Das Vermächtnis 2
(Der Bund von Torn)
von Christel Scheja
,
"Bei dem Giftatem der Sh'ar l" fluchte ich wütend, während ich die Benommenheit abschüttelte und mich langsam aufsetzte.
Über mir fiel das Tageslicht durch das Loch in eine unterirdische Höhlung. Der Rückweg, war mir versperrt, denn ich würde den Sand, der langsam durch die Öffnung rieselte in Massen mit mir reißen und darin ertrinken.
Instinktiv tastete ich nach dem Wassersack, der wie durch ein Wunder meinen Sturz überstanden hatte und auf einem Hügel aus Sand neben mir lag.
Ich holte tief Luft und sah mich um. Musste ich hier elendig sterben? War ich durch
meine eigene Dummheit ein Gefangener der Wüste?
Vielleicht nicht, denn jetzt entdeckte ich einen Gang, der in die Dunkelheit führte.
Hoffnung keimte in mir auf. Das war besser als nichts.
Im nächsten Moment zuckte ich jedoch zusammen und sprang auf, um meinen Kopf
verwirrt zu wenden.
War da nicht das Scharren eines Schlangenleibes zu hören gewesen? Angst stieg in mir auf. Die Vipern, die Todesboten der Wüste versteckten sich oft in den unterirdischen Höhlen der Wüste und
ich hatte nichts, um mich gegen sie zu wehren, nicht einmal einen' Stein!
Angestrengt lauschte ich noch einmal konnte aber nicht mehr als das Rieseln des
Sandes vernehmen. Vielleicht hatten mich meine Sinne getäuscht, aber ich wollte es als
Warnung nehmen. Mir blieb. Ja nichts anderes übrig, als mich ohne Licht in der Gang
zu wagen.
Schon nach wenigen vorsichtigen Schritten stand ich in der Dunkelheit. Langsam tastete
ich mich vorwärts, bis ich erleichtert
feststellte, dass es doch nicht so dunkel hier unten war. An den Wänden schimmerte grünliches Moos, in der Luft schwirrten kleine leuchtende Sporen, die sich alsbald an meiner Kleidung festsetzten. Ich sah genug, um Felsenvorsprüngen und Steinen auszuweichen oder über anderes, was ich lieber nicht betrachten wollte, hinweg zu steigen. Auch wurde es kühler, je weiter ich vordrang. Ich hatte, das Gefühl, dass dieser Pfad kein Ende nehmen wollte, obgleich ich verbissen weiterlief bis meine Füße schmerzten und mein Mund trocken brannte.
So suchte ich mir einen Felsbrocken, auf den ich mich setzen konnte und nahm einen tiefen Schluck aus meinem Wasserschlauch, lehnte mich gegen einen Teil der Wand, der nicht von dem Moos bedeckt war. Meine Glieder taten mir weh, und der Kopf fühlte sich bleischwer an. Für einen Augenblick
kämpfte ich noch gegen meine Erschöpfung an, dann sank ich, in einen leichten
Schlaf.
Eine Berührung schreckte mich auf. Instinktiv warf ich mich herum, packte zu
und umklammerte dann plötzlich eine kühles, sich feucht anfühlendes Wesen, das ich
zuerst für eine Echse hielt. Doch dann sah ich, dass in meinen Griff eine nackte Kreatur
zappelte, nicht größer als ein Neugeborenes.
Der haarlose Kopf wurde von zwei großen, schillernden Augen beherrscht, die in dem
schwachen Licht saß glitzerten. Es besaß einem lippenlosen Mund in dem silbrige
Reißzähne blinkten, die es in mein Fleisch zu graben suchte. Der Rest seines Körpers
war von schuppiger Haut bedeckt. Was war das? Was wollte es von mir?
Es biss mich in den rechten Arm.
"Au!" Mit einem Aufschrei ließ ich die Kreatur los und umklammerte die blutige
Wunde. Das Geschöpf stieß ein keckerndes Lachen aus, schnappte meinen Wasserschlauch und flitzte auf seinen kurzen Beinen davon.
Wut stieg in mir hoch. Ich ließ mich doch nicht verlachen und dann auch noch bestehlen. Das Wasser war mein kostbarstes Gut
Hastig sprang ich auf und rannte hinter dem Wesen her. Das würde ich mir nicht gefallen
lassen!
Immer wieder stolperte ich auf dem unebenen, Kiesel bedeckten Boden, doch ich verlor
es nicht aus den Augen - bis zu dem Augenblick, in dem klebrige Ranken von oben auf
mich herab fielen, wie Schlangen um mich wanden und nach oben rissen.. Ich wehrte
mich verzweifelt, aber sie umwickelten mich schneller, als ich sie abreißen konnte.
Der kalte schuppige Körper berührte meine Schenkel. Meine Muskeln verkrampften sich, aber sie gaben der Angst nicht nach.
Ich konnte mich noch immer nicht bewegen, aber jede Berührung des schuppigen Körpers jagte Krämpfe und Schauder durch meinen Körper. '
Ich schluchzte. Die Sh'ar verharrte auf meinem Bauch.
Mein Zittern verstärkte sich.. Verzweifelt schloss ich die Augen, um sie wenigstens
nicht mehr sehen zu müssen.
Die Viper rührte sich jedoch nicht. Auf was wartete sie? Für einen Moment glaubte ich,
sie nicht mehr zu spüren und beruhigte mich etwas. Lautlos flüsterte ich Gebete an die
Herrin und bat sie um Rettung oder Erlösung, bis ich mich soweit gefasst hatte, dass
ich die Augen wieder öffnen konnte. Wenn ich schon sterben musste, dann wollte ich
meinem Tod in die Augen sehen. Und das tat ich im wahrsten Sinne des Wortes. Die
Viper glitt über meinem Bauch und zwischen den Brüsten hindurch, so dass ich sie
sehen konnte.
Ich schluckte. Ich hatte nicht erwartet, dass die Sh'ar so schön war, so anmutig. Sie glitzerte so als bestände sie aus Gold und Juwelen und in dem Muster ihrer Schuppen
konnte sich mein Blick verlieren. Alle anderen Schlangen der Wüste waren hässliche Geschöpfe.
Die regenbogenfarbenen Augen der Sh'ar bannten mich.
Ich war nun wirklich gelähmt, konnte nicht einmal mehr die Lider bewegen, die schon
bald zu schmerzen begannen. Der flache Kopf der Schlange wiegte sich in meinem
Blickfeld hin und her. Ich spürte Gefühle, die nicht von mir selber stammen konnten -
Belustigung über meine Angst, freundliche Sorge um mein Wohlergehen, und Beruhigung...
Dann stieß die Viper blitzschnell vor. Messerscharfe Zähne bohrten sich in meinen
Hals, doch meine Stimme war gelähmt und ich konnte meinem Schmerz nicht mehr
heraus schreien. Wie Feuer flutete das Gift durch die Adern zu meinem Herzen.
Oh Göttin, ich spürte, wie sich die Dunkelheit über mich senkte ... wenn doch nur Kiman ... Die letzten Gedanken galten, meinem Bruder...
"Ah, nein!" Verzweifelt versuchte ich mich frei zu strampeln und zerrte, wütend an den
Ranken, erreichte jedoch nur, dass sie sich enger, um mich zogen und mich beinahe
erwürgten. Nur noch benommen bekam ich mit, wie sich die Ranken wieder absenkten,
als habe es ihnen jemand befohlen, und mich auf den Felsboden drückten.
Ich spürte feine kurze Bewegungen. Schnell waren die kleinen Wesen über mir, keckerten und quiekten schrill, so dass meine Ohren schmerzten. Sie krallten ihre Klauen in meine Gewänder und rissen daran, um mich neugierig zu untersuchen. Ihre Stimmen klangen enttäuscht, als sie nichts fanden.
Ich spürte, dass sich die Ranken unter ihren Berührungen lockerten. Schließlich gelang
es mir eine Hand zu befreien, doch kaum griff ich nach einem der Wesen, fielen die
anderen über mich her, krabbelten auf mir herum, rissen an meinen Haaren und bissen
in die Hand, so dass ich schließlich aufgeben musste. Energisch wickelten sie mich wieder
in die klebrigen Ranken ein wie in einen Kokon, so dass ich mich schließlich gar nicht
mehr rühren konnte.
Ich war verzweifelt!
Warum hatte mich keiner vor dieser Gefahr gewarnt? Weder mein Vater noch die Alten?
Aber mit einem Male begriff ich: Vielleicht waren diejenigen, die das s'kima überlebt
hatten, niemals in eine solche Lage geraten.
Ich erinnerte mich mit Schrecken daran, dass es schließlich auch Prüflinge unter dem
Bann des S'kima gegeben, die nicht zurück gekehrt waren, so wie der ältere Bruder meines Vaters. Ich schluckte, als ich mich der seltsamen Gegenstände entsann, die ich
im Gang ertastet hatte.
Waren das nicht vielleicht menschliche Knochen gewesen?
Dann hoben mich einige der Geschöpfe hoch, trugen und zerrten mich einen weiteren Gang hinunter. Ich riss die Augen weit
auf und bewegte den Kopf, um mich umzusehen, aber schon bald konnte ich in der
zunehmenden Dunkelheit nicht mehr viel erkennen. '
Meine Träger hingegen -schienen immer noch alles, erkennen zu können, denn sie
bewegten sich sehr zielstrebig, und ohne Stocken.
Ich biss die Zähne zusammen. Was hatten die Kreaturen nur vor? Wollten sie mich
etwa fressen, da ihre Reißzähne schlimmes erahnen ließen- Oder wollten sie mich einem
anderen unheimlichen Wesen der Wüste opfern?
Ich begann zu zittern, als ich mich an die Geschichten- der Alten erinnerten, mit denen
sie uns als Kinder immer erschreckt hatten:
Von den Kreaturen, den D'hasei der Wüste, die nur darauf lauerten, einen unachtsamen
Nomaden in die Irre zu fuhren und zu töten.
Sie sind böse bis zum Grund ihrer Seele, denn die D'hasei sind nicht weniger als die
Geister derjenigen, die sich gegen die Göttin versündigten und nicht mehr dem Untergang von Imai entkamen. Der s'tai hat sie verflucht und der Qual ewigen Lebens in der
Gefangenschaft überantwortet! wisperte es in, meinem Geist. Denkt immer daran- Auch
ihr werdet euch in einen D'hasei .verwandeln, wenn ihr die heiligen Gesetze des
Stammes nicht achtet!
Ich hatte das immer für Drohungen gehalten, die man an unartige Kinder richtete.
Aber nun begann ich daran zu glauben, dass sie vielleicht gar nicht so falsch waren.. Nur
zu gut erinnerte ich mich. an. meine, damalige
Angst, denn sie war nun zurückgekehrt. In unserer Kindheit war Kymarah immer die
Mutigere gewesen, sie hatte mich immer getröstet, und Erklärungen für das Wispern
des Sandes und andere unheimliche Dinge gefunden, wenn ich glaubte, dass die D'hasei
kämen, um mich zu holen.
Im nächsten Augenblick schreckte ich hoch. Was geschah jetzt?
Instinktiv spannte ich mich an.
Ein leises Rauschen und Säuseln erklang aus der Richtung, in die sie mich schleppten,
und ein schwacher Wind kühlte mein Gesicht, brachte den Duft der Wüste mit sich.
Warum trugen sie mich nach draußen?
Ehe ich weiter darüber nachdenken konnte, legten mich die seltsamen Wesen nieder und
verschwanden so schnell, wie sie gekommen waren. Ich- starrte, auf den wolkenlosen
Nachthimmel, an dem die vertrauten Sternbilder funkelten. Das der Schlangengöttin
schien heute besonders hell zu leuchten.
Ich war tatsächlich draußen. Die vertrauten Geräusche beruhigten mich, das Wispern
des Windes, das Knistern des Sandes, und...
Snik... snik.. .snik...
Uwe Vitz - 20. Mai, 02:44
Das Vermächtnis 1
(Der Bund von Torn)
von Christel Scheja
Schritt um Schritt kämpfte ich mich durch den lockeren Sand die Düne hinauf, dahinter, so wusste ich, würde ich bald felsigeren Boden erreichen und einem ausgetrockneten Wadi folgend, eine Oase, finden. Ich zog das Tuch weiter über meine Stirn um die wabernde Hitze und das Gleißen des Sandes besser von meinem Gesicht abzuhalten. Als ich den Grad erreicht hatte, atmete ich auf, blickte ich doch hinab, auf eine Talsenke die in Felsen auslief. Dort unten würde ich mich einen Moment ausruhen können. Oder sollte ich besser hier oben im Schutze eines Überhanges rasten?
Nein, noch nicht!
Energisch schüttelte ich den Kopf. Bei den Sonnen!
So lange war ich doch wirklich noch nicht unterwegs und die zweite Sonne hatte noch nicht einmal den Zenit erreicht. Zum Glück war um diese Jahreszeit nur eine der beiden Sonnen über der Ebene. Immerhin war ich erst in der Morgendämmerung aufgebrochen um das s`kima zu erfüllen. Ich lächelte. Das war ein Vermächtnis, das alle Erstgeborenen der Sippe Al’Ruth zu erfüllen hatten, um zu beweisen, dass sie eines Tages fähig sein würden, die Herrschaft über den Stamm zu übernehmen. Es war keine Prüfung des Mutes, der Ausdauer und der Körperkraft, sondern eine des Geistes. Schon mein Vater und dessen Vater waren zuvor fort gegangen, um sich der großen Mutter Wüste hinzugeben und zu verstehen zu lernen, wie wir mit und in ihr leben sollten. Ich sollte die Stimme einer Sonne vernehmen und mich ihrem Ratspruch beugen. So war ich guten Mutes, und die Alten erzählten, dass kein Prüfling länger als einen Tag in der Wüste verbracht habe, und nur selten einer nicht zurückkehrte.
Du wirst deine Schritte mit dem Wind lenken und dem Lauf der Sonne flogen. Wenn du dich in der Nacht niederlegst werden Träume über dich kommen, Visionen, die dich leiten werden!´ hatte mir mein Vater zum Abschied mitgegeben. ` Sieh nicht mit deinen Augen, sondern mit deinem Herzen. Viele seltsame Dinge werden geschehen und vielleicht wirst du einen Hauch des verlorenen Imai spüren, aus dem unsere Ahnen vor vielen Generationen verbannt wurden. Es war gerecht, so, denn sie hatten den Bund mit der Mutter und der s´tai vergessen..“
Ismai.. Ich schloss die Augen, um mich an die Worte der Großmutter zu erinnern.. war ein blühender Garten gewesen, gespeist von Quellen, die nie versiegten, mit Orten, die sonnendurchflutet und doch geschützt waren. Mit weiten Hallen aus prunkvollen Stein. Doch als seine Bewohner überheblich wurden und die Wüste schändeten und ihrer Schätze beraubten, war der schreckliche Zorn der Mutter über sie gekommen und hatte die Frevler getötet und die weniger Schuldigen aus dem heiligen Ort vertrieben, auf dass sie ihr Leben in der Einöde fristen und ihre Taten bereuen mochten.
Mit diesem Wissen zum Geleit war ich losgezogen. Vor Wind und Sonne durch mein helles Gewand und den Schleier gut geschützt und mit einem Wassersack auf der Schulter, der meinen Durst lindern sollte.
Um mich abzulenken, dachte ich an meine Schwester, die am selben Tag wie ich das Licht der beiden Sonnen erblickt hatte. Kymarah befand sich schon seit einem Jahr nicht mehr in den Zelten des Stammes, sondern war zu den Ufern des großen Stromes gereist, um dort von den weisen Männern und Frauen zu einer Sham´al Ur gemacht zu werden Sie lernte dort die geheimen Künste und das Wissen der Götter kennen und würde erst wieder zu uns zurückkehren, wenn sie. Wie ich jetzt, eine Prüfung bestand.
„ Ich wünschte, ich könnte bei dir sein, Schwester.“ Murmelte ich leise und unterdrückte die Frage, was sein würde wenn sie diese nicht bestand? Würde sie in Schande zu uns zurückkommen oder gar nicht mehr?
Ich schluckte, denn für einen Moment glaubte ich, mich an einem anderen Ort zu befinden, an dem kühl und dunkel war und kein Laut zu vernehmen war, außer meinem eigenen Atem und dem Pochen meines Herzens. Im nächsten Moment jedoch schrie ich auf und ruderte mit den Armen, als ich den Halt
unter meinem Füßen verlor und. zu fallen und rutschen begann!
Wie hatte ich nur so dumm sein können?
Jedes kleine Kind lernte doch schon früh, dass man beim Herabsteigen einer Düne
nicht träumen, durfte, sonst konnte es einem übel bekommen! Ich stolperte und stürzte in.
den Sand, überschlug mich, rollte und
rutschte unaufhaltsam nach unten. Immer.
wieder versuchte ich. Halt zu finden, aber
das war vergeblich. Plötzlich tat sich unter
mir ein dunkles Loch auf, das mich wie ein
hungriges R'abun verschlang.
Nachdem ich den bitteren Trank der. Erkenntnis zu mir genommen hatte, war ich in
einen tiefen Schlaf gesunken und erst wieder in der Dunkelheit und Kühle eines unterirdischen Raumes erwacht; Ich atmete den bitteren Duft von Lehm' und Erde ein und lauschte der Stille, denn mehr vermochte ich nicht zu tun. Mein Körper war wie gelähmt,
obgleich ich den Hauch eines Windzuges auf meiner nackten Haut spüren konnte.
Ein kalter Schauder lief über meine Haut und ich fragte mich verwirrt, ob meine Prüfung schon begonnen hatte. Sicher, meine Lehrer hatten vom Schoß der Erde gesprochen, in den ich mich begeben musste, um die Göttin zu erwarten, aber das sah nicht wie eine Tempelhalle aus. Auf mich wirkte es eher wie ein Verließ. Was hatte ich zu erwarten? Als die Angst in mir hinauf kroch, dachte ich, um mich abzulenken, an meinen Bruder Kiman, die andere Hälfte meiner Seele. Was tat er jetzt wohl gerade? Ich lächelte innerlich. Sicher war, er schon los gezogen, um das s'kima zu erfüllen, die Reise in die Wüste, die er, durchführen musste, um als Nachfolger unseres Vaters anerkannt zu werden und bestimmt hatte er es bereits bestanden. Denn er war klug und geschickt.
Ich wünschte mir, endlich wieder bei ihm zu sein, so sehr sehnte ich mich nach ihm. Ihn in die Arme zu nehmen, mit ihm zu reiten und an den Feuern zu sitzen. Wir hatten uns so viel zu erzählen..
Und dann war mir plötzlich, als spürte ich den warmen Hauch des Windes an meiner Wange, hörte sein beständiges Säuseln, das ich so sehr vermisste, seit ich an diesen Ort gekommen war, dieses riesigen Haus aus Stein. Ich dachte wehmütig an unsere Kindheit in den Zelten des Stammes, in der wir beide
glücklich und unzertrennlich gewesen waren und hatten die Freiheit genossen. Seit ich hier war, hatte ich den Tempelbezirk nicht mehr verlassen dürfen, und wenn ich nicht gerade die alten Riten der Göttin erlernte, Dienerpflichten wie das Reinigen und Flicken der Gewänder, erfüllen müssen.
Die Rh'kem waren freundlich und geduldig, und sie wussten so viel, aber ich fragte inzwischen, wie ich das Wissen, das sie mir vermittelt hatten, in den Zelten anwenden konnte, wie ich der Mutter dienen sollte, wenn die Hälfte der Dinge, fehlte, die ich für die Riten brauchte, oder viel zu teuer waren wie etwa der Weihrauch, den wir in den Andachten verbrannten. Dennoch hatte ich gehorsam gelernt, um mein Volk nicht, zu enttäuschen und die Monate waren dahingeflogen wie ein Blatt im Wind. Schneller als erwartet, war die Zeit der Prüfung gekommen.
Die Priester hatten mich aus den Hallen der Schüler gerufen und. ich hatte drei Tage gefastet, um mich von allem irdischen zu reinigen und nur das Wasser der heiligen Quellen zu mir genommen.
Dann schreckte mich ein Licht das an der Decke erschien auf. Es war nur ein Funke,
aber er genügte, um mich zu Blenden. Mit einem klagenden Laut schloss ich die Augen und hielt den Atem aus Schreck an, denn da war noch etwas anderes....
Früher hätte ich das Geräusch nicht so klar und deutlich vernommen. Mein Herz begann heftig zu pochen, doch noch immer konnte ich kein Glied rühren. In mir schrie alles nach Flucht, denn ich. kannte den Laut nur zu gut! Die Alten ahmten ihn nach, und behaupteten, dass ihn einer von uns nur an dem Tag vernähme, an dem er stürbe.
Ssskt. Ssskt.
Ich wusste, dass sich mir eine Sh'ar- Viper näherte. Ihr Biss tötete sofort. Sie war auch die Todesbotin der Göttin, deren, anderer Name Mutter der Schlangen war.
Ich schloss die Augen und schluckte. Verzweiflung stieg in mir auf. Hatte ich versagt und die Göttin strafte, mich nun auf diese Weise?
Uwe Vitz - 19. Mai, 03:23
Die Geschichte von den drei Bronzemünzen
( Der Bund von Torn)
(gefunden bei www.internet-maerchen.de „ Die Geschichte von den drei Groschen“
In Dorthburg lebte einmal ein armer Straßenkehrer der tat seine Arbeit und kümmerte sich Sonst um nichts.
Nun geschah es, dass eines Tages der Fürst des Weges kam und ihm bei der Arbeit zusah. Der fragte ihn: "Sage mir, lieber Mann, welchen Lohn bekommst du für diese schwere Arbeit?"
"Ach", sagte der Straßenkehrer, "ich bekomme täglich drei Bronzemünzen."
Da wunderte sich der Fürst und fragte, wie man denn mit einem so kargen Lohn leben könne.
"Wenn es nur darum ginge", sagte der Straßenkehrer, "so wäre das noch nicht so schlimm. Doch von den drei Bronzemünzen gebe ich einen zurück, einen leihe ich, und erst vom dritten lebe ich."
Das verstand der Fürst nicht. Es wollte ihm nicht in den Sinn, wie man von drei Goldmünzen noch einen zurückgeben und einen verleihen könne. Und wieder fragte er den Straßenkehrer, wie er das denn mache.
"Euer Gnaden", sagte der arme Mensch, "es ist so: Ich pflege meinen Vater, denn er ist alt. Dem gebe ich zurück, was er an mir Gutes getan hat. Weiter habe ich einen kleinen Sohn. Dem leihe ich, dass er mir im Alter zurückgebe, und von dem dritten Goldmünzen lebe ich selbst."
"Du bist ein braver Mann", sagte der Fürst.
"Sieh, ich habe zu Hause zehn Ratgeber, und alle sind mit ihrem hohen Lohn nicht zufrieden. Jetzt will ich ihnen erzählen, was ich von dir gehört habe.
Sollten Sie zu dir kommen und von dir des Rätsels Lösung wissen wollen, so schweige, bis du mich wieder siehst ! Erst dann darfst du reden."
Als der Fürst zu seinem Schloss kam, ließ er seine Räte zu sich kommen und sagte zu ihnen: "Es lebt in meinem Land ein Mensch, der erhält nur drei Bronzemünzen Tageslohn. Von diesen drei Goldmünzen tilgt er eine Schuld, leiht einem anderen und lebt selbst davon. Und er beklagt sich nicht, Da ihr so klug seid, sagt mir, wie das möglich ist. Wenn ihr es aber bis übermorgen nicht wisst, jage ich euch davon."
Die Räte gingen hinweg und überlegten und überlegten, doch fanden sie des Rätsels Lösung nicht, So vergingen der erste und der zweite Tag. Am dritten Tag begegneten sie dem armen Straßenkehrer, der die Straßen räumte, und weil sie keinen Ausweg mehr sahen aus ihrer Not, fragten sie ihn um Rat. Er schwieg, denn er hatte ja dem Fürsten sein Wort gegeben. Sie aber ließen nicht nach mit Drängen und Bitten und gaben ihm endlich etliche Goldmünzen.
Auf den Bronzemünzen aber war des Fürsten Bild abgedruckt. Kaum hatte der Straßenkehrer auf dem Bronzemünzen den Fürsten wieder gesehen, als er ihnen des Rätsels Lösung nannte. Da dankten ihm die Räte sehr, gingen zum Schloss und erzählten dem Fürsten, wie es möglich sei, mit drei Goldmünzen zu leben.
Der Fürst erzürnte, weil er meinte, dass der Straßenkehrer sein Wort nicht gehalten habe, und er ließ ihn kommen.
"Weshalb hast du nicht geschwiegen?" herrschte er ihn an. "Du solltest schweigen, bis du mich wieder sehen würdest."
Der Straßenkehrer lächelte und verneigte sich ein wenig. "Herr", sagte er, "ich habe dich ja wieder gesehen. Die Goldmünzen trugen dein Bild unter die Menschen. Und da die Räte mir eine Goldmünze reichten, warst du auf meiner Hand. Doch höre mich noch weiter an. Du zürnst ihnen, weil sie hohen Lohn verlangen. Zürne dir doch lieber selbst; denn ist nicht der Lohn, den du für dich selbst verlangst, am höchsten? Siehe, für die drei Bronzemünzen säubere ich die Straßen. Für dein vieles Geld beschmutzt du die Straßen, die Plätze, die Menschen. Ich tue den Menschen für meine drei Goldmünzen Gutes - du tust ihnen für deinen Reichtum nur Schlechtes. Hast du also Recht, deine Räte so zu schelten?"
Der Fürst schwieg still, auch die Räte schwiegen still, der Straßenkehrer aber ging wieder an seine Arbeit, und bis an sein Lebensende hatte er täglich nur drei Bronzemünzen zum Leben.
Wenn der Fürst fortan dem Straßenkehrer begegnete, schaute er fort. Denn er wollte nicht mehr mit ihm sprechen.
Ende
Uwe Vitz - 18. Mai, 02:59
Die Orginalstory findet ihr bei :
http://www.asdhp.de.vu
Monika
Der Streit zwischen dem König und dem Ritter
Würfelweltmäßig bearbeitet von Uwe Vitz
Isbrytt’arhe
Vor vielen hundert Jahren lag zwischen Ni und Snustorrh, wo heute nur noch der schwarze Nebel über dem Eis zu sehen ist, die Insel Larke, mit einem sehr prächtigen, großen Tempel. König Tom lebte zu dieser Zeit, er war ein sehr gutmütiger König aber er war allein und sehr einsam. Dass es dem Volk gut ging war ihm sehr wichtig, daher verlangte er nicht so viele Abgaben von ihnen. Das einzige was er wollte war in Frieden zu leben und das Volk gut zu regieren. Er wollte nicht, dass man schlecht über ihn spricht oder ihn gar meidet. Er wollte keinen Krieg führen und Unheil über sein Volk bringen. Er war einfach gesagt edel und gut. Es ärgerte ihn, dass Lord Dunkelherz einen dunklen Drachen als Statthalter nach Larke gesandt hatte, aber der Drache ließ die Bewohner in Ruhe, außer wenn Lord Dunkelherz durch ihn sprach. Ansonsten reichte ein Sklave pro Woche als Nahrung für das Ungeheuer aus. Zum Glück konnte man Sklaven ja billig in Ni kaufen. Die Armen taten König Tom zwar leid, aber was sollte er tun? Einen Krieg mit Lord Dunkelherz wollte er nicht riskieren.
Da er aber so edel und gut war und nicht vornehm sein wollte, lebte König Tom in der Tempel allein mit dem Priester des Lichts. Auch eine Königin gab es noch nicht, da er einfach noch nicht die richtige Frau dazu gefunden hatte, entweder war sie zu fein für ihn oder sie wollte besser leben und daher mehr Abgaben vom Volk. Viele Prinzessinnen hatte er schon besucht, aber die Richtige war nicht dabei.
Eines Tages war ihm so richtig langweilig und er saß im Tempelhof auf einer Bank. Er freute sich über die Vögel, die im großen Nussbaum umherhüpften und ein fröhliches Lied pfiffen. Da erblickte er eine wunderschöne Frau. Er sah ihr nach und konnte nicht genug von ihr zu sehen bekommen. Er sprang auf und ging ihr vorsichtig nach, sie durfte ihn nicht sehen. Sie ging zum Inselbrunnen, erfrischte sich ein wenig mit dem kühlen, klaren Wasser des Brunnens und ging dann weiter zum nächsten Haus. Hier klopfte sie und wurde eingelassen.
Dem König klopfte vor Freude das Herz bis zum Hals. Er ging langsam und nachdenklich zurück zur Tempel. Er hatte diese Frau noch nie zuvor erblickt. Wo kam sie so plötzlich her? Er grübelte und grübelte. Er fand jedoch keine Erklärung und wusste immer noch nicht wer diese Schönheit war. Als er seinen Blick wieder aufrichtete bemerkte er, dass er schon wieder im Tempelhof vor dem großen Nussbaum stand. Er verbreitete mit seinem Schatten ein angenehmes Gefühl. Der König setzte sich seufzend auf die Bank. Ich glaube ich habe mich gerade verliebt. Als ihm dieser Gedanke durch den Kopf ging erblickte er den Priester des Lichts, der auf ihn zukam. "Ein wunderschöner Tag ist heute, König Tom." begrüßte er ihn. Der König errötete, da er sich mit seinen Gedanken ertappt fühlte. "Ja, schöner Priester des Lichts, Du hast Recht." Erwiderte er. Doch im gleichen Moment viel ihm auf, dass er ein falsches Wort benutzt hatte. Der Priester des Lichts schön? Was ist denn jetzt mit mir los, so etwas ist mir noch nie geschehen. Ich glaub jetzt hat's mich erwischt. Ob der Priester des Lichts es bemerkt hat? Der Priester des Lichts sah den König seltsam an, lachte und fragte ihn: "Was ist heute mit Euch los, mein König?"
Der König seufzte und erzählte dem Priester des Lichts eifrig von dieser wunderschönen Frau, die drüben neben dem Inselbrunnen in das Haus ging. Der Priester des Lichts hörte geduldig zu, nickte und sagte daraufhin: "Ich weiß wer das ist, das ist Prinzessin Falbala. Ihre Eltern König Leopold und Königin Sandra, herrschten über die Insel Lakuh, im Westen. Sie sind als die dunklen Truppen Lord Dunkelherz’ die Burg stürmten ums Leben kommen. Das Schloss wurde von Lord Dunkelherz Statthalter, einem dunklen Drachen übernommen und sie musste gehen und ist jetzt hier auf Eure Insel gekommen um bei ihrer Tante zu leben. Sie ist eine sehr hübsche Frau und eigentlich von ihrem Wesen her Euch ebenwürdig. Allerdings solltet Ihr wissen, dass auch ein Ritter von Ni vor einiger Zeit in unsere Insel eingezogen ist. Er hat Prinzessin Falbala auch schon gesehen und soll sich, so munkelt man, angeblich in sie verliebt haben."
Als der König das hörte war er sehr erschrocken darüber und wollte es nicht einfach so hinnehmen, dass seine Prinzessin von einem Anderen geliebt wird. Also marschierte er auf die Straßen hinaus und klopfte an jeder Tür. Er fragte überall nach dem Ritter aus Ni, aber keiner kannte ihn so richtig oder wusste nicht wo er wohnte.
Doch dann kam er an ein sehr kleines aber schönes, gelbes Haus. Er klopfte vorsichtig an die mit Blumen geschmückte Tür. Eine freundliche, junge Dame kam heraus, verbeugte sich vor König Tom und fragte ihn, was er begehrt. Der König fragte, ob der Ritter aus Ni hier Unterkunft gefunden hat. Die Frau schaute den König verdutzt an und meinte: "Ich habe auch schon von dem Ritter gehört. Aber er wohnt hier nicht. Der Name des Ritters ist Ritter Eisenherz. Er wohnt gleich da drüben, in dem großen grauen Haus!"
Der König bedankte sich bei der Frau recht herzlich und ging zu dem genannten Haus. Sein Herz klopfte wie wild, da er Angst vor dem Ritter hatte, er kannte ihn ja schließlich gar nicht und wusste überhaupt nichts von ihn. Als er bei dem Haus angekommen war klopfte er vorsichtig an die Tür – nichts geschah. Er versuchte es noch einmal etwas stärker und siehe da die Tür wurde geöffnet und ein Mann stand plötzlich groß und breit vor ihm. "Was wünscht Ihr ?" sprach der Mann mit tiefer und fester Stimme. Der König nahm seinen ganzen Mut und sprach: "Wer bist Du?" "Ich bin Ritter Eisenherz und wohne seit zehn Tagen hier auf der Insel. Ich habe Euch schon gesehen und erfahren, dass Ihr der edle und gütige König Tom sind." erwiderte der Mann. „ Aber kommt doch in mein bescheidenes Heim." Mit einer Handbewegung bat er den König in seine Stube. König Tom aber war etwas verdutzt blieb stehen und fragte erst weiter: „ Kann es sein, dass Ihr Euch in Prinzessin Falbala verliebt habt?"
Ritter Eisenherz wurde etwas rot im Gesicht und blickte etwas verlegen auf den Boden: "Woher wisst Ihr das? Hat sich das etwa herum gesprochen? Weiß sie es auch schon?"
Der König wollte nun dem ganzen ein Ende setzen und stellte sich kerzengerade vor Ritter Eisenherz hin. Seinen Kopf versuchte er so hoch wie möglich zu heben, damit er noch größer erscheint. So aufgerichtet fühlte er sich größer und sagte mit fester Stimme: "Wenn wir beide in Prinzessin Falbala verliebt sind und sie zur Frau wollen bleibt uns nichts anderes übrig als um sie zu kämpfen – Eisenherz! Morgen früh bei Sonnenaufgang treffen wir uns am Inselbrunnen – dann soll das Schicksal entscheiden wer Falbala zur Frau bekommt."
Ritter Eisenherz konnte gar nichts dazu sagen, er war überrascht und nickte nur.
König Tom ging stolzen Schrittes zurück zum Tempel. Er erzählte dem Priester des Lichts, was geschehen war und wird. "Morgen früh wird sich entscheiden wer Falbala zur Frau bekommt." Der Priester des Lichts wurde ganz blass und sah König Tom entsetzt an: "Wer aber soll Euer Nachfolger sein, wenn Ihr den Kampf nicht überlebt?"
Der König wurde still und überlegte, auf diese Frage wusste er auch nicht gleich eine Antwort. Er ging erst einmal im Zimmer auf und ab. Er fühlte sich eingesperrt und wusste nicht so richtig was er tun soll. Da kam er gerade am Fenster vorbei und sah hinaus. Von hier aus konnte er zum Brunnen sehen. Da stand sie – Falbala – im gleißenden Sonnenlicht sah sie 1000mal schöner aus. Das lange Haar fiel ihr wallend über die Schulter. "Wie ein Engel" murmelte der König. "Sie ist einfach himmlisch anzusehen. Priester des Lichts hol ein Blatt Papier, Feder und das Tintenfass." Der Priester des Lichts stand wortlos auf und ging zu seinem Sekretär. Er öffnete ihn und rückte seinen Stuhl, der neben dem Sekretär stand, zu Recht. Ein Blatt hatte er jetzt bereits vor sich liegen. Die Feder steckte er ins Tintenfass und sah zu König Tom: "Wir können beginnen."
Der König ging wieder auf und ab.
Dieses Mal diktierte er aber einen langen Brief, der folgendes beinhaltete:
Wenn beim Morgengrauen der Schwertkampf zwischen König Tom und Ritter Eisenherz beendet ist und der Sieger fest steht, so soll dieser die Hand der Prinzessin Falbala erhalten. Wenn König Tom diesen Kampf nicht überlebt wird die Prinzessin automatisch zur Königin der Insel und soll es nach dem Willen von König Tom weiter regieren. Ritter Eisenherz als ihr Gemahl wird dann König. Der Priester des Lichts dieser Insel jedoch ist verpflichtet zu überwachen, ob der neue König gut regiert. Sollte er seines Amtes als König und Gemahl von Falbala nicht würdig sein, so muss der Priester des Lichts Ritter Eisenherz in den Kerker werfen und einen neuen würdigen Gemahl für die Königin auswählen, damit dieser im Sinne von König Tom weiter regieren kann und das Volk nicht ins Unglück gestürzt wird.
König Tom blieb stehen und erklärte dem Priester des Lichts, dass dies eigentlich niemals eintrifft, weil er den Kampf selbstverständlich gewinnen würde. „ Bitte übergib mir den Brief." sagte er und streckte dem Priester die geöffnete Hand entgegen. Dieser übergab ihm den Brief wortlos. In seinem Gesicht konnte man allerdings sehen, dass sich der Priester des Lichts viele Sorgen machte.
Der König ging an die Wand und nahm eine brennende rote Kerze aus dem dortigen Kerzenständer. Er ging mit dem Brief und der Kerze in der Hand zum Tisch in der Mitte des Raumes und setzte sich davor auf den Stuhl. Der Priester des Lichts folgte ihm auf Schritt und Tritt. Er nahm dem König sofort die Kerze ab, als dieser ihn ansah. Der König unterschrieb mit der Feder, die ihm der Priester des Lichts reichte, den Brief und faltete ihn so, dass sich die Ober- und Unterkante in der Mitte trafen. Er nahm die Kerze und drehte sie vorsichtig zur Seite. Das rote glänzende Wachs tropfte auf die Mitte des Briefes und verschloss die beiden Seiten miteinander. Es gab einen großen, dicken, roten Wachsklecks. Dann zog er den wuchtigen Ring vom Finger seiner rechten Hand, drehte ihn um und drückte ihn mit den Worten: „ Nun bist du versiegelt, nur im Notfall sollst du wirklich geöffnet werden" in die Mitte des Wachskleckses. Er wartete noch ein wenig und nahm den Ring dann aus dem Wachs heraus. Der Priester des Lichts gab ihm ein Tuch mit dem er den Ring säuberte. Gedankenverloren sah er den Ring an und steckte ihn wieder an seinen ursprünglichen Platz zurück. Er übergab den nun versiegelten Brief dem Priester des Lichts. „ Bewahre ihn gut auf und öffne ihn nur dann, wenn mir morgen früh etwas geschehen sollte."
Nun verließ der König das Zimmer mit schnellem Schritt und ging in sein Schlafgemach. Er wollte ausgeruht sein, wenn er sich mit Ritter Eisenherz auf einen Schwertkampf einlässt. Da es schon spät war ging er sofort ins Bett. Der Priester des Lichts hingegen verstaute zuerst den Brief bei dem was ihm am Heiligsten war. Er ging anschließend noch einmal in den Tempel und betete.
