren und seine Augen hatten keine Pupillen.
Sie waren schwarz und bodenlos. Sie standen einem Dilin gegenüber.
Dieser Dilin näherte sich sehr vorsichtig. Immer wieder sah er sich um.
“Sind wirklich keine Sisuris in der Nähe? Wisst ihr, sie sind immer da, auch wenn man sie nicht sieht,
sie sind immer auf der Jagd. Sie jagen mich schon so lange,
aber ich habe es immer geschafft mich zu verstecken.
Die anderen haben sie gefunden und fort geholt, einen nach dem
anderen, aber ich, ich habe es geschafft mich vor ihnen zu verstecken.
Doch sie geben nie auf. Heimtückische Biester und sie kommen immer wieder. „
„ Es waren Sisuris in der Nähe, aber sind tot“, sagte Taka und
erzählte dem Dilin was geschehen war.
“Zehn Sisuris? Es sind mindestens hundert in der Gegend“, berichtete der Dilin.
“ Was ist geschehen, wo sind die übrigen Dilin? “ fragte Maka.
„ Ich bin der Letzte von Gadaga.
Mein Name ist Aktakzak, ich war der Hüter des vergangenen Wissens,
welches von einem Hüter der Dilin auf den Nächsten übergeht.
Gadaga war ein großes Dorf, hier lebten über hundert Dilins und wir
hatten Beziehungen zu anderen Siedlungen. Ja, wir waren mächtig und kannten viele Geheimnisse.
Dann eines Tages kamen die Sisuris zu uns.
Sie schenkten uns ihren Quelek-Trank. Quelek schmeckt gut
und macht Appetit auf immer mehr. Die Sisuris schenkten
uns soviel davon, dass wir es kaum trinken konnten. Ich warnte die anderen,
aber es war schon zu spät. Sie wollten nicht mehr auf mich hören. Wir besuchten keine anderen Dörfer mehr, wozu auch? Wir hatten ja den Quelek-Trank.
Er wurde uns ja geschenkt. Wir bekamen auch keine Besuche mehr aus anderen Dörfern.
Einigen von uns wurde die Gefahr schließlich doch bewusst und wenige versuchten andere Völker
zu erreichen. Doch von denen hörten wir nie wieder etwas.
Heute weiß ich, die Sisuris haben sie getötet.
Dann begannen die, die keinen Quelek trinken wollten zu verschwinden.
Jetzt schenkten uns die Sisuris den Quelek nicht mehr, sie verlangten dafür
Gegenleistungen. Wir wurden ihre Diener. Ja, wir gaben ihnen sogar unsere
Vorräte und schließlich gingen viele freiwillig mit ihnen, als man ihnen versprach
sie in das ` Land des großen Quelek ´ zu führen.
Nur wenige blieben hier in Gadaga. Nun benötigten die Sisuris keinen
Quelek mehr um uns schwach zu machen.
Ihr glaubt sie wären klein, ha, nur weil sie die Kleinen vorschicken.
Ich habe die großen Sisuris gesehen, sie kamen nach Gadaga und holten
sich meine Brüder und Schwestern, nur jene blieben übrig, die sich versteckten.
Für diese wenigen reichten auch die kleinen Sisuris , welche immer wieder zurückkamen,
um nach uns zu suchen, bis nur noch ich übrig war. „
Maka und Taka hörten schweigend zu, voller Schrecken dachten sie
an die Bewohner ihres Heimatdorfes, die ebenfalls Quelek nahmen. „Wir müssen zurück nach Punga“,
entschied Taka.
“Und du musst mit uns kommen Atakzak. Denn wir müssen sie warnen. „
Uwe Vitz - 28. Mai, 03:16
Maka und Taka 3
Die Entscheidung
(Die Ebene von Ur)
Von Uwe Vitz
Taka und Maka erreichten erschöpft und zitternd das Ufer.
“Die Sisuris wollten uns töten, sie wollten uns wirklich töten. „ sagte Maka ungläubig.
„ Ja und sie werden es wieder versuchen. „ meinte Taka.
„ Aber wieso? Wir haben ihnen doch gar nichts getan?“
„ Weil die Sisuris nicht wollen, das wir nach Gadaga gehen, eher töten sie uns.“
„ Was sollen wir tun? Wir haben nur noch die Wasserschläuche und unsere Wanderstäbe. Unsere Brotvorräte und Wasserschläuche haben die Sisuris.“
“Wir haben zwei Möglichkeiten. „ sagte Taka.
“ Entweder wir wandern weiter am See entlang, bis wir nach Gadaga kommen oder wir fliehen hinaus in die Wüste. „
„ Ohne Brot haben wir in der Wüste nur eine kleine Chance.“
„ Richtig und wenn wir am See bleiben finden uns die Sisuris, früher oder später. Unsere besten Chancen haben wir hier am Ufer, wenn die Sisuris nicht mehr leben. „
“Du meinst.? „
“Wir werden sie töten, sie lassen uns keine andere Wahl „ sagte Taka ernst.
“ Gut „ antwortete Maka, so entschieden die beiden Schwestern das Schicksal der Sisuris.
“Das ist die richtige Stelle. „ sagte Taka etwas später.
Sie standen unter einem großen Felsvorsprung, weiter hinten lag ein großer runder Felsbrocken.
Maka und Taka untersuchten den Felsvorsprung und entdeckten einen Spalt, in dem sie beide ihre Wanderstäbe stoßen konnten. Rasch suchten die Mädchen alle Steine in der Umgebung zusammen und häuften sie an der Spitze des Felsvorsprungs an.
Dann rollten sie mit Hilfe ihrer Stäbe auch den Felsbrocken etwas nach vorne.
Anschließend sammelten die Schwestern ein wenig Holz, welches sie unter den Felsvorsprung legten.
Wie es bei den Wamaras üblich war, rieben sie das Holz gegeneinander,
bis ein Feuer entzündet war.
Dann begaben sie sich hinter den Felsen und warteten.
“Dort hinten, diese beiden dummen Wamaras haben ein Feuer entzündet!„ meldete einer der Sisuris seinem Anführer.
„Also leben sie noch.“ zischte der Unhold böse.“ Aber nicht mehr lange. „
Maka und Taka sahen die Nachtwesen lautlos aus dem Dunkeln auftauchen.
Die Schwestern lagen hinter dem Felsen und beobachteten wie die Sisuris die Feuerstelle einkreisten, vorsichtig schlichen die Kreaturen näher.
Rasch versammelten sie sich um die Feuerstelle und begannen nach Spuren zu schnüffeln.
Beide Mädchen stießen ihre Wanderstäbe in die kleine Spalte und verstärkten den Druck auf den Felsvorsprung. Das Gewicht der Steine und der Felsbrocken tat ein Übriges. Der Felsvorsprung stürzte ab und riss die Steine und den
Felsbrocken und Erde mit sich. Maka und Taka lösten einen kleinen Erdrutsch aus.
Einen Augenblick später waren die Sisuris begraben.
“Leider sind unsere Brote mit ihnen begraben worden. „ seufzte Maka.
“ Naja, solange wir in der Nähe des Sees bleiben, werden wir auch Gadaga erreichen. „ erwiderte Taka.
So wanderten die beiden Schwestern weiter.
Uwe Vitz - 27. Mai, 03:23
Maka und Taka
2. Die Sisuris
(Die Ur-Ebene)
v. Uwe Vitz
Taka und Maka wanderten seit einigen Tagen Richtung Süden, um das Dorf Gadaga zu finden. Sie gingen an dem Ufer des Sees Pangado entlang.
Hier kannten sie sich noch ein wenig aus, die Wüste hingegen war
ihnen fremd.
Wieder einmal errichteten sie ihr Nachtlanger am Ufer,
als sie von schrillen Stimmen aufgeschreckt wurden.
„Was haben wir denn da? Zwei Wamaras alleine, so weit fort
von ihrem Dorf?“
Die Schwestern fuhren herum und sahen wie zehn Wesen aus der Dunkelheit auftauchten.
Spitze Schnauzen, Spitzohren, schmale Augen ein Maul voller Zähne,
so sahen die Kreaturen aus, die nun auf allen vieren heran liefen.
Erleichtert atmeten die Mädchen auf, dies waren nur Sisuris.
Nachtwesen, die vor allem Dingen mit dem Quelek-Trank handelten. Manchmal wirkten sie ein wenig unheimlich,
waren jedoch harmlos. „ Ja wir wollen nach Gadaga.“ berichtete ihnen Maka lächelnd.
„ Ihr wollt nach Gadaga? „ zischte der Anführer der Sisuris angewidert.
„ Da würde ich nicht hingehen. Gadaga wurde ausgelöscht. Eine Horde Monster ist über dieses Dorf hergefallen und hat alle Bewohner gefressen. Jetzt sind nur noch die Ungeheuer
da und warten auf neue Opfer. Nein, da sollte niemand hingehen.“
„ Ach und wenn dort niemand mehr ist, wovon leben die Bestien dort?“
„ Eine gute Frage.“ fauchte der Sisuri.
“Eine zu gute Frage, für so eine dumme Wamara. „
Plötzlich sprang der Sisuri Maka an und wollte ihr seine Klauen in den Hals schlagen.
Doch Taka, die immer mit Ärger rechnete, hatte schon ihren
Wanderstab ergriffen und schlug ihn mit aller Kraft gegen
den Schädel des Anführers, ehe er Maka erreichte.
Die übrigen Nachtwesen heulten wütend auf. Maka ergriff
ebenfalls ihren Stab. Der Anführer erhob sich aus
dem Staub und taumelte zu seinen Artgenossen.
„ Ihr seid tot.“ knurrte er. Rasch bildeten die Sisuris
einen Halbkreis und wichen einige Schritte zurück.
Die beiden Schwestern schwangen ihre Wanderstäbe um
die Sisuris zu vertreiben. Der Sisurianführer sagte etwas zu seinen Untertanen, in ihrer eigenen schrillen Sprache.
Sie begannen Steine zu sammeln.
„ Sie wollen uns steinigen!“ erkannte Maka entsetzt. „Ins Wasser!“ rief Taka. Die beiden Schwestern sprangen in den See und begannen zu schwimmen. Schon flogen die Steine hinter ihnen her.
Rechts und linkst von den beiden spritzte das Wasser auf.
Aber sie schwammen weiter, panisch vor Angst und Entsetzten. Immer weiter in den See hinaus, nur fort von den Steine werfenden Sisuris. Als sie endgültig im See verschwunden waren, blickte der Anführer ihnen mit zusammen gekniffenen Augen nach.
„ Diese dummen Wamaras, sie werden einfach ersaufen. „,
sagte einer der Sisuri zu ihm. Der Anführer drehte sich um und zischte:
„ Ich will ihre Leichen sehen, wir werden warten und das Ufer absuchen,
bis wir die beiden gefunden haben. „
Das Nachtwesen erkannte, es wäre unklug seinem Anführer zu widersprechen wenn er in dieser Stimmung war.
So begann die Jagd der Sisuris auf Maka und Taka.
Uwe Vitz - 26. Mai, 04:02
Maka und Taka 1.
Die große Schlange Zaala
(Die Ur-Ebene)
v. Uwe Vitz
„ Gepriesen sei Zaala, die große Schlange, unsere geliebte Herrin! "
rief der Schamane. „ Gepriesen sei sie! " erwiderten die Gläubigen.