Als am Morgen der Hahn krähte, wurden der König und der Priester des Lichts gleich wach. Der Priester des Lichts bereitete sofort ein gutes Frühstück für den König vor. Es gab zwei weiche Eier, ein wenig Brot mit Butter und Marmelade und vom Bauer Wilhelm war da noch eine Kanne mit guter sogar noch warmer Kuhmilch. Als König Tom aufgestanden war und in die Küche kam stand alles bereits auf dem Tisch. Er setzte sich an seinen Platz und frühstückte wortlos.
Der Priester des Lichts wünschte dem König viel Glück. Dieser holte sein Schwert und sein Schild. Gemeinsam mit dem Priester des Lichts ging er zum Inselbrunnen. Von der anderen Seite her kam Ritter Eisenherz. Auch er hatte Schwert und Schild dabei. Sie begrüßten sich und fingen gleich an zu kämpfen. Zuerst schlug König Tom zu, dann der Ritter, dann wieder König Tom und so weiter und so weiter.
Da kam Prinzessin Falbala vorbei und fragte den Priester des Lichts: "Was ist denn hier los, warum kämpfen die Männer und wer sind sie?"
Der Priester des Lichts wusste gar nicht was er sagen sollte und sah Falbala erst einmal an. „ Du weißt also nicht wer hier kämpft?"
„ Nein, woher soll ich das wissen?" erwiderte sie etwas zornig.
„ Das ist König Tom und Ritter Eisenherz. Sie kämpfen um Deine Gunst" versuchte der Priester des Lichts ihr zu erklären.
Sie sah zuerst den Priester des Lichts etwas überrascht und erschrocken an, drehte sich zu den Kämpfenden um und rief so laut Sie konnte:
„ Aufhören! Aufhören! Ich bin doch kein Preis den man sich einfach erkämpfen kann ohne mich darüber zu befragen! Um meine Gunst und meine Hand zu erhalten gebe ich hier und heute folgendes bekannt: Der, der den Drachen, den Lord Dunkelherz als Statthalter auf diese Insel geschickt hat, besiegt und mir den Kopf als Beweis bringt – den nehme ich zum Mann!"
Die beiden Kämpfenden hielten beim ersten Schrei von Falbala schon inne und hörten Ihr aufmerksam zu. Das ganze Spektakel hatte bereits die ganze Insel aufgebracht und alle standen um den Inselbrunnen versammelt. Jeder auf der Insel hörte was Falbala da sagte. Viele der jungen Männer liefen sofort nach Hause und holten Schwert und Pferd. Auch König Tom und Ritter Eisenherz eilten sofort zu ihren Pferden und ritten los. König Tom war so verliebt, dass er nicht mehr an die Folgen eine Auseinadersetzung mit Lord Dunkelherz dachte
Kurz bevor sie bei der Höhle des Drachen ankamen sahen Sie schon die ersten Jünglinge schnell wieder zurück reiten. Der König ritt so schnell er nur konnte und überholte den Ritter. Er freute sich dass er vor dem Ritter angekommen war.
Die Höhle lag dunkel vor ihm. Ebenfalls vor ihm sah er drei tote Pferde und drei tote Jünglinge. Der Drache muss stark sein, dachte er. Aber für Prinzessin Falbala ist mir nichts zu schwierig. Er stieg von seinem Ross und band es an einen Baum. Langsam ging er auf die Höhle zu. Er schrie: "Komm heraus dunkler Drache und kämpfe – deine letzte Stunde hat geschlagen. König Tom wird dich besiegen." Eine Feuerwand mit übermächtiger Hitze kam dem König entgegen. Er duckte sich schnell und wurde nicht getroffen. Mit seinem Schwert in der Hand ging er noch näher heran. Da war er – der dunkle Drache! Der König kämpfte mit seinem Schwert in der rechten Hand und seinem Schild in der linken.
Ritter Eisenherz traf nun auch ein, stieg ab und gab dem Pferd des Königs einen Klaps. Es rannte weg. "Darling, bleib hier, nicht weglaufen!", rief der König und rannte dem Pferd hinterher. Denn ohne das Pferd konnte er den weiten Weg nicht wieder zurückkommen.
Der Ritter nutzte die Chance und kämpfte für den König gegen den Drachen weiter. Ritter Eisenherz hatte eine Rüstung, deswegen konnten ihm die Flammen und Bisse des Drachen nichts aushaben. Eisenherz konnte sich immer weiter vorschlagen. Als der Drache dann wieder einmal zuschlagen wollte und mit dem Hals ziemlich dicht am Boden war schlug Ritter Eisenherz, das Schwert mit beiden Händen haltend, dem Drachen den Kopf ab. Der Kopf flog auf den Boden und Eisenherz jubelte laut. Er hob den Kopf auf, stieg auf sein Pferd und ritt los.
In der Zwischenzeit hatte der König sein Pferd Darling wieder eingefangen. Er hatte den Kampf des Ritter mit dem Drachen verfolgt und wartete auf ihn. Als dieser um den großen Drachenfels herum ritt, stand plötzlich König Tom vor ihm. Er zog am Zügel seines Pferdes, das daraufhin sehr scheute und den Ritter abwarf. Der König sah den Sack mit dem Drachenkopf am Pferd des Ritters. Schnell griff er zu und nahm den Sack an sich. Dem Pferd des Ritters jedoch gab er einen Klaps und schrie laut. Das Pferd scheute und lief weg. Der Ritter lag auf dem Boden und wollte den König stellen. Leider war jedoch sein Schwert am Pferd und das war nun mal weg. Mittlerweile war auch der König wieder auf seinem Pferd und ritt so schnell er konnte davon.
Als er im Hauptdorf der Insel ankam, war die Inselgemeinde bereits versammelt. Der Tempelplatz war mit vielen Blumen geschmückt und in der Mitte am Inselbrunnenrand da stand sie schon – Prinzessin Falbala. Sie wartete bereits auf den Sieger. Der König brachte sein weißes Pferd direkt vor Falbala zum stehen und stieg majestätisch ab. Mit der linken Hand nahm er den Sack vom Pferd und öffnete ihn. „ Hier ist der Kopf des Drachen. Ich habe ihn zwar nicht getötet aber ich überbringe ihn dir und bin daher der Gewinner."
Falbala sah auf den Sack und nickte. „ Die Inselbewohner haben schon alles, für die prächtigste Hochzeit die die Insel je sah, vorbereitet. Sieh dich um der Priester des Lichts wartet bereits in dem Tempel."
Mit diesen Worten drehte sie sich um und sah Lord Dunkelherz vor sich stehen. Die Augen des dunklen Lords leuchteten böse.
Lord Dunkelherz sprach: „ Ah, ihr wagt es meinen Statthalter zu töten? Dafür erleidet ihr eine schreckliche Strafe. Bereitet euch auf große Qualen vor, Sterbliche.“ Die Bewohner schrieen und liefen durcheinander. Der König nahm Falbala bei der Hand und lief mit ihr zum Tempel, zum Priester des Lichts. Sie beteten alle gemeinsam. Die Insel jedoch wurde von schwarzen Nebeln eingehüllt, nur eine schwache Erinnerung an sie blieb zurück. Niemand kann mehr von dort fort oder dorthin. Manchmal fahren Eissegler vorbei. Wenn diese Reisenden ganz still sind hören sie den Priester, Falbala und König Tom wie sie heute noch beten.
Ende
Uwe Vitz - 8. Feb, 10:23
Ein Tag in Nieder-Baskoburg
Issbrytt’arhe
von Uwe Vitz
In Nieder-Baskopburg, Hauptstadt des Reiches Ni.
Am Tag
Es war kalt. Der alte Bettler hockte in der Ecke und wartete. Alle hatten es eilig schnell an dem Alten vorbei zu kommen, niemand beachtete ihn.
Niemand?
Ein kleines Mädchen sah den Bettler und machte seine Mutter aufmerksam. „ Mama, darf ich dem Mann etwas geben?“
„ Ach du weißt doch, wir haben selber nicht genug für uns.“
Das kleine Mädchen ging trotzdem zu dem Bettler und sagte: „ Ich habe leider nichts, aber ich schenke dir ein Lächeln.“
Der Alte sah sie an und flüsterte: „ Danke, darauf habe ich lange gewartet.“
Am Abend.
Es war kalt. Als die Stadtwache die Leiche des alten Bettlers fand, sahen sie erstaunt, dass er lächelnd gestorben war. Sie begruben ihn hinter de Stadt ohne sich viel dabei zu denken.
Am nächsten Morgen.
Es war kalt. Als die Mutter mit ihrer Tochter zum Mark ging, lachte das Mädchen und winkte fröhlich.
„ Ich habe eben den alten Bettler gesehen.“ sagte sie ihrer Mutter.
„ Er war ganz glücklich, er hatte nur auf ein Lächeln gewartet, jetzt kann er endlich fort ziehen, in ein schöneres Land.“
Die Mutter drehte sich um, doch von dem alten Bettler konnte sie nichts sehen.
Ende
Uwe Vitz - 8. Feb, 10:21
Zu neuen Ufern
(Isbrytt'arhe)
von Winfried Brand
" He, Leif, wo bleibt der Met? ",erklang
eine Stimme durch die Rauchschwaden, die aus dem Kamin in den überfüllten Raum drangen.
Der so Angeschriene zuckte zusammen, griff dann nach dem Halter mit
den Trinkhörnern und beeilte sich, den
Rufer zufriedenzustellen. Schließlich
war Grint dafür bekannt, daß er nicht
gerne wartete, schon gar nicht auf etwas zu trinken.
Vor Grint schälte sich also eine kleine, schmächtige Gestalt aus dem Nebel und
stellte vorsichtig ein Trinkhorn auf den Tisch.
" Na endlich! " Grints Faust schlug
krachend neben dem Trinkhorn auf.
Leif zuckte zusammen, dann beeilte er sich,
aus diesem Teil des Raumes zu verschwinden.
Doch ein Hand griff
nach seinem Arm und hielt ihn zurück.
" Wohin denn nur so schnell, Kleiner?
Die anderen hier wollen auch noch was zu trinken haben."
Hastig griff Leif nach den anderen
Trinkhörnern in seinem Halter, doch
bei dem Ruck, mit dem ihn Grint zurückgehalten hatte,
waren einige von
ihnen umgefallen und hatten ihren
Inhalt von sich gegeben.Mit einer gemurmelten Entschuldigung zog er sich zurück.
Er wäre froh
gewesen, wenn er nicht mehr zu den
Männern gemußt hätte, doch auch sie
waren ganz normale Gäste in diesem
Lokal.
Und wenn er sie nicht bediente, konnte er seinen Job verlieren.
Etwas, das er auf keinen Fall riskieren wollte.
Eigentlich hätte er mit solchen Zwischenfällen rechnen müssen,
als er den
Job angenommen hatte.
Schließlich war dies eine Hafenkneipe, und in ihr
fand man hauptsächlich Eissegler,
die schon aufgrund ihres Berufes zu den
mehr groberen Angehörigen ihrer Rassen zählten.
Yrgen, die eigentlichen
Bewohner von Ebba GrØn Drottning,
fand man in dieser Umgebung kaum.
Es dauerte keine fünf Minuten, bis
Leif mit einem vollen Halter Trinkhörner wieder zurückkehrte.
Mit gemischten Gefühlen stellte er die Hörner ab und griff nach den leeren.
Bis jetzt hatte sich Grint zurückgehalten, doch als Leif sich wieder entfernen wollte,
stellte er ihm unversehens ein Bein, so daß Leif in voller Länge vor den Tischen auf den Boden knallte.
" He, kannst du nicht aufpassen? "
grölte er durch den vollen Raum.
" Hat man so was Ungeschicktes schon mal gesehen? "
Heiseres Gelächter folgte seinen Worten.
Leif rappelte sich langsam auf.
In seinem Gesicht stand die Zornesröte.
" Warte nur. Irgendwann werden auch dir die Späße vergehen,
du wirst schon sehen.
Eines Tages wirst du bewundernd zu mir aufschauen! "
Grint konnte sich vor Lachen nicht mehr halten.
Laut prustend kippte er von der Bank und landete auf dem Boden,
der von dem verschütteten Met regelrecht klebte.
" Grint, laß den Kleinen doch. Du hast ihn jetzt genug geärgert.
" Schlagartig wurde der auf dem Boden liegende still.
Er stand auf und sah in die Runde.
" Wer war das? "
" Ich, Grint. Und du weißt, daß ich Recht habe, nicht wahr? "
Grint blickte auf den alten, weißhaarigen Yrgen, der ihn angesprochen hatte.
" Ulvang, halt dich besser da raus.
Das geht dich nichts an. "
Grints Stimme klang bedrohlich,
doch der Alte ließ sich nicht beeindrukken.
" Du weißt genausogut wie ich, daß
du langsam zu weit gehst. Also setz
dich hin und trink lieber weiter. "
Grint brummte etwas in seinen
schwarzen, ungepflegten Bart, setzte sich aber wieder hin.
Der Alte sprach weiter: " Weißt du,
Grint, der Junge erinnert mich irgendwie an den jungen Leif,
er hat sogar den gleichen Namen wie er."
Während sich der Junge beeilte, die
heruntergefallenen Trinkhörner einzusammeln und wieder zu verschwinden,
stahl sich ein leises Lächeln auf
Grints Gesicht, das man unter seinem
Bart jedoch mehr erahnen denn sehen konnte.
" Ach ja, Leif Reiksson. Erinnere mich nicht daran,
sonst komm ich aus
dem Lachen gar nicht mehr heraus. "
Die anderen Gäste waren jedoch
auf die Szene aufmerksam geworden
- und auch neugierig. Sie bedrängten
Ulvang, ihnen die Geschichte zu erzählen,
bis dieser schließlich nachgab.
" Na gut, weil ihr.s seid. Aber bringt
mir erst noch was zu trinken. "
In Sekundenschnelle tauchte ein
gefülltes Trinkhorn vor Ulvang auf.
Im Hintergrund stimmte einer der
Männer eine leise Melodie an, denn
nichts mochten sie mehr als eine Geschichte
mit Musikbegleitung.
Dann sprach der Alte wieder:
" Ihr alle habt doch zumindest schon einmal von Leif Reiksson gehört,
dem ungestümen Hux von Huvudstupa,
der noch tatendurstiger war als die
anderen seiner Art. Und wie alle Hux
dachte auch er nicht nach, bevor er
etwas unternahm....
Leif Reiksson hatte sich in den Kopf
gesetzt, ein neues Land zu finden, das
noch nie ein Bewohner dieser Ebene
betreten hatte. Und so formte sich in
ihm der Plan, mit seinem Eissegler
nach Westen zu segeln, so weit nach
Westen, wie noch niemand vor ihm
gesegelt war.
Wäre er kein Hux gewesen, hätten
ihn seine Bekannten sicherlich von
diesem Vorhaben abgehalten, aber so
waren seine Bekannten eben auch
Hux. Und wir alle kennen diese Volk
ja. Denken war noch nie ihre Stärke
gewesen, und so dachten sie auch
nicht über Leifs Plan nach.
Es war sowieso schon erstaunlich, daß ein Hux
vorher einen Plan machte und dann
erst handelte.
Leif fand also für seinen wirren
Plan tatsächlich eine Mannschaft, die
ihn begleiten wollte.
Kurze Zeit später hatten sie ihren Eissegler zusammengezimmert
und fuhren los gen Westen.
Sie starteten südwestlich von Hanthfall., und so hatten sie erstmal
ein paar Tage an der Küste Huvudstupas entlangzusegeln,
bis sie endlich die freie Eiswüste erreicht
hatten.
Eigentlich war es ein Wunder, daß
der Eissegler überhaupt aus dem Hafen herauskam,
doch Leif hatte ja schon bewiesen,
daß er ein ungewöhnlicher Vertreter seines Volkes war.
Er hatte es auch hier geschafft,
einen zwar klappernden, aber nichtsdestotrotz funktionstüchtigen Eissegler
herzustellen und auch nicht vergessen, genügend Proviant und Wasser
für die lange Reise an Bord zu holen.
Zwei Tage waren sie schon über die
Eiswüste Norranha gesegelt, bis Leif
erste Bedenken kamen. Er hatte das
Gefühl, doch ein wenig unüberlegt gehandelt,
ja sogar irgendetwas vergessen zu haben.
Doch er wäre kein Hux
gewesen, wenn er diesen Gedanken
nicht schleunigst von sich geschoben
hätte.
Stattdessen segelte er unverdrossen weiter über die Eiswüste.
Wenige Tage später hatten sie
schließlich die letzten Ausläufer Huvudstupas hinter sich gelassen, und
nach weiteren zwei Tagen erklang
zum ersten Mal der Ruf :` Land in
Sicht!´ vom Ausguck.
Der Hux, der sich dort gerade aufhielt,
hatte tatsächlich Land entdeckt, doch als die Besatzung, nach
dem sie jubelnd den Kurs des Seglers
geändert hatte,
schließlich das Land
erreichte, begann Leif Reiksson vor
Wut zu toben.
Bei dem Land handelte es sich zwar um ein bisher unbekanntes,
doch mit Sicherheit auch um
eines, das vollkommen uninteressant war.
Der Hux im Ausguck hatte eine kleine Sandbank entdeckt,
die sich aus der Eiswüste erhob.
Immerhin hatte sie eine Fläche von vielleicht 600 Quadratmetern,
jedoch keinerlei Vegetation.
Leif überließ es seinem ersten Offizier,
das Land zu taufen, das sie entdeckt hatten.
Er war zu enttäuscht dazu.
Das Land, das seinen Namen tragen sollte, sollte schon etwas größer und vor allem
reicher an Schätzen sein, vorzugsweise mit einer kleinen Süßwasserquelle,
wie er sich in seinen Träumen immer wieder ausgemalt hatte.
Dann hätte er für den Rest seines Lebens ausgesorgt.
Kurzzeitig spielte Leif sogar mit dem Gedanken,
den Ausguck zur Strafe zu Fuß über die giftige Eiswüste wandern zu lassen,
ohne Wasser, versteht sich.
Aber dann entschied er sich doch dagegen
- ein wirklich seltsamer Hux war er schon gewesen, dieser Leif Reiksson.
Wenig später waren sie dann aber
wieder unterwegs nach Westen,
auf der Suche nach dem Land,
das Leif entdecken wollte.
Sie segelten viele Tage,
ohne von ihrem Kurs abzuweichen
- naja, halbwegs ohne abzuweichen, denn Leif
wollte unbedingt auch die Nächte durchsegeln,
um möglichst schnell in seinem Traumland anzukommen.
Dabei vergaß er jedoch,
daß er ein ungewöhnlicher Hux war,
im Gegensatz zu seiner Mannschaft.
Und so kam es,
daß er den Segler morgens regelmäßig wieder auf den richtigen Kurs bringen mußte,
nachdem die Nachtwachen ihn mehr oder weniger unkontrolliert hatten segeln lassen.
Meistens hatten sie ein Huxsches Bedürfnis zu erfüllen
oder auch einfach nur Durst oder Hunger,
weshalb sie ihren Posten am Ruder für einige Zeit verließen
und den Eissegler inzwischen führerlos machen ließen,
was ihm gerade so in den Sinn kam.
Während den Wochen ihrer Reise,
die die Mannschaft des Seglers durch
fast das halbe Norranha
und fast bis ins Medelha hinunterführte,
kam Leif noch mehrmals der Gedanke, er könnte
etwas Wichtiges vergessen haben.
Doch wie gewöhnlich fiel es ihm nicht ein,
und so segelten sie weiter bis zu jenem schicksalsschweren Tag,
an dem Leif endlich seine Eingebung hatte.
Es war bereits dunkel,
und Leif lehnte gerade am Heck des Eisseglers,
als er von oben aus dem Ausguck ein lautes Schnarchen hörte.
Er blickte auf und wußte zuerst nicht,
was er mit diesem Geräusch anfangen sollte.
Spätere Befragungen des Postens ergaben,
daß dieser müde geworden war und sich niedergelegt hatte,
ohne darüber nachzudenken,
daß er eigentlich wachbleiben sollte
- typisch Hux eben.
Da ereilte Leif die Erkenntnis;
plötzlich wußte er, was er bei seinem Plan übersehen hatte.
Eilig stolperte er auf die andere Seite des Seglers
und griff nach dem großen Eishaken.
Stöhnend wuchtete er ihn hoch und warf ihn über Bord.
Glücklicherweise war das Seil,
an dem der Eishaken hing, am Segler befestigt,
denn in der Eile hatte Leif Reiksson
nach Hux-Art mal wieder gehandelt,
ohne zu denken.
Der Haken rammte sich in die Eiswüste,
und mit einem scharfen Ruck
kam der Segler zum Stehen.
Leif hörte ein Poltern vom Bug des Eisseglers,
doch dachte er sich nichts dabei.
Er war erst einmal froh darüber,
den Segler zum Stehen gebracht zu haben.
Dann legte er sich schlafen.
Als es wieder hell wurde, war Leif Reiksson der erste,
der wieder auf den Beinen war.
Zuerst wunderte er sich darüber,
daß der Segler stillstand;
dann erinnerte er sich wieder an die Geschehnisse der letzten Nacht,
und danach wunderte er sich, daß der Segler anscheinend doch nicht ganz so still stand,
wie er eigentlich sollte. Leif spürte ein leichtes Schwanken,
so, als ob der Segler auf einer Klippe stehen würde.
Er schwankte leicht nach vorn,
dann wieder zurück.
Schließlich blickte Leif nach vorn zum Bug des Seglers, erblickte dort
den Ausguck
und erinnerte sich daran, daß er in der letzten Nacht dieses Rumpeln gehört hatte.
Der Ruck hatte den Hux wohl von seinem erhöhten Posten hinuntergeschleudert,
und so lag er nun auf dem Deck des Seglers
- bewegungslos.
Leif wollte schon zu ihm hineilen,
da blickte er noch einmal genauer hin
und fiel fast in Ohnmacht.
Er hatte den Segler buchstäblich in letzter Sekunde zum Stillstand gebracht,
denn das, was ihm in der Nacht eingefallen war,
war schon fast eingetreten.
Der Segler hing mit dem Bug über den Rand der Ebene.
Vielleicht ein Viertel des Rumpfes war bereits nicht mehr auf festem Boden.
Leif hatte sich letzte Nacht endlich daran erinnert,
daß sie auf der Ebene eines Würfels lebten und man den Rand nicht überwinden konnte.
Unter vielen Mühen zogen sie also den Segler auf die Ebene zurück
und segelten schließlich wieder zurück nach Hause,
wo sie drei Jahre später nach einer wahren Odyssee auch ankamen.
....Und dies war die Geschichte von
Leif Reiksson, dem Hux, der neues Land finden wollte. " ,
beendete Ulvang seine Erzählung.
Der überfüllte Raum bebte vom Lachen der Zuhörer,
und auch der Musikant, der den Alten bis zum Ende tapfer begleitet hatte,
brach nun in schallendes Gelächter aus.
Es war eine der Lieblingsgeschichten der Eissegler,
und sie konnten sie immer wieder hören,
ohne ihrer satt zu werden.
Einzig Leif,
der Junge, der ihnen jetzt wieder neue Trinkhörner mit Met vorsetzte,
lachte nicht, obwohl auch er die Geschichte schon so oft gehört hatte,
daß er sie auswendig kannte.
" Wartet nur ", dachte er.
" Eines Tages werde ich euch zeigen,
daß mein Urgroßvater nicht zu Unrecht von dem Land geträumt hat,
das er entdecken wollte.
Und dann werdet ihr nicht mehr über ihn lachen. "
ENDE © 25.02.96 by Winfried Brand /
Uwe Vitz - 8. Feb, 10:19
Der Sechsberger und der Kobold
Der Sechsberger Krummfinger Goldreichs Sohn war einer der reichsten Zwerge des Drachenkaiserreiches. Als Geschäftsführer der Sechsberger im Tal von Hy-ning war er einer der einflussreichsten seines Volkes. Er hatte Diener für sein Haus und Gärtner für seinen Garten. Auf einem Berg über den Tal in dem Krummfinger lebte, lebten Kobolde. Einer von ihnen saß gern auf einem Felsen über den Garten, eines Tages als er auf seinem Felsen saß, sah er den Zwerg in seinem Garten: „ Der Garten ist nutzlos, Gärtner kosten zu viel. Ich werde sie alle entlassen! Und die Diener gleich mit. Warum soll ich sie bezahlen, wenn ich in einem Zimmer wohnen für mich selbst sorgen kann?“ sagte der kaltherzige Zwerg zu einem anderen Sechsberger.
„ Krummfinger, unsere Geschäfte gehen nur gut, so lange es genug Wohlstand gibt, die Menschen achten uns so lange sie von uns Gewinn haben, du gefährdest unsere Position.“ mahnte der Sechsberger Klugauge Grauhaarssohn.
„ Wenn du dich so sehr sorgst, kannst du sie gerne einstellen.“ erwiderte Krummfinger lächelnd.
„ Ich bin nicht so erfolgreich wie du, ich kann es nicht.“
„ Dann solltest du schweigen.“ sagte der Geschäftsführer, das Gespräch war beendet.
Da wurde der Kobold sehr zornig, weil Krummfinger nicht bedachte, was aus den Leuten dann würde. Einige hatten ihm und seiner Familie ihr Leben lang gedient. In dieser Nacht konnte Krummfinger nicht schlafen. Ihm war heiß und unbequem. Das war auch kein Wunder, denn er bewahrte sein ganzes Gold in seinem Gürtel um den Bauch auf. Den trug er immer, auch im Bett, er wälzte sich im Bett herum.
Bald dachte er, er habe Fieber und war froh seine Diener noch nicht entlassen zu haben, dies wollte er jedoch später tun, wenn er genesen war.
Da bemerkte er einen Schatten, der auf ihn herabstarrte.
„ Du bist sehr schwach, bald kommen die Dämonen und holen deine schwarze Seele.“ zischte der Schatten. Krummfinger fuhr auf und rief laut nach seinen Dienern. Aber niemand kam.
„ Es gibt nur ein Mittel gegen deine Krankheit. Löse deinen Gürtel. Im Tal herrscht der Hunger. Hilf den Armen mit deinem Gold und du kannst wieder schlafen!“
„ Was!“ schrie er Zwerg und griff nach dem Messer, welches er unter seinem Kissen hatte.
„ Niemand stiehlt mein Gold!“ rief Krummfinger und schleuderte sein Messer. Aber der Schatten wurde nur gestreift, er beugte sich drohend über den vor Entsetzen starrten Zwerg und flüsterte: „ Du musst bald sterben, wenn du dich nicht änderst.“
Dann verschwand der Schatten. Krummfinger blieb erschrocken zurück, aber er war ein echter Sechsberger, schon kehrte sein Übermut zurück und er lachte verächtlich, dies war wohl ein Scherz den ein Konkurrent mit ihm trieb. Wahrscheinlich Klugauge. Plötzlich jedoch entdeckte er den Schatten in einem anderen Winkel seines Zimmers. Jetzt hielt die Kreatur einen Strick, der zu einem Galgen geknüpft war in den Händen. Schon flog die Schlinge heran und verfehlte den zitternden Zwerg nur knapp. Krummfinger war wie gelähmt vor Entsetzten. Erneut fiel die Schlinge neben ihn und wurde zurückgezogen. Noch ehe der Sechsberger aufatmen konnte, flog sie erneut heran und fiel über sein Haupt, auf seinen Hals. Gleich würde der Mörder sie zu ziehen. Da löste sich ein Schrei voller Verzweifelung und Angst aus Krummfingers Kehle. Seine Diener stürzten in den Raum.
„ Herr! Herr! Was ist los?“
Von dem Mörder sahen sie nichts mehr, doch die Schlinge war noch da. Krummfinger sankt erleichtert zurück auf sein Bett. Er hatte seine Lektion gelernt.
Für den Zwerg war sicher, dass er ohne seine Diener gestorben wäre.
Der Sechsberger kümmerte sich von nun an, um alle die für ihn arbeiteten und gab die Hälfte seines Goldes den Armen.
Wenn der Kobold von nun an den Gärtnern bei der Arbeit in dem herrlichen Garten zusah und die wohlgenährten Kinder beim Spielen im Tal beobachtete, berührte er die Narbe an seiner Wange und lächelte.
,
„ So hat der kluge Kobold den dummen Zwerg in die Irre geführt.“ meinte Lu.
„ Oder der weise Kobold rettete den zu geschäftstüchtigen Zwerg vor sich selbst, vielleicht wäre einige Wochen später eine echter Mörder in sein Haus eingedrungen, doch auf jeden Falls wurde die Zukunft aller beteiligter Personen verbessert, doch nun finde deine eigene
Zukunft.“
Lu wachte auf. La lächelte ihn freundlich an.
„ Habt Ihr gut geschlafen?“
Ende
Uwe Vitz - 7. Feb, 12:46
Die Prophezeiung des Drachenboten.
Der Mong-Kahn Thaga-Kahn war mächtig geworden. Zahlreiche Wunderdinge hatte der mächtige Fürst in seinen Besitz gebracht, bei seinen großen Feldzügen gegen das Reich des Drachenkaisers. Aber nichts davon war zu vergleichen mit dem Drachenpaar, welches er in seinem Garten hielt. Zwei Dracheneier, welche seine Krieger erbeuteten waren der Ursprung der beiden Wesen, welche er mit den kostbarsten Speisen füttern ließ. Tag für Tag lagen seine beiden zahmen Drachen träge auf einer künstlichen Insel in dem Teich, der das Zentrum des Gartens war. Der Kahn genoss es von seinem Teehaus aus, die beiden dicklichen Wesen zu beobachten. Ob er hoffte eines Tages alle Drachen in seinem Garten gefangen halten zu können? Sollte dies ein Zeichen der Überlegenheit der Mongs gegen die feindlichen Drachen sein? Oder hatte der Herrscher echte Zuneigung zu seinen beiden Drachen gefasst? Wer kann schon die Gedanken eines Herrschers verstehen?
Eines Tages schwebte ein Bote des Drachenkaisers heran. Der Drachen bewegte sich kreisend mit seinen mächtigen Schwingen über den Palast des Kahns, hin zum Garten. Er beobachte die beiden gefangenen fetten Drachen, sah die mit kostbaren Speisen gefüllten Schüsseln und schwebte näher, dann sprach er mit donnernder Stimme: „ Fliegt mit mir ins Drachenkaiserreich, wo wir Drachen über Sterbliche herrschen, wie es unsere Bestimmung ist, Drachen sollen kein Spielzeug der Sterblichen sein!“
Doch die Drachen des Kahn waren verdorbene Kreaturen, ihre erschlafften Schwingen hatten, wenn sie sie je besessen hatten, längst die Fähigkeit verloren zu fliegen. So blieben sie liegen als der Bote des Drachenkaisers sprach, sie öffnete ihre großen goldenen Augen, blickten ratlos hinauf und dösten dann weiter. Abermals sprach der Drachenbote: „ Wer bei Mongs lebt, soll mit Mongs sterben!“
Dann flog er davon.
Einige Monate später stürmten die Krieger des Drachenkaisers den Palast des Thaga-Kahn. Der Kahn entfloh, die Bewohner, welche man im Palast fand, wurden hingerichtet. Die beiden fetten Drachen jedoch, auf Befehl des Drachenkaisers, an Ort und Stelle geschlachtet und verbrannt.
„ Der Drachenbote berichtete dem Kaiser, dieser erzürnte, ließ den Palast des Kahns stürmen und die beiden Drachen töten.“
meinte Lu. „ Die Prophezeiung des Drachenboten war also keine große Kunst.“
„ Nun, die Vorhersage der Zukunft beruht auf das Zusammentreffen von Vergangenheit und Gegenwart, wer dies erkennt kann die Zukunft in Grenzen berechnen.“ erklärte La.
„ Ist es wirklich so einfach?“
„ Natürlich nicht, doch die weiter gehenden Dinge könntest du nicht verstehen, Aber ich will dir ein weiteres Beispiel zeigen, wie wir mit unserem Verhalten die Zukunft ändern können, sieh.“
Erneut öffnete sich das Tor in der Schlummerrolle. Lu trat hindurch und sah
Uwe Vitz - 7. Feb, 12:45
Die Abenteuer des Dämonenjägers Tao
Meister Lo lag im Sterben und hatte seinen besten Schüler zu sich gerufen, Tao. Der alte Zauberer gab dem jungen Mann mit zitternden Händen einen Spiegel und flüsterte: „ Mit diesen Spiegel kannst du alle niederen magischen Wesen, die Guten wie die Bösen vernichten, nutze ihn weise, hüte dich jedoch vor den Mächtigen der Magie, ihnen ist der Spiegel nicht gewachsen. Auch missbrauche seine Macht nicht zum eigenen Vorteil oder um Zaubergeschöpfe unnötig zu vernichten, kämpfe mit ihn gegen die Dämonen, welche unsere Ebene bedrohen.“
Mit Ehrfurcht nahm Tao den Spiegel in seine Hände und versprach dem Sterbenden seinen Wünschen gemäß zu handeln. Erleichtert seufzte der alte Meister auf und starb.
Es war ein Spiegel aus Bronze. Am Rücken befand sich ein liegendes Einhorn als Stütze. Vier mächtige Wesen wohnten an den vier Ecken des Rückens. Schildkröte, Tiger, Drache und Phönix. Diese Figuren waren umkreist von sechs Diagrammen, dem geheimnisvollen Zeichen des Drachenkaisers. Die Diagramme jedoch waren umgeben von zwölf Symbolen des Tierkreises. Ganz am Rand befanden sich vierundzwanzig uralte Schriftzeichen aus der Zeit der alten Völker. Tao erinnerte sich an die Worte seines Meisters:
„ Der Drachenkaiser erschuf vor Jahrhunderten zwölf magische Spiegel, jeder von ihnen verfügt über einen eigenen Zauber gegen das Böse. Sie wurden erschaffen um das Reich gegen die Dämonen zu verteidigen, welche es in der nahen Zukunft bedrohen werden. Doch wehe den Völkern dieser Ebene, wenn die Dämonen die kostbaren Spiegel in ihre Hände bekommen. Dann ist alles verloren.“
Tao erbebte, welche Verantwortung. Würde er sich ihrer würdig erweisen? Ja, wenn er versagte wären die Folgen wirklich so schrecklich wie der Meister prophezeite. Der junge Gelehrte hatte keine Erfahrungen mit Dämonen und fühlte sich auch nicht zum Dämonen oder Geisterjäger berufen. Von solchen Dingen hielt sich Tao am liebsten fern, war er doch alles andere als ein Abenteurer.
Doch Meister Lo hatte ihn zum Erben seines Vermögens und seines Amtes gemacht. Der Drachenkaiser hatte dem zugestimmt. Tao war nun kaiserlicher Dämonenjäger für den Bezirk Hy-Tang. Der junge Dämonenjäger suchte kurz darauf seinen Freund Szu auf, der ihn einen bestimmten Gefallen tat, nun hoffte Tao auf alles vorbereitet zu sein.
1. Die geheimnisvolle Dame
Als er eines Tages in einer Herberge abstieg, sah er wie eine junge Frau erschrack, als sie seinen Spiegel sah. „ Ich muss fort“ stöhnte sie zitternd und eilte davon. Tao befragte den Wirt nach ihr und dieser berichtete:
„ Es ist zwei Monate her, da brachte ein Gast diese junge Sklavin namens Paen aus dem Osten her. Vor seiner Abreise vertraute er mir das Mädchen an und versprach zurück zu kehren, doch seitdem hörte ich nichts mehr von ihn.“ Der junge Gelehrte fürchtete, Paen sei eine getarnte Dämonin.
Tao rief Paen zu sich und hob den Spiegel, da warf sie sich auf die Knie und rief: „ Ach verschont mich, sofort sage ich Euch die Wahrheit.“
„ So gestehe die Wahrheit, ehe ich dich vernichte!“ rief der Dämonenjäger.
“ Ich bin eine alte Füchsin, schon viele tausend Jahre alt. Seit langer Zeit wandle ich meine Gestalt und verführe Menschen. Doch die Drachen hörten nie auf mich zu verfolgen. Stets bin ich auf der Flucht und muss mich vor ihnen verstecken, in meiner letzten Gestalt heiratete ich einen Bauern, mit dem ich in guter Ehe lebte, doch dann musste ich vor einem Drachen nach Osten fliehen, dort traf ich einen Reisenden, der mich mitnahm, doch er war sehr brutal und tat mir viel Leid an. Nach dem er mich auf viele Arten gequält und verletzt hatte, ließ er mich hier zurück, zu schwer verletzt war ich um ihn weiter zu folgen. Als er keine Freude mehr daran hatte mich zu vergewaltigen, schlug er mich so schlimm, dass selbst meine Zauberkräfte die Wunden nicht mehr heilen konnten, dann ließ er mich hier sitzen.“
„ Du alte Füchsin, nimmst menschliche Gestalt an, um Menschen zu schaden?“
„ Ach ich wollte doch nur mit den Menschen leben, wollte mehr sein als ein Tier..“
„ Du kennst das Gesetzt des Drachenkaisers? Füchse welche Menschengestalt annehmen müssen vernichtet werden.“
„ Ach Herr, ich sterbe doch so oder so. Ob Ihr mich nun mit dem Spiegel vernichtet oder ich langsam an meinen Wunden sterbe, Rettung könnte ich nur finden, wenn ich wieder Fuchsgestalt annehme, aber ich habe mich zu sehr daran gewöhnt Mensch zu sein. Ich kann nicht zurück in den Wald.“
„ Was willst du denn?“
„ Ach Herr, bezahlt meine Rechnung und gebt mir Wein, damit ich berausch sterben kann, mehr darf ich nicht mehr erhoffen.“
So ließ Tao ihr Wein bringen und lud alle zu einen Ehrenfest für Paen ein. Das Mädchen berauschte sich. Dann erhob sich Paen und sang:
O, wie oft vertauscht’ ich die Gestalt, fremdes Dasein fremde Namen tragend. Leben war Rausch und Glück. Doch nicht verzagend und ängstlich flieh ich vor des Todes Gewalt. Warum verharren auf des Lebens Pfade? “
Das Lied riss schmerzhaft ab, sie grüßte die Versammelten und brach zusammen. Am Boden jedoch lag nun eine tote Füchsin.
2. Die Ordnung der Dinge
Als im sechsten Jahr der Periode des blauen Drachens eine Mondgleiche auftrat und beide Monde gleichzeitig über der Ebene der Sechs Türme zu sehen waren, konnte Tao die beiden Monde auch in dem Spiegel sehen. Er verstand nun, dass der Spiegel die Bewegung der großen Gestirne anzeigte, ob dies Teil oder sogar Grundlage seiner magischen Kraft war?
Taos Freund Szu erwarb ein Schwert, auf dessen Griff die Figuren Drachens und Phönix modelliert waren. Ständig glänzte diese Waffe. Eines Tages besuchte Szu seinen Freund und brachte das Schwert mit.
„ Ich habe die Erfahrung gemacht“ berichtete er, „ dass dieses Schwert bei einer Sonnengleiche von selber zu leuchten beginnt. Ich weiß, dass du große Freude an geheimnisvollen Dingen hast, möchtest du heute Abend mein Schwert sehen?“
Begeistert sagte der Gelehrte zu. Die beiden Freunde schlossen sich in ein Zimmer ein, in dem völlige Finsternis herrschte. Tao zog seinen Spiegel hervor, legte ihn auf den Schemel. Ganz langsam begann der Spiegel ein Licht auszustrahlen, welches das Zimmer erhellte. Das Schwert jedoch verlor seinen eigenen Glanz. Erstaunt bat Szu seinen Freund den Spiegel wieder in eine Schachtel zurück zu legen. Dies tat Tao, nun sahen die beiden, wie das Schwert wieder zu glänzen begann. Es war jedoch ein ängstliches Licht, welches nur zaghaft aus der Klinge drang. Szu seufzte.
„ Gibt es auch eine Rangordnung, eine Hierarchie für die übernatürlichen Gegenstände? Müssen die Geringeren ihre Unterwerfung in der Gegenwart der Höheren ausdrücken- genau wie wir Menschen? „
3. Die schwarzen Bäume
„ Meister Tao, zwei riesige schwarzer Bäume sind vor dem Palast des Statthalters erschienen, die beiden Söhne des Statthalters sind seitdem verschwunden. Ihr müsst sofort kommen.“ berichtete der Bote. Sogleich machte Tao sich auf den Weg. Tatsächlich, über Nacht waren zwei große schwarze Bäume vor den Palast gewachsen, dies konnte nicht mit rechten Dingen zugehen. Solche Bäume hatte Tao noch nie gesehen, sie waren seltsam spitz und hatten keinen einzigen Ast, waren die überhaupt Bäume oder doch eher Pfähle? Aus welchen Material sie wohl bestanden? Dem Dämonenjäger kam ein erschreckender Verdacht. Tao begab sich mit diesen Gedanken zum Statthalter. Der ranghohe kaiserliche Beamte lief Tao schon entgegen und erzählte ihn, dass er einen Traum gehabt habe, wo der Baumgeist zu ihn gesprochen habe, Tao besäße einen magischen Spiegel, welchen er um Mitternacht vor den Bäumen legen solle, dann würde der Baumgeist die Kinder wieder frei geben. „ Nun gut. Last den Palast räumen und wartet am anderen Ende der Stadt ab.“ antwortete der Gelehrte, verließ den Palast und trat vor die „Bäume“.
„ Böser Geist, du willst meinen Spiegel? Heute Nacht kehre ich zurück, aber den Spiegel lege ich erst vor dir hin, wenn du die Kinder frei gibst, tust du es nicht, werde ich den Spiegel stattdessen auf dich richten, ob die Kinder mit vernichtet werden oder nicht. „
sagte Tao und ging nachhause. Er hoffte, der Dämon bemerkte nicht, wie viel Angst er hatte. Es war das erste mal, dass Tao es mit einem so mächtigen Gegner zu tun hatte. Der Dämonenjäger hatte einen riskanten Plan, dieser war die einzige Chance die Kinder zu retten. Doch er wusste nicht genug über seinen Feind um sicher zu sein, dass sein Plan gelang. Sollte die Kreatur Gedanken lesen können, war er so gut wie tot. In der Nacht kehrte Tao mit zwei Dienern zurück.
„ Gib die Kinder frei, böser Geist!“ rief der Dämonenjäger gebieterisch. Die „Bäume“ erbebten, dann öffnete sich in der Erde eine Spalte und die beiden bewusstlosen Knaben wurden von einer unsichtbaren Macht empor getragen und zu Boden legt. Tao befahl seinen Dienern die Kinder fort zu tragen, so weit es ging. Er trat vor und legte den Spiegel vor dem „Baum“. Der Dämonenjäger hatte kaum Zeit zurück zu springen. Die Erde bebte, Spalten bildeten sich überall. Das Beben wurde stärker. Der Palast des Statthalters stürzte
krachend in sich zusammen. Eine gewaltige Erdspalte öffnete sich, die beiden „Bäume“ stiegen empor, denn unter ihnen tauchte nun ein riesiger Schädel auf. Tao hatte es geahnt, die „Bäume“ waren in Wahrheit die Hörner eines gigantischen Dämons. Mit einem ohrenbetäubenden Triumphgeheul stieg der Teufel empor. Zuerst ergriff der Dämon den Spiegel, dann holte er zum tödlichen Schlag aus um den Dämonenjäger zu töten. Aber da zog Tao seinen Spiegel unter dem Gewand hervor. Der Teufel schrie entsetzt auf. Sofort traf den Dämon ein Lichtstrahl aus dem Spiegel, welcher die Kreatur des Bösen zurück schleuderte. Tao hatte das Ungeheuer mit einer Fälschung, welcher sein Freund Szu für ihn angefertigt hatte, getäuscht. Ein letztes Mal schrie der Dämon voller verzweifelten Hass auf, dann ging der Körper des Teufels in Flammen auf. Tao wich erschrocken zurück. Einige Sekunden lang sah er in den Flammen ein tanzendes, nichtmenschliches Skelett, welches auch von dem magischen Feuer vernichtet wurde, dann war von dem mächtigen Dämon nur noch Asche übrig. Wehe, wenn die Macht des Spiegels je dem Bösen dienen sollte!
Tao konnte sich über seinen Sieg nicht freuen, die Stadt war schwer beschädigt worden, der Palast zerstört und dieser Teufel war nur einer von vielen, die anderen Dämonen würden sich nun noch mehr bemühen Tao zu vernichten
3. Der dämonische Herrscher
Hy-Tang wurde von der Pest heimgesucht. Als Tao ein Krankenhaus besuchte, stellte er fest, dass sein Spiegel mit seinem Licht die Kranken heilen konnte, so versuchte er nun tagelang alle Kranken zu retten, doch je mehr er sich mühte, desto mehr erkrankten neu.
Der Dämonenjäger kämpfte verzweifelt und fand kaum noch Schlaf. Ständig eilte er von einen Krankenlage zum Nächsten. Doch auch Tao konnte nicht alle Opfer retten. Jeden Tag starben dutzende. Als die Zahl der Toten sechshundert erreicht hatte, hörte Tao eine Stimme:
„ Tao, Dämonenjäger von Hy-Tang, diese sechshundert Toten sind die Sühne für den Dämon, welchen du mit deinem Spiegel vernichtet hast. Merke dir Sterblicher, jeder Dämon, den du tötest, wird von mir gerächt werden! Hüte dich, noch einmal meine Pläne zu stören! „
Tao fuhr herum, doch er konnte niemanden sehen. Nur er hatte die Stimme gehört. Von jenem Tag an, suchte die Pest sich keine neuen Opfer mehr. Aber der Dämonenjäger war zu Tiefs entsetzt. Er ahnte, dies war die Stimme des dämonischen Herrschers gewesen. Wie sollte Tao gegen die Dämonen kämpfen, wenn der Erzböse später Unschuldige ermordete? Er reiste in die Hauptstadt und besuchte den erfahrenen Dämonenjäger Maok. Dieser erklärte ihn, dass es viel mehr Opfer gegen würde, wenn man den Dämonen keinen Widerstand leistete. Es sei seine Pflicht den Kampf fort zu setzen und so viele wie möglich zu beschützen.
„ Doch alle können wir nicht retten, denn es muss ein Gleichgewicht zwischen Gut und Böse geben.“
Tao seufzte, verabschiedete sich und reiste zurück. Jetzt erst wusste er, wie schwer seine Aufgabe wirklich war.
4. Der Plan der Dämonen
Einige Monate später bekam Tao Besuch von seinem Bruder Lao, dieser berichtete ihn, dass ihr Heimatdorf Hydo von einem besonders grausamen Dämon heimgesucht wurde, welcher Lao zum Zweikampf herausgefordert hatte. Um den Unhold zu besiegen benötigte Lao dringend den magischen Spiegel seines Bruders. Tao beschloss seinen Bruder zu begleiten. Doch da erhielt er einen Brief mit dem Siegel des Drachenkaisers, der Herrscher wollte ihn sogleich in der Hauptstadt sprechen. Tao zögerte, durfte er den kostbaren Spiegel seinen Bruder geben, der kein ausgebildeter Dämonenjäger war? Aber sein Bruder brauchte den Spiegel im Kampf gegen den Dämon und er selber musste dringend in die Hauptstadt, dem Befehl des Drachenkaisers folgen. War dieses Zusammentreffen nur Zufall? Nachdenklich betrachtete er den Brief und dem Boten, welcher vor ihn stand. Das Schreiben wirkte echt, alle Siegel, alle Unterschriften waren richtig und doch war eine Kleinigkeit falsch.
Dieses Schreiben war zu gut. Die Abstände zwischen den Schriftzeichen waren perfekt, zu perfekt. Tao kannte die kaiserlichen Schreiber, sie waren gut, doch nicht so gut. Ihn kam ein Verdacht.
Er bat den Boten noch etwas zu warten und holte seinen Spiegel, von einem Nachtbarzimmer aus, durch ein getarntes Fenster beobachtete er nun den Boten durch seinen Spiegel. Der Dämonenjäger sah einen gehörnten Dämon mit leuchtenden Augen in der kaiserlichen Uniform. Zorn erfasste Tao an liebsten hätte er das Ungeheuer sogleich vernichtet, aber er besann sich. Er kehrte zurück zu dem Wartenden und sprach: „ Ich werde dem Befehl des Herrschers folgen.“
Der Bote ritt sofort los um dies zu melden, wahrscheinlich auch um eine tödliche Falle vorzubereiten. Wie viele Dämonen wohl im Hinterhalt lauerten? Tao jedoch gab seinem Bruder den Spiegel und folgte ihn dann heimlich. In Hydo erschien sogleich der Dämon, ein Scheusal mit langen Hörnern und spitzen Krallen. Lao richtete den Spiegel auf das teuflische Wesen und der Unhold wurde zerstrahlt.
Tao hatte alles heimlich beobachtet, hinter einem Gebüsch. Er wollte seinem Bruder zu dem Erfolg beglückwünschen, da sah er sich selber, die Straße herunter reiten und auf seinen Bruder zu eilen. Dem Dämonenjäger sträubten sich die Haare.
„ Ein Dämonenangriff in Hy-Tang, ich brauche sofort den Spiegel.“ sagte der Doppelgänger. Schon wollte der ahnungslose Lao ihn den Spiegel herausgeben, da sprang Tao aus dem Gebüsch und schrie:“ Halt, er ist ein Dämon! „
„ Nein, ich bin dein Bruder, er ist der Dämon!“ brüllte der Doppelgänger. Lao zog den magischen Spiegel und richtete ihn auf beide.
Sogleich traf ein Lichtstrahl den getarnten Dämon. Der Doppelgänger krümmte sich zusammen und ging in Flammen auf. Nur ein Haufen Asche blieb von dem Dämon übrig. Die beiden Brüder fielen sich in die Arme. Die Dämonen mussten eine weitere Niederlage hinnehmen, doch sie gaben nicht auf.
5. Der Teich
In einem Parkteich ertrank ein kleiner Junge. Viele Kinder erzählten daraufhin, dass sie nachts eine Stimme hörten, welche sie zu jenem Teich locken wollte. Tao begab sich sofort zu dem Gewässer. Eine große Anzahl von Schaulustigen hatte sich schon versammelt. Der Dämonenjäger hob seinen magischen Spiegel und richtete ihn auf den Teich. Sofort begann das Wasser zu kochen. Es dauerte einige Zeit, dann war alles Teichwasser verdampft und man konnte nur noch den Schlamm sehen, in welchen deutlich Dämonenfußabdrücke zu erkennen waren, welche zu einen Tunnel führte. Tao seufzte auf, im Teich hatte ein Dämon gelauert, der vor der Macht des Spiegels geflohen war, um nicht vernichtet zu werden. Folgen wollte der Gelehrte dem Unhold nicht, die Gefahr in eine Falle gelockt zu werden war zu groß. So befahl er den Teich zuzuschütten, sprach den Eltern des toten Jungen sein Beileid aus und hoffte, dass die Dämonen fortan Hy-Tang meiden würden.
6. Die drei Schwestern
Die Eltern dreier Töchter baten Tao um Hilfe, die drei Schwestern waren von Dämonen besessen und verlangten man solle ihnen den Spiegel bringen oder sie wollten sich selbst töten. Tao erschrak nicht wenig, keinen Augenblick zweifelte er daran, dies sei eine neue List der Dämonen war, um seinen kostbaren Spiegel zu rauben. Als Tao vor das Haus trat, trat ihm eine der Schwestern entgegen und sagte: „ Gib mir den Spiegel oder die beiden anderen Schwestern sterben.“
„ Und wenn ich dir den Spiegel gebe Dämon, verschonst du dann die Mädchen?“
„ Natürlich, sie sind nur Werkzeuge für uns, um an den Spiegel zu kommen.“
„ Was wollt ihr mit dem Spiegel?“
„ Unser Herrscher will ihn haben, mehr musst du nicht wissen.“
„ Leben die Mädchen überhaupt noch?“
„ Sie leben, Sterblicher, aber nicht mehr lange, gib mir sofort den Spiegel.“
„ Erst will ich die Mädchen sehen.“
„ Wir können sie töten.“
„ Dann banne ich dich mit dem Spiegel und dein Herrscher hat wieder nichts gewonnen.“
Die Besessene starrte Tao einen Augenblick lang an. Der Dämon dachte nach. Tao sah wie zwei Schatten hinter den Fenstern des Hauses alles beobachten. Die Dämonen tauschten offenbar ihre Gedanken aus und die Wesen in den Körpern der anderen Schwestern wollten sich die Lage ansehen. Darauf hatte Tao gehofft. Blitzschnell riss er den Spiegel hoch und das magische Licht traf alle drei Schwestern gleichzeitig. Sie schrieen auf und stürzten zu Boden. Der Kontakt zu den Dämonen welche sie fernsteuerten war unterbrochen. Später berichteten sie, nachts seien drei Dämonen in ihr Zimmer eingedrungen und hätten sie gebrandmarkt. Von diesem Augenblick an, wären sie im Bann der Dämonen gewesen. Doch das magische Licht hatte das Dämonenzeichen verschwinden lassen. Die Familie bedankte sich bei Tao, der Dämonenjäger jedoch fragte sich besorgt, was die Dämonen wohl als nächstes planten.
„ Werden die Dämonen die Macht übernehmen?“ fragte Lu besorgt. La zuckte die Schultern. „ Dies wird die Zukunft bestimmen, die niemand genau kennt. Jeder kann sich nur bemühen, dem Bösen zu wider zu handeln. Vielleicht entscheidet am Ende der Flug eines Schmetterlings ob die guten oder die bösen Mächte auf dieser Ebene herrschen. Wer weiß? „
„ So ist der Lauf der Zeit also unvorhersehbar?“
“ Für normale Sterbliche gewiss, doch es mag Wesen geben, welche die Natur der Zeit selbst verstehen, für jene mag es in Grenzen möglich sein, die Zukunft zu erkennen.“
„ Was für Wesen?“ fragte Lu. „ Sieh selbst „ erwiderte La. Erneut öffnete sich das Tor in der Schlummerrolle. Lu trat hindurch und sah.
Uwe Vitz - 7. Feb, 12:43
Die Reisen im Inneren der Schlummerrolle 3
Die sechs Schwestern
Sechs Werwölfe wurden von der Bösen Macht zu einem Berg befohlen. Der Dämonische Herrscher erschien.
Der Erzböse hatte die Gestalt eines vermummten Riesen, dessen Gesicht unter einem weiten Umhang verborgen war, angenommen. Aus seinem Schädel ragten drei große Hörner heraus und aus dem Schatten der Kapuze funkelten zwei böse rot glühende Augen. Die Wolfswesen senkten ihre Häupter und riefen: „ Heil dir, Herrscher des Bösen!“
„ Heil auch euch, ihr Diener des Bösen“, antwortete der Dämonische.
Der Dämonische Herrscher hob seine rechte Hand, in der ein Spiegel erschien. In dem Spiegelglas sah man ein Haus, welches am Abhang dieses Berges stand.
„ In jenem Haus wohnen die sechs Töchter des Li. Ich habe in die Zukunft geblickt und erfahren, dass eine von ihnen der Bösen Macht Schaden zufügen könnte. Ihre Eltern wurden vor sechs Jahren von treuen Dienern des Bösen erschlagen. Nun wird es Zeit das Werk zu vollenden. Tötet sie alle!“
„ Wir werden Euren Befehl ausführen“, versprach der Leitwolf.
„ Tut es und ich werde euch belohnen, ihr werdet stärkere Zauberkräfte erhalten und im Reich des Bösen höhere Ränge bekleiden.“
Der Erzböse winkte gnädig, die Werwölfe nahmen die Gestalt von jungen Männern an und machten sich auf den Weg.
Die sechs Werwölfe pochten an die Tür des Hauses. Doch als die Mädchen die fremden Gesichter sahen, wagten sie es nicht zu öffnen.
„ Wir haben den Weg verloren und sind sehr hungrig, könne wir heute Nacht nicht bei euch bleiben?“ fragte der Leitwolf. „ Das ist nicht möglich, wir sind sechs Schwestern und alleine, so müssen wir auf unserem Ruf achten.“ antwortete die vierte Schwester Liang.
„ Wir wollen doch gar nicht die ganze Nacht bleiben. Wir sind nur sehr müde. Können wir uns nicht wenigstens ein wenig ausruhen?“ rief der Leitwolf. Als die Schwestern dies hörten, gebot die älteste Schwester Lihun den anderen die Tür zu öffnen, um der heiligen Gastfreundschaft willens. So geschah es, doch während die Werwölfe eintraten, entschlüpfte Lihun durch die Tür und verschwand in der Dunkelheit. Als Liang den Gästen Stühle anbot, entdeckte sie einen Wolfschwanz, der ein Stück unter dem Gewand eines der Fremden heraus ragte. Sie ließ sich jedoch nichts anmerken, sondern bat ihre Schwestern mit ihr nach oben auf den Dachboden zu gehen, um noch etwas Feuerholz zu holen. Dies taten sie. Die Werwölfe machten es sich unterdessen gemütlich und freuten sich darauf ihre ahnungslosen Opfer zu zerreißen und von dem dämonischen Herrscher belohnt zu werden. Doch was war dies? Die Mädchen kamen gar nicht mehr herunter. Der Leitwolf wurde ungeduldig, er ging hinauf um die Mädchen herunter zu holen und dies war das Letzte, was die anderen Werwölfe je von ihm sahen. Dann stapfte der zweite Werwolf die Treppe hinauf und verschwand ohne einen Laut. Der dritte Werwolf wollte der Sache nachgehen und kam nicht mehr zurück. Die drei übrig gebliebenen Werwölfe waren völlig ratlos. Sie ahnten, dass etwas schief gegangen war und dass es nicht ratsam sei, einer nach dem anderen hinauf zu gehen. Der vierte Wolf übernahm die Führung und gemeinsam tapsten sie die Treppe hinauf. Gerade als der neue Leitwolf das Ende der Treppe erreicht hatte, sah er, dass die Mädchen knorrige, blutverschmierte Eichenknüppel über ihren Köpfen hielten. Bevor er schreien konnte sausten die Knüppel mit solcher Gewalt auf ihn nieder, dass sein Kopf gespalten wurde. Er taumelte zurück und riss die anderen zwei mit sich die Treppe hinunter. Sie rollten ins Feuer und ihr Fell begann zu brennen. Schreiend vor Pein stürzten die beiden letzten überlebenden Werwölfe aus dem Haus, um in einem nahen Bach ihr brennendes Fell zu löschen. Hinter ihnen verriegelten die Töchter des Li die Tür, so waren sie gerettet. Nur ein Kummer blieb ihnen, was war nur mit ihrer ältesten Schwester geschehen?
Die beiden noch lebenden Werfwölfe lagen zitternd am Bach, ihre vier Brüder waren tot, ein weiterer Angriff auf diese blutrünstigen Mädchen erschien als glatter Selbstmord. Aber dies war nicht ihr größtes Problem
„ Ihr elenden Versager!“ donnerte eine schreckliche Stimme, die Wolfswesen heulten auf und sahen den Dämonischen, der vor ihnen aus dem Erdboden wuchs. „ Wir wurden überlistet, o Herrscher. Gib uns noch eine Chance, wir werden..“
„ ..versagen.“ vollendete der dämonische Herrscher den Satz. „ Nein, ich beende euer Elend sofort“
Er streckte seine Hände aus, die Wolfswesen wollten fliehen, doch Flammenstrahlen trafen sie und verbrannten beide in Sekunden zu Asche.
„ Sehr beeindrucken.“ meinte Lihun, welche hinter dem Erzbösen aus der Dunkelheit trat und die beiden noch qualmenden Aschehaufen betrachtete. „ Lihun, du hast deine Schwestern verraten, um das ewige Leben einer Dämonin zu erhalten.“ Der Dämonische winkte das Mädchen zu sich und legt sanft seine rechte schwarze Hand auf ihre linke Schulter. „ Ich habe erneut in die Zukunft geblickt und es könnte sein, dass du der Bösen Macht große Dienste leisten wirst.“
„ So soll es geschehen, o Herr.“
„ Und einer dieser Dienste wird der Tod deiner Schwester Liang sein.“
„ Eine schreckliche Geschichte, wo soll da Glück sein?“ fragte Lu empört. „ Alle Werwölfe sind tot, Lihun hat ihre Schwestern verraten die arme Liang wird ermordet werden.“
„ Lihun hat ihre Bestimmung gefunden, eine Dämonin zu werden, Lian rettete ihre Schwestern mit ihrer Idee und wird nun ihr Schicksal als Dämonenjägerin finden, so wird sie ihrer Schwester erneut begegnen.“ erklärte La
„ Furchtbar!“
„ Aus deiner Sicht, doch Glück ist eine relative Sache, Liam und Lihun haben das Glück ihre Bestimmung gefunden zu haben, die anderen vier Schwestern haben überlebt. Auch dies ist Glück.“
„ Und was ist mit den Werwölfen?“
“ Nun, sie hatten eben Pech, was ja nur die andere Seite des Glückes ist.“ erwiderte La.
„ Dieser dämonische Herrscher, wer ist er und wie viele Diener hat er?“
„ Dies ist noch ein großes Geheimnis, welches die Zukunft lüften wird. Aber er ist eine große Bedrohung für alle nichtdämonischen Wesen auf dieser Ebene. Siehe selbst.“ La deutete auf das Tor in der Schlummerrolle, welches sich erneut öffnete. Lu trat hindurch und sah.
Uwe Vitz - 7. Feb, 12:40
Die Reisen im Inneren der Schlummerrolle
(Die Ebene der Sechs Türme)
2. Hu und Nuen
Hu, war ein junger Priester der zum Orden der Wahrsager gehörte, welcher sich nur mit der Deutung der Zukunft beschäftigt. Doch so genau er auch die Zukunft anderer Personen vorhersagen konnte, seine eigene blieb ihm stets verschlossen. Einmal im Jahr machte er eine Wallfahrt zu einem Tempel in den Bergen, wo er zu dem Drachengott der Zeit betete. Es war ein weiter beschwerlicher Weg den er zurück zu legen hatte. Fünfzehn Wegstunden vor dem Ziel lag ein kleines Dorf, dort kehrte er regelmäßig ein und übernachtete bei dem Ortsvorsteher. Der Ortsvorsteher hatte vor Jahren ein Kind aufgenommen, welches wohl von seinen leiblichen Eltern ausgesetzt worden war. Dieses Mädchen war unschön, ja missgestaltet. Dafür besaß sie aber einen scharfen Verstand, lernte sehr schnell lesen und schreiben und besaß große Kenntnisse über die Literatur. Der Name dieses Mädchen war Nuen. Wenn Hu die gelehrte kleine Nuen erblickte, welche ihm immer freundlich begrüßte, war er hoch erfreut. Er setzte sich zu ihr, hörte aufmerksam zu, wenn sie ihre selbst gedichteten Lieder vorlas, und erzählte in liebenswürdigerweise Geschichten, die sie noch nicht kannte. Voller Aufmerksamkeit richtete das arme Kind seine klugen, großen Augen auf den Erzähler und als er einst im Spaße sagte: „ Nuen, wenn du erst groß und erwachsen bist, so will ich dich heiraten und du sollst meine Frau werden, und mit mir in meine Heimat ziehen“, da lachte sie vor Freude hell auf.
So verstrich die Zeit, Nuen wurde nicht schöner, aber älter. Als einige Jahre später Hu abermals bei ihren Vater eingekehrt war, da trat sie in der Nacht an sein Lager, weckte ihm und sprach: „ Nun ist die Zeit gekommen, o Geliebter. Ich bin erwachsen, halte nun dein Versprechen und heirate mich. Ich bin bereit, morgen wenn du fort gehst, dir zu folgen.“ Als Hu ihre Worte hörte, war er sehr bestürzt. Er erklärte ihr, er habe nur im Scherz gesprochen und dürfe doch als Priester gar nicht heiraten. Doch Nuen ließ keine Entschuldigung gelten und drohte sogar den Priester wegen Wortbruchs und falscher Eheversprechungen ihrem Vater zu melden, der als Ortsvorsteher in dem Dorf Recht sprechen konnte. Hu war die Situation höchst unangenehm, er wusste nicht wie er ohne Gesichtsverlust aus dieser Lage herauskommen sollte und beschloss Nuen zu hintergehen. Er erklärte dem Mädchen nach seiner Wallfahrt, wenn er erneut im Haus ihres Vaters einkehre, wolle er sie heiraten, nachdem er im Tempel in den Bergen den Drachengott der Zeit um Erlaubnis gebeten hätte.
„ Er wird sie dir nicht verweigern, o Geliebter.“ sagte Nuen und der seltsam Klang ihrer Stimme ließ Hu erschauen. So ähnlich hatte die Stimme des Drachengottes geklungen, als er damals als Novize hörte, wie der uralte Drachen zu einen der Ältesten des Ordens sprach. Konnte es eine Verbindung zwischen dem Drachengott und diesen hässlichen Mädchen geben? Nein, gewiss nicht, er bildete sich alles nur ein, entschied Hu. Nuen war glücklich und legte sich wieder schlafen. Am nächsten Morgen als Hu sich von Nuen verabschiedete, reichte diese ihm einen Zweig, an dem ein Papier hing. Hu nahm den Zweig und las das Papier:
`Wohl warte ich ruhig, auf den künftigen Bund, ich habe dein Versprechen. Der Drachengott der Zeit wird unseren Bund nicht brechen. ´
Hu war froh, dass sich Nuen beruhigt hatte und so schrieb er rasch einige Verse zur Antwort auf die Rückseite und gab Nuen das Schreiben zurück. Sie las:
` Wenn der Drachengott uns gnädig gesonnen, bald alles Glück dieser Ebene wir gewonnen. ´
Sie las den Vers und ihre Augen leuchteten, sie war nun ganz getröstet. Hu konnte ungehindert fort ziehen und Nuen glaubte, dass ihr Glück gesichert sei. Hu aber atmete erleichtert auf, als er aus dem Haus war. Nie wieder würde er dieses Dorf betreten. Ja Abscheu befiel ihn, wenn er an dieses seltsame Mädchen nur dachte. Langsamer als sonst pilgerte er zum Tempel. Die unglückliche Nuen wartete voller Ungeduld auf seine Rückkehr, Tag um Tag verging und sie sah ihn nicht wieder. Schließlich wurde ihre Sehnsucht so stark, dass sie ihm entgegen lief, um den Geliebten früher zu umarmen. Als sie schon eine gute Strecke auf der Straße zurückgelegt hatte.
erblickte sie einen alten Priester. Sie stand still, mäßigte ihre Ungeduld und fragte den Ehrwürdigen ob er nicht einen jungen Priester namens Hu gesehen hätte. Dabei beschrieb sie den Geliebten so genau, wie nur sie es konnte. Der Priester dachte ein Weilchen nach, dann flog ein Lächeln über sein Gesicht. Ja, den Gesuchten hatte er gesehen, er kam etwa eine Viertelstunde hinter ihm. Nuen war hoch erfreut, sie dankte dem alten Priester und eilte Hu entgegen. Dieser jedoch sah sie mit Entsetzen schon von weiten. Als Priester des Ordens der Wahrsager, kannte er auch so manchen Zaubertrick. Rasch veränderte er seine Gestalt. Als Nuen ihm entgegen trat, erkannte sie ihn tatsächlich nicht und erkundigte sich enttäuscht nach dem Geliebten, den sie doch schon geglaubt hätte vor sich zu haben.
Hu beruhigte sie mit den gleichen Worten wie der vorherige Priester und erklärte, der Gesuchte käme eine Viertelstunde hinter ihn.
Nuen stürmte an ihm vorüber. Aber als sie eine Viertelstunde gelaufen war, da fiel es ihr wie Schuppen von den Augen und sie begriff, dass sie betrogen war. Sie war ganz erfüllt von Leidenschaft und Zorn. Ein Krampf durchzog ihren Körper, aus ihren sonst so freundlichen Augen blitzten Rachgedanken und wie ein wütender Drache lief sie hinter dem letzten Priester her. Es kümmerte sie nicht, dass die Leute sie für einen Dämon hielten. Immer schneller lief sie, bis sie den großen Fluss Hy-nak kam. Hier sah sie eben noch wie ein Schiffer den verräterischen Hu übersetzte und dieser am anderen Ufer an Land stieg. Sie winkte den Schiffer wieder herüber zu fahren und auch sie über den Fluss zu bringen, doch so sehr sie auch flehte, es war vergeblich denn Hu hatte den Fährmann bestochen. Immer wilder gebärdete sich Nuen. Das Haar sträubte sich auf ihren Kopf, aus Mund und Nase schien Feuer zu sprühen. Hu wurde von Todesangst gepackt und eilte in einen nahen Tempel seines Ordens, um sich von den dortigen Priestern verstecken zu lassen. Nuen stürzte sich rasend vor Zorn in den Fluss. Sie versank sofort im Wasser, welches zu brodeln begann. Immer heftiger brodelte es, bis das Wasser auseinanderspritze und ein weiblicher Drache aus dem Fluss empor stieg und auf das andere Ufer zu schwamm. Nun hatte auch Nuen ihre wahre Gestalt angenommen. Der bestochene Fährmann flehte um Gnade, aber er wurde mit einem einzigen Klauenhieb zerschmettert.
Dann kroch Nuen mit vor Hass leuchtenden Augen zum Tempel. Die Priester hatten Hu unter der Glocke des Tempels versteckt.
Eitel Bemühen! Das Drachenweibchen verschlang alle Priester dieses Tempels. Dann ergriff Nuen mit ihren riesigen Krallen die Glocke und fauchte: „ Jetzt hab ich dich, Hu!“
So entfaltete sie ihre Drachenflügel und flog mit der Glocke und dem darin versteckten Priester davon. So verschwanden die beiden in den Wolken. Nie wieder hat man etwas von Hu und Nuen gehört.
„ Ein Drache sucht die Liebe eines Menschen?“ fragte Lu erstaunt. La lächelte traurig. „ Nuen war für die Menschen ein gewaltiger Drachen, aber für andere Drachen zu klein und daher missgestaltet. Sie nahm Menschengestalt an, um unter den Sterblichen einen Gemahl zu finden, doch auch diese Gestalt war hässlich, vielleicht auf Befehl des Drachenkaisers, der nicht wollte, dass ein Unwürdiger
eine Drachenfrau heiratet. So war die arme Nuen zwischen zwei Welten gefangen und wurde in beiden abgelehnt. Sie musste irgendwann böse werden. Hu konnte dies nicht ahnen. Seine Fehler waren menschlich. So war es das Schicksal, welches weder Hu noch Nuen ändern konnten, dass keiner von beiden Glück finden sollte.“
„ Hatten beide denn keine Chance?“
„ Vielleicht, hätten sie eine kleine Chance gehabt, wenn einer von beiden bereit gewesen wäre, für das Glück des anderen, auf sein eigenes ein wenig zu verzichten und ehrlich zu dem anderen gewesen wäre, auch wenn dies viel verlang scheint in ihrer Lage, doch dazu waren sie beide nicht in der Lage.“
„ So kennst du auch eine Geschichte in der jemand sein Glück findet?“
„ Vielleicht“, La seufzte auf. „ Es hängt davon ab, was ist Glück?“
Erneut öffnete sich das Tor in der Schlummerrolle, Lu trat hindurch und sah.
Uwe Vitz - 7. Feb, 12:38
Die Reisen im Inneren der Schlummerrolle
(nach „Die schönsten Märchen der Welt. Weltbild Bücherdienst
China: Die Reise ins Innere der Schlummerrolle
Der magische Spiegel
Gesammelt und herausgegeben von R.W.Pinson.
(Märchen der Völker: Japan: Kiohime, Weltbildverlag
Chinesische Märchen, Fischer Taschenbuch-Verlag, die sieben Schwestern.
Verzauberte Welten: Drachen
Aus der Redaktion der Time-Life-Bücher
Unheimliche Geschichten, Tosa Verlag
Raiko und der Kobold
(Die Ebene der Sechs Türme)
v. Uwe Vitz
La rastete in einer Herberge. Er setzte sich auf den Boden und stützte sich auf seinen Reisesack.
Er gehörte zum „ Orden der Suchenden“. Überall auf der Ebene der Sechs Türme zogen die Ordensmitglieder umher und suchten die Wahrheit, um sie aufzuzeichnen. Doch welche Wahrheit war die Richtige? All zu oft hatte jeder nur seine eigene Wahrheit. In diesen Augenblick trat ein bäuerlich gekleideter junger Mann herein. Es war der junge Lu. Er setzte sich neben dem Wandermönch, auf die gleiche Matte. Der junge Mann seufzte traurig auf und sagte zu La: „ Wenn man bedenkt, dass ich eigentlich für den Wohlstand geboren bin und so wenig Glück im Leben habe, ach es ist zum Verzweifeln.“
Der alte Wandermönch wundert sich und sprach: „ Ihr seid nicht ärmer als die meisten Menschen auf dieser Ebene, also was klagt Ihr?“
„ Ich schleppe mein Leben so dahin, das ist alles. Wo sind meine Freuden?“
„ Wenn Euer Leben so freudlos ist, was erwartet Ihr denn, um glücklich zu sein?“
„ Ein gebildeter und feinsinniger Mann muss im Leben große Leistungen vollbringen, muss sich einen Namen schaffen. Feldherr einer Armee, Ministerpräsident des Kaiserreiches oder Mandarin, ja, das wären würdige Aufgaben. Er darf nur aus dem Regierungstopf essen, darf selbstverständlich nur erlesene und wohlklingende Musik hören und mit niemand anderen als den vornehmsten Familien verkehren. Seine Familie und seine Güter müssen blühen und gedeihen, nur dann kann so jemand wie ich glücklich sein. O, ich bin vielseitig begabt, glaubt es mir. Als Kind glaubte ich an mich und meine große Zukunft, jetzt bin ich zum Mann geworden und was habe ich erreicht? Nichts!! Ich plage mich wie all die Toren auf den Feldern ab! Ist das nicht jämmerlich?“
Ein langes Schweigen folgte dieser Rede. Dann bemächtigte sich des jungen Mannes schwere Müdigkeit. Unterdessen kochte der schweigsame Herbergsvater Schmorfleisch mit Mais. Der alte Wandermönch zog eine Schlummerrolle aus seinem Reisesack und schob sie den Gefährten hin: „ Stützt Euch auf meine Schlummerrolle, dann werdet Ihr zu Ruhm, Wohlstand und Erkenntnis gelangen. Nehmt sie ohne Hemmungen.“
Es war eine Schlummerrolle aus Porzellan, blau gemalt und im Inneren hohl. Der junge Lu legte seinen Kopf darauf und bemerkte,
dass die Öffnung von Minute zu Minute größer wurde. Er ging hinein und durchquerte das Tor. Lu sah..
1. Das Leben des Staatsmann
Sein Name war immer noch Lu, aber er war jemand anderes. Ein anderes Dorf, ein anderes Leben, eine andere Zeit. Er heiratete ein Mädchen aus einer vornehmen Familie. Sie war weder schön noch klug, aber sie verhalf ihm zu einem guten Start. Sein Wohlstand wuchs rasend schnell. Lu meldete sich für die öffentlichen Prüfungen und bestand sie gut. Nun durfte er endlich die verhasste bäuerliche Kleidung ab- und die lang ersehnten Insignien eines Staatsmannes anlegen. Er wurde zu den kaiserlichen Prüfungen geladen, auch diese bestand er als einer der Besten. Man machte ihm zum Unterpräfekten von Hy-kang. Auch hier leistete er gute Arbeit und wurde schließlich zum kaiserlichen Zensor ernannt. Bald stand er an der Spitze der höchsten Würdenträger des Reiches, nachdem er zum Ordonanzoffizier des Drachenkaisers aufstieg.
Der gigantische Drache lag in seinem ungeheuerlichen Palast, dem Zentrum des größten Reiches der Ebene der Sechs Türme.
Botschafter aller Reichen gingen im Palast ein und aus, aber nur wenige sahen je den mächtigen Drachenkaiser persönlich.
Manchmal erschien ein Drachenkönig um mit dem Kaiser Drachenahngelegenheiten zu besprechen, dann hatte auch Lu die Gemächer des Herrschers zu verlassen, es gab Dinge die vor Menschen verborgen bleiben mussten. Seine Hauptaufgabe war die kaiserlichen Edikte zu formulieren. Drei Jahre später wurde er als Statthalter in die Provinz Hy-Shang versetzt. Er ließ den Shang-Kanal ausheben um die Schifffahrt zu erleichtern. Die Bevölkerung zog großen Nutzen daraus. Mit einigen Spenden sorgte er dafür, dass dankbare Bürger ein Denkmal aufrichteten „ zu Ehren des wohltätigen Statthalters“. Nach Ablauf seiner Amtsperiode als Statthalter und Generalinspekteur mehrerer Provinzen wurde er endlich Präfekt der Hauptstadt. In diesem Jahr waren die Mongs und die mit ihnen verbündeten Orks, durch Angriffe geheimnisvoller Dämonen geschwächt worden. So beschloss der Drachenkaiser sein Reich weiter nach Westen auszudehnen. Eine Armee von Drachenkriegern fiel in das Land der Mongs ein. Aber die Mongs, so wie die Orks leisteten erbitterten Widerstand und trieben die Drachenkrieger zurück bis zu einer Grenzstadt, ja sie besetzten gar diese Grenzstadt und erschlugen den kaiserlichen Oberbefehlshaben. Dieser war ein adeliger Offizier gewesen, dessen Ehrgeiz leider größer war, als seine militärische Sachkenntnis. Der Kaiser suchte nun einen neuen, fähigen Befehlshaber. Er verlieh schließlich Lu den
Oberbefehl in der gefährliche Zone und machte ihn zum Staatssekretär. Der Feldherr Lu brachte den Eindringlingen, unter großen Verlusten, eine Niederlage bei und trieb sie über die Grenze zurück. Er ließ an strategisch wichtigen Stellen drei große, befestigte Städte erbauen. Die Bevölkerung der Grenze errichtete eine Marmorsäule „zu Ehren des Siegers“.