„ In Ewigkeit! "
„ Und gepriesen seien Maka und Taka, welche als Opfer ausgewählt wurden! "
„ Gepriesen seien sie in Ewigkeit!“
„ Ich will nicht von der großen Schlange verschlungen werden. "
murmelte Maka verzweifelt.
„ Ach ja und weshalb hast du den Sohn des Häuptlings abgewiesen, Schwester?"
fragte Taka ärgerlich.
„ Er hätte uns beide geheiratet, aber nein."
„ Du weißt doch, er hat seine beiden letzten Frauen erschlagen, ich hatte Angst.
Er ist wahnsinnig, wenn er diesen Qulek-Trank trinkt. " verteidigte sich Maka.
Da betrat der Schamane das Zelt, in welchem sie sich auf ihr Opfer vorbereiteten.
Er trug seine Schlangenmaske,die ihm zu einem Abgesandten Zaalas machte.
„ Wir bringen euch jetzt zu der Höhle Zaalas. " sagte er. „ Falls ihr überleben wollt, habt ihr nur eine einzige Chance,
sobald Zaala aus ihrer Höhle kriecht dürft ihr euch nicht bewegen, egal was geschieht."
Man führte sie vor die große Höhle
und ließ die die beiden Mädchen unter Dankgebeten an Zaala alleine.
Fesseln oder Wächter waren unnötig.
Wenn sie in ihr Heimatdorf zurückehrten,
würde man sie steinigen, flohen sie in die Wüste, war ihr Tod ebenso sicher.
Verzweifelt warteten sie auf ihr Ende.
Und dann hörten sie wie Zaalas großer Körper über den Boden in der Höhle kroch.
Beide erstarrten, ob es an den Worten des Schamanen lag oder an der nackten Angst.
Zaala, die große Schlange.
Eine gewaltige weiße Göttin mit zwei unergründlichen dunklen Augen.
Zaala war da.
Langsam kroch die Riesenschlange auf ihre beiden Opfer zu.
Der Kopf Zaalas hob sich, sie witterte die beiden Mädchen.
Zaala sah sie an.
Keine von beiden hätte später sagen können, wie lange sie in die Augen der Schlange starrten.
Plötzlich war es vorbei.
Ganz langsam drehte Zaala sich wieder um und kroch zurück in ihre Höhle.
„ Wir haben es geschafft, wir leben noch. " rief Maka erleichtert.
„ Ja, bis Zaala zurückehrt oder wir verhungern,
es dauert nur ein wenig länger bis wir sterben. " erwiderte Taka.
Doch etwas später kehrte nicht Zaala sondern der Schamane zurück.
Er sah Taka und Maka zufrieden an. „ Es ist wirklich gelungen. Zaala hat euch verschont und sie hat meine Gebete erhört. "
„ Und was wird jetzt aus uns? " fragte Taka verzweifelt.
„ Ihr müsst von hier fort gehen, zu einem der anderen Dörfer" antwortete der Schamane.
Taka und Maka blickten ihn schockiert an. „ Andere Dörfer als Punga?
Es gibt noch andere Dörfer auf der Welt? "
„ Früher einmal gab es viele Dörfer unseres Volkes, der Wamaras,
auf der Welt und es gab sogar noch Dörfer eines anderen großen Volkes, der Dilin.
Doch seit langer Zeit haben wir nicht mehr von ihnen gehört,
kein Wamara oder Dilin hat Punga besucht, seit ich ein Knabe war
und heute werden meine Haare grau.
Nur noch die Sisuris kommen aus der Wüste und tauschen ihren Quelek-Trank
gegen Werkzeuge oder Nahrung. Aber die Bewohner Pungas werden immer weniger.
Wir brauchen Kontakt zu den Anderen. "
„ Und deshalb hast du uns geholfen?" fragte Maka.
„ Ja, auch deshalb. Aber ich mag dich und deine Schwester wirklich.
Seht, ich habe euch hier einen Schlauch mit frischem Wasser
und einen Beutel mit Brot, zwei Wanderstäben und zwei Mäntel
mitgebracht, damit könnt ihr, wenn es nötig ist, sogar durch die Wüste gehen. "
Er gab den beiden Mädchen die Sachen und deutete Richtung Süden.
„ Ihr müsst, am Ufer entlang reisen, auf der anderen Seite
des Sees lag früher Gadaga, dort lebten Dilin, aber ob es dieses Dorf heute noch gibt,
weiß ich nicht. Von dort kam niemand mehr zu uns und die,
welche dort hin wanderten kehrten nie zurück. "
„ Danke für deine Hilfe Schamane, wir haben wohl keine Wahl.
Wir werden dort hin gehen. "
.Ihre Schritte verhallten im Kies
Uwe Vitz - 25. Mai, 23:37
Das Vermächtnis 6
(Der Bund von Torn)
v. Christel Scheja
Mein Kopf schwirrte von den unzähligen Eindrücken, die mich für einen winzigen
Augenblick in ihren Bann geschlagen hatten. Dann war es schlagartig dunkel um
mich geworden.
Leb wohl mein Bruder, dachte ich müde.
Wenigstens habe ich in meinem letzten Traum an deiner Seite sein dürfen.
Vielleicht sehen wir uns in einem anderen Lehen wieder...
Dann jedoch schreckte ich übergangslos hoch, nur um in das Gesicht der Heqt zu
sehen, die sich über mich gebeugt hatte. Ihre Augen wirkten besorgt, aber dann lächelte
sie voller Stolz und stützte mich, als die Schwäche in meine Glieder fahr.
"Endlich bist du erwacht, mein Kind. Ich dachte schon, das Gift der Sh'ar habe dich von uns
genommen. Du hast länger geschlafen, als es üblich ist."
"Dann bin ich. nicht tot?" fragte ich verwirrt.
"Das Gift der Sh'ar gilt doch..."
" Nur wenn du schwach- gewesen wärest, oder mit einem Makel behaftet, wärest du
nicht mehr erwacht. Die Sh'ar des Tempels tragen ein besonderes Gift in sich, das nicht
sofort, nicht unbedingt tötet. Willkommen unter den Auserwählten der Göttin!"
Ich berührte das Mal an meinem Hals, das zu einem mir wohlbekannten Zeichen vernarbt war. Jetzt endlich wusste ich woher das Mal stammte, dass auch die alte Sham al'Udr. getragen hatte, und sich zu wichtigen Anlässen auf die Stirn malte.
Verwirrung erfasste mich. Dann war ich also die ganze Zeit hier gewesen und nicht an jenem anderen Ort, nicht bei meinem Bruder? Meine Lehrmeisterin lächelte mich an und deutete auf eine kleine Truhe. "Dort liegen deine Gewänder. Wenn es dir besser geht,
dann kleide dich an und komm zu uns in die Halle. Wir wollen deine Erwählung und
deinen Abschied feiern."
"Meinen Abschied?" An der Tür drehte sich die alte Priesterin noch einmal auf meine
Frage hin um.
"Wie könntest du der Großen Mutter besser dienen als bei deinem Stamm, wo du dich
wirklich geborgen fühlst? Wir wussten von Beginn an, dass du dich niemals an die Hallen aus Stein gewöhnen würdest und haben dich immer nur als Gast betrachtet. Das ist es doch was du dir im tiefsten deines Herzens immer gewünscht hast oder? Sham al’Udr zu sein, eine Weise Frau. Die Göttin
hat Großes mit dir vor."
Sie wartete meine Antwort nicht mehr ab und verschwand aus dem Raum. Ich aber spürte, dass etwas in meinem Rücken stach und griff' danach. Mir stockte der Atem: Ich hielt die Hälfte einer Metallscheibe in den Händen, die jener aus dem Tempel Imais glich und sie trug die Hälfte eines Symbols das gleichzeitig das meiner Berufung war.
Ich schluckte, als ich das leise Wispern vernahm, das mich erfüllte. Der Traum war
kein Traum gewesen'. Alles war so geschehen, wie ich es erlebt hatte.
Ich schreckte auf, als mich etwas kitzelte und sprang sofort auf, blind in die Sonne
blinzelnd. Es dauerte eine Weile, bis ich wieder sehen konnte. Noch immer waren die
Spuren meines Sturzes auf der Düne zu sehen, aber ich war nicht in ein Loch gefallen, sondern gegen einen, versteckten Felsen geprallt. Ein Fiebertraum, weil ich das Was-
ser...
Hastig griff ich danach, doch der Beutel war ebenso verschwunden wie mein Burnus.
Ich sah mich verwirrt um. Was war damit bloß geschehen? Oder gab es die kleinen
Geschöpfe wirklich, die ich in diesem verrückten Traum gesehen hatte?
Ich hob die Hand an die Stirn.
"Warum muss das gerade mir passieren?“ Ich war einfach nur unachtsam gewesen hatte geträumt, sonst wäre ich nie gestürzt.
Was sollte ich tun? Einfach weiterwandern, oder zurückehren und erzählen, was ich geträumt hatte? Die Alten würden doch über mich lachen! Nein, ich musste noch wegbleiben, und das Beste aus meiner Lage machen. Etwas anderes blieb mir gar nicht übrig, beschämt über meine Unachtsamkeit.
Ich stöhnte auf. Ein spitzer Gegenstand stach in meine Handfläche. Die ganze Zeit hatte ich krampfhaft die Hälfte einer zerbrochenen Metallscheibe m den Fingern, gehalten. Und während ich das Symbol des
Stammesführers anstarrte, dass so seltsam unvollständig erschien, kehrte die Erinnerung zurück- Also waren meine Erlebnisse in der unterirdischen Stadt doch kein Traum
gewesen. Ich holte tief Luft und spürte, wie meine Zweifel wichen. Nein, nun brauchte
ich nichts mehr zu erzählen.. sondern nur noch den Schmuck vorzuweisen, der grün metallisch in meiner Hand schimmerte. Und Vater würde stolz auf mich sein, wenn ich
heimkehrte, denn ich kannte nun die Antwort auf die Fragen, die man mir stellen
würde
Ende.
C. by Christel Scheja
Uwe Vitz - 24. Mai, 07:40
Das Vermächtnis 5
(Der Bund von Torn)
v. Christel Scheja
Wie konnte ich Kiman erklären, dass ich tot war, gestorben durch den Biß einer Sh'ar?
Dass mein Mal nur die Endgültigkeit unserer Trennung bezeichnete? Ich wandte mich von ihm ab. Und um nicht weiter darüber nachzudenken, betrat ich entschlossen den Eingang.
Drinnen war es wie erwartet dunkel, aber durch einige Risse in der Decke fiel Tageslicht und meine Augen gewöhnten sich rasch an das Dämmerlicht. Ich erkannte Bilder und Zeichen in den Wänden, hielt mich jedoch nicht damit auf, sie genauer zu betrachten. Diese Grotte war offensichtlich nur der Beginn eines Systems Gängen - aber
irgendwie hatte ich nichts anderes erwartet.
War Imai doch eine Stadt im Herzen der Würfelwelt, in einem von der Göttin als Heimstatt
geformten Felsen. Uns gegenüber waren gleich drei Öffnungen zu sehen und wieder
befanden sich über ihnen Symbole: Ein Stern, zwei zu einer Schale geformte Hände
... und eine, einem Kristall entspringende Flamme.
Ich runzelte die Stirn. Meine alte Lehrmeisterin hatte oft von der Bildersprache, unserer Vorfahren gesprochen.
„ Es sind jedoch nicht nur bloße Wörter mein Kind, sondern heilige Symbole, denn jeder Schritt in Imai,
war einer in dem Leib der großen Mutter.