Lu kehrte an den Hof zurück und stand hoch in der Gunst des Drachenkaisers, was den Neid der anderen Mandarine auslöste. Er wurde zum Innenminister, dann zum Finanzminister und schließlich zum Kanzler des Reiches. Der Ministerpräsident beschloss jedoch den Emporkömmling zu beseitigen, er bezahlte Verleumder, welche den Ruf Lus schwer schädigten. Beunruhigt durch die Gerüchte schickte der Drachenkaiser Lu als gewöhnlichen Präfekt in eine weit entfernte Gegend, vielleicht auch um ihn vor möglichen Mordanschlägen zu schützen. Drei Jahre später rief der Kaiser ihm an den Hof zurück, als ständigen Sekretär. Bald rückte er zum Mitglied des kaiserlichen Rates vor. Die Geheimbefehle des Kaisers gingen alle über seinen Schreibtisch, jeder Plan der großen Politik war ihn bekannt. Doch soviel Erfolg forderte Neider heraus. Die anderen Höflinge wollten ihn verderben und diesmal endgültig. Sie erhoben die Anklage gegen ihn, dass er mit einem Rebellenführer heimlich verbündet sei. Der Herrscher erließ einen Haftbefehl gegen ihn. Die Offiziere und die Palastwache führten ihn wie einen gewöhnlichen Verbrecher ins Gefängnis. Entsetzt und außer sich ahnte Lu das Allerschlimmste. Kurz vor seiner Festnahme vergoss er bittere Tränen vor seiner Gemahlin.
„ Einst besaß ich ein Dach über den Kopf, damals in den Feldern von Hy-Tang. Fruchtbare Erde gehörte mir, mehr als genug zum Leben. Warum, ach warum, war ich nicht zufrieden? Warum habe ich mich so gequält, nur um Ruhm und Ehre nachzulaufen?
Da stehe ich nun! Ich würde alles dafür geben, wenn ich die grobe Weste des Bauern wieder anziehen könnte, wenn ich fröhlich auf meinen Steppenpferdchen über die Straße reiten könnte, ohne mir Sorgen zu machen. Doch dies alles kehrt nie wieder, nur noch Schande und Elend erwarten mich im Leben, aber der Tod bietet Rettung.“
Nach diesen Worten zog Lu sein Schwert und versuchte sich die Kehle durchzuschneiden. Seine Frau fiel ihm in den Arm. Die übrigen Angeklagten des Komplotts wurden zum Tode verurteilt und hingerichtet. Nur Lu entrann der Todesstrafe, dank dem Ränkespiel der Eunuchen. Der Kaiser schickte ihn in die Verbannung auf die „böse Insel“ in der Hyknoschen See. Ein Jahr verging, in dem Lu furchtbares erlebte. Doch endlich konnte seine Unschuld erwiesen werden. Der Kaiser löschte sogleich seine Ungnade aus und gab ihm das Amt eines Staatssekretärs zurück. Von nun an stieg Lu immer höher in der Gunst des Drachenkaisers. Die Zeit verging. Lu hatte fünf Söhne, alle hochbegabt, sie nahmen wichtige Stellungen in der Verwaltung ein. Der Jüngste war schon mit achtundzwanzig Jahren Minister.
Die Brüder schlossen Heiratsverträge mit den vornehmsten Familien des Kaiserreiches. Das Glück des alten Lu fand seine Krönung in zehn prächtigen Enkelkindern. Doch schließlich erkrankte Lu so schwer, dass ihm auch die besten Ärzte des Kaiserreiches nicht mehr helfen konnten, so sandte er eine letzte Botschaft an den Kaiser.
„ Ich, Euer gehorsamer Diener, war einstmals ein einfacher Student aus Hy-Tang, mit nichts anderen beschäftigt als Ackerbau und Gartenpflege. Das Glück wollte es aber, dass ich von den hohen Geschicken des Drachenkaiserreiches berührt, in der Rangordnung der Staatsbeamten immer höher steigen durfte. Dann habe ich, dank der himmlischen Gnade, die in keinem Verhältnis zu meinen Verdiensten steht, die höchsten Ämter der Regierung und der Armee während vieler Jahre inne gehabt. Ich danke Euch für diese
Ehre, mein Kaiser.“
So starb Lu, der Staatsmann.
„ War dies ein Leben nach deinem Geschmack?“ Lu drehte sich um und sah La hinter sich.
„ Ich weiß es nicht, Meister La. Sicher es war alles so, wie ich es haben wollte. Doch es war so schnell vorüber.“
“ Jedes Leben ist schnell vorbei, Lu darum sollten Sterbliche ihre Zeit gut nutzen.“
„ Es erschien mir alles so blass, sein ganzes Leben verlief im Schatten des Drachenkaisers, welche Bedeutung hatte es darüber hinaus?“
„ Wer will dies beurteilen? Ich oder du? Selbst die Drachen sind nicht immer mit ihrem Leben zufrieden.“
„ Die Drachen?“
„ Auch sie sind den Gesetzen des Lebens ausgeliefert, doch siehe selbst.“ La deutete auf das Tor, welches sich im Inneren
der Schlummerrolle erneut öffnete. La ging hindurch. Wieder sah er ein neues Leben..
Uwe Vitz - 7. Feb, 12:36
(Die Ebene der Sechs Türme)
Nur ein Schachzug..
v. Uwe Vitz
Tanuhr, wusste, er war verloren. Jetzt konnte der Dieb nur noch auf seine Hinrichtung warten. Sein Versuch in die Schatzkammer des Radschah Sakah einzudringen, war gescheitert.
Man hatte ihn erwischt! Schon morgen würde er hingerichtet werden. Da wurde die Kerkertür geöffnet. Eine junge Frau, in schwarze Gewändern gekleidet trat ein.
„ Du bist also Tanuhr, der berühmte Dieb?“
„ Ich bin ein Narr, der morgen stirbt.“
Sie lächelte. „ Du kannst leben, Tanuhr, wenn du einen Auftrag von mir übernimmst.“
„Gut, ich übernehme den Auftrag.“
„ Dann trinke dies.“
Sie reichte ihm ein Fläschchen mit eine grünlich leuchtenden Flüssigkeit.
Ohne zu zögern trank Tanuhr.
„ Dies ist ein tödliches Gift, bekommst du das Gegenmittel nicht innerhalb von ein einer Woche, stirbst du einen sehr qualvollen und langsamen Tod.“
„ Natürlich.“
„ Ich bin eine Priesterin der „gefangenen Götter“, hast du schon einmal etwas von unserer Religion gehört?“
„ Ihr betet die Götter an, welche in Lenyr und Xandu gefangen gehalten werden.“
„ So ist es, wir lehnen Ra ab, unseren Glauben richten wir auf jene Gottheiten, welche in Xandu und Lenyr, auf ihre Befreiung warten.“
„ Religion hat mich nie besonders interessiert.“
„ Du sollst in einen Tempel Ras in Majura eindringen und uns den Schlüssel zum „Verbotenen Tempel“ bringen.“
„ Dafür bekomme ich das Gegengift?“
„ Das Gegengift gegen den Schlüssel und deine Freiheit.“
„ Der Handel gilt.“
So ritt Tanuhr mit der Priesterin und ihren dunklen Kriegern zusammen über die Straße der Maharadschas, Richtung Majura. Entlang der Straße welche den Norden mit dem Süden der Dynastie verband, befanden sich gewaltige steinerne Statuen der vergangenen Herrscher.
Die Priesterin blickte voller Hass auf die steinernen Abbilder der Maharadschas.
„ Sie alle haben die wahren Götter dieser Ebene verraten, als sie sich vor Ra verneigten. Aber der Tag der Rache ist nah.“
Tanuhr sagte dazu nichts. Endlich erreichten sie Majura. Eine gigantische Stadt, die als Quadrat gebaut war, in deren Zentrum der Palast des Maharadschas lag. An jeder der vier Ecken befand sich ein Tempel Ras.
„Im südlichen Tempel findest du den Schlüssel.“
Tanuhr nickte und machte sich auf den Weg. Der Tempel des Ra lag auf einem gewaltigen Felsen und eigentlich nur über eine gut bewachte Brücke zu erreichen. Doch der Meisterdieb kletterte die schier unüberwindliche Felswand empor und schaffte es unbemerkt durch ein Fenster einzudringen.
Lautlos huschte er von einer Säule zur Nächsten. Endlich erreichte er einen Raum, der seltsamerweise nur von einem alten Priester des Ra bewacht wurde.
„ Bist du schon da, Meisterdieb?“
„ Ja „ Verblüfft trat er aus seinem Versteckt. Der alte Priester lächelte freundlich und gab ihn einem Schlüssel.
„ Das ist der Schlüssel, weswegen sie dich hergeschickt haben, bring ihn ihnen.“
„ Ihr gebt ihn mir einfach so?“
„ Das Böse wird zurückehren Dieb. Niemand kann das verhindern. Wenn sie den Schlüssel zu ihrem verschlossenen Tempel nicht zurückbekommen, werden die Priester der „gefangenen Götter“ Dämonen herauf beschwören, die wir noch nicht bekämpfen können. Es ist besser sie bekommen den Schlüssel von dir und kehren selbstsicher zurück, dann können wir vielleicht ihre Sorglosigkeit ausnutzen.“
„ Warum haben die Priester der „gefangenen Götter“ so lange gewartet?“
„ Weil die Zeit für die Befreiung ihrer Götter noch nicht gekommen war, jetzt ist die Zeit nahe und die Dämonendiener müssen ihren Tempel öffnen, um ihren Dämonengöttern Opfer zu bringen, damit diese stark genug werden.“
„ Gut, ich bringe ihn ihnen.“
So kehrte Tanuhr zu der Priesterin der „gefangenen Götter“ zurück und überreichte ihr den Schlüssel.
„ Gebt mir jetzt das Gegengift.“
„ Natürlich“ sagte die Priesterin und gab ihm einen rötlichen Trank. Kaum hatte der Dieb einen Schluck getan, da zog sich seine Kehle zusammen, würgend stürzte er zu Boden. Während er zuckend da lag, trat die Priesterin zu ihm.
„ Ein schneller gnädiger Tod, Ungläubiger. Andere Bewohner dieser Ebene werden dich beneiden, wenn die wahren Götter zurückehren.“
So starb Tanuhr, der Meisterdieb.
Der Priester des Ras bedauerte, dass er den Dieb in den sicheren Tod schicken musste. Aber der Mann war schon zum Tode verurteilt, seit er von dem Gift getrunken hatte. Es gab kein Gegengift. Die Priester der „gefangenen Götter“ duldeten keine Zeugen für ihre Taten. Ein weiterer Schachzug im ewigen Spiel der Götter.
Ende
Uwe Vitz - 7. Feb, 12:34
Der Trank der Göttin
(Die Ebene der Sechs Türme)
v. Uwe Vitz
„ Ehe Ra zum einzigen Gott wurde, beteten viele Bewohner Ramalas zu der namenlosen vierarmen Göttin.“
Der Zauberer Rasakah lächelte den Sechsberger kalt an.
„ Es ist mir bekannt, meine Vorfahren leben mindestens so lange auf diesen Kontinent, wie Eure. „ erwiderte der Zwerg ruhig.
„ Mag sein, dennoch habt Ihr kein Recht, den Trank der Göttin vor echten Zauberern zu verbergen. Eseltreiber Holzhändlersohn. Ich kenne Eure Geheimnis, Ihr seid der Auserwählte, der Hüter des heiligen Tranks, an dem sich Jahrhunderte lang die Priester der Vierarmigen berauschten.“
„ Ich bin der Hüter, es ist mein Erbe.“
„ Ihr würdet viel Ärger bekommen, wenn die Priester des Ras davon erführen.“
„ Was verlangt Ihr für Euer Schweigen, Zauberer?“
„ Einen Schluck nur von dem Trank.“
„ Das ist unmöglich.“
„ Wollt Ihr lieber mit den Priester des Ras sprechen?“
„Ihr versteht nicht, es ist zu Eurem eigenen Schutz..“
„ Nun, ihr Sechsberger seid Meister der Lüge, aber ich bin ein Zauberer, mich täuscht man nicht. Ich will diesen Trank, sofort.“
„ Ihr zwingt mich dazu.“
Rasakah triumphierte als er den Trank endlich in einer Schale vor sich hielt. Jetzt würden ihn alle Geheimnisse der Vierarmigen offenbart werden. Er leerte die Schale glücklich aus. Doch statt Erkenntnis traf ihn Schmerz. Er brüllte auf.
„Verfluchter Zwerg, du hast mich vergiftet.“
„ Ihr versteht nicht, Ihr versteht überhaupt nichts.“ Eseltreibers Stimme klang schrill und verzweifelt.
Rasakah wollte ihn mit einem tödlichen Zauberbann belegen, aber er wurde vorher ohnmächtig.
Der Zauberer war mehr als erstaunt, als er wieder zur Besinnung kam. Kein tödliches Gift? Aber was dann? Er stand auf, sah und begann zu schreien.
„ Seid ruhig, sonst entdecken sie Euch noch.“ mahnte Eseltreiber ärgerlich.
Rasakah starrte auf seine Hände, seine vier Hände. Nun hatte er vier Arme und vier Hände wie die Göttin.
„ Nein, so kann ich mich doch nie wieder auf der Straße zeigen. Macht es rückgängig.“
“ Ihr seid der Zauberer. „
“ Bitte..“
“ Ich habe Euch gewarnt, aber Ihr wolltet ja nicht hören. Zieht dieses weite Gewand an und verschwindet. Lasst Euch bloß nicht mit Euren vier Armen von den Priestern des Ras erwischen. Lebt wohl und hört in Zukunft jenen zu, die Euch vor Eurer Voreiligkeit schützen wollen.“
Ende
Uwe Vitz - 7. Feb, 12:23
Der Pakt
(Die Ebene der Sechs Türme)
v. Uwe Vitz,
„ Bist du sicher, dass sie sich an die Abmachung halten? „
„ Natürlich mein Prinz, der Pakt gilt. „
Prinz Moharan blickte den Fährmann misstrauisch an. War der nicht selbst eine halbe Echse?
Das Fährboot glitt langsam tiefer in den Sumpf. Moharan seufzte auf. Viel Zeit war vergangen, seit jenen Tagen als er am Hofe des Maharadschas der Majura-Dynastie als Abgesandter seines Vaters gelebt hatte. Er galt damals als hoffnungsvoller junger Prinz mit glänzenden Zukunftsaussichten. Alles wäre anders gekommen, wenn sein Vater sich nur nicht an dieser angeblichen „Verschwörung“ gegen den Maharadscha beteiligt hätte.
Der Maharadscha hatte die „Verräter“ und deren Familien zornig zum Tode verurteilt und so wurde Prinz Moharan ein heimatloser Flüchtling, ohne Familie, ohne Freunde, aber mit Gold. Dieses Gold wollte Moharan nun nutzen um Gnade von Maharadscha für sich und seine Familie zu erkaufen. Der alte Maharadscha war schon seit vielen Jahren tot, sein Sohn war zwar noch rachsüchtiger als der Vater, hatte jedoch einen kleineren Staatsschatz. Die Voraussetzungen schienen günstig. Doch Moharan wusste selber, dass es nicht so einfach war.
Er brauchte jemanden, der ihn beschützte, wenn er mit den Abgesandten des Herrschers verhandelte, damit man ihn nicht sofort hinrichtete. Und es gab jemanden, der ihn Schutz anbot.
Oder war es eine Falle?
Plötzlich hörte er ein Blubbern und Platschen. Der Prinz drehte sich um und schrie auf. Schuppige Echsenmenschen krochen aus dem Sumpf und besetzten das kleine Boot.
Er griff nach seinem Schwert, aber blitzschnelle Schuppenhände ergriffen ihn und entwaffneten Moharan mühelos. Moharan schrie vor Angst.
„ Hör auf zu schreien, Warmblüter.“
Der Prinz mochte es kaum glauben einer der Echsenmenschen hatte zu ihm gesprochen.
„ Wer?“
“ Unwichtig, wichtig für dich ist nur, der Echsenkönig entsendet uns.
Wir werden dich zu den Abgesandten des Maharadschas begleiten und dein Leben schützen, wenn du einverstanden bist, dafür unseren König etwas zu besorgen. „
„ Ich bin einverstanden. „
„ Gut, der Pakt gilt. „
„ Was soll ich euch bringen?“
„ Es befindet sich im Verbotenen Tempel der „Gefangenen Götter“ in Mhotan. Eine schwarze Kristallkugel.“
„ Aber der Verbotene Tempel ist seit Jahrhunderten verschlossen.“
„ Er wird geöffnet werden.“
Morahan ahnte, sein Abenteuer hatte gerade erst begonnen.
Ende
Uwe Vitz - 7. Feb, 12:21
Die Ebene der Sechs Türme
Prinz Zussahim und die beiden Wege.
v. Uwe Vitz
(frei nach einem Text aus:
Märchen de Völker, Indien, Weltbildverlag)
Einst wurde der Schah Zussarakh, Herrscher von Nonatha, von einer schweren Krankheit befallen. Als er seinen Tod nahen fühlte, versammelte er seine Wesire, seine Söhne und seine Frauen um sich und sprach:
„Ich habe nun den letzten Tag dieses Lebens erreicht, doch niemand entgeht dem Tod. Fürchtet den Tod nicht, sondern lebt so, dass ihr was nach dem Ende dieses Leben kommt, nicht zu fürchten braucht.“
Sein ältester Sohn, Prinz Zussahim trat vor und sagte weinend:
„ O Vater, du weißt, dass ich dir stets gehorchte und deine Lehren beachtete, ich will auch jetzt deinen letzten Willen vernehmen und ihm treu befolgen, doch wie kann ich die Trennung ertragen? Wo finde ich einen anderen Vater, so liebend so treu, so ratend? „
Darauf antwortete der Sterbende:
„ Höre mein Sohn, auf meine Worte und grabe sie in dein Herz, wenn du nach meinem Tod Schah wirst, so merke dir zehn Dinge, die ich erprobt und die ich dir als meinen kostbarsten Schatz und teuersten
Erwerb hinterlasse: Bis du im Zorn, so schweige, wirst du von einem Unglück heimgesucht, so habe Geduld, sprichst du, so sei wahr in deinen Reden, versprichst du etwas, so erfülle dein Versprechen, urteilst du, so sei mild, bist du mächtig, so sei großmütig, fordert man etwas von dir, so gewähre, bist du jemanden feindlich gesonnen, so vergiss seine Schuld, lobt man dich, so sei freigiebig, schmäht man dich, so sei gerecht. „
Nun wandte sich der Schah an die übrigen Anwesenden.
„ O ihr Wesire und Häupter des Reiches! Ich weiß, dass ihr mir Freunde und treue Ratgeber wart, und erkenne es öffentlich zu dieser Stunde an. Ihr wisset aber auch, dass ich einen jeden von euch ehrte und belohnte. Nun fordere ich von euch, dass ihr meinem Sohne werdet, was ihr mir waret, erinnert euch, was ihr bei der Geburt meines Sohnes Zussahim geschworen, bewahret den Bund.“
Kaum hatte er diese Worte gesprochen starb er.
Nun wurde Prinz Zussahim zum neuen Schah und begann nach der Trauerzeit mit der Regierung, er befolgte die Worte seines Vaters.
Doch eines Tages kam eine herrliche Karawane nach Nonatha, sie gehörte Akhan, dem Prächtigen. Er galt als ein großer Abenteuer, der schon überall auf dieser Ebene große Taten vollbracht hatte und zahlreiche wunderbare Schätze nannte er sein Eigen.
Neugierig auf den berühmten Mann empfing ihn der junge Schah. Doch
Akhan wurde begleitet von einer wunderschönen Sklavin. Sogleich wurde Zussahim von heftigen Verlangen ergriffen.
„ Begehrt Ihr dieses Mädchen?“ fragte der Fremde lächelnd.
„ So will ich sie Euch schenken, o mein Schah. „
Nun verbrachte Zussahim eine herrliche Nacht mit diesem Mädchen.
Am Morgen jedoch trat Akhan erneut vor dem Herrscher und fragte:
„ O Schah, wollt Ihr ein Wunder sehen?“
Zussahin wollte natürlich. Da trat Akhan zu dem Mädchen, berührte sie kurz .
„ Seht sie ist nur noch eine Holpuppe. Diese Kreatur habe ich aus Holz geschnitzt und mit meinem Wissen über die Magie verwandelte ich sie in Fleisch und Blut. Schaut nur, eine zweite Berührung und sie lebt wieder.“
Verwirrt sah sich das Mädchen um, welches gar nicht begriff was geschah.
„ Weiß sie es denn nicht?“ fragte Zussahim. Der Zauberer berührte die Sklavin erneut und sie war nur noch eine Holzpuppe.
„ Sie weiß nur, was ich ihr erlaube zu wissen.“
Erschrocken wich der Schah zurück.
„Das ist unmenschlich.“
„ Hat Euch die letzte Nacht nicht gefallen, mein Schah?“ fragte Akhan.
„ Ein Geist, der die Geheimnisse der Magie beherrscht, vermag sich alle Wünsche zu erfüllen. Warum sollte ein Reiter, der über ein schnelles Pferd verfügt, zu Fuß gehen?“
„Was wollt Ihr, Akhan?“
„ Macht mich zu Eurem neuen Großwesir und bald seid Ihr mächtiger als der Emir.“
„ Mein Großwesir Schimah ist ein treuer Mann, soll ich ihm durch einen fremden Zauberer ersetzen.“
„ Wenn Ihr so Macht gewinnt, natürlich.“
„ Eure Worte klingen vernünftig, aber mein Herz sagt mir, ich darf ihnen nicht trauen.“
„Vergesst Euer Herz, starke Herrscher bauen auf ihre Macht, nicht auf ihr Herz. Ich will Euch folgende Geschichte erzählen, die Euch dies belegen soll:“
“ Der Tigermensch und der Mogulkrieger
Einst wurde beschlossen einen Grenzstreit zwischen der Majura-Dynastie und dem Großmogul von Khortau durch einen Zweikampf zwischen einem Tigermenschen und einem Mogulsoldaten entscheiden zu lassen. Der Tigermensch hätte ein Zauberschwert benutzen können, doch er lehnte dies ab, da er sich lieber auf seine Klauen verlassen wollte. Aber im Kampf erkannte er, sein Gegner trug eine magische Rüstung und führte ein Zauberschwert. Nun war es zu Reue zu spät und er starb für seine Dummheit.“
„ Daraus möget Ihr lernen, o mein Herrscher, nehmet die Hilfe, welche Euch angeboten wird zur rechten Zeit an, denn wenn Ihr sie benötigt, fehlt Euch die Zeit, sie zu suchen.“
Diese Worte beeindruckten den Schah sehr, er ernannte Akhan zu seinen neuen Großwesir. Der bisherige Großwesir Schimah wurde zum zweiten Wesir. Schimah beklagte sich nicht, sondern nahm die Entscheidung seines Herrn an und diente weiterhin treu dem Reich. Akhan erfüllte seine Pflichten mehr als gewissenhaft. Alle waren voll des Lobes über den neuen Großwesir.
Da sah Zussahim das Weib seines fünften Wesirs und empfand Verlangen. Akhan trat sogleich zu ihm und sprach: „Begehret Ihr diese, so lasst mich nur machen, bald soll sie in Euer Gemach kommen um Eure Lust zu stillen und dann zu ihrem Gemahl zurückehren, ohne sich an etwas zu erinnern.“
„ Vermagst du solche Dinge?“
„ Dies ist für mich so leicht, wie es für Euch ist Euren Dienern einen Befehl zu geben.“
Und so geschah es. Aber nicht nur einmal, immer wieder führte Akhan dem Schah die Ehefrauen andere Männer zu.
Eines Tages sprach Akhan zu dem Schah: „ O mein Herrscher, ich fürchte Ihr seid in Gefahr, da ist eine deren Willen ist so stark, ich kann ihre Erinnerung nicht löschen, wenn jedoch unser Geheimnis unter dem Volk bekannt wird, so mag es Euch nicht nur die Krone sondern auch das Leben kosten.“
„Welche ist es?“
„ Die schöne Tabah.“
„ Kannst du sie zum Schweigen bringen, Zauberer?“
„ Nur wenn ich sie töte.“
„ So tu es!“
Akhan hob nur seinen Arm und öffnete seine rechte Hand. Eine kleine schwarze Fledermaus flog davon.
„ Morgen früh wird man sie tot in ihrem Bett finden.“
Der Schah riss die Hände vor sein Gesicht und schrie:
„ Was habe ich getan?“
„ Ihr habt das Reich gerettet, mein Herrscher. Damit Ihr Euch nicht mit falscher Reue quält, will ich Euch folgende Geschichte erzählen:“
„ Der Dieb und die Dienerin
Einst drang ein Dieb in den Palast eines Schahs ein. Er begegnete einer Dienerin und hatte schon den Dolch in der Hand, um sie zum Schweigen zu bringen. Aber da flehte sie um ihr Leben, denn sie war noch keine fünfzehn Lenze alt. So verschonte sie der Narr und eilte weiter, doch sie gab sogleich Alarm. Der Dummkopf wurde ergriffen und hingerichtet.“
„ Lernet daraus mein Schah, Gnade zur falschen Zeit bedeutet Verderben. Ihr jedoch habt Euch richtig entschieden, zu Eurem Wohle und zum Wohle des Reiches, so vergesset nun alle nutzlose Reue und sucht in vielerlei Vergnügungen Ablenkung. „
Der Schah folge dem Rat, denn er hörte sich klug an.
Doch mit der Zeit quälte ihn sein Gewissen. Dies bemerkte sein zweiter Wesir Schimah. Dieser sprach zu seinem Herrscher: „ O mein Schah, ich sehe etwas bedrückt Euer Gemüt, kann ich Euch helfen? “
„ Ach mein treuer Freund.“, erwiderte der Schah. „ Ich kann dir nichts verraten, denn es geht um ein Staatsgeheimnis.“
„ So will ich Euch von einem Staatsgeheimnis erzählen.“ sagte der Wesir und erzählte:
„ Der Schah und sein Bruder
Vor vielen Jahrhunderten lebte ein Schah, der hatte einen Bruder, welcher als großer Handelsherr bekannt war und den das Volk für seine Großzügigkeit lobte. Jedes Jahr nahm er sich die Kinder der Armen und führte sie fort, damit sie als Dienstboten in den Häusern wohlhabender Familien lebten. Doch es war ein Staatsgeheimnis wohin er sie brachte, angeblich zum Schutz der Kinder, damit nicht Neider sie entführten. Eines Tages jedoch kehrte ein kleiner Junge heim, zerlumpt und erschöpft. Er berichtete, dass der Handelsherr alle Kinder als Sklaven an die grausamen Okoner verkaufte. Da empörte sich das Volk und erschlug sowohl den Schah, als auch seinen schurkischen Bruder. „
„ Daraus magst du lernen o Schah, Staatsgeheimnisse müssen stets dem Reich dienen und dürfen ihm nie schaden. Sonst werden sie dem Herrscher zum Verhängnis.“
Da wurde Zussahim noch nachdenklicher.
Dies bemerkte auch Akhan und befragte den Schah. Zussahim erzählte dem Großwesir nun die Geschichte, welche ihm
Schimah erzählt hatte. Da lächelte der Großwesir und sprach: „ O Schinah, ist kein Narr, er ahnt wohl viel, zu viel. Nun mein Herrscher stehst du vor den zwei Wegen. Es gibt einen richtigen und einen falschen Weg, doch nur du kannst entscheiden, welcher Pfad der Richtige für dich ist. Aber um dir zu helfen dich zu entscheiden, will ich dir die Geschichte von dem Sechsberger erzählen. „
„ Der Sechsberger und die zwei Wege
Einst war ein Sechsberger alleine in der Wildnis unterwegs, er hatte sich verirrt und fand endlich einen Weg, doch dieser Weg gabelte sich und führte in zwei verschiedene Richtungen. Der arme Zwerg war schon sehr erschöpft und wusste, wenn er nicht bald ein Dorf erreichte würde er wohl umkommen. Einer der Wege führte ins nächste Dorf, der andere tiefer in die Wildnis. Es war jedoch kein Schild und kein Wegzeichen zu entdecken, denn dies hatten Räuber beseitigt. Sauber und gepflegt sah der rechte Weg aus, der Linke war zertrampelt und verschmutzt.
Nun, der Kopf sagte dem Zwerg, der zertrampelte Weg wird häufiger benutzt, das Herz jedoch sprach, viel schöner ist der rechte Weg. Außerdem führte der rechte Weg in den Schatten, während unser Zwerg auf dem Linken den gnadenlosen Sonnen ausgesetzt gewesen wäre. So wählte er den Rechten, dieser führte jedoch noch tiefer in die Wildnis, dort starb der Sechsberger. „
„ So bedenket genau, ob Ihr Eurem Herz oder Eurem Verstand folgen wollt, mein Schah. Wollt Ihr auf die Macht über Leben und Tod verzichten, Ihr du die Meinung Eurer Untertanen fürchtest? Ein reines Gewissen oder die absolute Herrschaft über ein Reicht, man kann nur eines von beiden haben, mein Schah. Ihr müsst Euch nun entscheiden. „
Zussahim dachte nach und traf eine Entscheidung.
„Ich wähle die absolute Herrschaft über das Reich, denn ich will ein großer Schah sein, wie mein Vater.“
„ Eine kluge Wahl. “ sagte der Großwesir.
„ Doch nun müsst Ihr auch konsequent sein, Schimah und die anderen Wesire wissen schon zu viel. Sie müssen alle beseitigt und durch zuverlässigere Wesire ersetzt werden.“
„ O weh, sie alle waren meinem Vater treue Freunde, ich kann doch nicht alle meine Wesire hinrichten lassen.“
„ Dies müsst Ihr auch nicht, erklärt Euch nur einverstanden und überlasst alles mir.“
„ Gut, ich bin einverstanden.“
„ Befiehlt all Eueren Wesiren sich morgen früh im Thronsaal zu versammeln, geht jedoch selber nicht hin.“
Zussahim erteilte den Befehl. Kaum jedoch hatten sich alle Wesire im Thronsaal versammelt, da erschien ein furchtbares Ungeheuer im Raum und verschlang alle Anwesenden. Die Bestie flog auf riesigen Fledermausflügeln davon. Nur der Großwesir Akhan überlebte, welcher sich hinter den Thron geflüchtet hatte.
Er war auch der einzige Zeuge, der berichten konnte.
Nun gab es ein großes Klagen im ganzen Reich. Akhan jedoch erklärte, dies sei das Werk böser Zauberer. Mit viel Geschick ließ er Verdächtige verhaften, die er auch persönlich verhörte. Bald gab es viele Geständnisse und Hinrichtungen. Jeden Tag unterschrieb Zussahim nun neue Todesurteile. Auch wenn ihm davor graute, wagte er es nicht seinem Großwesir zu widersprechen. Nach und nach ernannte der Schah in dieser Zeit neue Wesire. Alle hatte der Großwesir Akhan ausgewählt.
Angst und Schrecken breiteten sich in Nonatha aus.
Akhans Schatten schien überall zu sein. Allwissend und allmächtig ging er durch die Straßen der Stadt. Jedes noch so leise geflüsterte Wort schien er zu hören, jeden noch so geheimen Gedanken zu erahnen. In seinem Palast saß derweil der Schah und zitterte vor Angst, vor seinem Großwesir. Aber es war zu spät. Er hatte sich für den falschen Weg entschieden.
Der Herrscher erbebte vor Schrecken als Akhan zu ihm trat.
„ Mein Gebieter, ich tat dies alles doch nur für Euch, weil ich Euch so liebe.“
„ Ja, ja, ich danke dir.“
„ Nun mein Herr, es ist genug hingerichtet und gefoltert worden, es wird Zeit milder zu werden.“
„ Dies höre ich sehr gerne.“
„ Ja, mein Herr auch ich hasse das Böse, welches jedoch getan werden muss, zum Wohle des Reiches.“
„ Ich weiß.“
„ Das Volk mag die vergangenen Grausamkeiten vergessen, wenn man ihm ein schönes romantisches Schauspiel bietet. Ihr solltet Euch mit einer Prinzessin vermählen.“
“ Eine gute Idee.“
„ Und hat der Schah von Theron nicht eine schöne Tochter? Mit Eurer Erlaubnis werde ich einen Ehevertrag aushandeln.“
“ Du hast meine Erlaubnis.“
“ Danke mein Gebieter.“
Bald wurde Hochzeit gefeiert. Die Braut war jung und schön, Zussahim fand wieder Hoffnung und Glück. Auch Akhan schien sich wunderbar verändert zu haben. Keine Hinrichtungen wurden mehr befohlen. Stattdessen ließ der Großwesir den Palast, die Stadt, ja sogar das Armenviertel mit Blumen schmücken. Alles war nun voller Glück und Schönheit. Zussahim war glücklicher als je zuvor in seinem Leben.
Seine schöne Braut, die Prinzessin Aila schien ihm so rein und sanft zu sein, der Schah wollte nur noch für die Liebe leben. Es war doch noch alles gut geworden.
Eines Tages sprach Akhan zu dem Schah: „ O Schah, eine weiße Hindin ist im nahen Wald gesehen worden. Dies ist ein Zaubertier, wer es erjagt, der wird großes Glück im Leben haben. Rasch auf zur Jagd, o Herr!“
„ Glück kann der Mensch nie genug haben!“ rief der Schah und eilte zur Jagd. Doch Akhan hatte die Prinzessin sorgfältig ausgewählt, wusste er doch, dass der jüngere Bruder des Schahs diese liebte. Nun trat der Großwesir zu dem Bruder.
„ O Ihr Unglücklicher, wie bedaure ich Eure unerfüllte Liebe. Aber Euer Bruder ist auf der Jagd, die Geliebte erwartet Euch voller Sehnsucht.“
„ Ich kann doch nicht die Ehre meines Bruders beschmutzen!“
„ Oh Ihr Edelmütiger, welche Ehre wird beschmutzt, wenn niemand etwas erfährt? Tragt diese Maske, so werdet Ihr für alle Unwissenden unsichtbar sein.“
Der Bruder des Schahs nahm die Ledermaske aus Akhans Händen.
„ Ist diese Maske einst von Euren Zauberwerken, Großwesir?“
„ Zauberei für Euch, nehmet nur die Maske unbesorgt, ich bin Euch wohl gesonnen.“
So ließ sich der Bruder überreden und sogleich eilte der Großwesir zu der Königin.
„ Euer Gemahl lässt Euch ausrichten, dass er Eurer Liebe den Reiz des Neuen erhalten möchte, so wird er Euch heute maskiert besuchen.“
Kaum war dies erledigt, erschien Akhan in dem Wald, wo der Schah die weiße Hindin jagte.
„ O Herrscher, die Königin ist eine Ehebrecherin, sie entehrt Euch vor den Augen des gesamten Hofes, in dem sie sich mit einem maskierten Buhlen vergnügt!“
Entsetzt stürzte Zussahim zurück in den Palast und sah einen Maskierten aus dem Gemach seiner Frau fliehen. Vor Schmerz war er unfähig ihm zu verfolgen. Dann zog er sein Schwert und betrat das Gemach. Die Königin sah ihrem Mann ängstlich an. Er ließ ihr keine Zeit noch etwas zu sagen. Blitzschnell schlug der Schah seiner Frau den Kopf ab. So ersparte Zussahim seiner Gemahlin den Tod durch Steinigen.
Weinend kniete er neben der Leiche. Akhan trat von hinten heran.
„Trauert nicht um dieses Weib, alle Frauen sind von Natur aus verkommen und schlecht, hört folgende Geschichte:“
“ Der Dieb und die Königin
Einst drang ein Dieb in die Schatzkammer eines Schahs ein. Da überraschte er die Frau des Schahs, wie sich mit einem Diener vergnügte. Empört nahm er seinen Dolch und tötete beide. Durch die Todesschreie der Elenden wurden die Wachen herbei gerufen, welche den Dieb gefangen nahmen. Als der Schah jedoch erfuhr, was geschehen war, da belohnte er den Dieb reich und machte ihm zu einen seiner Wesire. „
„ Diese Geschichte soll Euch die Heimtücke der Frauen lehren. „ flüsterte Akhan. Zussahim ballte die Fäuste und schrie:
„ Ich werde mich an allen Frauen dieser Ebene rächen!“
„ Rache, o Schah, ist nun Eure Pflicht. Noch lebt der Buhle, der Euch die Ehre raubte.“
„ Wer ist der Elende? „
„ Jemand der Euch verhöhnt in Eurem eigenen Palast. Aber ich kann ihn finden, mit meinen magischen Kräften. Doch was soll mit diesem Verbrecher geschehen, o mein
Herrscher? “
„ Bringt ihn in die Folterkammer, quält ihn so grausam, wie Ihr es vermögt, ich werde später dazu kommen und sehen, wie er stirbt.“
„ Wie Ihr befiehlt, o Herr.“
Zussahim taumelte durch seinen Palast, er rang mit dem Wahnsinn. Inzwischen lag sein Bruder, der die Maske nicht ablegen konnte, wimmernd in seinem Gemach. Die teuflische Maske löste sich nicht mehr von seiner Haut. So fanden ihm die Wachen, welche ihm zu dem Großwesir führten. Dieser begann sofort mit der Folter, als erstes riss er dem Unglückliche die Zunge heraus, was der Teuflische dann weiter tat, ist zu grausam um es hier zu beschreiben.