Mit Jedem Tor das du beschreitest kommst du Ihr näher- oder aber entfernst dich von
ihr.“
Ich schrak aus meinen Gedanken, als mein Bruder über einen Stein stolperte und ihn
gegen die Wand trat.Das Klacken hallte
mehrfach wieder. Auch er betrachtete Stirn runzelnd die Symbole. "Wir müssen uns
schon wieder entscheiden.“ Kiman blickte mich Hilfe suchend an und suchte vertrauensvoll den Griff meiner Hand. "Weißt du auch jetzt noch weiter? Ich bin wirklich froh, dass du hier bist. Ohne dich wäre Ich
schon längst verloren ...".
Er sah mich an. "Es ist seltsam ... von klein auf sind wir unzertrennlich, und obwohl wir
glaubten, dass es mit der Schwelle zum Erwachsensein ein Ende hätte ... führte das
Schicksal uns auch jetzt wieder zusammen."
"Ich weiß!" Ein seltsames Kribbeln durcheilte meinen Astralkörper, der sich nur in
einer dünnen Hülle in der wirklichen Welt zeigte. "Vielleicht hat die Göttin uns das
vorherbestimmt."
Aber warum war ich. dann tot?
Energisch vertrieb ich, meine Zweifel und meine Angst und betrachtete die Symbole.
"Lass uns dem Weg des Glaubens folgen!"
meinte ich und führte Kiman durch das Portal unter den Händen.
Wir durchschritten dunkle Gänge, in denen
wir uns manchmal nur voran tasten konnten, die aber immer wieder in erhellten Räumen
endeten. Wieder und wieder musste ich die Zeichen über den Toren deuten, um uns
weiter zu bringen. Wann immer wir einen
Irrweg nahmen, erkannten wir das an unseren Fußspuren im Staub, die wir kreuzten.
Wie konnten hier einst Menschen gelebt haben?
Einige der Hallen wirkten wie Wohnräume, aber jedes Anzeichen von Leben war verschwunden oder zu dem grauen Staub zerfallen, der den Boden knöchelhoch bedeckte? Manchmal meinte ich behauene Nischen und die Andeutung von
kleinen Fensteröffnungen zu erkennen, aber der Fels war in sie geflossen und hatte sie
wieder verschlossen.
Schließlich schwanden meine Zweifel- Wir
erreichten eine Halle, die die Zelte unseres
gesamten Stammes aufzunehmen vermochte. Der Boden war mit bunten Steinplatten
bedeckt, die ich auch aus dem Tempel der Flussleute kannte. Nur mit dem Unterschied,
das unsere Zeichen auf ihnen abgebildet waren!
An der Stirnwand erblickten wir reglose Gestalten, die eine riesige Schale aus weißem Stein- umstanden. Das Feuer, das in ihr waberte schien nicht wirklich zu sein, denn
ich sah es auch mit meinen anderen Sinnen
Es ließ für die Augen die Gestalten lebendig erscheinen, aber es waren, nur Statuen aus
grauem Stein.
Erstaunt holte ich Luft. "Das ist ein heiliger Ort, Kiman. Die Menschen des Flussvolkes
nennen, einen solchen Ort auch Tempel. Und dieser hier ist der unserer Vorfahren.".
Mein Bruder schwieg. Ich konnte nicht erkennen, ob er erstaunt, neugierig oder bstürzt war. Er stützte eine Hand in die Hüfte und starrte hinüber, unschlüssig, ob er sich
die Schale genauer ansehen sollte. Ich überließ ihm die Entscheidung. Mit meinem
Wissen hatte ich ihn an. diesen Ort geführt- nun musste er bestimmen, was wir tun sollten.
Die Magie dieser Halle durchflutete mich,
strömte durch mich wie die Wasser des Lebensstromes durch sein Bett. Niemals hatte ich mich der Großen Mutter näher gefühlt als jetzt. Vielleicht weil sie in Ihrem Heiligsten gegenwärtig war?
Ich schloss für einen Moment die Augen.
Göttin, ich danke dir, dass du mich den Ort schauen ließest, an dem du einst unseren
Ahnen erschienen bist.
"Wir sehen uns das genauer an!" entschied Kiman nach einer langen Zeit des Schweigens.
"Du musst nicht mitkommen, denn meine Aufgabe ist es, das Unbekannte zu ergründen, um den Stamm einst sicher zu führen, ich darf jetzt nicht verzagen. Begleitest du mich?“
Ich blickte auf unsere ineinander verschlungenen Finger.
„ Ja!“Nachdem wir so weit gekommen waren, wollte ich das letzte Geheimnis der Höhlen
nicht unerkundet lassen. Ich wusste ja nicht, ob wir jemals noch einmal einen Ausgang
finden würden, trotzdem wollte ich nicht unwissend sterben. Kymarah würde mir
sicher zustimmen, und ich merkte an ihrem
Blick, dass sie mich nun auch noch ermunterte. " Achte jedoch auf die Steinplatten. Ich.
bin mir sicher, dass der Weg durch die Halle eine weitere Prüfung für uns ist!"
Sie deutete auf einige Staubhaufen, am Rande der Halle, die mir bisher nicht aufgefallen, waren Ich schluckte, besaßen diese doch ungefähr die Form in sich zusammengesunkener
Menschen.
So musterte ich nachdenklich, die Steinplatten, versuchte einen Sinn in den Symbolen
zu finden. Wie musste ich denken? Sollte ich meinen Gefühlen vertrauen oder alten Traditionen folgen?
Was hatte mich mein Vater gelehrt?
„ Viele Dinge wiederholen sich, ob du nun zum Himmel siehst oder die Wüste betrachtest.