Als Zussahim in den Kerker kam, erkannte er seinen Bruder. Entsetzt wich er zurück. In diesem Augenblick tötete Akhan seinen Gefangenen. Lächelnd fragte der Großwesir: „ Zufrieden, mein Schah? Der Frevler ist bestraft.“
„ Mein Bruder, mein eigener Bruder?“
„ Er hasste Euch.“
“ Ihr, ihr habt meinen Bruder..“
“ Für Euch, weil ich Euch liebe und verehre, ich will Euch eine Geschichte erzählen.“
“ Der Prinz und der Bettler
Einst begegnete ein Prinz einem Bettler, dieser klagte ihm sein Leid und das Elend, in dem er lebte. Da zog der junge Prinz sein Schwert und tötete den Armen. So erlöste er ihn von seinem Unglück. Auch befreite er das Land von den Armen, die entsetzt flohen. Da gab es nur noch Wohlstand und Glück im Reich.“
„ Ein Herrscher muss oft Böses tun, um Gutes zu bewirken. Nur wer diese Last tragen kann, ist ein wirklich großer Herrscher. Die einfachen Menschen sind dumm, Insekten ähnlich, ihr Leben ist bedeutungslos. Ihr müsst hart und grausam über sie herrschen, so werdet Ihr wahrlich groß.“
„ Ja, ich will groß werden.“
„ So zögert nicht, verbreitet Angst und Schrecken, werdet so grausam, wie ein Mensch nur sein kann, dann wird Euch nie mehr jemand verhöhnen.“
“ Ich will nie wieder von jemand verhöhnt werden, nie mehr soll man mich hintergehen. Es sei, ab heute werde ich so grausam sein, wie es mir nur möglich ist.“
„ Dabei werde ich Euch gerne helfen.“ sagte Akhan lächelnd
Ende
Uwe Vitz - 7. Feb, 12:18
Die Affenbergerin
nach dem Märchen die Affenfrau gefunden auf:
http://www.internet-maerchen.de/
würfelweltmäßig bearbeitet von Uwe Vitz
Einmal beschloss eine Affenbergerin die Insel des Großen Affen zu verlassen, um ihr Glück zu machen. Sie schwamm mit Treibholz an die Küste von Munukutu, dort erlebte sie manches Abenteuer, welches sie dank ihres Felles bestand. Sie hatte ein Affenfell, wenn sie dieses anlegte, nahm sie Affengestalt an, legte sie es jedoch ab, sah sie aus wie eine Zwergin. Eines Tages beobachtete ein Sechsberger sie, er sprach sie an: „ Du musst meine Frau werden.“
"Nein", sagte sie, "ich kann nicht deine Frau werden."
"Aber ich habe ein solches Verlangen nach dir", erwiderte er. "Das ist alles recht schön", sagte sie, "aber du wirst mich schlecht behandeln und prügeln und du wirst 'Affe' zu mir sagen."
Er versicherte ihr, dass er sie niemals schlecht behandeln würde, und sie willigte endlich ein. Da nahm er ihr das Affenfell und warf es ins Feuer.
Sie lebten lange Zeit zusammen, und sie gebar ihm einen Knaben. Danach begannen aber ihre Leiden, denn er war ihrer überdrüssig geworden.
Er fing an, sie zu schlagen, sagte 'Affe' zu ihr und quälte sie in jeder Weise.
Schließlich wurde es ihr zuviel, und sie sagte zu sich selbst:
"Ich kann diese Behandlung nicht länger ertragen. Ich will zurückkehren zu meinen Leuten."
Sie sagte ihrem Manne, sie wolle zum Baden gehen. Statt dessen ging sie aber weit in den Wald hinein. Ihr Mann wartete lange, lange auf sie, und endlich machte er sich auf, sie zu suchen. Sie hinkte unterdessen an einem Stock umher und versuchte, ihre frühere Gangart auf vier Füßen wieder herauszubekommen. Gerade war es ihr geglückt, nach alter Gewohnheit sich von einem Baum zum andern zu schwingen, und ihr kleiner Knabe fing schon an, die Bewegungen der Mutter nachzuahmen, als ihr Mann kam. Da sah er sie mit dem Kleinen vom Wipfel eines Baumes zum andern springen.
"Komm nach Hause zurück!" rief er, aber sie hörte nicht auf ihn.
Nur der Knabe, dem der Vater Leid tat, warf ihm Spinnen und Insekten zum Essen hinunter. Affenberger können solche Dinge wohl essen, aber sie sind keine Kost für Sechsberger, und so blieb der Vater hungrig.
"Komm nach Hause zurück!" schrie er von neuem, während er versuchte, ihr unten durch die Büsche zu folgen.
Sie sah auf ihn herab und rief ihm zu: "Nein, ich bin genug gestraft gewesen durch dich!" So setzten sie ihren Lauf fort, der Vater unten auf dem Boden, Mutter und Kind sich in den höchsten Zweigen von Baum zu Baum schwingend. Endlich kamen sie an die Küste. Da rief sie ihren Verwandten zu: "Kommt und holt uns!" Und da blies ein starker Wind, der wehte einen Baum, so um, dass er ins Wasser stürzte, die Frau sprang mit ihrem Sohn auf dem Stamm, der vom Wind in Richtung der Insel des Großen Affen getrieben wurde. Die Affenbergerin rief dem Manne zu: "Du musst uns nach schwimmen, wenn du uns haben willst!" Und der kleine Knabe, der seinen Vater wirklich gern hatte, rief: "Lebe wohl, ich gehe fort!" Aber die Mutter rief nichts mehr.
Der Sechsberger verließ das Ufer und ging wütend nach Hause. Dort zerstörte er alles, was der Frau gehört hatte. Er zerschnitt ihre Hängematte, zerbrach ihre Kalebassen und zerschlug ihre Töpfe.
Ende
Uwe Vitz - 6. Feb, 19:28
Mahomed und sein kluger Affe
" Im Emirat von Zalad,
in der Hafenstadt Turana,
lebt der reiche Kaufmann Mahomed.
Freunden erzählt er immer wieder gerne,
wie er einst zu seinem Vermögen gelangte
und seinen Reichtum in naher Zukunft unermesslich zu vermehren gedenkt.
Aber viele seiner Freunde warnen ihn und raten ihn doch mit dem Erreichten zufrieden zu sein,
da er sonst vielleicht alles wieder verlieren wird.
Hört diese Erzählung und urteilt selber.
Mahomed war vor einigen Monaten noch nichts weiter,
als der größte Faulenzer von Turana.
Sogar zum Betteln war er zu faul,
so dass sogar jenes Handwerk seine arme Mutter für ihm ausüben musste.
Sein Vater ist vor Gram über den Elenden schon vor Jahren gestorben.
Eines Tages kam seine Mutter heim, gab ihn sechs Silbermünzen,
die sie sich im Laufe der Woche zusammen gebettelt hatte und sprach:
` Nimm diese Münzen und gib sie dem Scheich Abalmathar,
der sein Schiff rüstet,
um damit nach Sahuria zu reisen.
Bitte ihn, dass er für das Geld Waren kaufe, die du hier mit Vorteil verkaufen kannst;
denn der Scheich ist ein frommer Mann,
der die Armen liebt.
Gehe nun zu ihn und bringe ihn das Geld. ´
Mahomed aber antwortete:
` Warum ich? Geh doch selbst, Mutter. ´
Da wurde sie zornig und drohte:
` Gehst du nicht zu ihn, so bist du nicht länger mein Sohn.
Weder Speise noch Trank werde ich dir reichen und wenn du in den Sonnen liegst,
werde ich dich liegen lassen.
Wenn dich hungert, werde ich dich sterben lassen. ´
So ging Mahomed widerwillig in den Hafen,
traf dort den Scheich Abalmathar und gab ihn die sechs Münzen,
wie es seine Mutter ihn befohlen hatte.
Der Scheich versprach, so gut einzukaufen,
wie es ihn als erfahrenen Händler möglich war.
Abalmathar fuhr mit seinen Schiff über die Ostsee,
vorbei an den Sechs Türmen des Zaladin,
welche die braven Seefahrer dieser Ebene vor dem Meer des Abgrundes warnen.
Er erreichte das Kalifenreich von Zarany und fuhr in den Hafen von der Hauptstadt Zaran ein.
Diese Stadt ist so unbeschreiblich schön, dass man sie auch die ` Stadt der Träume ´ nennt.
Dort sah er so viele Wunderdinge, dass er Mahomed und seine sechs Silbermünzen völlig vergaß.
Erst als sie wieder aus dem Hafen fuhren, erinnerte er sich.
` Wir müssen zurückehren.
Ich habe vergessen für den armen Jungen Waren einzukaufen. ´ , sagte Abalmathar.
Davon wollten seine Mitreisenden jedoch nichts hören, sondern sprachen:
` Lass uns doch lieber nach Westen, bis zum Sultanat von Baranya segeln,
in Baran, in der Hauptstadt Baran kann man vielleicht noch schönere Waren kaufen,
wie hier in Zaran. Dort findest du sicher auch etwas Passendes für Mahomed. ´
So fuhren sie über die Ostsee nach Westen,
vorbei an dem Reich Rah.
Die Dörfer der Rahiten an der Küste schienen ihnen nicht wohlhabend genug,
so dass sich eine Landung nicht lohnte.
Sie fuhren an Zsis, der Stadt der Schlangen vorbei und schauderten,
als sie den Hauch des unfassbaren Alters fühlten, der von dieser Stadt ausgeht.
Bald erreichten sie den Hafen von Baran.
Als Abalmathar nun nachdenklich über den großen Basar ging,
sah er , einen Affen der an einer Hauswand festgebunden war und von Passanten gegen Entgelt,
mit einer Rute geschlagen werden durfte.
Diese Grausamkeit erboste den Scheich,
aber er sagte nichts; da er wusste,
dass solche Tierquälereien, auf dem Kontinent Sahuria,
bei Affen nicht ungewöhnlich sind.
Denn die Menschen fressenden Affen in den Urwäldern des Landes Tandia,
haben dafür gesorgt, dass in Sahuria alle Affen verhasst sind.
Abalmathar fragte den Besitzer des armen Tieres ob er den Affen kaufen könne.
` Gerne werde ich ihn dir verkaufen. Obwohl es mir viel Spaß macht ihm zu schlagen,
bringt er mir doch in letzter Zeit keinen Gewinn mehr. ´
Der Handel war schnell abgeschlossen und gegen sechs Silbermünzen wechselte der Affe den Besitzer.
` Es ist ein sonderbar großer Affe, er mag ein Menschenfresser sein, aber sicher findet Mahomed einen reichen
Kaufmann in Turana, der seine Schätze gerne von einen Affen bewachen läßt. ´, dachte der Scheich zufrieden.
Nun wollte er schnellstens nach Turana zurücksegeln, aber seine Mitreisenden hatten immer noch nicht genug.
` Wir haben soviel von der herrlichen Stadt Samah gehört,
wo der Shah in einem Palast ganz aus Elfenbein lebt.
Es dauert nur wenige Tage von hier aus diese Stadt zu erreichen, warum also nicht? ´
So segelten sie weiter, bis nach Samah.
Wieder kauften sie viele Schätze, die auf dem Basar angeboten wurden.
Nun war der Laderaum voll und alle waren damit einverstanden heim zu fahren.
Doch kaum hatten sie den Hafen von Samah verlassen,
da tauchten drei Schiffe der Pylarister auf.
Jenes Piratenvolkes, dass die Südsee beherrscht und
sich manchmal bis vor die Küste des Samarenlandes wagt.
Große Schakalköpfe ragen vorne von den Rammspitzen ihrer Schiffe,
damit verehren sie den großen Gott Anubis.
Die Piratenschiffe hatten sich hinter einer Insel verborgen gehalten,
bis ein unvorsichtiges Handelsschiff in ihre Nähe geriet.
` Bei Ra, wir sind verloren.´ rief der Kapitän verzweifelt.
` Entkommen können wir den Pylaristern nicht mehr,
sie sind zu nah und unser Laderaum ist zu voll.
Ehe wir all den Plunder über Bord geworfen haben,
haben sie uns längst geentert.
Widerstand ist Selbstmord,
ihre Übermacht ist zu groß.
So laßt uns uns ergeben und hoffen,
dass auch ein gnadenloses Volk manchmal Gnade übt. ´
Sie ließen sich entern und die Hundsköpfe kamen an Bord.
Hundsköpfe nennt man die Pylarister, weil sie Schakalmasken tragen um ihre Feinde zu erschrecken
und ihren Gott zu ehren.
Ihr Anführer war einer ihrer Seekönige, der drei Schiffe unter seinem Kommando hatte.
` Gnade? Sicher, wir schonen euer Leben und verkaufen euch als Sklaven.
Na, ist dass Gnade genug? ´ , fragte er höhnisch.
Der Laderaum wurde von den Pylaristern leer geräumt und die Händler, wie die Besatzung des Schiffes,
gefesselt in den Laderaum geworfen.
Den Affen warfen sie dazu und meinten, wenn er den einen oder anderen anknabbern würde,
hätten sie so viel Spaß, dass es nichts schade, dafür einen Sklaven etwas billiger zu verkaufen.
Doch kaum hatten sie den Laderaum verschlossen,
da sprang der Affe auf und löste die Fesseln der Gefangenen.
` Lasst uns warten, bis nicht mehr soviel Schritte über uns zu hören sind,
dann wollen wir ausbrechen und das Schiff wieder in unsere Gewalt bringen. ´ , sprach der Kapitän.
Wieder war es der Affe, der ihnen dabei half, denn er hatte gewaltige Kräfte und schaffte es die Tür aufzubrechen.
Da nur noch wenige Piraten auf dem Schiff waren,
ließen sich diese widerstandslos über Bord werfen.
Nun lösten sie das Seil, mit dem das Schiff mit einem der Pylaristerschiffe verbunden war und wendeten rasch.
Natürlich nahmen die Hundsköpfe sofort die Verfolgung auf.
Eines der drei Piratenschiffe hatte einen zu vollen Laderaum für eine Verfolgung.
Aber die beiden anderen Pylaristerschiffe kamen bedrohlich nahe.
Der Kapitän wusste jedoch Rat, er fuhr mit seinen Schiff immer näher an die Küste von Xandu,
jenem geheimnisvollen Kontinent, der von einem Flammenring umgeben ist.
Bald sahen sie, die riesigen Flammen gen Himmel lodern und die schwarze Wolkenwand,
die ständig über den Flammenring aufsteigt.
Die Luft wurde immer stickiger und das Wasser unter ihnen begann zu kochen.
` Betet zu Ra, dann wird alles gut. ´ , rief der Kapitän und tatsächlich,
die Pylarister drehten bei und segelten zurück,
in sichere Gewässer, denn sie hatten ja schließlich ihre Beute.
Weshalb sollten sie wegen ein paar armseliger Sklaven ihr Leben riskieren?
Und so wurden der Scheich Abalmathar und alle anderen gerettet.
Als sie jedoch nach Turana zurücksegelten, sprach der Scheich:
` Der Affe hat uns alle gerettet, der Affe gehört Mahomed, so sollten wir alle ein Sechstel unseres Vermögens
aus Dank Mahomed geben. ´
Einige Händler wollten davon nichts hören,
aber Abelmathar erinnerte sie daran, dass Reisende
immer in der Hand des Schicksals sind.
Das Schicksal jedoch hasst die Undankbaren
und liebt jene die großzügig sind.
Wer kann das Erstaunen von Mahomed und seiner Mutter sich vorstellen,
als das Schiff leer nach Turana zurückehrte und dennoch einige der vornehmsten Händler Mahomed
ein Sechstel ihres Vermögens übergaben.
Auch der Scheich Abalmathar, der ihnen persönlich den klugen Affen brachte
und die Geschichte erzählte, gab ein Sechstel seines Vermögens.
Aber man hört man auch viele seltsame Gerüchte.
So erzählen die Diener, dass der Affe sprechen kann
und Mahomed inzwischen ganz in seinem Bann steht.
Tagelang hat er dem Affen zugehört,
der mit einer Stimme spricht, die nur Mahomed hören kann.
Er soll ihn etwas von einem riesigen Schatz , in einer verlassenen Stadt, in den Urwäldern von Tandia , erzählt haben.
Es heißt weiter, der Affe drängt ihn Söldner anzuheuern um den Schatz
zu heben und dafür sein ganzes Vermögen zu riskieren.
Daher denke ich, dass die Geschichte von Mahomed und seinem klugen Affen noch nicht zu Ende ist.
Vielleicht werde ich eines Tages noch mehr von den beiden zu berichten haben. "
" Ras Tochter ist untergegangen
und Nubs Sohn wird in einigen Stunden wieder aufgehen.
So lasst uns jetzt ruhen, denn morgen beginnt ein neuer Tag.
Ich muss dann weiter wandern,
um an einen anderen Ort zu erzählen und neue Erzählungen zu erlauschen.."
Ende
Uwe Vitz - 6. Feb, 19:23
Die Löwenfrau und die beiden Hyänenmänner
" Die Löwenmenschen leben in Nordwesten des Reiches Munukutu.
Der Gehörnte Kaiser läßt sie die Grenze nach Okoa, dem Reich der Sklavenhändler, bewachen.
Nur die Löwenmenschen können die grausamen Okoner so abschrecken,
dass sie keine Raubzüge in das Reich von Munukutu wagen.
Nun leben auch viele ganz normale menschliche Stämme dort, welche den Löwen als ihr Totem verehren
und die Löwenmenschen als Priester ansehen.
So hielten es auch die Bewohner des Dorfes Rwan,
in welchen die Häuptlingstochter Nyaro lebte.
Sie wanderte gern in den Wäldern umher,
sie fürchtete die wilden Tiere nicht und war eine Jägerin,
welche mit Speer und Bogen geschickt umzugehen wusste.
Eines Tages hörte Nyaro von einer Kreatur,
die in einer finsteren Höhle hauste und ein schrecklicher Menschenfresser sein sollte.
Furchtlos machte sie sich auf die Suche nach der Bestie, um sie zu erlegen.
Als sie jedoch die dunkle Höhle betrat und mit einem Pfeil auf die Kreatur zielte, sprach diese:
` Wenn mich dein Pfeil trifft, werde ich dich in Stücke reißen. ´
Da das Wesen noch scheinbar friedlich in einer Ecke der Höhle hockte,
zögerte Nyaro. Solch ein Geschöpf hatte sie noch nie gesehen.
Das Ungeheuer hatte etwas, von einem Löwen, einem Leoparden, einer Hyäne und noch
vieler anderer Tiere, ja sogar eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Menschen, konnte sie erkennen
und doch war es in Wahrheit etwas anderes.
` Willst du in Zukunft unser Dorf meiden? ´ , fragte Nyaro.
` Ich will euer Dorf in Zukunft meiden, wenn du mir etwas von dir gibt’s. ´ sagte die Kreatur.
` Was willst du? ´
` Ein Stück Haut, ein Fingernagel oder ein Haar,
es ist egal, aber es muss von dir sein und du musst dafür etwas von mir nehmen. ´
` So soll es sein. ´sagte Nyaro
und gab dem Wesen ein Haar,
das Geschöpf gab ihr eine Kalebasse,
mit einer seltsamen Flüssigkeit und befahl ihr davon zu trinken.
Nachdem sie einen kleinen Schluck getrunken hatte, sprach das Ungeheuer:
` Gut, jetzt bin ich wieder ein bisschen menschlicher geworden,
während du einen kleinen Teil deiner Menschlichkeit verloren hast. ´
` Was bedeutet das für mich? ´
` Das hängt von deiner Veranlagung, tief in dir ab. Du wirst es früh genug erfahren, jetzt geh. ´
Nyaro machte sich nachdenklich auf den Heimweg.
Als sie die Rinder ihres Vaters, mit einigen fetten Kälbern sah,
überkam sie ein seltsames Gefühl.
Sie schüttelte sich und plötzlich, wuchsen ihr am ganzen Körper gelbbraune Haare
und ein Schwanz mit einer Quaste und lange Eckzähne, in einem kräftigen Maul.
Sie war eine Löwin geworden.
Sofort sprang sie auf die Kälber und verschlang sie.
Nachdem sie satt war, verwandelte sie sich wieder in Menschengestalt.
Kaum jemand konnte über das Geschehene erschrockener sein, als Nyaro.
Aber was sollte sie jetzt machen?
Sie wagte es nicht, daheim zu erzählen, was mit ihr geschehen war.
Außerdem fürchtete sie, dass die Löwenmenschen davon erfuhren.
Dann würde ihr ganzer Stamm in großer Gefahr sein, denn die Löwenmenschen bewachen eifersüchtig
ihr Revier und dulden keine Konkurrenz.
Nur widerwillig beugen sie sich dem Gehörnten Kaiser.
Aber Löwenmenschen, die nicht zu ihrer Sippe gehören, vernichten sie gnadenlos.
Um die Rinder ihres Vaters in Zukunft zu schonen, machte Nyaro immer weitere Ausflüge in die Wälder.
Wenn der Hunger sie überfiel,
verwandelte Nyaro sich sofort in eine Löwin.
Verzweifelt versuchte Nyaro diesen Trieb unter Kontrolle zu halten.
Sie lief sogar einmal zurück zu der Höhle des Wesens und flehte
die Kreatur an, ihr die Löwennatur wieder zu nehmen.
Aber das Ungeheuer antwortete:
` Was ich einmal gegeben habe, bleibt dein, was ich einmal genommen habe, bleibt mein. ´
So musste Nyaro von nun an als Halblöwin leben.
Ihr älterer Bruder, der für die Rinder seines Vaters verantwortlich war,
beobachtete sie zuerst misstrauisch
und dann voller Mitleid; denn er kannte natürlich
die Anzeichen, die einen Löwenmenschen verraten.
Sofort als er die Überreste der Kälber gefunden hatte,
schöpfte er schon den Verdacht.
Später bemerkte er, wie die Rinder vor seiner Schwester ängstlich zurück wichen.
Dann machte sie immer häufiger längere Ausflüge in die Wälder.
Als er ihr einmal folgte, entdeckte er,
wie ihre Spuren zu denen einer Löwin wurden.
Von da an wusste er Bescheid.
Inzwischen besuchte ein junger Häuptling das Dorf und
beschloss Nyaro zu heiraten, da ihr Vater damit einverstanden war,
wurde sie verheiratet.
Ihr Bruder sprach zu Nyaro, ehe sie mit ihren Mann fort zog:
` Liebe deinen Ehemann, aber verrate ihm niemals dein Geheimnis. ´
Aber es war nur eine Frage der Zeit, bis man in dem anderen Dorf über
die neue Frau des jungen Häuptlings Vigala zu reden begann.
Zu viele Dinge geschahen, die den Verdacht der aufmerksamen Alten im Dorf erregen mussten.
Eine Löwin wurde sehr häufig in der Nähe des Dorfes gesehen, aber es war kein Löwenrudel in der Nähe.
Immer wenn man die Löwin sah, war Nyaro verschwunden.
Die Löwin fiel jedoch nie die Dorfbewohner oder ihre Rinder an,
sondern suchte sich stets Beute im Wald.
Weshalb hielt sie sich dennoch so oft in der Nähe des Dorfes auf?
Den letzten Hinweis erhielten die Alten, als die seltsame Löwin einen Leoparden tötete,
der mehrfach Rinder der Dorfbewohner gerissen hatte.
So verhielt sich keine normale Löwin, aber vielleicht eine Halblöwin.
Da der Häuptling mit seiner neuen Frau glücklich war, schwiegen die klugen Alten.
Aber natürlich waren nicht alle Alten klug.
So kam es, dass als Nyaro eine Tochter bekam, die Diener flüsterten:
` Zum Glück ist es ein Menschenkind ohne Klauen und Zähne. ´
Der Häuptling hörte diese unbedachten Worte,
nahm seinen Speer und ging zu seiner Frau,
von der er verlangte, dass sie ihn dieses Geheimnis erkläre.
Als sie sich weigerte, geriet Vigala so in Wut, dass er seinen Speer nach ihr warf.
Nyaro wich dem Speer zwar mit einem geschickten Seitensprung aus,
wurde aber unglücklicherweise an der Seite gestreift.
Der Anblick ihres eigenen Blutes verwandelte Nyaro sofort in eine Löwin.
Die furchtbare Löwenwut packte sie.
Mit einem einzigen Schlag ihrer Vorderpfote brach sie ihrem Mann den Hals,
dann verschlag sie ihn und nahm wieder Menschengestalt an.
Als gute Hausfrau säuberte sie zuerst einmal den Fußboden von dem Blut,
dann nahm sie ihre Tochter, der sie den Namen Nyarvi gab und verließ das Dorf.
Kurz zuvor waren zwei junge Männer aus dem Dorf des Großen Baumes
zu dem Wesen in der Höhle gekommen.
` Großer Meister, wir haben viel von dir gehört und sind weit gewandert, um dich um Hilfe zu bitten. ´
` Sprecht eure Bitte schnell aus, ehe ich Lust bekomme, euch zu fressen. ´ sprach das Ungeheuer.
` O großer Meister, wir haben immer Hunger, hilf uns, damit wir bessere Jäger und stärkere Krieger werden. ´
` Diesen Wunsch will ich euch gerne erfüllen. ´ rief die Kreatur
`Gebt mir nur jeder ein Haar und trinkt von dieser Flüssigkeit. ´
Die beiden jungen Männer gaben dem Wesen je ein Haar und erhielten dafür eine Kalebasse,
mit einer seltsamen Flüssigkeit.
Sofort trank jeder der beiden einen kräftigen Schluck.
Nun verwandelten sie sich in Hyänen, sie heulten wild auf.
` Heult nur meine kleinen Bestien. ´ sprach das Ungeheuer sanft.
` Menschlichkeit ist auf dieser Ebene leicht zu kaufen,
wenn man dafür mit Unmenschlichkeit bezahlt.
Jetzt macht euch auf, denn die Zeit für eure Jagd ist gekommen!´
Und die Jagd der beiden Hyänenmänner begann.
Sie liefen los und fanden einen Schafhirten,
der bei seiner Herde schlief.
Der alte Mann wurde roh verschlungen.
Dann nahmen sie wieder Menschengestalt an,
ergriffen das fetteste Schaf und brieten es über einem Feuer.
In der nächsten Nacht kehrten sie in das Dorf des Großen Baumes zurück
und töteten zwei Kinder.
Weil sie immer noch hungrig waren, sprangen die beiden Hyänenmänner
über einen Zaun und packten zwei Schafe, die sie mit in den Busch nahmen,
wo sie sich tagsüber in einer Höhle verbargen.
Während sie die Schafe verschlangen, sangen sie ein schreckliches Lied:
` Wir sind stark, wir können machen was wir wollen,
alle sollen Blut uns zollen.
Wir fressen alle Männer, denn wir können machen was wir wollen,
alle sollen Blut uns zollen.
Wir fressen alle Frauen, denn wir können machen was wir wollen,
alle sollen Blut uns zollen.
Wir fressen alle Kinder, denn wir können machen was wir wollen,
alle sollen Blut uns zollen.
Wir fressen alle Rinder, denn wir können machen was wir wollen,
alle sollen Blut uns zollen.
Wir fressen alle Schafe, denn wir können machen was wir wollen,
alle sollen Blut uns zollen.
Wir fressen den Gehörnten Kaiser, denn wir können machen was wir wollen,
alle sollen Blut uns zollen.
Wir fressen Ra, denn wir können machen was wir wollen,
alle sollen Blut uns zollen.
Wir fressen auch sein Weib Nub, denn wir können machen was wir wollen,
alle sollen Blut uns zollen.
Wir fressen die ganze Welt, denn wir können machen, was wir wollen,
alle sollen Blut uns zollen. ´
Als es Nacht wurde schlich sich ein Hyänenmann in sein Elternhaus
und tötete seine Mutter, um sie zu fressen.
Sein Freund sprang über die Umzäunung des Häuptlingshauses
und drang dort gewaltsam ein.
Dieser Hyänenmann vergewaltigte die Frau des Häuptlings noch schnell,
ehe er sie verschlang.
Am nächsten Morgen wanderte Nyaro,
mit ihrer kleinen Tochter an dem Dorf des Großen Baumes vorbei
und sah, dass sich dort eine große Anzahl von Kriegern versammelt hatte.
Der Häuptling hielt eine lange Ansprache, dass die beiden Hyänenmänner getötet werden müssten.
` Das wollen wir alle. ´, sprach ein alter Krieger.
` Aber sie sind schlaue Zauberer und nachts haben wir keine Chance sie zu erlegen, tagsüber zeigen sie sich nicht. ´
` Wir müssen die Hyänenmänner in eine Falle locken. ´, sagte der Medizinmann.
` Eine Frau muss als Lockvogel vor dem Dorf auf die beiden Hyänenmänner warten.
Wenn die beiden Bestien sie anfallen, treffen wir sie mit unseren Pfeilen. ´
` Ach, dass habe ich schon einmal erlebt. Meistens wird die Frau dabei verschlungen und die Hyänenmänner entkommen.´ berichtete ein alter Krieger.
` Welche Frau meldet sich freiwillig um unser Dorf zu retten? ´ fragte der Häuptling.
Aber keine der Frauen aus dem Dorf mochte sich melden.
Da drängte sich Nyaro durch die Menge und rief:
` Ich will es tun, wenn ihr in dieser Nacht mein Kind hütet. ´
Das Angebot wurde mit großen Jubel angenommen
und der Häuptling selbst versprach der jungen Mutter,
dass man ihr für diese Tat ewig im Dorf des Großen Baumes dankbar sein würde.
So wartete Nyaro in dieser Nacht alleine draußen vor dem Dorf.
Wenn die Hyänenmänner sich heranschlichen,
sollte sie den Ruf der Eule nachmachen.
Hinter dem Zaun der das Dorf umschloss,
warteten schon die Bogenschützen.
Nyaro jedoch legte sich ein nahes Gebüsch und tat so als würde sie schlafen.
In der Nacht hörte sie ein wildes Heulen und als sie die Augen öffnete,
sah sie, wie die beiden Hyänenmänner aus dem Busch neben ihr sprangen.
` Wir sehen die Falle, aber wir sind zu schnell für euch Beutemenschen,
wir töten dich und entkommen, ehe die Bogenschützen uns entdecken können. ´
` Heute Nacht werdet ihr mich nicht töten. ´ sagte Nyaro lächelnd
und verwandelte sich in eine Löwin.
Blitzschnell sprang sie einen der beiden Hyänenmänner an und tötete ihm mit einem kräftigen Biß ins Genick.
Danach verschlang sie ihr Opfer.
Der zweite Hyänenmann lief so schnell davon, dass sie ihn nicht mehr einholen konnte.
Im Dorf des Großen Baumes wurde er nie wieder gesehen.
Nyaro verwandelte sich wieder in eine Menschenfrau.
Sogleich rief sie nach den Bogenschützen und die Männer stürmten aus dem Dorf
und ein wahrer Pfeilhagel flog in den Busch, wo Nyaro hindeutete.
Die junge Frau berichtete ihnen, ihre Pfeile hätten einen der beiden Hyänenmänner getroffen
und schwer verletzt.
Beide wären zusammen geflohen,
sie glaube aber nicht,
dass die beiden sich noch einmal im Dorf des Großen Baumes blicken ließen.
Die Dorfbewohner sahen, das Blut vergossen worden war.
Sie zweifelten zwar daran, dass sie beiden Hyänenmänner los waren,
dankten Nyaro jedoch trotzdem. So wanderte sie am nächsten Tag mit ihrer kleinen Tochter in ihr Heimatdorf,
wo sie von ihren Vater freundlich aufgenommen wurde. "
" Was Nyaro weiter erlebte,
werde ich vielleicht bei meinem nächsten Besuch in Munukutu erfahren.
Was aus dem entkommenen Hyänenmann wurde?
Heulte da nicht eine Hyäne, ganz in der Nähe?
Wer weiß?
Nun Freunde, wer hat einen Schlafplatz für einen ehrlichen Erzähler, für eine Nacht?
Womit ich bezahle?
Natürlich mit einer Erzählung.
Ah, du hast noch Platz in deiner Hütte?
Schön, ach dafür möchtest du gerne eine Geschichte hören,
die auf dem Kontinent Sahuria spielt?
Oh, oh, du verlangst ja ganz schön viel.
Eine Erzählung von einem anderen Kontinent.
Solche Erzählungen sind für uns Erzähler kostbare Schätze,
die man nicht so einfach verschenkt.
Gib also noch eine Kalebasse mit Palmwein dazu, dann hätte ich da eine Erzählung, die auch in Sahuria spielt. "
Uwe Vitz - 6. Feb, 19:21
Der mißratene Zombie
" Im Kaisereich von Munukutu gelten für Zauberer und Hexen strenge Gesetze,
sie müssen sechs Jahre lang bei einem Meister lernen und sechs Prüfungen bestehen,
ehe sie dem Handwerk der Zauberei nachgehen dürfen,
damit durch ihre Kunst kein Unheil herbei gerufen werde.
Dieses Gesetz des Gehörnten Kaisers ist sehr weise.
Denn durch falsch angewandte Magie oder leichtfertig herauf beschworne Geister
, kann so eine eine üble Gefahr entstehen.
Nun lebte jedoch einst, im Haus des berühmten Zauberers Zabok, ein ganz besonders uneinsichtiger Schüler.
Obwohl der große Zauberer ihm mit viel Geduld die Gesetze der Magie erklärte,
dachte sich der Jüngling Alopu, dass die Warnungen und Mahnungen des Meisters nur Tricks
seinen, um ihn von den großen Geheimnissen der Magie fern zu halten.
Nun steht das Haus des Zauberers am Meer der Kaiser. So dass Schiffe aus Ramala und Mongia leicht
den nahen Hafen anlaufen können und manch ein Schiff bringt natürlich eine Bitte um Hilfe an den großen Magier Zabok, von diesen Kontinenten.
Allein durch sein berühmtes Zauberhaus ist Zabok schon überall auf dieser Ebene bekannt.
Jenes Haus hat sechs Eingänge, aber nur einen Ausgang.
Manch einer, der dieses Haus gegen den Willen des Zauberers betrat,
irrt jetzt noch darin umher, ohne eine Chance zu haben, je zu entkommen.
Dabei ist jenes Haus nicht größer als die kleinste Hütte in eurem Dorf.
Wenn die Bitte um Hilfe seiner würdig und der Lohn groß genug ist, macht sich Zabok auf um wieder einmal,
eine große Tat zu vollbringen. Zum Beispiel heilte er eine Drachenprinzessin im Kaiserreich von Hykno,
einmal von einem Heuschnupfen.
Doch für Alopu war dies alles Kleinkram.
Er wollte endlich einen richtigen, großen Zauber erleben.
Alopu sehnte sich nach gefährlichen Zaubereien.
Als sein Meister wieder einmal auf einer Geschäftsreise war,
ergab sich unglücklicherweise eine Gelegenheit.
Alopu hatte zwar genug über Zauberei gelernt um sich selber
große Dinge zu trauen, aber zu wenig um die herbei gerufenen Mächte gebührend zu fürchten.
Ganz in der Nähe von Zaboks Haus befindet sich das alte Dorf der Leopardenmenschen.
In jener Gegend von Munukutu verehren die Menschen den Menschen den Leoparden als ihr Totem und
die Leopardenmenschen als Priester des Leopardengeistes.
Die Leopardenmenschen ihrerseits schützen die normalen Sterblichen vor Feinden.
Dies muss man wissen um zu begreifen welchen Frevel Alopu beging.
Ein Mann des Leopardenvolkes war gestorben,
nach uralten Ritualen wurde er begraben. Alopu hörte davon
und eilte zu dem Grab.
Als Zauberlehrling war es auch seine Aufgabe den Haushalt für den Meister zu führen,
aber als Meister der Magie würde er sich dafür einfach einen Sklaven herbei zaubern
und was für einen Sklaven!
Alopu streute ein besonderes Pulver auf das Grab und sprach Worte,
die ihn sein Meister für den Notfall und nur für einem absoluten Notall beigebracht hatte.
Ein leises Stöhnen drang aus der Tiefe, dann hörte der zitternde Alopu das Geräusch von Händen
welche sich durch das Erdreich gruben, bis der Tote sich aus dem Grab erhob und ihn anstarrte.
Der Leopardenmensch hatte im Tod rein menschliche Gestalt.
Alopu grinste. Der Zombie sah nicht einmal besonders schaurig aus.
Der Kerl war ja auch erst vor kurzen gestorben.
Aus ihm würde bestimmt ein guter Sklave werden.
Gleich sein erster Zombie war eine richtige Meisterleistung, dachte Alopu.
Das Leopardenfell und die Amulette, die der Zombie trug, störten Alopu nicht weiter.
` Los geh und hole Wasser. ´ befahl der Jüngling dem Toten.
Aber der tote Mann kicherte nur. Er kicherte?!
Nun, Alopu wußte nicht viel über Zombies,
aber dass sie nicht verrückt herum kichern sollten, war ihm schon klar.
Anscheinend hatte er doch irgendetwas falsch gemacht.
Ra mochte ihm jetzt beistehen, er hatte einen
verrückten Zombie erschaffen!
Bisher hatte Alopu nicht einmal gewusst, dass so etwas möglich war.
Was würde jetzt geschehen?
Alopu dachte, der tote Mann wolle ihn packen und in das Grab zerren.
Entsetzt lief er davon.
Aber der Zombie blieb bei seinem Grab stehen
und kicherte nur munter vor sich hin.
Als sich Alopu noch einmal umdrehte,
sah er erleichtert, wie der Untote Richtung Leopardendorf davon trottete.
Als Meister Zabok von seiner Reise zurückkehrte,
verschwieg Alopu ihm lieber sein stümperhaftes Zauberwerk.
Aber nur all zu bald hörte er draußen wildes Geschrei.
Ein Blick aus der Tür heraus, zeigte ihm eine Horde Leopardenmenschen,
welche fauchend um das Haus des Zauberers sprangen. Sie sahen gar nicht menschlich aus.
Obwohl sie ihre Leopardengestalt angenommen und ihre Krallen ausgefahren hatten,
gingen sie aufrecht.
Alopu sah den blanken Haß in ihren Augen und er ahnte wem dieser Hass galt.
` Was ist das für ein Lärm? ´ , fragte Meister Zabok.
` Die Leopardenmenschen Meister. ´, erwiderte Alopu ängstlich.
` Was hat sie nur so rasend gemacht? Ich muss sie fragen. ´
` Sie werden Euch zerreißen Meister! ´ , rief Alopu verzweifelt.
` Hast du vergessen wer ich bin? ´ , fragte der Zauberer lachend.
` Sie werden es nicht wagen, mir auch nur ein Haar zu krümmen, denn sie fürchten meine Flüche. ´
Ehe Alopu noch irgendetwas einwenden konnte, trat Zabok hinaus aus seinen magischen Haus und
begrüßte die Leopardenmenschen freundlich.
Diese heulten jedoch auf, so als habe er ihnen einen schweren Schlag versetzt.
` Aber meine lieben Nachbarn, was hat euch so erbost? ´ , fragte der Zauberer lächelnd.
Da fauchten die Leopardenmenschen wütend und einige wollten sich sogar auf Zabok stürzen,
aber andere hielten sie zurück.
Stattdessen trat der Häuptling der Leopardenmenschen vor und knurrte leise:
` Willst du uns auch noch verspotten, Hexer?
Reicht es dir nicht, dich gegen unsere Toten zu verfreveln und uns große Schande zu bereiten? ´
` Ich weiß nicht wovon du spricht. ´ , erwiderte der Zauberer erstaunt.