Und wenn du die Zeichen zu lesen verstehst, wirst du immer deinen Weg finden.“
Und so erinnerte ich mich an die Symbole, denen wir gefolgt waren und tat den ersten
Schritt.
Nichts geschah, und so wurde ich immer mutiger. Wenn ich mich nicht mehr an das
nächste Symbol erinnerte, oder unsicher war welches folgte, lenkte mich Kymarah
sanft in die richtige Richtung.
Wir waren in unser Tun so versunken, dass wir erstaunt aufsahen und bemerkten, dass
wir unser Ziel erreicht hatten, als wir vor der Steinschale standen.
Meine Schwester und ich hoben die Köpfe und blickten in die Juwelenaugen und das
bewegungslose Gesicht einer Statue.
So stellten sich die Flussleute ihre Götter, aber doch nicht wir? Unsicher blickte ich zu
Kymarah, deren Augen sich erstaunt weiteten, denn das Antlitz der Statue, die ihre
Hände über das Feuer hielt spiegelten sich in den Zügen meiner Schwester wieder und
der Mann mit dem Speer an ihrer rechten Seite in den meinen.
"Das sind wir!" wisperte Kymarah und trat einen Schritt vor. Gebannt beobachtete ich,
wie sie ihre Hände auf den Rand der Schale legte und in das Feuer blickte. Ich musste es
ihr gleichtun, denn es erschien mir als das einzig Richtige.
Ein seltsames Gefühl durcheilte meinen Körper, als ich im Feuer eine zerbrochene
Scheibe aus grünem Metall sah. Sie war vielleicht so groß wie das Rad an. einem
Wagen der Flussleute und schmucklos.
Wenn sie einmal Verzierungen besessen hatte, dann waren die sicher weg gebrannt
worden.
Eine innere Stimme in mir wisperte, plötzlich, dass ich danach greifen solle und heilen,
was durch Unachtsamkeit und Missgunst zerbrochen sei. Kymarah schien das gleiche
zu denken, denn ihre Hand hob sich gleichzeitig mit der meinem. Für einen Moment
fürchtete ich noch, dass die Flammen mich
verbrennen würden, doch nur ein warmer Hauch umschmeichelte unsere Arme.
Jeder von uns berührte eine Hälfte der Metallscheibe, die sich leichter bewegen ließ,
als ich vermutet hatte. In. dem Moment, da
wir sie zusammen schoben und ein wahrer Strom von ineinander fließenden Bildern
und Mustern vor unseren Augen erschienen, schwanden, mir jedoch die Sinne.
Uwe Vitz - 23. Mai, 23:46
Das Vermächtnis 4
(Der Bund von Torn)
v. Christel Scheja
Meine Schwester hatte recht. Wenn ich der Nachfolger meines Vaters werden wollte,
mußte ich auch Entschlossenheit und Mut
zeigen, selbst in scheinbar ausweglosen Situationen wie dieser.
Ich lächelte Kymarah an. Sie hatte mir den richtigen Weg gewiesen, und so erhob ich
mich und stieg über die Knochen hinweg.
Kymarah folgte mir langsam. Schon bald ergriff ich wieder ihre Hand und zog sie
sanft hinter mir her.
Es war inzwischen so hell, dass wir weitere Einzelheiten erkennen konnten. Der Himmel
verfärbte sich bereits rot, und die ersten Strahlen der Sonne blitzten über den Horizont. Irgendwie schien es, als würden auch die Scheren des Skorpions wieder zucken.
Wir stellten nun auch fest, dass über jedem Höhleneingang in unserer Nähe ein Symbol
in die Felsen geschlagen war. Ich blickte Kymarah fragend an, "Welchen Eingang
sollen wir nehmen, denn immerhin sind die Zeichen nicht ohne Grund da, oder?"
"Nichts geschieht ohne Grund." Kymarah runzelte die Stirn. Es war die Aufgabe der
Frauen, sich mit magischen Dingen zu beschäftigen und das Wissen darum weiterzugeben. Meine
Mutter und die Sham al'Udr hatten sie schon darin unterwiesen, bevor sie
in den Tempel gegangen war..
Meine. Schwester berührte kurz entschlossen die Stickerei auf meinem Stirntuch. "Hier,
die r'talis. Die sich ewig häutende Echse. Ich denke, das Zeichen unseres Stammes wird
uns Glück bringen!"
Ich lachte. "Du hast Recht! Denn gerade hier und jetzt müssen wir auf unsere Überlieferungen verlassen!" Ich streifte meinen Burnus ab'und reichte um ihr. "Vielleicht kannst
du ihn brauchen."
Tatsächlich streifte Kymarah sich das Tuch
über und lächelte mich dankbar an. Ich zog erstaunt eine Augenbraue hoch, denn der
Stoff hatte wieder dieselbe reine Farbe wie bei meinem Aufbruch angenommen und der
Schmutz aus den Höhlen war verschwunden. Vielleicht sollte ich meine Schwester
wenn alles vorüber war, einmal bitten, mir alles zu erklären, doch jetzt hatten wir nicht
mehr die Zeit dazu.
Rasch kletterten wir über einige Steine und an Vorsprüngen hinauf zu der Höhle. Die
verwitterten Überreste einer Treppe waren eine große Hilfe für uns, denn gerade als
von unten wieder das shik, srrik erklang, erreichten wir den Vorsprung,
Ich lachte erleichtert auf. "Das war gerade noch rechtzeitig, findest du nicht?"
"Ja, das stimmt!" entgegnete Kymarah verlegen. "Ich hatte nur nicht damit gerechnet,
dass er so schnell erwachen würde."
Sie beobachtete wie ich das Toben der Kreatur im Kessel. Plötzlich griffen die Zangen
des Skorpions in ein Loch und zerrten etwas ans Licht des Tages. Der Stachel zuckte vor
und bohrte sich zielstrebig in die nackte Brust eines haarlosen, kleinen Geschöpfes.
Sein Zetern und Keckem verstummte
schlagartig. Während sich der Skorpion mit seiner Beute davonmachte, stieß ich zischend die Luft aus und wischte mir den Schweiß von der Stirn. "Das ist eines der Wesen, die mich an diesen Ort verschleppten", erklärte ich. "Sie wollten mich dem Skorpion opfern, glaube ich. Und sie beherrschen die Ranken, die mich fesselten."
Kymarah schob sich eine lange Strähne ihres Haares aus dem Gesicht. "Die Flussleute
nennen die Wesen da Q'dro Nyan – kleine Plage. Diese Biester bevölkern die Ufer und
bestehlen die Bauern und Fischer aber eigentlich sind die harmlos und flüchten immer, wenn man sie aufscheucht. Einige halten sie sich sogar als Haustiere, und im
Tempel werden sie an die Schlangen verfüttert,"
Schlangen! Das war ein gutes Stichwort .Ich sah meine Schwester ernst an.
"Du hast auch
einen Biß am Hals'."
'"Ja.. '' antwortete sie gedehnt, so als sei sie ganz weit fort. "Nichts schlimmes, nur ein
Teil meiner Prüfung." Kymarah war dabei blass geworden. "Lass uns hier nicht noch
mehr Zeit vertrödeln und jetzt endlich in die Höhle gehen!" sagte sie schroff.
Ich nickte verärgert. Mit meiner Schwester stimmte etwas nicht. Ich beschloss jedoch,
sie nicht weiter zu fragen» wenn ich auch nicht verstand warum, denn zwischen uns
hatte es nie Geheimnisse gegeben.
Uwe Vitz - 22. Mai, 06:25
Das Vermächtnis 3
(Der Bund von Torn)
v. Christel Scheja
„ Nein!" Alles krampfte sich in mir zusammen, und ich begann mich hektisch zu bewegen, um die Ranken zu lockern, zu zerreißen. Doch die diese waren mittlerweile so
hart wie Stein geworden.
Sollte ich als Opfer für Skorpione dienen?
Oh Göttin, nein, ich war dem Tod geweiht!
Meine anfängliche Freude verwandelte sich in Angst. Vielleicht war ich wieder an der
Oberfläche, aber ich würde dennoch sterben.
Das Scharren war zu laut. Das oder die Tiere mussten größer als gewohnt sein. Suchten
sie mich? Vielleicht, wenn ich mich ganz still verhielt, dann konnte ich vielleicht ...
Ernüchtert holte ich Luft und ergänzte die letzten Gedanken verbittert ... meinen Tod
herauszögern
"Ich bitte dich. Große Mutter der Wüste, zeige doch Gnade. Ich will von nun an
immer dein demütiger Diener sein", flehte
ich verzweifelt und hielt die Luft an.
Denn als hätte mich die Göttin wirklich erhört. entstand plötzlich, nur wenige Schritte
vor mir, ein schwaches Glühen, das sich zu einer menschlichen Gestalt formte.
Ich stieß zischend die Luft wieder aus. Das war doch meine Schwester Kymarah
Wie konnte das sein? Sie hielt sich doch an einem Ort, viele Tagesreisen entfernt auf.
Nein, mein Verstand umnebelte sich bereits vor Angst, um. es mir leichter zu machen.
Ich wollte nicht daran glauben...
Und doch; An ihrer unvergleichlichen Bewegung, mit der sie ihr hüftlanges schwarz-
seidenes Haar zurückwarf und dem besorgten Blick aus ihren wunderschönen dunklen
Augen erkannte ich sie!
Ihr Leuchten war ein deutliches Zeichen für die noch vorhandene Gefahren, Ich hörte
das näher kommende Scharren und das Klicken von Scheren. "Bei der Göttin! Uns nähert sich ein riesiger Skorpion, Kymarah! Du mußt fliehen!"
Meine Schwester drehte sich jedoch nur um und hob die Hände. Aus ihrem Mund erklang ein seltsamer unmelodischer Singsang, und das snik snik, snik erstarb mit
einem Male.
Ich atmete auf. Meine Schwester war wirklich bereits eine machtvolle Sham al'Udr,
denn nur die bewahrten in solch einer Gefahr Ruhe.
Kymarah kauerte sich an meiner Seite. Ich starrte sie erstaunt an, denn in ihrem Gesicht
stand nicht Freude, sondern Verwirrung geschrieben, als wisse sie selber nicht, wie
sie an diesen verfluchten Ort gekommen sei.
"Kiman, du hier?" wisperte sie fragend.
"Ja ich bin es wirklich!" Ich lachte und wurde schlagartig wieder ernst. "Was ist mit
dem Skorpion geschehen?"
"Nun, ich habe ihn eingeschläfert, so wir es im Tempel als erstes gelernt haben." entgegnete sie bescheiden. "Er wird erst wieder erwachen, wenn die Sonne hoch am Himmel
steht. - Was machst du denn hier? Bist du
nicht auf deinem s'kima?“
"Doch, das bin ich wohl aber meine Unachtsamkeit hat mich in diese mißliche Lage
gebracht. Bitte befreie mich erst einmal aus den Rankenfesseln, damit ich dir in aller
Ruhe erzählen kann. Was passiert ist!“
seufzte ich. "Oh. Ich danke der Göttin aus
tiefstem Herzen für die Rettung. Nur Kymarah, warum hat sie gerade dich gesandt?“
Ein schmerzlicher Ausdruck über das Gesicht meiner Schwester oder täuschte ich mich da?
Sie antwortete nicht, sondern widmete sich lieber meinen Fesseln. Ihre Hände
legten, sieh auf die getrockneten Pflanzen, dann sprach sie einige kehlige
Worte.