` Oh du verruchter Heuchler, aber ich werde deinem schlechten Gedächtnis gerne helfen. ´ ,
sprach der Häuptling zornig.
` Vor einer Woche ist ein Mann in unserem Dorf gestorben,
wir hatten ihn nach alten Ritualen begraben,
aber am nächsten Tag kehrte er zurück.
Wir feierten begeistert seine Auferstehung,
denn wir dachten es sei ein Wunder.
Nur sein ständiges Gekicher ging bald auf die Nerven.
Aber dann bemerkten wir, dass er weder essen noch trinken wollte.
Auch sahen wir die Maden, welche schon angefangen hatten, ihn zu vertilgen,
in seinem Mund und der genau Betrachter fand bald,
das eine oder andere Anzeichen von Verwesung an ihn.
Da war unser Schrecken groß.
Er war ein Zombie geworden.
Offenbar zu irgendeiner verrückten Abart eines Zombies.
Seine Familie redete ihm gut zu,
doch in sein Grab zurück zu kehren, aber er hörte nicht zu, er kicherte nur!
Dies war schon schrecklich genug.
Aber offenbar ist er zu einem sehr unternehmungslustigen Zombie geworden.
Er erscheint bei jeder Feier,
jeder Hochzeit,
ja bei seiner Familie, sogar zu jeden Essen.
Dabei kichert er die ganze Zeit,
während sein Körper immer mehr verwest.
Warst du schon einmal auf einer Hochzeit, Zauberer,
auf der ein halb verwester Zombie zwischen den Hochzeitsgästen tanzt?
Oder kennst du das Gefühl, wenn dein jüngster Sohn seine erste Beute geschlagen hat
und du wartest darauf, dass die immer mehr verwesende Leiche zur Tür herein spaziert kommt?
Es ist unerträglich!
Unser Medizinmann beschwor einen Djinn, um den Schrecken zu bannen.
Aber der Djinn berichtete ihn nur, dass dieser Zombie durch Zauberei entstanden sei,
welche von dem Bewohner eines nahen magischen Hauses bewirkt worden sei.
Es gibt nur ein magisches Haus in dieser Gegend, deins!! ´
` Ich fürchte ´ sprach der Zauberer da,` mein Schüler hat dieser Unheil angerichtet. ´
Alopu saß ängstlich im Haus und hätte sich gewiß gerne in eine Maus verwandelt,
um sich in einem Loch zu verbergen.
Aber diese Macht besaß er nicht,
außerdem gab es kein Loch in dem ihn sein Meister nicht gefunden hätte.
So kam er gesenkten Hauptes heraus, als Meister Zabok nach ihn rief.
` Oh, du Elender, schändlich hast du mein Vertrauen missbraucht,
dafür sollte ich dich mit einer schweren Krankheit bestrafen. ´
` Ach überlasst das Bestrafen ruhig uns. ´ bat der Häuptling der Leopardenmenschen.
` Wir werden ihn zerreißen und du verbannst diesen kichernden Zombie aus unserem Dorf. ´
` So einfach geht das nicht. ´ erklärte der Zauberer verzweifelt
. ` Dieser Narr hat den Toten mit einem uralten Zauber,
um Hilfe in einer schweren Notlage gebeten.
Aber er war in keiner Not.
Der Verstorbene hat die Beschwörung erhört und wandelt nun so lange auf dieser Ebene,
bis er den Toren aus der Not gerettet hat, die es nie gab. ´
` Sollen wir bis ans Ende aller Zeiten diesen kichernden Zombie ertragen?´,
fragte der Häuptling entsetzt.
` Nicht doch, es gibt noch andere Lösungen. ´ , beschwichtigte Zabok.
` Man könnte ihn in sein Grab mit Ketten fesseln
oder einen großen Stein auf sein Grab werfen,
man kann den Körper auch verbrennen oder den Toten enthaupten. ´
` Er ist ein Blutsverwandte von mir, alles was ihn tue, werden die Ahnen einst auch mit mir machen. ´
erklärte der Häuptling.
` Nun, man kann auch warten, bis er genug von den Lebenden hat und ganz von selbst müde wird
und in sein Grab zurückehrt.´
` Wie lange dauert das? ´
` Vielleicht einen Tag, eine Woche, einen Monat, ein Jahr, ein Jahrzehnt oder sogar ein Jahrhundert. ´
` Solange können wir ihn im Dorf nicht ertragen. ´
` Das ist nicht nötig, ich werde einen Zauber sprechen,
der ihn zwingt bei meinem Schüler überall hinzu folgen
und diesen Unwürdigen werde ich sogleich davon jagen.
Er soll mit dem Zombie über diese Ebene wandern,
bis er seine Schuld gesühnt. ´
Und so geschah es, der arme Alopu muss seitdem mit dem kichernden Zombie zusammen,
durch alle Länder dieser Ebene reisen,
bis der Zombie eines Tages genug vom Leben hat und so müde wird,
dass er in sein Grab zurückehrt.
Ich begegnete den beiden im Emirat von Zalad. Mancher wird nun meinen,
dass Alopu zu hart für sein Vergehen bestraft wurde
. Aber Zauberer haben nun einmal eine besondere Verantwortung.
Natürlich will jeder junge Mensch seine Kräfte erproben,
auch ein Zauberer.
Es gibt jedoch Grenzen, die niemand übertreten darf und
wenn es jemand doch tut, muss dieser jemand eben die Folgen tragen.
Ach, worüber soll ich euch jetzt noch etwas erzählen?
Ah, meine kleinen Freunde, warum wollen die Kinder immer
Geschichten über die Löwenmenschen von Munukutu hören?
Es sind wilde und manchmal recht grausame Geschöpfe.
Es ist ein großes Glück für alle Völker dieser Ebene,
dass der Gehörnte Kaiser sie streng beherrscht;
denn sie haben immer Hunger nach Fleisch.
Es gibt auch wirklich genug Geschichten über Löwenmänner,
die unvorsichtige Mädchen aus den Dörfern raubten
oder Löwenfrauen, die unvorsichtige Männer fraßen.
Aber wenn es euer Wunsch ist, werde ich euch euch eine solche Erzählung vortragen,
welche im Reich der Löwenmenschen spielt. "
Uwe Vitz - 6. Feb, 19:19
Negehu, die Hexe
" Noch immer lebt Negehu in der Nähe von Opaka,
einem Bauerndorf in Ophiru, an der Grenze zum Reich Sabhal.
Sie ist eine steinalte Frau. Ich glaube niemand auf dieser Ebene weiß,
wie alt sie wirklich ist.
Sie lebt in einer kleinen, mit Stroh bedeckten Hütte, sehr bescheiden.
Dennoch munkelt man, dass sie eine große Zauberin sei
und manch einer hat schon behauptet,
sie stände mit dem Sheitan im Bunde.
Opaka liegt nun am Ufer des Ewigen Flusses,
welcher aus dem Meer der Zeit in die Innere See, fließt.
Der Ewige Fluss trit einmal im Jahr über die Ufer und sorgt
so für eine gute Ernte.
Aber zwei Jahre hintereinander fiel ein großer Heuschreckenschwarm über die Ernte her.
Auch der Großkönig von Ophiru konnte seinem Volk nicht mehr helfen.
Da, der Heuschreckenschwarm im ganzen Königreich gewütet hatte,
blieb dem Großkönig gerade genug, um seinen Hof und die Hauptstadt Oph zu versorgen.
Die Priester lehren uns, dass Ra den Hunger erschuf,
damit wir den Weizen und den Reis ehren.
Trotzdem ist der Hunger ein schlimmer Gast.
Als den Bewohnern Opakas das Futter für ihre Haustiere ausging,
mussten sie die abgemagerten Tiere schlachten und mit ihnen, wie sie
wussten, auch ihre eigene Zukunft.
` Wir müssen etwas unternehmen. ´ , sprach der Häuptling zu den Ältesten.
` Wenn wir nicht bald irgendwo Nahrung finden, müssen wir alle verhungern. ´
` Ich habe einen Vorschlag. ´ , sagte ein bärtiger Alter.
` Wir werden die alte Negehu um Rat fragen.
Ich kann mich noch an die Worte meines Großvaters, kurz vor seinem Tod erinnern:
` Mazoya ´, sagte er: ` Wenn du einmal in Not kommen solltest, dann gehe zu der alten Negehu.
Wenn du ihren Befehlen gehorsam folgst, wird sie dir aus jeder Not helfen. ´
Nun sind wir wirklich in großer Not. Wollen wir die Alte nicht um Hilfe bitten?´
` In unserer Lage müssen wir nach jeden Strohhalm greifen, Mazoja. ´, antwortete der Häuptling .
` Wenn sich ein paar Männer dazu bereit erklären, die Alte um Hilfe zu bitten,
so will ich gerne meinen Segen dazu geben.´
So machte sich am nächsten Morgen eine Abordnung von zwölf furchtlosen Jünglingen auf den Weg.
Als diese in der Frühe, die weit draußen im Wald gelegene Hütte erreichten,
war die alte Negehu gerade auf der Jagd.
In ihrem hohen Alter verstand sie es noch meisterhaft, mit Pfeil und Bogen und dem Speer umzugehen.
Da die Jünglinge nicht unaufgefordert einzutreten wagten,
ließen sie sich im Schatten eines Sialabaumes nieder.
Sie warteten geduldig, bis die Alte gegen Mittag plötzlich vor ihnen stand.
Da keiner von ihnen sie bis dahin gehört hatte, erschracken sie alle heftig.
` Was wollt ihr bei der alten Negehu? ´ , krächzte sie mit hohler Stimme
und stieß mit dem Fuß, die aus Schilfrohr geflochtene Tür auf.
Nachdem sie im Inneren der Hütte, ihre Jagdbeute ein Antilopenkitz,
zu Boden hatte gleiten lassen, hieß sie die Jünglinge ein zu treten.
Verwundert sahen die Männer, dass die kleine Hütte vollgestopft war mit Tierschädeln,
Bambusrohren, Kalebassen und vielen seltsamen Geräten,
die sie nicht kannten.
Fast schien es ihnen, dass das Innere der Hütte größer sei,
als die Hütte selbst.
` Sagt mir nun endlich, warum ihr zu mir gekommen seid.´
, forderte die Hexe.
So erzählten sie ihr, von der Not des Dorfes.
` Ich habe Mitleid mit euch armen Würmern. ´ ,sprach die Alte.
` Deshalb bin ich bereut, euch zu helfen, wenn ihr alles tut, was ich von euch verlange. ´
Was blieb den jungen Männern anderes übrig?
Die Zauberin ließ ihre Besucher zunächst Holz zusammentragen und ein Feuer anzünden.
Während sich die Jünglinge eifrig an die Arbeit machten, ließ sich die Alte stöhnend
auf einen Holzschemel in der Nähe der Herdstelle nieder.
Sie zog ihr zerschlissenes Gewand ein wenig hoch und
streckte ihr rechtes Bein aus.
Die Jünglinge erschraken.
Auf dem Bein saß ein Schwarm Fliegen.
Das Bein der Hexe war über und über mit Grind und eitrigen Geschwüren bedeckt.
` Seht ihr die Fliegen auf meinen Bein? , krächzte die Alte.
` Wenn ich euch helfen soll, dann müsst ihr mir diese verfluchten Quälgeister fangen! ´
Die eitrigen Geschwüre verbreiteten einen üblen Geruch in der Hütte,
so dass sich die Männer maßlos eckelten.
Sie fühlten, dass nur die Sorge, um das Leben ihrer Lieben, sie zu solch einer Tat befähigte.
Zu ihrer eigenen Überraschung, hatten sie bald alle Fliegen getötet.
` Nun hat die alte Negehu eine weitere Aufgabe für euch, nehmt die neben
der Herdstelle liegende Pfanne, gebt die getöteten Fliegen hinein,
bratet sie auf dem Feuer und verspeist sie. ´
Die Männer sahen sich betroffen an.
` Sollen wir wirklich die Fliegen, die wir von dem eitrigen Bein des alten Weibes gefangen haben, aufessen? ´
sprachen sie leise zueinander.
Aber die Zauberin sprach mahnend:
` Wenn ihr mir nicht gehorcht, muss euer Dorf verhungern,
bedenkt also, was ihr tut, meine Lieben. ´
Um ihrer Familien willen, brieten sie die zahllosen Fliegen und aßen sie mit Todesverachtung.
` Nun habt ihr eure Aufgabe erfüllt. ´ sagte die Alte freundlich
Legt noch. etwas Holz aufs Feuer und setzt euch an die Hinterwand meiner Hütte. ´
Bei diesen Worten atmeten die Männer erleichtert auf,
denn sie hatten mit noch mehr Prüfungen gerechnet.
Jetzt dachten sie, hätten sie das Schlimmste überstanden.
Als sie getan hatten, was die Zauberin verlagte, setzte sich Negehu zu ihnen und sprach:
` Schon seit einiger Zeit, spüre ich, dass sich eine neue zauberische Macht in Zaranda ausbreitet.
Vielleicht ist auch der teuflische Heuschreckenschwarm von dieser Macht erschaffen worden,
vielleicht auch nicht.
Aber ich werde eure Hilfe brauchen, um dieses Geheimnis zu lösen.´
` Und wie können wir dir helfen, oh weise Frau? ´
` Ah meine Kleinen, erst einmal nehmt diese drei Kalebassen und bringt sie in euer Dorf,
in der Ersten werdet ihr immer Wasser finden,
in der Zweiten Reis und in der Dritten Brot,
so mag euer Dorf vorerst dem Hunger entgehen,
morgen früh kommt zu mir zurück,
dann werde ich euch sagen, was zu tun ist,
um den bösen Zauber entgegen zu treten. ´
Als die Jünglinge am nächsten Morgen zurückehrten, fragte Negehu sie nach ihren Träumen.
Die Jünglinge waren über die Frage der Alten zwar erstaunt,
berichteten ihre Träume aber so gut es ihnen möglich war.
Aber kaum ein Traum fand die Gnade der Hexe.
` Ach geh nach Haus. ´
, brummte sie nach jeden Traumbericht.
Bis ihr der junge Magunga von seinem Traum erzählte.
Er hatte von einer ausgehungerten, mageren Frau geträumt, welche ein noch dünneres und elenderes Kind,
mit ihren welken Brüsten stillte; während ein bösartiger, fetter Kerl mit einem Stock auf sie einschlug.
` Du hast den richtigen Traum gehabt. ´, sagte Negehu zufrieden.
` Die ausgehungerte Mutter ist das Königreich Ophiru das magere Kind
unser unglückliches Volk und der widerliche, fette Kerl,
ist der Zauberer, der den Heuschreckenschwarm gegen unsere Heimat schickt.´
` Was soll ich jetzt tun? ´fragte Magunga.
` Bleib für eine Nacht bei mir, dann sieht am Morgen alles besser aus. ´ , antwortete die Hexe.
Magunga war bei diesen Gedanken gar nicht wohl in seiner Haut.
Doch dann dachte er an das dünne Kind und wusste, dass er der Hexe helfen musste.
Als es Abend wurde, befahl Negehu Magunga sich auf ein Schlaflager in ihrer Hütte zu legen.
Mitten in der Nacht jedoch erwachte er.
Die Hexe kniete vor ihn und hielt eine einzelne, zappelnde Heuschrecke in der Hand.
` Dies ist eine Heuschrecke aus dem Schwarm, Magunga, ich habe sie eingefangen,
als der Schwarm zum zweiten mal die Felder verwüstete,
folge ihr nun.
Aber sei vorsichtig.
Sie wird dich zu dem bösen Zauberer führen.
Wage es ja nicht sein Haus zu betreten, sonst bist du verloren.
Wenn du verfolg wirst, schau ja nicht zurück, sonst bist du verloren. ´
Negehu ließ die Heuschrecke los, die sofort davon sprang, Magunga folgte ihr.
Mit einer Mischung aus Erschrecken und Erstaunen bemerkte er,
dass auch er jetzt eine Heuschrecke war.
Die andere Heuschrecke flog davon, Magunga flog dicht hinter ihr und alles war seltsam unwirklich.
Höher und höher ging es hinauf.
Weit über die Dächer des heimatlichen Dorfes, bis hinauf zu den Wolken.
Unter sich sah er, den Ewigen Fluss und die Innere See.
Weit entfernt im Südwesten, sah er ein rotes Glühen, welches von Xandu,
dem Kontinent, welcher von einem Flammenring eingeschlossen ist, stammte.
Ja, Magunga konnte sogar die gigantischen sechs Türme sehen.
Auf jeden Kontinent steht bekanntlich einer, selbst auf Xandu.
Aber sie flogen nicht nach Südwesten, sondern nach Norden nach Munukutu.
Magunga sah unter sich die seltsamen Schiffe der Schlangenanbeter und der Krokodilmenschen
auf der Inneren See.
Er und die andere Heuschrecke flogen über die geheimnisvolle, namenlose Stadt der Froschmenschen.
Diese Stadt hatte einen einzigen großen Turm.
Magunga hörte aus diesen Turm das Wehklagen einer Frau und
sah die wunderschöne Prinzessin Nwamaka,
die in einem goldenen Käfig saß und um ihre verlorene Freiheit weinte.
Immer weiter flogen sie nach Norden, bis sie ihre Richtung änderten und nach Westen flogen.
Ja, sie flogen sogar über den Palast des Gehörnten Kaisers von Munukutu.
Dieser Palast besteht nur aus lebenden Bäumen, Lianen und anderen Pflanzen,
doch es gibt keinen größeren Palast auf dieser Ebene, bis auf jenen des Drachenkaisers von Hykno.
Dessen Palast ist vielleicht dem des Gehörnten Kaisers ebenbürtig.
Immer schneller flogen die beiden Heuschrecken. Magunga ahnte,
Magie half ihnen beiden ihr Ziel noch in dieser Nacht zu erreichen.
Dann flogen sie auch schon über die Grenze von Munukutu.
Obwohl er eine Heuschrecke war, erzitterte Magunga, denn sie flogen in das schlimme Land Okoa;
in das finstere Reich der übelsten Sklavernhändler dieser Ebene.
Sie näherten sich der Küste zur Westsee.
Magunga sah eines der furchtbaren Sklavenschiffe,
aus dem Heck ragten die Tentakel eines Riesenkraken,
welche die Okoner züchten, um sie als Antrieb für ihre Schiffe zu nutzen.
Es ist ein offenes Geheimnis, dass die Okoner die treuesten Verbündeten der Schwertländer sind,
jener Piraten, die alle Völker dieser Ebene in Angst und Schrecken versetzen.
Magunga sah die schrecklichen Knochenhäuser,
in denen die Okoner ungehorsame Sklaven mit dämonischen Methoden foltern.
Sie flogen zu einer Plantage und der kühne Magunga wurde von noch größeren Schrecken erfasst,
als er sah, dass auf den Feldern, bleiche Gestalten sich schwerfällig bewegten.
Hier mussten Zombies als Sklaven arbeiten.
Diese große Plantage war das Heim eines bösartigen Zauberers,
dem es nicht reichte lebende Sklaven zu peinigen.
Solche Hexer kaufen sich lebende Menschen,
töten sie und erwecken sie dann wieder als Zombies.
Welche Qualen die Seelen der Zombies dabei erleiden,
ist ihnen egal. In den meisten anderen Ländern dieser Ebene ,
ist solche üble Magie verpönt,
in Okoa aber werden solche finsteren Zauberer hoch geehrt.
Ausgerechnet in diese Plantage des Bösen flog die Heuschrecke,
der Magunga noch folgte.
Er fühlte einen starken Drang ihr ins Haus zu folgen,
erinnerte sich jedoch gerade noch rechzeitig an die Warnung der Hexe.
Da trat der Zauberer selbst aus seinem großen Haus,
es war der wiederliche, fette Kerl aus Magungas Träumen.
Er hatte weiße Haare und einen Spitzbart,
seine Augen glühten vor magischer Macht.
Obwohl er hoch oben zwischen den Wolken war,
spürte Magunga, dass der Zauberer zu ihn herauf blickte.
Konnte der Hexer die kleine Heuschrecke erkennen?
Der Zauberer öffnete den Mund und etwas flog aus ihm heraus.
Eine große, schwarze Raubwespe.
Entsetzt ergriff Magunga die Flucht.
Er hörte das Summen der Raubwespe hinter sich immer näher kommen,
wagte es jedoch nicht einen Blick zurück zu riskieren.
Wie lange die Jagd dauerte?
Später hätte Magunga es nicht mehr sagen können.
Als die Raubwespe ihn fast erreicht hatte,
kam er wieder bei Negehus Hütte an
und stürzte sich im letzten Augenblick herab.
Als Magunga wieder zur Besinnung kam,
lag er auf dem Strohlager von Negehus Hütte und war wieder ein Mensch.
` Was ist geschehen?´ , fragte der Jüngling erschrocken.
` Du hattes einen schlimmen Traum, aber jetzt ist er vorbei und alles wird wieder gut. ´, erklärte Negehu
und schickte ihm nach Hause. ´
" Ob Magunga nur einen bösen Traum hatte oder ob er ein Zauberabenteuer erlebt hat,
wer will das sagen?
Heißt es denn nicht, dass jeder Traum Wahrheit und alle Zauberei nur ein Traum sei?
Ach guter Mann, du meinst also wir wären besser dran,
wenn man alle Zauberer und Hexen auf unserer Ebene erschlagen würde.
Ich glaube du irrst dich,
denn nur wenige Zauberer sind so böse,
wie der Zauberer aus Okoa oder die berüchtigten Meister des ` Magischen Quadrates ´ in Westania.
Natürlich sind auch nur wenige so weise, wie die berühmte Zauberin Negehu oder die Zauberer aus Zha-Khyr in Sahuria.
Die meisten Zauberer sind viel menschlicher und manchmal auch dümmer, als sie uns glauben machen wollen,
darüber erzählte mir einst ein seltsamer Wanderer aus dem Reich Munukutu eine merkwürdige Geschichte. "
Uwe Vitz - 6. Feb, 19:17
Die Sechsberger auf der Insel des Großen Affen
" Wir alle kennen die Insel des Großen Affen. Sie liegt in der Meerenge von Munukutu und jeder der von der Westsee aus in die Innere See fährt, fährt vorbei an dieser Insel. Einst liebten sich dort der Vater Ra und die Mutter Nub, beide ritten auf je einen riesigen Elefanten. Die Mutter Nub kam von Süden, der Vater Ra ritt aus dem Norden heran. An den Klippen ließen beide ihre Reittiere stehen und flogen zu der Insel. Dort wurden sie von einem großen Affen bei ihrem Liebesspiel gestört. Seitdem muss dieser Affe dort sitzen und bis in alle Ewigkeit die Zahl Fünf rufen, da es der fünfte Tag der Woche war, als er Ra und Nub beobachtete. Die beiden Elefanten wurden von dem göttlichen Paar in Stein verwandelt, da sie am Ende der Zeit auf ihnen wieder reiten wollen, wenn sie sich erneut lieben. So steht auf den Felsen, auf beiden Seiten der Meerenge je ein steinerner Elefant. Auf der Insel jedoch sitzt der Große Affe und ruft die Zahl Fünf. So ist es und so wird es bis ans Ende aller Zeiten sein.
Nun kennen alle Bewohner Zarandas die Insel des Großen Affen und seine Legende, so lassen sie ihn in Ruhe. Aber auf den Kontinent Westania lebt das Zwergenvolk der Sechsberger und dieses geschäftstüchtige Völkchen lässt niemanden in Ruhe. Als die Sechsberger vor vielen Jahrhunderten nach Zaranda kamen, sah ihr Geschäftsführer die Insel des Großen Affen und erkannte, dass jeder der in die Innere See fährt, an dieser Insel vorbei fährt. Könnte es einen besseren Stützpunkt für ein Handelshaus geben? Er wurde ganz aufgeregt und befahl seinen Leuten, sofort auf der Insel zu landen und mit dem Bau eines Handelshauses zu beginnen.
Dies erfuhr ein Priester aus Munukutu. Er ruderte sofort mit seinen Boot herüber und forderte die Zwerge auf, die Insel so schnell wie möglich zu verlassen, da Sterbliche die Götter nicht versuchen dürften. Manch einer der Sechsberger wurde nachdenklich, aber dieser Geschäftsführer grinste nur unverschämt, wie es eben die Art der Sechsberger ist und sagte, dass er schon bessere Tricks von der Konkurrenz gewohnt sei, um die Errichtung eines Handelshauses zu verhindern. Der Priester bemühte sich vergeblich. Alles Mahnen und Warnen stieß bei diesen eitlen Zwerg auf taube Ohren. So kam es wie es kommen musste.
Kein Sterblicher fordert die Götter ungestraft heraus. Wenn sie jemand wirklich strafen wollen, so tun sie dass mit Lächerlichkeit. Wie wir alle wissen, ist der Große Affe wirklich ziemlich groß und kräftig. Er ist eben ein Prachtexemplar. Dies wissen aber nicht nur wir Menschen, sondern natürlich auch die Affen. Einst sind zwölf Affenweibchen immer wieder in das Boot eines Fischers aus Nubia gesprungen. Der gute Mann hat sie zuerst verscheucht, aber schließlich mochte er das Geschrei und den Ärger nicht mehr ertragen. Vielleicht hatte er auch ein bisschen Mitleid mit den verliebten Äffinnen. Jedenfalls fuhr er sie herüber zu der Insel. Aber dort erlebten die armen Affenweibchen eine harte Enttäuschung. Denn der Große Affe ist zwar ein großer und kräftiger Bursche, aber er sitzt nur den ganzen Tag auf seinen Platz und ruft immer seine Zahl. Eine Zeitlang saßen die Äffinnen um ihn herum und betrachteten ihn mit schmachtenden Blicken. Dann schrieen sie ihn an und schlugen sogar auf ihn ein. Doch er blieb nur sitzen und rief: ` Fünf ´. Die Affenweibchen versuchten es mit Unterwürfigkeitsgesten und Betteln. Doch der Große Affe blieb hart und rief: ` Fünf ! ´ . Da verzweifelten die armen Äffinnen schließlich. Es gab in Nubia in diesem Jahr viel mehr Affenweibchen als Affenmännchen, so dass die armen Äffinnen auch kaum Hoffnung hatten, auf dem Festland einen Partner zu finden.
Da kamen die Sechsberger und bauten ahnungslos in der Nähe des Affenlagers ihr Handelshaus. Nun hatten unsere Affenweibchen eine Riesensehnsucht nach Kindern, die leider bisher unerfüllt geblieben war. Unter den Sechsbergern waren auch Frauen und ein paar Kinder. Diese Kinder bekamen von ihren Eltern einen Spielplatz zugewiesen und dort überließ man sie sich selbst, weil ja allgemein bekannt ist, dass es auf der Insel des Großen Affen keine gefährlichen Raubtiere gibt. Doch kinderliebe Affenweibchen sind ja auch keine gefährlichen Raubtiere. Unsere Affenweibchen entdeckten die Kinder, griffen sich je eines von ihnen und verschwanden in den dichten Wald, der die Insel bedeckt. Jetzt sahen die entsetzten Zwerge, die Affen mit ihren Kindern in den Armen, auf den Baumwipfeln herumturnen. Da gab es viel Geschrei und böse Vorwürfe gegen den Geschäftsführer. Am Ende drohten die Sechsberger ihren Anführer, ihn mit einem Stein an den Füßen, in der Inneren See zu versenken.
Die Not des Geschäftsführers war nun wirklich groß. Eltern deren Kinder verschleppt werden, verstehen keinen Spaß. Verzweifelt versuchte er die Affen mit Bananen anzulocken. Dann wollte er sie mit einem Netz einfangen, er kaufte in Nubia dressirte Affenmännchen. Doch alles scheiterte. Irgendwie schienen die Weibchen an dressierten Männchen kein Interesse zu haben. Die Zwergeneltern verloren langsam auch die Geduld und der Geschäftsführer hatte guten Grund sich zu fürchten. So nahm er sich ein Boot und ruderte an die Küste von Munukutu. Dort suchte und fand er das Haus jenes Priesters, den er so lästerlich verhöhnt hatte. Trotzdem hatte der gute Mann Mitleid mit den Sechsbergern, als der Geschäftsführer ihm die Notlage geschildert hatte.
` Ich habe dich ja gewarnt. ´ sagte er. ` Jetzt müssen wir einen schwierigen Zauber anwenden, um die Kinder zu retten.´ Was blieb dem Geschäftsführer übrig? Er erklärte sich mit allem einverstanden. Der Priester gab in einen Zaubertrank und erklärte: ` Da diese Affen alle kinderlose Weibchen sind, sehnen sie sich nach Kindern. Es gibt nur eine Möglichkeit, eure Kinder zurück zu holen. Du musst dich diesen Affen anschließen und ihr Vertrauen gewinnen. Das klappt natürlich nur, wenn du selbst ein Affe wirst. Wenn du einen Schluck von diesen Zaubertrank nimmst, wirst zu zum Affen, noch ein Schluck und du bist wieder Zwerg. ´
Also bedankte sich unser Sechsberger bei den Priester, stieg in sein Boot und ruderte zu der Insel des Großen Affen zurück. Dort nahm er einen Schluck von dem Zaubertrank und kletterte flink zu den Affenweibchen, die auf den Bäumen saßen. So gesellte er sich zu den weiblichen Affen, von denen gerade jede einem Zwergenkind die Brust gab. Er gewann bald ihr Vertrauen, in dem er sie mit jenen Bananen fütterte, welche sie zuvor verschmäht hatten. Der Sechsberger lernte die Sprache der Affen und erfuhr, dass sie ihm alle heiraten wollten. So geschah es und nach einiger Zeit brachten die Affenweibchen zwölf Junge zur Welt und gaben den Zwergen die entführten Kinder zurück, da sie sich jetzt um ihren eigenen Nachwuchs kümmern mussten. Als sie an einen heißen Sommertag alle schliefen, lief der Geschäftsführer schnell davon, erreichte das sichere Handelshaus und nahm erleichtert einen Schluck von dem Zaubertrank, so dass er wieder Zwerg wurde.
Endlich konnte er sein normales Leben wieder aufnehmen. Aber nach einen Jahr kamen die Affen wieder und drohten die Kinder erneut zu rauben, wenn er nicht zu ihnen zurückehre. Was bleib dem armen Kerl übrig? Er nahm wieder Affengestalt an und kletterte zu ihnen auf die Bäume. Dies geschah noch mehrere Male und so entstand schließlich eine neue Rasse, die Affenberger. Diese affengesichtigen Zwerge verbinden den Eifer der Sechsberger, mit der Torheit der Affen. So beten sie den Großen Affen als Gott an und verehren die Zahl Fünf über allen anderen Zahlen. Immer predigen sie, dass die Macht der Fünf größer sei, als die der Sechs, obwohl dieser Unsinn allen Erfahrungen widerspricht. Außerdem behaupten sie nicht von den Sechsbergern, sondern von dem Großen Affen ab zu stammen. Dies, wo doch jeder weiß, dass der Große Affe nur auf seinen Platz sitzt und ` Fünf ´ ruft. So ist jener törichte Geschäftsführer zum Stammvater eines Volkes von Toren geworden. "
" Ja, so erzählt man es sich von den Sechsbergern auf der Insel des Großen Affen. Ach, diese Geschichte gefällt dir nicht, Kleiner? Wenn dir schon bekannte Geschichten nicht gefallen, Sechsberger, solltes du nicht so misstrauisch gegen Unbekannte sein. Ah, der Palmwein ist vorzüglich, gute Frau. Doch was hast du, wieso schaust du so traurig aus? Ach, dein Nachbar hat dich wegen Hexerei verklagt? Du bist angeblich schuld daran, dass sein dritter Sohn Zahnschmerzen hat, weil du den bösen Blick hast? Bist du denn eine Hexe? Nein, wie schade. Die meisten Leute, die ihre Nachbarin Hexe nennen, wissen überhaupt nicht, wie viel eine Hexe sein kann. Wenn ich zu Ende gegessen habe, werde ich euch die Geschichte der Hexe Negehu erzählen. "
Uwe Vitz - 6. Feb, 19:16
Die Ebene der Sechs Türme
Uwe Vitz
Odbays Erzählungen
( Nach afrikanischen Märchen und Mythen)
Bibliographie: Fischer-Taschenbuch-Verlag, Friedrich Becker: Afrikanische Märchen
Heyne, Jan Knappert, Lexikon der afrikanischen Mythologie
Weltbild Verlag, Märchen der Völker: Afrika
" INDABA! Kommt zusammen und hört zu, ihr Leute aus Nuka.
Odbay ist wieder einmal zu euch gekommen, um euch Neuigkeiten aus der Ebene zu berichten
und euch mit alten Sagen zu ermahnen, die Tabus und die heiligen Gesetze zu achten.
Viel habe ich euch zu berichten.
Manch Seltsames und Wunderbares habe ich gehört und gesehen.
Oh, womit soll ich nur anfangen, meine Freunde?
Gewiss habt ihr schon von der unglücklichen Prinzessin Nwamaka gehört.
Die Trommeln haben euch von ihr berichtet, trotzdem sehe ich Neugier in euren Augen.
Ja, von Dorf zu Dorf und Trommel zu Trommel wurde die Geschichte immer ein bißchen verändert.
Aber ich kann euch die Geschichte erzählen, so wie sie mir die Zofe der schönen Prinzessin Nwamaka berichtete.
Bei Ra und Nub, ich will euch die Geschichte erzählen, so wie sie mir von ihr berichtet wurde.
Kein Wort werde ich fort lassen und kein Wort hinzufügen. Sowahr ich Odbay heiße. "
Die unglückliche Prinzessin Nwamaka
" Einst lebten in Zaranda die Kinder der Sterne,
bis Mutter Nub und Vater Ra, sie mit dem großen Feuer Muatamkulo zerstörten.
Die Sternenkinder waren vollkommen.
Sie kannten weder Hass,
Angst, Verlangen noch Lust.
Nun waren die Sternenkinder große Magier und forschten nach Dingen,
die den Menschen verboten sind.
Sie erschufen sich künstliche Wesen und wollten auf andere Ebenen der Würfelwelt vordringen.
Auch nach ihrer Vernichtung blieben die künstlichen Wesen und seltsamen Geräte der Sternenkinder auf dieser Ebene zurück.
Diese Wesen flohen aus dem verwüsteten Gebiet, wo die Sternenkinder vernichtet worden waren.
Noch immer nennt man es, das ` Dunkle Land´.
Die Wesen leben heute in dem verwunschenen Reich Munukutu.
Über sie herrscht der Gehörnte Kaiser, dessen wahres Angesicht niemand kennt.
Das Reich Munukuto umfaßt beinahe die gesamte Nordhälfte Zarandas.
Nun liegt hier im Süden auch das Land Sabhal, welches man das Königreich der Frauen nennt.
Dort versammelten sich vor einigen Wochen die edelsten Prinzen aus allen Ländern dieser Ebene,
um um die Hand der schönen, aber sehr eigensinnigen Prinzessin Nwamaka anzuhalten.
Die Königin von Sabhal hatte es überall verbreiten lassen, dass ihre Tochter heiraten würde.
Für viele jüngere Brüder von Kronprinzen, ist es eine verlockende Idee,
an der Seite einer mächtigen Königin über ein großes Reich zu herrschen.
Verlockender als von seinem älteren Bruder,
nach dessen Krönung getötet zu werden,
wie es zum Wohle des Reiches in vielen Ländern geschieht.
So drängten sich die jungen Prinzen in den Palast der Königin.
Und bei Mutter Nub, Nwamaka ist eine Schönheit.
Ihre Haut, schwarz wie das Ebenholz, ihre kräftigen roten Lippen, ihre süße Nase und die dunklen Augen
können jeden Mann um den Verstand bringen.
Ja, ich habe die Prinzessin selbst gesehen, als ich die Freier mit alten Legenden unterhielt.
Doch oh weh, die stolze Prinzessin sah mit peinlicher Gleichgültigkeit auf die Freier herab.
` Geliebte Tochter ´, mahnte Königin Makana. ` Denke an deine Pflichten gegenüber unserem Volk. ´
` Ich denke an meine Pflicht.´ , sagte die Prinzessin spöttisch.
` Keiner dieser armen Tölpel wäre dem Volk von Sabhal als Prinzgemahl zuzumuten. ´
` Du denkst an niemanden, nur an dich selbst und deine Wunschträume. ´, rief die Königin verzweifelt.
Es war der letzte Tag des Festes, die meisten Prinzen waren schon wieder abgereist und
die enttäuschte Königin hatte jede Hoffnung auf einen Ehemann, für ihre störrische Tochter aufgegeben.
Die Königin war so wütend über die ungehorsame Tochter, dass sie sich selbst einen Tag lang einschloss,
um ihren Ärger zu verarbeiten.
An diesen Tag fuhr ein seltsames Schiff über die Innere See und landete an der Küste Sabhals.
Es hatte weder Segel noch Ruder und ein seltsam großer runder Kopf als Galeonsfigur,
sollte wohl eine Art Schlange oder Fisch darstellen.
Niemals zuvor hatte jemand in Sabhal ein solches Schiff gesehen.
Natürlich versammelte sich rasch eine große Anzahl von Schaulustigen.
Plötzlich wurde eine Treppe vom Rumpf des Schiffes herab gelassen.
Ein wunderschöner Jüngling stieg diese Treppe herab.
Ihn folgten sechs Diener, von denen jeder so gekleidet war als wäre er selbst ein König.
Jeder dieser Diener trug eine Schale mit Gold und Edelsteinen.
Der Jüngling teilte den Leuten mit, dass er ein König aus Munukutu sei und sie
ihm zum Palast der Königin geleiten sollten, wo er um die Hand der Prinzessin anhalten wolle.
So wie er es gewünscht hatte geschah es.
Die Prinzessin war entzückt von seiner vornehmen Art und den kostbaren Geschenken.
` Ich bin ein König aus dem Reich Munukutu, allerschönste Nwamaka.
Wenn du mich heiratest, wirst du in einem Schloß aus reinen Gold wohnen und von goldenen Tellern essen.
´ ` Ich würde dich gerne heiraten. ´ , sprach die Prinzessin.
` Aber meine Mutter sucht einen Prinzgemahl, der mit mir über Sabhal herrschen soll,
wenn du schon König in Munukutu bist, kannst du gewiß nicht immer hier in Sabhal sein. ´
` Deine Mutter wird bestimmt noch einige Jahre ihr Reich regieren können. ´, erwiederte der fremde Jüngling.
` Wenn sie einmal sterben sollte, werden wir schon große Söhne haben,
die dann an meiner Stelle über mein kleines Königreich in Munukutu herrschen können.
Außerdem achtet der Gehörnte Kaiser ja darauf, dass alles seine Ordnung in Munukutu hat.