Ich zuckte zusammen, als es an diesen Stellen heiß wurde, aber ihr Zauber erreichte
sein Ziel. Die Ranken lösten sich und fielen von mir ab. Rasch schob ich sie aus meiner
Reichweite, setzte mich auf und nahm meine Schwester in die Arme und stellte fest,
dass sie gar nichts am Leib trug. Warum war mir das vorher nicht aufgefallen? Andererseits erklärte es ihr rasches Auftauchen. Sie hatte nur einen Teil ihres Selbst gesandt. Ihr Körper ruhte an einem anderen Ort, und das was ich in den Händen hielt, war nur die
dünne Hülle ihres Geistes. Zart und zerbrechlich wie der Flügel eines der bunt-
schillernden Insekten, die in den Oasen lebten. Ich staunte darüber, dass sie sich so anfühlte, als sei sie wirklich hier. Aber dieses Mysterium würde ich wohl niemals begreifen.
Verlegen löste ich mich wieder von ihr und lächelte sie an. "Oh. Kymarah, du bist wirklich von der Göttin auserwählt worden. Ohne dich hätte ich sterben müssen, wie die vielen anderen hier.."
Ich blickte beklommen auf die um mich herum verstreuten Knochen. Nun wusste ich
ich, wo all diejenigen gestorben waren, die auf dem s'kima verschwanden. Kymar
indes schien darauf nicht zu achten. Sie blickte nachdenklich auf den Horizont, an dem sich die ersten Anzeichen der Dämmerung zeigten, ich bemerkte eine kleine blutende Wunde an ihrem Hals.
Bei der Göttin!
Ich war ganz sicher gestorben. Wie sonst hätte ich so schnell an diesem Ort sein können, um meinem Bruder beizustehen? Ich wusste, dass die Göttin manchmal Menschen auserwählte, die ihr auch noch nach dem
Tode dienten. Also hatte sie mir diese Gnade erwiesen und ich dankte ihr stumm, dass gerade ich Kiman erretten dürfen. Doch ich würde ihn niemals wieder wirklich in. den Armes halten dürfen. Traurig dachte ich daran, dass die Priester meinen Körper wohl. bald in die Wüste tragen würden.
Mein Bruder berührte mich erneut. Ich schreckte zurück, denn seine Finger brannten wie Feuer auf meiner Haut.
"Kymarah, wie bist du hier her gekommen?" bedrängte er mich.
"Bist du nun eine Shamal'Udr?"
Ich sah in seinen Augen, dass er das glaubte. Wie sollte ich ihm nur deutlich machen, dass er mich nach diesem Tag nie wieder sehen würde.
"Was ist das für ein Ort?"
Im ersten schwachen Licht der Dämmerung sah ich mich nachdenklich um. Das war hier
wirklich ein trostloser Ort, nur ein Felsenkessel, der an steilen, zerklüfteten Wänden
endete. Die Felswände, aber wirkten wie ein durchlöcherter Käse.
Wir saßen auf einem Felsvorsprung eines Knochen übersäten Plateau, und nur dicht unter uns lauerte der im Augenblick zu Stein erstarrte Skorpion, der die Ausmaße eines Kamelkalbes besaß. Ich starrte die Kreatur an. Diese
würde bald wieder zum Leben erwachen. Bis dahin mussten wir verschwunden sein!
Ich betrachtete meine Umgebung noch einmal aufmerksam und dachte an die klugen
Geschichten und Gesänge der Heqt, durch die ich gelernt hatte, verborgene Zeichen zu
finden und zu deuten. Ich kannte die ganze Vielfalt der Symbole des Stromlandes.
Vielleicht konnte ich durch sie einen Hinweis finden, wo wir uns aufhielten, und ob
es einen sicheren Ausgang aus dieser Falle gab.
Mein Blick fiel auf den Fels über einem der näheren Höhleneingänge. Dort waren Symbole von Menschenhand in den Stein geschlagen. Ich zuckte zusammen, denn ich erkannte einige davon sofort. Und so wie sie angeordnet waren, konnte das nur eines bedeuten.
"Bei der Großen Mutter, Kiman, siehst du dort?"
Ich deutete auf den stilisierten Vogel über der Sonne.
"Erkennst du es nicht, Bruder? Das ist Imai. Das ist das verlorene Imai!" stieß ich erschüttert hervor.
"Das sind ohne Zweifel die Reste der Heimat unserer Vorfahren. Jener verfluchte Ort, den niemand mehr von uns betreten sollte."
Kimans Augen weiteten sich.
"Vater meinte, dass ich Imai vielleicht in einer Vision, einem Traum, schauen könnte,.., jedoch wirklich hier zu sein - das ist unglaublich!"
Er starrte mich an. "Wie soll ich hier das s'kiraa erfüllen? Hier gibt es doch keine Geister, die
mich Weisheit lehren können - nur verfluchte Seelen!"
"Ich weiß es nicht", antwortete ich wahrheitsgemäß. "Ich kann mir nur vorstellen, dass die Göttin eine besondere Prüfung von uns fordert, weil sie di... uns für eine größere Aufgabe, ausersehen hat", fügte ich verwirrt hinzu und rieb mir über die Stirn.
Auf mich wirkte alles so unverständlich und die Wunde an. meinem Hals schmerzte, als
sei sie wirklich da. Dann sammelte ich meine Gedanken. Sicher war es meine Aufgabe, Kiman aus Imai her-
auszuhelfen. Sonst war er in diesen Dingen immer der Entschlossenere gewesen, aber diesmal musste ich die sein, die ihn mit sich zog und ihm Mut machte. "Komm. Hier zu
hocken und zu warten nutzt nichts. Lass uns einen Ausgang suchen und die Höhlen erforschen, wenn es sein muß, oder willst du sterben?"
Uwe Vitz - 21. Mai, 03:06