So wird es wohl keine Probleme geben, wenn wir viele Jahre später, als Königin und Prinzgemahl nach Sabhal zurückehren. ´ Schon hatte Nwamaka keine Bedenken mehr den unbekannten König zu heiraten.
Sofort schickte sie einen Diener mit der guten Botschaft zu ihrer Mutter.
Die Königin war glücklich über diese Nachricht und begab sich zusammen mit ihren Ehegatten in den großen Festsaal des Palastes.
Erstaunt sah sie den fremden Jüngling neben ihrer Tochter ,
etwas Unheimliches ging von ihm aus
. Sicher er sah prächtig aus, durchaus einer Königin würdig und doch war da etwas Unmenschliches in seiner Art
sich zu bewegen und zu sprechen.
Da bat der König aus Munukutu auch schon feierlich um die Hand der Prinzessin.
Die Königin erbat sich einen Tag Bedenkzeit, denn sie erschrack sehr, als sie auch noch hörte,
dass der Jüngling aus Munukutu stamme.
Sie zog sich mit ihren Ehemann in ihre Gemächer zurück, um sich zu beraten.
` Ich bin über die Wahl unserer Tochter ganz und gar nicht glücklich ´, sagte die Königin zu ihren Gatten.
` Auch ich fürchte um unsere Tochter. ´, antwortete der Prinzgemahl.
` Denn heißt es nicht, dass die Bewohner Munuktus nicht vom großen Lebensbaum abstammen?
Sie sollen doch ganz anders sein, als alle anderen Völker der Ebene.
Wie soll sich unsere Tochter nur bei ihnen zu recht finden? ´
So flehten die Eltern schließlich ihre Tochter an,
auf diese Heirat zu verzichten.
Nwamaka war jedoch fest entschlossen, auch gegen den Willen ihrer Eltern,
den fremden Mann zu heiraten.
Sie drohte sogar damit, sich umzubringen, wenn sie den König aus Munukutu nicht heiraten könne.
Das königliche Paar erschrack heftig, üb
er den Starrsinn seiner Tochter und willigte schweren Herzens
in die Hochzeit ein. Der Sohn Nubs überquerte den Himmel und versankt hinter dem Nordrand unserer Ebene,
die Tochter Ras stieg hinter dem Westrand empor und schon wurde die Hochzeit mit großen Prunkt gefeiert.
Während Nwamaka vor Glück strahlte, sah man unter den Gästen, die traurigen Gesichter derer,
die die Prinzessin abgewiesen hatte.
Kaum war das Hochzeitsritual von der Hohen Priesterin vollzogen,
da nahmen die Prinzessin und ihr Gemahl auch schon Abschied von den besorgten Eltern.
Ihr Gemahl führte sie zu seinem seltsamen Schiff.
Sein Gefolge und ihre Zofe kletterten nach den beiden an Bord.
Lautlos legte das Schiff ab und fuhr über die Innere See Richtung Munukutu davon.
Ehrfurchtsvoll bildeten die Diener ein Spalier, während der König mit seiner Braut auf dem Vorderdeck stand.
` Wo ist dennn der Rest der Besatzung? ´ , fragte Nwamaka erstaunt.
` Unsere Schiffe brauchen keine Besatzung, Diener zu unserem persönlichen Wohl reichen aus. ´ , antwortete der König.
Etwas in seiner Stimme ließ Nwamaka erschauern. In dieser Nacht, als sie neben ihn lag, in der königlichen Kabine, fühlte sie,
als er in sie eindrang, wie kalt und glitschig sein Körper war.
Nwamaka schrie und der König gab einen seltsamen, unmenschlichen Laut von sich, ehe er von ihren Körper abrutschte.
Am nächsten Morgen war die Prinzessin sehr verstört, während ihr Bräutigam, sie mit einem seltsamen Lächeln empfing.
` Wollen wir zusammen speisen? ´ , fragte er das unglückliche Mädchen.
` Gerne Liebster. ´ , sagte sie.
Da trug ihr ein Diener eine goldene Schale voller Fliegenlarven vor die Nase.
Nwamaka schrie vor Ekel auf, doch der König lächelte nur und schüttelte in sanften Tadel seinen schönen Kopf,
ehe er mit seiner entsetzlich langen Zunge, die plötzlich aus seinen Mund schoß; die Larven rasch vertilgte.."
" Ja, so erzählt man es sich in Sabhal, denn so berichtete es die Zofe,
welche der König mit dem nächsten Schiff aus Munukutu zurück schickte.
Die Weisen berichten uns, dass es in Munukutu sowohl menschliche als auch nichtmenschliche Königreiche gibt.
Die bekanntesten Reiche sind die der Schlangenanbeter, der Krokodilmenschen, der Löwenmenschen,
der Hyänenmenschen, der Leopardenmenschen und der Froschmenschen.
Die Froschmenschen leben in der Namenlosen Stadt.
Seit Jahrhunderten haben sie sich nicht mehr um den Rest der Ebene gekümmert,
aber wer weiß?
Vielleicht hat der Gehörnte Kaiser dem König der Froschmenschen befohlen,
die Prinzessin für ihren Stolz zu bestrafen.
Aber auch ein so eifriger Erzähler wie ich wird hungrig.
Bringt mir doch etwas Brot, ein bisschen Ziegenkäse und ein wenig Palmwein,
wenn ihr wollt, dass ich eure Großzügigkeit in allen Dörfern Zarandas verbreite.
Ja, selbst vor den Bewohnern Munukutus werde ich ein Loblied auf euch singen.
Ha, was sagst du da, du mickriger Sechsberger?
Du wirst mir nichts geben?
Weil du die Geschichte noch nie zuvor von jemand anderen gehört hast?
Ach, du glaubst also nur was du mindestens sechsmal gehört hast?
So soll fünfmal ein armer Erzähler verhungern, nur wegen deines Unglaubens?
Aber auch dich kann ich zufrieden stellen. Ich werde dir eine Geschichte erzählen,
die du und alle anderen schon mindestens sechsmal gehört haben
und doch ist es eine jener Geschichten, die man immer wieder gerne hört.
Und du Sechsberger kannst aus ihr lernen, wozu übermäßiger Geiz und Unglauben führen. "
Uwe Vitz - 6. Feb, 19:13
Die Höhle des Glücks
von Daniel von Euw
(Die Ebene der Sechs Türme)
Es gibt eine Legende die im Südosten der Ebene der Sechs Türme fast jedem bekannt ist. Ob Greis, ob Kind kaum einer kann sich ihrem Zauber entziehen. Doch kommen wir nun zu der Legende - der Legende um die Höhle des Glücks.
Seit uralten Zeiten tauchte diese in den Mythen der Bevölkerung Sahuria’s immer wieder auf. Es hieß wer immer die Höhle, die tief in der Wüste der Djinns liegen soll, beträte würde Reichtum, Ansehen, Gesundheit und Glück finden. Viele hatten schon versucht sie zu aufzuspüren - Händler, Abenteurer, Fürsten und Bettler. Keiner von ihnen wurde jedoch jemals wieder gesehen.
Er war schon lange unterwegs. Tage oder sogar Wochen - er wußte es nicht mehr. Die Sonne brannte heiß in der einsamen Wüste und dabei war die zweite noch nicht einmal aufgegangen. Er war verzweifelt und wünschte er hätte sich nie auf die Suche gemacht - auf die Suche nach einer Höhle die sicher nur eine Legende war. Als er den letzten Schluck Wasser aus seinem Schlauch trank dachte er an seine Familie und seine Freunde die ihn sicher niemals wiedersehen würden - in dieser Gegend lebte kein Mensch, gab es kein Wasser und auch sein Essensvorrat ging zu Ende. Längst hatte er den Punkt erreicht, an dem eine Umkehr sinnlos geworden war. Vor ihm erstreckte sich die endlose Weite der Wüste. Während er mit gesengtem Haupt seinen Weg fortsetzte, erinnerte er sich daran, wie alles begonnen hatte.
Er wohnte in dem kleinen Dorf Armentrutz in dem Kalifenreich Zarany, dem östlichsten Reich von Sahuria. Dieses lag am Rand der großen Wüste der Djinns, einer der geheimnisvollen und tödlichsten Regionen auf der Ebene der 6 Türmen. Es hieß wer die Wüste einmal betreten hätte käme nicht mehr lebend zurück - wenn ihm die Strapazen in der Wüste nicht zum Verhängnis würden, würde er von den Djinns in den Tod geführt.
In seinem Dorf wurde er von allen nur Tollpatsch genannt - seinen richtigen Name wußte keiner. Man fand ihn als Baby in einer Gewitternacht auf dem Dorfplatz. Er wurde von einer Familie zur nächsten gegeben ohne ein Heim zu finden. Niemand machte sich die Mühe ihm etwas bei zubringen da sein Verstand langsam und er mit zwei linken Händen zur Welt gekommen war. Umso erstaunlicher ist es das er bei den Kindern des Dorfes sehr beliebt war. Sie erkannten schnell den aufrichtigen und treuen Kameraden in ihm. So vergingen die Jahre er wuchs heran, verliebte sich und heiratete. Obwohl sie in ärmlichen Verhältnissen lebten da er für keine richtige Arbeit zu gebrauchen war, waren sie nichts desto trotz glücklich. Seine Spielkameraden die mittlerweile alle verheiratet waren und es im Dorf zu etwas gebracht hatten vergaßen ihre Freundschaft zu ihm nicht, gaben ihm hin und wieder etwas zu tun und halfen dem Paar aus mancher Not. Dann eines Tages war es soweit - seine Frau war schwanger. Er war glücklich wie nie und feierte mit seinen Freunden drei Tage lang. Doch je mehr die Schwangerschaft fortschritt desto öfters schlichen sich trübe Gedanken in seinen einfachen Verstand. Er dachte an all die Sachen die sein Sohn entbehren würde. Ihm selbst machte es nicht soviel aus und auch seine Frau war zufrieden mit ihrem Leben. Aber sein Sohn - ja Sohn, das er eine Tochter bekommen könnte kam ihm gar nicht in den Sinn, sollte es besser haben. Dieser Gedanke setzte sich in seinem Hirn fest und hielt ihn lange Nächte wach während er über eine Lösung grübelte. Da erinnerte er sich an seine Kindheit: An die Legende über die Höhle des Glücks einer Höhle tief in der großen Wüste. Viele waren aufgebrochen sie zu finden, niemand kam jedoch zurück. Reichtum, Ansehen, Gesundheit und Glück versprach sie demjenigen der sie reinen Herzens suchen würde. Nur er würde sie finden - alle andern wären dem Tode geweiht. Ihm selbst lag nicht soviel an Ansehen und Reichtum. Gesund und glücklich war er schon - kein Wunder bei dieser Frau. Aber da dachte er wieder an seinen Sohn, das er es besser haben sollte und seine Frau - ja auch sie hatte etwas Wohlstand verdient. So entschloß er sich auf die Suche nach der Höhle zu machen. Seine Frau und seine Freunde versuchten ihn davon abzuhalten. Sie sagten: „Du läufst in dein Unglück“, „Keiner hat es je geschafft“, „Wir schaffen es auch so“. Sein ältester Freund warnte: „Die Höhle ist vermutlich nur eine Legende und falls es sie dennoch gibt wirst du sie nicht lebend erreichen. Die Entbehrungen der Wüste und die Djinns sind deine Todfeinde.“
Sie hatten recht gehabt dachte Tollpatsch. Doch er hatte ja nicht auf ihre Warnungen hören wollen. Nach einem tränenreichen Abschied war er aufgebrochen mit dem festen Vorsatz die Höhle zu finden. Und was hatte er davon. Je weiter er in den nächsten Tagen in die Wüste eindrang desto heißer wurde es. Langsam wurde ihm klar warum man die Wüste auch die Wüste des Teufels nannte. Er war am Rande der Erschöpfung - Wasser hatte er schon, wie es ihm vorkam, seit Tagen nicht mehr, sein Essensvorrat war auch aufgebraucht und die Hitze lähmte seine Glieder. Der Abend brach schon herein und er war sicher, daß er die Nacht nicht überleben würde. Da entdeckte er in einer Düne einen Felsen der von dem Wind freigelegt worden war. Mit letzter Kraft taumelte er auf ihn zu und entdeckte eine enge Spalte in ihm. Als er sich hinein zwängte erkannte er, daß er sich in einer großen Höhle befand. Durch den engen Eingang sickerte das letzte verbliebene Tageslicht, so das er gerade noch einen feinen Nebel in Bodennähe erkennen konnte. Er stutze - wie kam ein Nebel in eine Höhle in einer Wüste - war er und die Höhle eine Illusion, oder sollte es sich etwa um die .... Total erschöpft brach er zusammen und seine Gedanken verschwammen. Er lag ausgestreckt auf dem Höhlenboden fast ganz vom Nebel bedeckt.
60 Jahre später. In einer gemütlich eingerichtete Hafenkneipe saß ein alter Mann vor einem Kamin in dem ein munteres Feuer brannte. Er erzählte seiner Zuhörerschaft eine Geschichte, eine wahre Geschichte wie er betonte.
„Ich war im besten Alter so etwa Mitte 20, als ich in einem Wald auf Bra-Ö, der westlichsten Insel der Thun-Isles spazieren ging - einem Wald der als der Wald der Namenlosen bekannt ist. Man sagt, in ihm würden seit Urzeiten immer mal wieder Leute ohne Gedächtnis auf gelesen, die niemand vorher je gesehen hätte. Als ich nun in Gedanken versunken durch den Wald schlenderte und mich über diese Legende belustigte, hörte ich plötzlich ein entferntes Stöhnen. Ich folgte ihm mit einem etwas seltsamen Gefühl im Magen und stieß auf einen jungen Mann in meinem Alter der sich gerade vom Waldboden erhob. Er schaute sich verwirrt und unsicher um. Als er mich erblickte zuckte er leicht zusammen. Und ob ihr es mir glaubt oder nicht, er wußte weder wo er war noch wo er herkam oder wer er war. Ich begleitete ihn ins Dorf, in dem er eine Zeit blieb bevor er aufbrach um sein Glück in der Ferne zu finden. Ihr meint hier endet die Geschichte? Weit gefehlt! Ihr kennt doch meinen guten Freund, den besten Goldschmied in der Stadt. Ja, ja - der alte Tepesch genau der. Ob ihr es mir glaubt oder nicht - als ich vor etwa 20 Jahren in diese Stadt kam, traf ich ihn wieder den jungen Mann von damals - er war zu einem der angesehensten Bürger der Stadt geworden, hatte die bezaubernde Tochter des Bürgermeisters geheiratet mit der er bis heute glücklich zusammen lebt. Und was vielleicht das seltsamste ist: Er war noch nie bei einem Arzt. Ihr denkt das ist nur Zufall, warum mache ich so einen Wirbel darum? Nun das kann ich Euch sagen - es liegt an der Legende über den Wald der Namenlosen: in ihr heißt es nämlich das alle Leute die in ihm gefunden wurden, in der Ferne ihr Glück gemacht hätten, sie hätten es zu Reichtum, Ansehen, Gesundheit und Glück gebracht.
Und so war der alte Ulvang dafür verantwortlich, daß die Legende über den Wald der Namenlosen fast auf alle Inseln der Ebene Isbrytt’Arhe verbreitet wurde.
Ende
c. by Daniel von Euw
Niemals wurde er wiedergesehen. Noch lange nach seinem Verschwinden rätselten die Menschen in der Umgebung was mit ihm passiert sei. Sie erfuhren es nie und so wurde er zum Teil der Legende - der Legende der Höhle des Glücks.
Ende des 1. Teils
c. by Daniel von Euw
Uwe Vitz - 5. Feb, 04:10
(Die Ebene der Sechs Türme)
Der Gärtner und die Liebenden
von Uwe Vitz
Die Hauptstadt des Kalifenreich von Zarany ist Zaran, die Stadt der Träume. Viele Geschichten erzählt man sich über Zaran. Einige berichten auch über den Park von Zaran, den man auch den ` Garten der Verliebten ´ nennt, denn in ihm treffen sich heimlich die Liebespaare von Zaran.
Dort trafen sich eines Nachts auch die schöne Sahja, die Tochter des fünften Wesirs und der nette Bajan, der Sohn des Bäckers. Aber da die Liebe zwischen der Tochter des fünften Wesirs und dem Sohn eines Bäckers im Kalifenreich niemals geduldet würde, hatte Sahja eine kleine Flasche mit tödlichen Gift dabei. Die Liebenden wollten sterben, damit sie niemand mehr trennen könne.
“ Oh Sahja, ewig wird unser Glück dauern. “flüsterte Bajan.
“ Oh Bajan, unser Glück muß ewig dauern. “ hauchte Sahja.
Mit zitternden Fingern öffnete Sahja die Flasche.
“ Was macht ihr Kinder hier, zu so später Stunde? “, fragte da eine barsche Stimme.
Beide fuhren erschrocken herum. Ein grauhaariger, bärtiger, alter Mann in schmutzigen Gewändern stand vor ihnen, beide hatten sie ihn nicht bemerkt.
“ Wer bist du? “ fragte Bajan erschrocken.
“ Ich bin der Gärtner, der für diesen Park verantwortlich ist. Also was wollt ihr hier? “
“ Für unsere Liebe sterben. “
“ Ach die Jugend. “ seufzte der Gärtner. “ Sie hat ihr ganzes Leben noch vor sich und wirft es doch so oft einfach achtlos fort. “
“ Willst du versuchen uns mit Gewalt aufzuhalten? “, fragte Bajan herausfordernd.
“ Blödsinn. “, antwortete der Gärtner. “ Man kann niemanden mit Gewalt zwingen zu leben, aber ich kann euch etwas vom Leben und der Liebe erzählen. “
“ Was weiß so ein Gärtner schon vom Leben? “
“ Ein Gärtner sieht das Leben wachsen, sieht es gedeihen und sterben. Oh ein Gärtner weiß mehr über das Leben als viele Gelehrte. “
“ Dann erzähle es uns. “
“ Gut, ich will beginnen. So hört die Legende. “
“ Der stolze Krieger und die Liebe
Im ganzen Kalifenreich gab es niemanden, der es mit Harkim dem stolzen Krieger aufnehmen konnte. Niemand warf den Speer so weit wie er. Keiner war so geschickt mit dem Schwert und er war gewiß auch der Mutigste. Dieser Held hatte natürlich die schönste Frau, die wunderschöne Talah. Bald schon war sie die stolze Mutter einer gesunden Tochter. Harkim war als wahrer Held pausenlos unterwegs um Abenteuer zu bestehen. Er war der größte Held seiner Zeit. Immer zur Stelle wenn es darum ging die Gläubigen Ra´s´vor heidnischen Barbaren zu schützen. Dabei bekam er es oft genug auch mit dunklen Magiern, Dämonen, Drachen und Hexen zu tun. Doch Harkim blieb immer Sieger. Aber eines Tages verschwanden seine Frau und seine Tochter spurlos. Ruhelos suchte Harkim sie überall auf dieser Ebene. Er reiste durch die damals wilden Länder Westanias, er wagte sich bis in das Reich der Drachen in Mongia. Wanderte durch Ramala und Zaranda. Nirgends gab es eine Spur von den beiden. So kehrte er nach Sahuria zurück und ritt zur Festung der Hexenkönigin Lylath, seiner schlimmsten Feindin.
` Lylath gib mir meine Liebsten ´ schrie er und schwang seinen Säbel drohend.
Lylath jedoch blickte aus ihrer Festung heraus und antwortete spöttisch: ` Wie soll ich dir geben, was du immer hattest und immer haben wirst? ´
` Was meinst du Hexenkönigin? ´
` Reiße dein Haus ein, tapferer Recke und siehe mutig die Wahrheit. Möge dir dein Gott Ra bei stehen ´, rief Lylath dann verschloß sie das Fenster wieder. So ritt Harkim zurück nach Zaran um sein Haus einzureißen, wie die Hexenkönigin es gesagt hatte. Hinter einer neuen Wand im Keller, fand er seine Frau und seine Tochter, so wie auch seine Erinnerung wieder. Zalah hatte sich einsam gefühlt, in all den Jahren. So hatte sie ihm gebeten in eine Scheidung ein zu willigen, da sie sich einen neuen Liebsten suchen wollte. Rasend vor Zorn hatte er sie und seine Tochter getötet und die Leichen hinter der Wand verborgen. Die Tat war so furchtbar, daß er die Erinnerung verdrängen mußte, um seinen Verstand zu retten. Jetzt jedoch kam mit der Erinnerung auch der Wahnsinn herbei. Harkim war bis zu seiner Hinrichtung als Mörder, nur noch ein schreiender und heulender Wahnsinniger. .”
“ Was für eine furchtbare Geschichte. “; sagte Sahja erschrocken.
“ Harkim glaubte, er könne mit Hilfe des Todes die Liebe unsterblich machen. Es war ein großer Irrtum. “, meinte der Gärtner leise.
“ Wir sind beide damit einverstanden zu sterben. “, erklärte Bajan entschlossen.
“ So seid ihr beide wahnsinnig. “, erwiderte der Gärtner. “ Ach ihr habt nichts aus der Geschichte gelernt. Begreift doch Kinder, das Leben ist zu kostbar um es fort zu werfen, man muß jede Sekunde davon behandeln, wie einen kostbaren Schatz. Ich will euch eine andere Geschichte erzählen, damit ihr begreift. “
“ Der Schatzsucher und der Kostbarste aller Schätze
Man nannte ihm nur Gräber-Yush. Sein wahrer Name war Yushua. Aber er trug den Spitznamen wie einen Ehrentitel. Wenn es irgendein Geheimnis zu lüften gab, war Gräber-Yush der richtige Mann. Er legte sich sogar öfters mit Sindbad dem Seeräuber an und überlebte dies sogar. Yushua kletterte in alter Gräber, kämpfte mit Piraten, Schurken und Magiern und vieles was wir heute über die Alten Völker wissen, verdanken wir ihn. Aber er fand doch nirgendwo Ruhe und Frieden. Bis er auf der Suche nach einem legendären Schwert, das geheime Grab eines alten Kriegers fand. Als er jedoch nach den Schwert griff, erschien ihm der Geist des alten Kriegers. Aber Yushua war ein furchtloser Mann und sagte: ` Sei gegrüßt Geist, ich will dein Schwert nicht aus Habgier sondern aus Neugier, denn nur durch die Reste der Vergangenheit, können wir lernen und so eine bessere Zukunft gewinnen.´
` Ach wozu willst du lernen? ´, fragte der Geist. ` Du lebst doch nur in der Vergangenheit.
Sag mir Gräber-Yush, wann hast du dich zum letzten mal um deine Familie gekümmert? Weißt du überhaupt wie alt dein Sohn ist? ´
` Ich führe das Leben eines Entdeckers, da bleibt eben keine Zeit für so etwas.´
` Dinge um die man sich nicht kümmert, verliert man am Ende. Mir ging es so und deshalb nahm ich mir selbst das Leben. ´, berichtete der Geist und verschwand wieder. Zurück blieb Yushua, dem das legendäre Schwert auf einmal gar nicht mehr so wertvoll schien. “
“ Und hat er sich geändert? “, fragte Sahja. “ Weshalb willst du das wissen, hast du denn selbst etwas aus der Geschichte gelernt? “ , erwiderte der Gärtner. “ Uns kannst du nicht mit diesen Mann vergleichen. “, rief Bajan erzürnt. “ Wir handeln doch nur aus Liebe, wir leben und sterben für sie. “ “ Liebe ist wunderschön wenn man für sie lebt, doch verschwendet, wenn Narren ihretwegen sterben. “, meinte der Gärtner. “ Vielleicht lehrt euch dies endlich die folgende Geschichte. “
“ Der Dieb und die Hexe
Ich habe euch bereits von Lylath der Hexenkönigin erzählt, sie war die große Gegenspielerin des Helden Harkim. Sie war keine böse Frau, aber sie hielt den alten Göttern die Treue und versuchte die Ausbreitung des Glaubens an Ra als einzigen Gott zu behindern. Sie kannte viele Geheimnisse aus alten Zeiten. Zu viele vielleicht, deswegen wollte sie wohl die neuen Zeiten verhindern. Immer wieder kämpfte sie deshalb mit Harkim, doch es ist auch überliefert, daß sich die beiden bei jeden Treffen mit gegenseitiger Achtung behandelten. In ihrer Festung hatte Lylath viele Schätze zusammen getragen, zu Ehren der alten Götter. Nun lebte damals auch Makahr, der zu seiner Zeit der Größte unter den Dieben war. Markahr beschloß in die Festung einzudringen und einige der wertvollen Schätze zu stehlen. Aber natürlich überraschte ihn Lylath und nahm den Dieb mit ihren magischen Kräften gefangen. Nach einer Nacht in ihrem Kerker ließ die Hexenkönigin Markahr wieder frei. Doch es war schon zu spät.
“ O Hexenkönigin, seit dem ich dich gesehen habe liebe ich dich. Laß mich bei dir bleiben. “ sprach der Dieb. “ Da du meine Schätze nicht stehlen konntest willst du jetzt mein Herz stehlen, hältst du mich für so dumm? “ sagte die Hexenkönigin.
“ Ich liebe dich wirklich! “ rief der Dieb und versuchte es fort an immer wieder zu beweisen. Er raubte Schätze, nur um sie ihr zu schenken. Markahr kämpfte mit Harkim und wurde dabei natürlich furchtbar verprügelt. Der unglückliche Dieb versuchte sogar einen Drachen zu bestehlen, was bekanntlich sicherer Selbstmord ist. Und als sie sein Flehen immer noch nicht erhörte, da tötete der arme Markahr sich selbst, aus Liebe zu ihr. Ob Lylath eine Träne für ihren unglücklichen Verehrer vergos ? Oder war er ihr wirklich immer gleichgültig? Können Hexen die Liebe beherrschen oder werden sie von der Liebe beherrscht? Beherrschen wir die Liebe? “
“ Niemand beherrscht die Liebe. “, antwortete Bajan nachdenklich. “ Dieser Dieb war ein Narr. Wie kann man nur eine Hexe lieben? “
“ Er war ein Liebender und wie alle Liebenden, ein Narr. “, sagte der Gärtner sanft. “ Aber nur für die Lebenden hat die Liebe wirklich Sinn. Darum müssen die Lebenden die Liebe suchen und nicht den Tod. Laßt mich euch noch eine Geschichte erzählen. “
“ Die Priesterin und der Söldner
Wie ihr wißt ist Rahyzar die Hauptstadt des Reiches Rah. Die Legende berrichtet, daß Ra einst einen Stern vom Himmel holte um diese Stadt zu erschaffen. Rahyzar hat die Form eines sechseckigen Sterns und an jeder Ecke befindet sich ein Turm in einer anderen Farbe. Diese sechs den Rahiten heiligen Farben sind Schwarz, Weiß, Rot, Grün, Blau und Gelb. Nun haben die grünen Rahiten eine Hohe Priesterin welche ihnen die Lehren Salemons verkündet. Jede Farbe hat ihre eigenen Anhänger und ihren eigenen Hohe Priester. Eines Tages ritt ein Söldner nach Rahyzar. Er war ein Abenteurer, ein heimatloser Raufbold, welcher ruhelos über die Ebene der Sechs Türme reiste. Immer auf der Suche nach neuen Abenteuern oder auf der Flucht vor Kopfgeldjägern, welche ihn wegen irgendwelcher Verbrechen suchten. Dieser Mann entschied sich nun sich einen der Kulte der Rahiten anzuschließen. Vielleicht um einen Verfolger abzuschütteln. Aber vielleicht auch um endlich etwas Ruhe zu finden. Der Söldner schloß sich den grünen Rahiten an. Er hörte die Predigt der Hohe Priesterin und sie gefiel ihn. Bald hörte er jede ihrer Predigten und auch ihr fiel der Mann mit den glühenden Augen unter den Gläubigen auf. Endlich wagte er es sie zu besuchen.
` Hohe Priesterin, ich bin ein Mann der viele Abenteuer schon bestanden hat, ich kenne das Leben und war schon überall auf dieser Ebene. Laß dein Amt Amt sein und folge mir. Ich liebe dich und kann ohne dich nicht mehr leben und ich spüre an der Art wie du mich ansiehst, du erwiderst meine Gefühle. ´
` Ich bin die Hohe Priesterin der grünen Rahiten. Niemals darf ich meine Pflicht vergessen, gehe oder ich rufe die Wachen.´
` Rufe die Wachen nicht, denn sie würden mich nur fort zerren und nicht töten, nimm meinen Dolch und entscheide, folge mir oder töte mich. ´, sagte der Söldner entschlossen und gab ihr seinen großen Dolch. Natürlich tötete sie ihn dann. “
“ Was war das für eine Liebesgeschichte? “, fragte Bajan empört. “ Natürlich tötete sie ihn, wie grausam! “
“ Ach Junge. “, sagte der Gärtner. “ Er wollte Liebe oder den Tod. Wenn er ihr mehr Zeit gegeben hätte, sich mehr um ihre Liebe bemüht hätte, vielleicht wäre sie ihn dann gefolgt. Aber er wollte alles sofort. Er war zu ungeduldig. So zwang er sie dazu mit dem Dolch zu zu stoßen. Genau wie ihr. Anstatt um eure Liebe und euer Leben zu kämpfen, werft ihr euer Leben lieber fort. “
Da schüttete Sahja das Gift fort und nahm Bajan an die Hand. Beide sahen sich an und als sie sich umblickten war der Gärtner fort. Beide gingen zusammen aus dem Park und flohen einige Tage später gemeinsam aus dem Kalifenreich. Manche behaupten, in dem Park würde es spuken und der Geist des ersten Gärtner würde noch immer nachts im Park nach dem Rechten sehen. Doch andere sagen, es ist nur ein besonders dreister Bettler, der nachts manchmal in die Rolle des alten Gärtners schlüpft. Wer weiß?
Ende
Uwe Vitz - 5. Feb, 04:09
Das Auge der Schlange
( Die Ebene der sechs Türme)
von Uwe Vitz
“ Welch ein törichter Befehl. „ sagte Ibran missmutig.
Sein Begleiter blickte ihn ärgerlich an.
“ Kein Befehl des Großwesirs ist töricht. „
“ Welchen Sinn soll darin liegen, hier in der Wüste einen Edelstein hinzulegen
und zu warten, ob nicht ein geheimnisvoller Einäugiger erscheint,
der den kostbarsten Diamanten an sich nimmt,
den man in Sahuria je gefunden hat? „
Alim nickte.
“ Wahrlich, mein Freund, auf den ersten Blick hast du recht,
aber wir sind Soldaten des Kalifen, unsere ersten Pflichten sind Gehorsam und Treue. „
“Ach was. „brummte Ibran.
“Bei so einem kostbaren Edelstein kommt bestimmt irgendein einäugiger Gauner und stiehlt ihn.
Am liebsten würde ich es selbst tun. „
“ Bringe dich nicht um Kopf und Kragen. „ mahnte Alim besorgt.
“ Mit so einem Diamanten könnte man überall auf der Ebene leben.
Ich könnte als reicher Mann nach Zaranda gehen. „
“ Ich sehe die Habgier hat deinen Verstand benebelt.
Um dich vor dir selbst zu schützen
, werde ich dir die unheimliche Geschichte dieses Diamanten erzählen,
denn man das ` Auge der Schlange´ nennt. „, sprach Alim.
„ Das Auge der Schlange? Dieser Stein hat eine Geschichte? „
„ Höre seine Geschichte und lasse sie dir eine Warnung sein.
Habgier führt oft ins Verderben."
" Wie du dich vielleicht erinnerst, oh Ibran,
griffen vor einem Jahr die Schwertländer das Sultanat von Baranya an.
Sie kamen mit einer riesigen Galeere über die Ostsee.
Das Schiff hatte als Galionsfigur einen Totenschädel mit zwei gekreuzten Händen,
dies ist das Symbol der Bruderschaft der Blutigen Hände.
Du hast wohl noch keinen Angriff der Schwertländer mitgekommen, Ibran?
Glaube mir, bei Ra, das ist so furchtbar, dass man es niemals vergessen kann.
Ihre Raubgaleeren sind vier Stockwerke hoch
und eher schwimmende Festungen als Schiffe,
dazu aber schnell Seeschlangen.
Hunderte von kleinen Kampfbooten fahren neben den großen Galeeren her,
um rasch feindliche Schiffe zu entern oder an der Küste zu landen.
Über den Galeeren schweben immer mehrere Piratenmagier auf fliegenden Teppichen.
Diese Kerle schwenken ständig bunte Fahnen um den Seeräubern Beuteschiffe
oder eine befestigte Stadt anzuzeigen.
Es war eine besonders große Galeere,
die die Küste des Sultanats von Baranya heimsuchte.
Zwei kleinere Städte wurden niedergebrannt
und die Bevölkerung entweder versklavt oder erschlagen.
Vergewaltigungen, Morde, Brandschatzungen,
dass bringen die Schwertländer immer über die anderen Völker der Ebene.
Möge Ra sie zerschmettern!
Der Sultan befahl seiner Küstenwache, die Raubgaleere zu vertreiben.
Zwei grausame Seeschlachten wurden geschlagen,
die Barayaner zahlten einen hohen Preis,
doch schließlich verließ die Raubgaleere die Küste des Sultanats
und segelte weiter nach Osten zum Reich Rah.
Hast du schon einmal etwas von der Stadt Zsis gehört, Ibran? „
“ Die Stadt der Schlangen, wer kennt sie nicht? „
“ Vielleicht die Schwertländer.
Oder war ihr Übernut so groß geworden,
dass sie nichts mehr fürchteten?
Ob Ra sie mit Dummheit geblendet hatte,
um sie wegen ihrer Verbrechen zu vernichten?
Wer weiß?
Jedenfalls wagten die Schwertländer etwas,
dass weder unser Kalif noch ein Sultan der Baranyaner gewagt hätte,
sie griffen Zsis an.
Ein plündernder Mob stürmte durch die Straßen der uralten Stadt
. Viele geheimnisvollen Schlangenmenschen wurden erschlagen,
die Türen des Tempels des Schlangengottes wurden aufgebrochen;
und die Piraten stürmten durch die unheiligen Hallen,
die voll finsterer Magie sein sollen.
Wahrlich, es war weise von unserem Kalifen Salemon,
den Kult des Schlangengottes zu verbieten;
doch nie war der Kalif töricht genug gewesen, die Stadt der Schlangen anzugreifen.
Es gibt Dinge, die stehen den Menschen nicht zu.
Die Schwertländer stießen kaum auf Widerstand in der Stadt,
triumphierend trugen sie ihre Beute zu den kleinen Booten an der Küste
und ruderten zu ihren Galeeren.
Nun wurde der Laderaum der Galeere noch mehr mit Raubgut angefüllt;
was müssen die Schwertländer über die Warnungen und Prophezeiungen
gelacht haben, als sie davon segelten!
Erinnerst du dich noch, Ibran, wie wir uns im Kalifenreich Zarany auf
den Überfall der Schwertländer vorbereiteten?
Die Mauern der Städte wurden verstärkt; aus allen Landesteilen wurden Soldaten zusammen gezogen.
Die aus allen Teilen der Ebene angeheuerten Söldner warteten auf ihren Einsatz, aber nichts geschah.
Es dauerte wahrlich einen ganzen Monat, ehe das Schiff der Schwertländer vor unserer Küste auftauchte.
Aber welch ein Wunder, es schien steuerlos Richtung Osten zu treiben.
Von den kleinen Kampfbooten, welche sonst immer um die Galeere herumfuhren,
war nichts zu sehen, und es schwebte auch kein Piratenmagier auf irgendeinen fliegenden Teppich über dem Schiff.
Wir dachten zuerst, es sei eine List der teuflischen Piraten.
Aber dann trieb das Schiff bis zum Meer des Abgrundes
Tollkühne Beamte des Kalifen stoppten es an den Sechs Türmen des Zaladin.
Die Beamten kletterten an Bord der Galeere und entdeckten,
dass kein lebender Schwertländer mehr an Bord war.
Dafür fanden sie jedoch einige hundert Leichen.
Alle Toten hatten merkwürdige Wunden;
es sah so aus; als sei eine große Zahl von Schlangen über die Seeräuber hergefallen,
aber kein einziges Tier war zu finden.
Der Steuermann der Galeere hatte bis zu seinem Tod treu das Ruder gehalten.
Seltsamerweise sah es so aus, als hätte er vorgehabt, das Schiff Richtung Osten zum Meer des Abgrundes zu steuern.
Man musste dem Toten die Hände abschlagen, um das Schiff in eine andere Richtung steuern zu können.
Das Schiff wurde zu einer näheren Untersuchung in den Hafen von Zaran, der Stadt der Träume geschleppt.
Mancher Beamte behauptete, einen merkwürdigen Einäugigen an Bord gesehen zu haben,
der ihnen spöttisch zuwinkte und immer verschwand, wenn man ihn ergreifen wollte,
aber damals glaubte ihnen noch niemand.
Als man den Laderaum der Galeere durchsuchte,
entdeckte man viele Schätze,
doch war nichts davon mit diesem Diamanten vergleichbar, der dort hinten auf der Sanddüne liegt.
Der Polizeichef Salim nahm den Edelstein an sich, um ihn persönlich an den Kalifen weiter zu leiten.
Doch stattdessen behielt er den Diamanten und setzte sich damit in sein Büro.
Einen Tag und eine Nacht lang starrte er dort auf den unheimlichen Stein,
als könne er in seinem Inneren etwas sehen, das allen anderen verborgen blieb.
Am anderen Morgen fand man Salim mit durchgeschnittener Kehle,
und von dem Diamanten fehlte jede Spur.
Ein kleiner Polizeibeamter mit hohen Schulden hatte den Mord aus Verzweifelung begangen
und den Diemanten zu seinen größten Gläubiger gebracht.
Dies war der Sechsberger Zinshoch Glücksspielersohn.
Der teuflische Zwerg wurde selbst von den anderen Sechsbergern in Zaran gemieden,
denn er betrieb Glücksspiel mit Betrug;
er schreckte nicht davor zurück, mit gefährlichen Drogen zu handeln,
und vermittelte auch die Dienste von Meuchelmördern.
Sogar der nicht sehr zimperliche Geschäftsführer der Sechsberger von Zaran ermahnte Zinshoch häufig,
bei seinen Geschäfte nicht zu weit zu gehen.
Aber der zwergenhafte Schurke kam nicht zur Einsicht.
Er nahm den Diamanten und versprach seinen Schuldner dafür,
die Schuldscheine zu verbrennen, obwohl er genau wusste,
dass dieser Diamant mindesten das Tausendfache der Schulden wert war.
Kaum war der unglückliche Mörder fort,
begann Zinshoch wie ein Derwisch um den kostbaren Edelstein herum zu tanzen.
Inzwischen wurde der Mörder, welcher plötzlich schuldenfrei war, entlarvt.
Um der Folter zu entgehen, gestand er alles.
Sogleich machten sich einige Polizisten auf, um den Edelstein zu beschlagnahmen
und Zinshoch als Mörder und Mordkomplizen in den Kerker zu bringen.
Aber welch seltsamer Anblick bot sich ihnen,
als sie das Haus des Zwerges betraten?
Mit vor Angst weit aufgerissenen Augen tanzte der Sechsberger noch immer um den Edelstein herum.
Als die Beamten eintraten, stürzte er zu Boden und blieb zuckend liegen.
` Der Einäugige bat mich zu tanzen. Weshalb tanzt ihr denn nicht für das Auge der Schlange? ´,
fragte Zinshoch keuchend, dann starb er. Von diesem Tag an, trug der Edelstein den Namen ` Auge der Schlange´.
Der Kalif wollte einen derart verfluchten Diamanten um keinen Preis der Welt in seiner Schatzkammer haben.
So befahl er, ihn billig zu verkaufen, damit er rasch außer Landes käme.
Ein vornehmer Emir kaufte den Diamanten, am nördlichen Ufer des Meeres des Kalifen lebte dieser.
Ach, es war der Emir Yussur,
dem die fruchtbarsten Ländereien gehörten,
der die schönsten Frauen, sowie äußerst wohlgeratenen Söhne hatte.
Und er war mit einem klugen Geist gesegnet, so dass man von ihm sagte, Ra habe ihn mit allem reich beschenkt.
Oh Yussur, wärest du nur mit deinem Glück zufrieden gewesen.
Hätte es dein Herz doch nie nach diesem verfluchten Diamanten gelüstet.
Die Hauptstadt seines Reiches war die schöne Stadt Asahir.
Kaum war Yussur dorthin zurückgekehrt,
da erfuhr er, dass ein Lieblingssohn Yizard bei einer Reise über das Meer des Kalifen von Piraten überfallen und getötet worden sei.
Der Piratenfürst sandte Yussur einen Brief.
Am Ostufer des Meeres des Kalifen, nahe der Oase Odu in der Wüste der Djinns, stehe seine Festung,
und Yussur solle doch versuchen, seinen Sohn zu rächen, wenn er den Mut dazu hätte.
Der vor Wut rasende Emir steckte sein ganzes Vermögen in den Bau einer gewaltigen Flotte,
aber bald waren seine Mittel erschöpft.
Da bot ihm überraschend sein Nachbar, der Emir Murin seine Hilfe an.
` Oh edler Yussur, mit größten Entsetzen und echter Trauer,
erfuhr ich von Schicksal deines Sohnes Yizard.
Es ist eine große Schande,
dass Piraten das Meer des Kalifen unsicher machen können.
Wir , die Emire, deren Völker an der Küste dieses Meeres leben,
sollten es von Seeräubern befreien,
damit der Kalif mit Wohlgefallen an uns denken kann.
Wie groß kann unsere Schande noch werden,
wenn wir tatenlos zusehen, wie solche dahergelaufenen Räuber edle Prinzen erschlagen?´
sagte Murin und reichte Yussur die Hand, obwohl lange Zeit Feindschaft zwischen ihnen gewesen war.
Dankbar nahm Yussur die angebotene Hilfe an und gelobte die alte Fehde zu vergessen.
Bald schon segelte die Flotte bemannt von Yussur und Murins Soldaten, in Richtung Osten.
Doch welch ein Schrecken ergriff Yussur als sie die Piratenflotte trafen.
Murins Soldaten wendeten sich sogleich gegen seine eignen Männer,
die von dem Verrat so überrascht waren, dass sie sich fast widerstandslos niedermachen ließen.
Mühelos enterten die Piraten sogar das Schiff des unglücklichen Emirs.
Daraufhin zog Yussur seinen Säbel und kämpfte mit seinen letzten Getreuen,
bis nur noch er allein, seinen blutbefleckten Säbel in der Hand von Feinden umringt auf dem Deck stand.
Schließlich warfen die Piraten ein Netz über ihn und rissen ihn so zu Boden.
Triumphierend trugen sie sie ihren Gefangenen auf eines ihrer Schiffe.
Nun segelten sie zu jener Festung, die der Anführer der Piraten schon in seinem Brief erwähnt hatte.
Dieser Piratenfürst aber war niemand anders als der bösartige Emir Murin.
` Ach, bist du nicht mein reicher und glücklicher Nachbar, der stolze Yussur ? ´
fragte Murin seinen Gefangenen höhnisch.
` Hast du vielleicht gedacht, ich würde dir gegen die Piraten helfen du Narr?
Weißt du, wie viel Spaß es mir gemacht hat, deinen Sohn zu foltern?
Möchtest du vielleicht seine Leiche sehen? Ich habe sie für dich aufbewahrt, du Bastard! ´
` Ein schlechter Mensch erfreut sich stets nur an seiner eigenen Bosheit. ´ antwortete Yussur stolz.
Das ergrimmte Murin gewaltig, und rasend vor Wut stieß er Yussr seinen Dolch ins Herz.
` Ach beim Sheitan ´ fluchte Murin.
` Ich wollte ihn doch langsam sterben lassen, aber was soll’s? Hauptsache, er ist nun tot. ´
` Oh Herr, seht nur, was wir gefunden haben´ , bat da einer seiner Krieger und übergab Murin den Diamanten,
den Yussur in seinem Turban stets, bei sich getragen hatte.
` Ha, jetzt werde ich Yussurs Land erobern.
Dieser Diamant soll die Krone schmücken, die ich als neuer Kalif tragen werde,
denn wenn ich erst über das Meer des Kalifen herrsche, wird mir bald das ganze Kalifenreich gehören. ´
Ein einäugiger Schmied, über dessen Herkunft niemand etwas wusste,
der jedoch über besonderes Geschick verfügen sollte, bot Murin seine Dienste an.
` Verwende nur das Kostbarste und Wertvollste. ´ sprach der Emir.
` Bin ich zufrieden, wirst du reich belohnt, wenn nicht, stirbst du unter der Folter. ´
` Du wirst zufrieden sein. ´, versprach der geheimnisvolle Schmied lächelnd,
und seine Augen funkelten so sehr, dass es selbst den Emir unheimlich wurde.
Sechs Tage und sechs Nächte arbeitete der Schmied, dann war sein Werk getan.
Wahrlich, nie zuvor hatte es auf dieser Ebene eine prächtigere Krone gegeben.
Der Anblick der Krone war so herrlich,
dass selbst der Kalif vor Neid erblasst wäre, wie Murin in seiner Verblendung glaubte.
Er vergaß all seine Bosheit und wollte den Schmied reich belohnen,
aber der Einäugige war verschwunden.
Nun, Murin machte sich keine großen Gedanken mehr um den Verschwundenen und
setzte sich die herrliche Krone eigenhändig auf das Haupt.
` Ach es ist doch misslungen, und klug war der Goldschmied, meinem gerechten Zorn zu entfliehen. ´ rief Murin.
` Die Krone ist für mein Haupt viel zu schwer. ´
Sogleich wollte er die Krone wieder ablegen,
aber da half kein Zerren, und jegliche Mühe war vergebens die Krone saß fest auf seinem Kopf.
` Oh, bringt mir diesen teuflischen Schmied, dafür soll er büßen! Die schrecklichsten Folterqualen soll er erleiden. ´
Die Wächter durchsuchten den ganzen Palast, doch der Schmied war nicht mehr zu finden.
` Die Krone wird immer schwerer. ´ klagte der Emir verzweifelt.
` Nehmt sie mir doch endlich ab! ´
Alle seine Wachen und die Soldaten – auch die Piratensöldner - bemühten sich, dies zu tun,
aber selbst der Stärkste unter ihnen schaffte es nicht.
Murins Leibmagier Dasin beschworen sogar einen Djinn,
doch dieser erklärte nur, dass in dieser Krone ja das ` Auge der Schlange´ steckte.
So lange der verhexte Diamant da war, konnte selbst ein Djinn nichts tun.
` So brecht diesen teuflischen Stein aus der Krone! ´ schrie der Emir in Todesangst.
Aber weder mit Dolchen noch mit Säbeln oder Zangen war dies möglich.
Der Emir sank unter dem inzwischen furchtbaren Gewicht der Krone zu Boden.
` Rettet mich! ´ flehte er noch.
Aber es war alles vergeblich.
Sein Kopf war schon ganz rot.
Bald floss Blut aus Nase und Ohren des Unglücklichen
. Murin verdrehte vor Schmerz die Augen.
All seine Getreuen wichen entsetzt zufrück, sogar sein Magier und seine Wesire ergriffen die Flucht.
` Unser Emir ist verdammt! ´ schrie einer.
` Der Geist des Emir Yussur rächt sich nun an ihm! Fort, ehe auch wir vernichtet werden! ´ rief ein anderer,
und so ging es weiter.
` Bleibt bei mir! Ich lasse jeden zu Tode peitschen, der mich jetzt verlässt,
und werde all jene reich belohnen, die mir Treue erweisen: Bleibt bei mir! ´
Aber niemand hörte mehr auf Murin.
Alleine lag er vor seinen Thron,
mit der schrecklichen Krone auf dem Kopf, und schrie vor Schmerz und Wahnsinn,
so dass kein Mensch es ertragen konnte.
Seine Schreie wurden immer schriller, dann plötzlich verstummte er für immer.
Dasin, der Magier wagte sich als erste wieder in den Thronsaal.
Er kehrte mit dem Diamanten in der Hand zurück.
Mit zitternder Stimm fragte er,
ob einer da wäre, der den Teufelsstein haben wolle.
Da trat ein einziger Mann vor. Es war ein schwarzer Seeräuber aus Zaranda, der als Söldner für alle möglichen Herrscher auf dieser Ebene gekämpft hatte.
Sein Name war Jazata, und es hieß von ihm, dass er weder Tod noch Teufel fürchte.
` Nimm diesen Edelstein und kehre niemals zurück. ´ ,befahl der Zauberer
. Jazata nahm das ` Auge der Schlange´ entgegen, und ritt mit einem höhnischen Lachen über die Feigheit der anderen davon.
Er wollte in das Reich Rah reisen und den Diamanten dort schnell verkaufen,
denn er hoffte, dass die Menschen dort vom Fluch noch nichts gehört hätten. I
m Kalifenreich Zarany würde er für einen so bekannten als verflucht geltenden ` Teufelstein ´ wohl nicht mehr
den ihm gebührenden Lohn bekommen.
Jazata ritt südwärts um das Meer des Kalifen herum.
Als er das südliche Ufer des Meeres erreichte, begegnete er einem einäugigen Scheich,
der mit sechs wunderbaren Sklavinnen in das Reich Rah unterwegs war,
um die Mädchen dort zu verkaufen.
` Oh, was für ein prächtiger Mann! ´ riefen die Mädchen, als sie Jazata sahen.
` Oh Fremder, obwohl ich dich nicht kenne, bist du mir doch lieb wie mein eigener Sohn. ´ hub der Scheich an.
„ Sieh, ich bin in großer Not und muss diese schönen Sklavinnen, die wie ich meine eigenen Töchter liebe, verkaufen;
aber es wäre mir eine große Freude, wenn du ihnen die schwere Reise etwas erleichtern wolltest. ´
So etwas musste der Scheich einem Mann wie Jazata nicht zweimal sagen.
Nur zu gern erleichterte er den Mädchen und auch sich selbst die Reise.
Grosse Taten wurden von ihm vollbracht, denn er war ein kräftiger Mann in der Blüte seiner Jahre.
Jede Nacht schlief er mit einem anderen Mädchen.
Alle sechs hatten eine geheimnisvolle, zauberhafte Schönheit an sich,
die jeden Mann verrückt machen musste.
Nach der sechsten Nacht jedoch versammelten sich die Mädchen um ihn herum,
und der Scheich stand lächelnd zwischen ihnen.
Jazata begriff nicht, was mit ihm geschehen war;
er fühlte sich wie gelähmt und konnte keinen Finger mehr rühren.
` Es tut uns leid.´ sagte das jüngste Mädchen.
` Aber in Wahrheit sind wir sechs Zauberinnen, die von einem mächtigen Djinn verflucht wurden.
Wir können nur gemeinsam lieben, und jeden Mann den wir Gunst schenken,
muss nach der sechsten Nacht sterben. So leb den wohl, Jazata. ´
Die sechs Mädchen bestiegen ihre Pferde und ritten mit Tränen in den Augen davon.
Der einäugige Scheich blieb bei dem Sterbenden zurück.
Er schien noch auf etwas zu warten;
er verscheuchte die Geier und Schakale,
die schon bereitstanden.
Erst als er sicher war, dass Jazatas Seele den Körper verlassen hatte, wanderte er weiter;
und niemand hätte seine Spur noch entdecken können.
Es dauerte nicht sehr lange, und ein armer Nomade kam des Weges;
dessen Stamm hatte der Emir Murin vor kurzen niedermetzeln lassen.
Der Name des Nomaden war Achym.
Er fand den Toten und – den Diamanten.
Ach, was war das für den armen Narren eine Freude.
Eben war er noch ein armer Flüchtling gewesen, jetzt war er ein reicher Mann,
ein überaus reicher Mann sogar.
Er begrub den Toten, wie es der Prophet vorschreibt,
und zog in die nächste Stadt, Anyzar.
Aber hier hatte man schon von dem ` Auge der Schlange ´ gehört.
Nicht nur, dass niemand den Edelstein kaufen wollte;
Achym wurde sogar gezwungen, die Stadt zu verlassen,
und er musste weiterziehen, bis er in das Reich Rah kam.
Doch auch hier musste er von Stadt zu Stadt ziehen;
niemand mochte den verfluchten Edelstein auch nur anrühren.
Ein einäugiger Händler riet ihm, doch sein Glück im Sultanat Baranya zu versuchen,
denn hieß es nicht, dass es in Baran, der Hauptstadt des Sultanats eine Straße nur mit Edelsteinhändlern gab?
So reiste Achym weiter nach Baran.
Er ging soeben durch die Straße der Edelsteinhändler
und bot jeden Händler seinen Diamanten an.
Da begegnete ihm Jataza, der Bruder Jazatas,
der genauso tollkühn wie der Verstorbene war.
Ein betrunkener einäugiger Söldner hatten ihm erzählt,
wie sein Bruder den Diamanten erhalten hatte;
und jetzt sah er durch einen Zufall genau jenen Edelstein in der Hand eines anderen.
Das ` Auge der Schlange´ war so ungewöhnlich, dass jede Verwechslung mit einem anderen Edelstein unmöglich war.
` Woher hast du diesen Edelstein? ´ ,fragte Jataza mit donnernder Stimme.
` Oh, ich habe ihn bei einem Toten gefunden. ´ antwortete Achym erschrocken, aber wahrheitsgemäß.
` Meinen armen Bruder meinst du? Den du selbst heimtückisch ermordet hast? ´
` Nein Herr, ich schwöre..´
Aber Jataza hatte schon seinen Säbel gezogen und schlug Achym mit einem einzigen Hieb den Kopf
von den Schultern.
Da gab es ein großes Geschrei und die Stadtwache wurde gerufen.
Jataza wollte sich nicht kampflos gefangen nehmen lassen,
und drei Soldaten der Stadtwache starben noch durch seinen Säbel ,
ehe ein tödlicher Pfeil ihn traf.
Bei dem Enthaupteten fanden die Soldaten jetzt auch das ` Auge der Schlange ´.
Feran, der Polizeichef von Baran, hätte den Fund gewiss unterschlagen;
aber die Sache war zu bekannt, weshalb er beschloss,
den Edelstein dem Großwesir zu übergeben und so in dessen Gunst zu steigen.
Der Großwesir Yahim ist ein großer Freund der Tiere,
weshalb er den Sultan dazu bewegt hatte, einen Zoo anzulegen.
Um die Pflege der Tiere kümmert sich der Großwesir oft selbst.
Dort wollte Feran ihm auch den Edelstein übergeben.
Ein Termin für die Audienz war rasch besorgt,
und Feran sah im Zoo des Sultans erstaunt die wunderbaren und seltsamen
Tiere aus allen Teilen der Ebene, die man hier bestaunen kann.
Der Großwesir persönlich stand vor einer riesigen Grube.
Am Boden lagen große blutige Fleischstücke
. Nachdenklich spähte der Großwesir zu einer dunklen Gestalt hinüber, die unter einem Felsvorsprung in der Grube hockte.
` Ah Feran, mein lieber Freund. ´ sagte der Großwesir und winkte den Polizeichef heran.
` Seht Ihr das frische Fleisch dort auf dem Boden der Grube? ´
` Ja, oh Yahim-Pascha. ´ erwiderte der Polizeichef.
` Nun dort unten hockt einer der gefürchteten Spinnenmenschen, aber er rührt das Fleisch nicht an.
Wisst Ihr vielleicht weshalb nicht? ´
` Nein Herr. ´
` Hm, die Lösung dieses Problems macht mir richtige Kopfschmerzen. ´ seufzte der Großwesir.
` Oh edler Herr, ich wollte Euch nur diesen Diamanten übergeben,
als Zeichen meiner Treue zu meinen Sultan und zu Euch. ´ sagte der Polizeichef
und übergab dem Großwesir den Diamanten.
Einen Augenblick lang betrachtete der Großwesir lächelnd den Edelstein in seiner Hand.
` Das doch das Auge der Schlange nicht wahr? ´
` Ja Herr. ´ erwiderte Feran schnell, um nicht seine Unwissenheit zu verraten.
` Kennt Ihr den Namen, so ist Euch auch der Fluch dieses Edelsteins bekannt. ´
sagte der Großwesir ruhig und stieß ,noch während er sprach, dem überraschten Polizeichef nach vorne.
Aufschreiend stürzte Feran in die Grube.
Nachdenklich sah der Großwesir Yahin hinunter , nach einer Weile nickte er lächelnd.
` Ja, ja ich verstehe nun;
die Spinnenmenschen fressen nur lebendes Fleisch,
kein Aas, sehr interessant. ´
Nachdem er eine Weile dem Spinnenmenschen beim Fressen zugeschaut hatte,
rief Yahim nach seinen besten Boten und gab ihm den Diamanten.
` Welch ein Glück, dass meine Freunde am Hof des Kalifen mir von diesem teuflischen Diamanten berichteten.
Bringe diesen Stein als mein persönliches Geschenk zurück an den Hof des Kalifen von Zarany.
Der dortige Großwesir Halim wird wissen, wie ich es meine. ´
Und so geschah es."
" Möchtest du immer diesen Diamanten haben, Ibran? „ fragte Alim.
“ Eine Geschichte ist es, nicht mehr als eine Geschichte. „
“Wirklich Ibran? Dann sieh doch bitte einmal dorthin. „
Alim deutete auf eine nahe Düne, wo wie aus dem Nichts ein einäugiger Scheich aufgetaucht war.
Ibran stöhnte auf und wandte schaudernd den Blick von dem Fremden;
Alim jedoch verneigte sich höflich, und der Scheich verneigte sich ebenso.
Wortlos ging Alim zu der Düne, hob vorsichtig den Diamanten auf und gab ihn dem Fremden.
Mit dem Edelstein in der Hand drehte sich der Fremde um,
als er sich wieder Alim zuwandte, war der Diamant aus seiner Hand verschwunden.
Dafür hatte er jetzt zwei strahlend leuchtende Augen.
Alim war nicht überrascht. Er trat einen Schritt zurück und verneigte sich noch einmal,
ehe er zu seinem Kameraden und den Pferden zurückehrte.
Als er dort ankam und sich noch einmal umblickte, war von dem Fremden nichts mehr zu sehen.
“ Ra stehe uns bei. „ stöhnte Ibran.
“ Was sollen wir jetzt nur tun? „
“Was getan werden musste, ist geschehen. „ sagte Alim.
“Lass uns nach Zaran zurückehren und dem Großwesir Bericht erstatten. „
Ende
Uwe Vitz - 5. Feb, 04:07
Das Spiel mit den sechs Kugeln
( Die Ebene der sechs Türme)
v. Uwe Vitz
" Du möchtest also wissen, wieso in letzter Zeit so viele Kaufleute und Abenteurer
spurlos verschwinden, Fremder?
Es liegt nur an dem verfluchten Spiel mit den sechs Kugeln.
Wie du weißt, holte einst Ra selbst einen Stern vom Himmel und schuf
aus ihm unsere wunderbare Stadt Rahyzar.
Noch heute hat Rayzar die Form eines sechseckigen Stern.
In jeder Ecke befindet sich ein Turm, in einer der heiligen Farben.
Weiß, Schwarz, Rot , Grün, Blau und Gelb.
Jede Farbe hat ihren eigenen Hohepriester und ihre eigenen Anhänger.
Vor einem Jahr kam der Zauberer Ramses nach Rahyzar.
Ra möge uns vor ihm beschützen. Niemand weiß, woher dieses Ungeheuer stammt,
doch er beschwor einen schrecklichen Sturm herauf
. Sechs Tage wütete das Unwetter,
und dabei wurde Sternenstadt, wie man Rahyzar auch nennt,
in dunkle Wolken gehüllt.
Als der Sturm sich am siebten Tag legte, stand vor den Toren er Stadt der riesige siebte Turm.
Du bist an ihm vorbei geritten,
wenn du über die alte Karawanenstraße reistest.
Aber niemand wagte es, etwas zu unternehmen.
Alle machten nur einen großen Bogen, um den ketzerischen Turm.
Dann verschwanden die ersten Bürger der Stadt,
diese hatten sich vorher allesamt in einer Notlage befunden.
Andere Bewohner der Sternenstadt verfügten jedoch plötzlich über große Reichtümer.
Seltsam Gerüchte verbreiteten sich.
Schleichend nur, wie ein heimtückisches Gift.
Man erzählte sich von einem geheimnisvollen Spiel mit sechs Zauberkugeln,
bei dem man angeblich ungeheure Schätze gewinnen könne.
Nun, ich bin nur ein kleiner Sklave des mächtigen Kaufmanns Ramos.
Er hatte durch Räuber eine ganze Karawane verloren und war ruiniert.
So befahl er mir eines Nachts einen kostbaren Teppich- seinen letzten Besitz zusammen zu rollen
und hinter ihm herzutragen
. Er ging natürlich zum siebten Turm.
Dieser teuflische Turm hat sechs Türen. Jede Tür trägt eine der heiligen Farben.
Für uns öffnete sich lautlos die rote Tür.
Nervös stiegen wir eine endlos scheinende Treppe empor, an deren Ende wir schon erwartet wurden.
Der Zauberer trug eine weiße Kutte, einen schwarzen Umhang,
eine rote Kapuzenmütze, grüne Schuhe, einen gelben Gürtel und eine Halskette
mit einem großen blauen Edelstein.
Seine Haut war jedoch grau, seine Haare und der Bart schwarz.
Nur die Augen glühten irgendwie teuflisch.
Als wir eintraten, lächelte er grausam und sagte: ` Willkommen ´.
Der Raum, in dem wir uns aufhielten,
war bis auf einen kleinen sechseckigen Tisch leer
. Auf dem Tisch aber lagen sechs Glaskugeln.
` Was willst du? ´ , fragte Ramses meinen Herrn.
` Ich brauche sechstausend Diane, um dem Ruin zu entgehen.
Könnt Ihr mir diese Summe leihen? ´
` Ich verleihe nie etwas
, Aber ich spiele gern.
Bist du bereit, mit mir das Spiel der sechs Kugeln zu spielen? ´
Mein Herr nickte.
` Gut. Wenn du es schaffst, nicht die schwarze Kugel zu ergreifen,
gebe ich dir die gewünschte Summe.
Berührst du die schwarze Kugel jedoch, so gehörst du mir mit Leib und Seele- und ebenso dein Sklave. ´
` Einverstanden. ´
Ramses hob beschwörend die Hände
und alle sechs Kugeln verfärbten sich.
Jede von ihnen nahm eine der heiligen sechs Farben an.
Mich schaudert noch heute,
wenn ich an die schreckliche schwarze Kugel denke.
Die Kugeln begannen, wie von Geisterhand in der Luft zu schweben
und drehten sich immer schneller im Kreis.
` Greif zu. ´
Mein Herr griff zu,
und ich schrie vor Erleichterung, denn er hatte die rote Kugel erwischt.
` Du hast gewonnen. Hier ist dein Gewinn. ´
Ramses gab meinem Herrn einen Beutel mit sechstausend Dinaren.
Ich bin sicher, der Beutel lag schon bereit, ehe wir den Turm betraten.
Mein Herr dankte dem Zauberer,
schenkte ihm den kostbaren Teppich, um auch weiterhin in seiner Gunst stehen
und verließ eilig den Turm.
Doch ehe ich ihm folgte, blickte ich mich noch zu dem Zauberer um.
Ramses lächelte mir zu und ich stürzte hinter Ramos her.
Seither hat mein Herr vielen seiner Freunde von seinem Glück erzählt.
So mancher von ihnen ist danach spurlos verschwunden.
Auch du willst dien Glück beim siebten Turm suchen, Fremder?
Glaube mir, nicht jeder hat Glück beim Spiel mit den sechs Kugeln. "
Ende
Vorschau Text
Das Spiel mit den sechs Kugeln
( Die Ebene der sechs Türme)
v. Uwe Vitz
„ Du möchtest also wissen, wieso in letzter Zeit so viele Kaufleute und Abenteurer
spurlos verschwinden, Fremder?
Es liegt nur an dem verfluchten Spiel mit den sechs Kugeln.
Wie du weißt, holte einst Ra selbst einen Stern vom Himmel und schuf
aus ihm unsere wunderbare Stadt Rahyzar.
Noch heute hat Rayzar die Form eines sechseckigen Stern.
In jeder Ecke befindet sich ein Turm, in einer der heiligen Farben.
Weiß, Schwarz, Rot , Grün, Blau und Gelb.
Jede Farbe hat ihren eigenen Hohepriester und ihre eigenen Anhänger.
Vor einem Jahr kam der Zauberer Ramses nach Rahyzar.
Ra möge uns vor ihm beschützen. Niemand weiß, woher dieses Ungeheuer stammt,
doch er beschwor einen schrecklichen Sturm herauf.
Sechs Tage wütete das Unwetter,
und dabei wurde Sternenstadt, wie man Rahyzar auch nennt,
in dunkle Wolken gehüllt.
Als der Sturm sich am siebten Tag legte, stand vor den Toren er Stadt der riesige siebte Turm.
Du bist an ihm vorbei geritten,
wenn du über die alte Karawanenstraße reistest.
Aber niemand wagte es, etwas zu unternehmen.
Alle machten nur einen großen Bogen, um den ketzerischen Turm.
Dann verschwanden die ersten Bürger der Stadt,
diese hatten sich vorher allesamt in einer Notlage befunden.
Andere Bewohner der Sternenstadt verfügten jedoch plötzlich über große Reichtümer.
Seltsam Gerüchte verbreiteten sich.
Schleichend nur, wie ein heimtückisches Gift.
Man erzählte sich von einem geheimnisvollen Spiel mit sechs Zauberkugeln,
bei dem man angeblich ungeheure Schätze gewinnen könne.
Nun, ich bin nur ein kleiner Sklave des mächtigen Kaufmanns Ramos.
Er hatte durch Räuber eine ganze Karawane verloren und war ruiniert.
So befahl er mir eines Nachts einen kostbaren Teppich- seinen letzten Besitz zusammen zu rollen
und hinter ihm herzutragen
. Er ging natürlich zum siebten Turm.
Dieser teuflische Turm hat sechs Türen. Jede Tür trägt eine der heiligen Farben.
Für uns öffnete sich lautlos die rote Tür.
Nervös stiegen wir eine endlos scheinende Treppe empor, an deren Ende wir schon erwartet wurden.
Der Zauberer trug eine weiße Kutte, einen schwarzen Umhang,
eine rote Mütze, grüne Schuhe, einen gelben Gürtel und eine Halskette
mit einem großen blauen Edelstein.
Seine Haut war jedoch grau, seine Haare und der Bart schwarz.
Nur die Augen glühten irgendwie teuflisch.
Als wir eintraten, lächelte er grausam und sagte: ` Willkommen ´.
Der Raum, in dem wir uns aufhielten,
war bis auf einen kleinen sechseckigen Tisch leer
. Auf dem Tisch aber lagen sechs Glaskugeln.
` Was willst du? ´ fragte Ramses meinen Herrn.
` Ich brauche sechstausend Diane, um dem Ruin zu entgehen.
Könnt Ihr mir diese Summe leihen? ´
` Ich verleihe nie etwas
, Aber ich spiele gern.
Bist du bereit, mit mir das Spiel der sechs Kugeln zu spielen? ´
Mein Herr nickte.
` Gut. Wenn du es schaffst, nicht die schwarze Kugel zu ergreifen,
gebe ich dir die gewünschte Summe.
Berührst du die schwarze Kugel jedoch, so gehörst du mir mit Leib und Seele- und ebenso dein Sklave. ´
` Einverstanden. ´
Ramses hob beschwörend die Hände
und alle sechs Kugeln verfärbten sich.
Jede von ihnen nahm eine der heiligen sechs Farben an.
Mich schaudert noch heute,
wenn ich an die schreckliche schwarze Kugel denke.
Die Kugeln begannen, wie von Geisterhand in der Luft zu schweben
und drehten sich immer schneller im Kreis.
` Greif zu. ´
Mein Herr griff zu,
und ich schrie vor Erleichterung, denn er hatte die rote Kugel erwischt.
` Du hast gewonnen. Hier ist dein Gewinn. ´
Ramses gab meinem Herrn einen Beutel mit sechstausend Dinaren.
Ich bin sicher, der Beutel lag schon bereit, ehe wir den Turm betraten.
Mein Herr dankte dem Zauberer,
schenkte ihm den kostbaren Teppich, um auch weiterhin in seiner Gunst stehen
und verließ eilig den Turm.
Doch ehe ich ihm folgte, blickte ich mich noch zu dem Zauberer um.
Ramses lächelte mir zu und ich stürzte hinter Ramos her.
Seither hat mein Herr vielen seiner Freunde von seinem Glück erzählt.
So mancher von ihnen ist danach spurlos verschwunden.
Auch du willst dien Glück beim siebten Turm suchen, Fremder?
Glaube mir, nicht jeder hat Glück beim Spiel mit den sechs Kugeln. "
Ende
Uwe Vitz - 5. Feb, 04:06
Uwe Vitz
(Die Ebene der Sechs Türme)
Das fliegende Schachbrett
„Es wäre sehr unklug, ihr keine Audienz zu gewähren, oh mein Prinz. "
, sagte der Wesir.
Der Emir Zamor sah ihn müde an.
„ Muss das denn wirklich sein?
Diese Frau macht mich immer so müde; sie ist ja so anstrengend. ", meinte er.
„ Es muss sein, mein Prinz.
Unsere Beziehungen zu den Sechsbergern sind einfach zu wichtig.
Wir dürfen die örtliche Geschäftsführerin daher nicht unnötig verärgern. "
„ Ach diese lästigen, kleinen Zwerge!
Ständig hecken sie irgendetwas aus, immer berechnen sie irgendwelche Geschäfte
oder schreiben merkwürdige Verträge, und ich soll mich immer mit all dem beschäftigen. Warum? "
„ Weil Ihr der Emir seid, mein Prinz. "
„ Ja, ja, der Emir muss sich immer um alles kümmern, wie üblich.
Meine Wesire sind offenbar nur dazu gut, mich an meine Pflichten zu erinnern,
anstatt mir auch mal ein wenig Arbeit abzunehmen. "
„ Ein Herrscher muss eben herrschen, mein Prinz. "
„ Schon gut, schon gut. So rufe sie den herein! Ich werde mir alles anhören, wie immer. "
„ Endlich habe ich es geschafft. ", sagte Zähleschnell Goldzahntochter glücklich.
Der Sechsberger neben ihr sah sie etwa ärgerlich an.
„ Endlich haben wir es geschafft. " , berichtete er scharf.
„ Natürlich, Eselohr, wir haben es geschafft. "
Eselohr Wasserträgersohn seufzte innerlich auf,
er wusste, dass seine Geschäftsführerin am Ende den ganzen Ruhm
- und natürlich auch den Gewinn - in die eigene Tasche stecken würde.
Ja, ja, das Leben des einfachen Sechsbergers war nicht leicht.
Diese Geschäftsführer nahmen sich doch immer zuviel heraus.
Dabei hatte er, nicht etwa die Geschäftsführerin oder die anderen Sechsberger von Kurt in Wahrheit
das fliegende Schachbrett mit einem Netz eingefangen.
Gut, es waren zehn junge Zwerge gewesen, die an der Felswand gehangen und Netzte nach dem Schachbrett geworfen hatten.
Allerdings hatten die anderen neun später schimpfend Kurt
- und damit auch die Geschäftsführerin verlassen.
Sie behaupteten doch tatsächlich,
dass diese Zähleschnell einfach zu viel verlangte
und teilweise musste Eselsohr ihnen in Gedanken sogar Recht geben.
Andererseits, irgendwie hatte er sich in Zähleschnell verliebt
und er hoffte, dass sie ihren treusten Mitarbeiter eines Tages auch bemerken würde.
„ Achtung der Emir kommt! "
Zähleschnell und Eselohr verneigten sich demütig.
Emir Zamor von Kurt betrat die Halle, dicht gefolgt von seinem ältesten Wesir.
„ Ihr dürft Euch erheben
„ Weshalb wünschet Ihr mich zu sprechen Geschäftsführerin? "
„ O mein gnädigster Herrscher, ich möchte Euch von einem großen Wunder berichten.
Wie Ihr sicher wisst, kann ein normaler fliegender Teppich etwa eine halbe Stunde fliegen,
ehe seine Zauberkraft verbraucht ist.
Die Zauberer von Zha-Khyr dagegen haben Teppiche
mit denen sie tagelang von einer Ecke unserer Ebene zur anderen fliegen können. "
„ Das ist mir bekannt, liebe Geschäftsführerin der Sechsberger.
Deshalb baute auch mein Großvater diese Stadt zwischen Felsen und Wüste so
nah wie irgend möglich an das Reich der Magier von Zha.Khyr.
Doch bis heute haben die Bewohner des Zauberreiches keinen Kontakt mit uns aufgenommen,
und ist es leider auch nicht gelungen, die Rochberge zu überwinden und zu ihnen zu gelangen.
Also, was soll es? "
„ Nun gnädiger Herr, Ihr habt doch sicher auch schon gehört, dass die Zauberer manchmal Schachbretter dabei haben?“
„ Natürlich, die berühmten fliegenden Schachbretter.
Die Zauberer bewegen die Figuren mit ihren Gedanken.
So können sie in der Zeit die sie auf dem fliegenden Teppich herumsitzen,
noch mit anderen Zauberern Schach spielen.
Wer hat noch nicht davon gehört? " fragte der Emir müde.
" Dann wisst Ihr auch, dass manche der mächtigen Zauberer
sehr schlechter Verlierer sind und die kostbaren Schachbretter
nach einer Niederlage einfach in die Tiefe schleudern? ",
fuhr die Geschäftsführerin triumphierend fort.
„ Wir haben so ein Schachbrett in unseren Besitz gebracht.
Oh Emir, ist Euch klar, was dies bedeutet? "
„ Ehrlich gesagt, nicht so ganz. " ,gestand der Emir gähnend.
„ Nur mit Sicherheit werden die Zauberer ihr Schachbrett zurückhaben wollen.
Sie wissen wo es ist.
Also müssen sie zu uns kommen.
Somit könnten wir endlich mit den Bewohnern Zha-Khyrs in Kontakt treten.
Vielleicht können wir gar eine feste Handelsbeziehung aufbauen. "
„ Dann tut es doch. ", seufzte der Emir.
„ Aber es wäre besser, wenn ein mächtiger Fürst wie Ihr diesen Schritt für uns alle tun würde,
nicht so bescheidene Zwerge, wie wir Sechsberger es nun einmal sind.
Wir wollen nur ein paar kleine Geschäfte mit den Bewohnern von Zha.Khyr machen,
vielleicht ein kleines Handelshaus in ihrem Reich bauen, und uns ansonsten zurückhalten. "
„ Wie bescheiden. ", sagte der Emir freundlich.
„ Allerdings fürchte ich, dass es schwierig werden könnte,
Geschäfte mit Leuten zu machen, die ständig mit fliegenden Teppichen durch die Luft sausen.
Mir ist das schon zu anstrengend;
aber Ihr habt meine Erlaubnis, mich bei diesem wichtigen Geschäft zu übergehen.
Und nun verzeiht, aber ich bin müde, es war gestern eine lange Nacht. "
Zähleschnell Goldzahntochter traute ihren Ohren nicht;
sie war noch ganz verblüfft, als Diener des Emirs sie und Eselsohr sanft,
aber bestimmt aus dem Saal hinausdirigierten.
Erst draußen vor dem Palast des Emirs kam die Sechsbergerin zu sich
und wurde wieder zu der eiskalten Geschäftsführerin, als die sie in ganz Sahuria bekannt war.
„ Wenn der Emir nicht will,
werden wir Sechsberber eben das das Tor nach Zha-Khyr öffnen! " , rief sie begeistert.
" Hm, übernehmen wir uns da nicht? " , wagte Eselsohr noch fragen.
„ Pah, Feiglinge erreichen nie etwas!
Unsere Vorfahren wagten auch viel, als sie das Sechsbergereich gründeten,
und wir sollten ihnen nicht nachstehen.
Es wird Zeit, dass wir Sechsberger diesen Menschen zeigen, wozu wir fähig sind. "
Eselsohr nickte zustimmend und trottete hinter seiner Geschäftsführerin her.
Er ahnte, dass die nächsten Wochen sehr anstrengend werden würden.
Im Keller des Handelshauses der Sechsberger von Kurt schwebte das fliegende Schachbrett
und zerrte an seinen Ketten, die es am Boden fesselten.
Die winzigen Schachfiguren schienen geradezu besorgt
auf die dicke Kette und die vergitterten Fenster zu blicken.
Im Keller des Emir-Palastes schwebten Hunderte von fliegenden Schachbrettern.
Die winzigen Figuren blickten gleichgültig nach vorne,
während die Schachbretter im Kreis durch den Keller flogen.
Ein paar Raume darüber fragte der Wesir:
" Mein Prinz, warum habt ihr den beiden Zwergen nicht gesagt,
dass schon Euer Großvater, ebenso wie auch Euer Vater, solche Schachbretter gefunden hat.
Noch niemals ist deshalb irgendein Zauberer zu uns gekommen. "
„ Jeder soll seine eignen Erfahrungen machen.
Vielleicht lassen mich diese lästigen Sechsberger ja in Ruhe,
während sie auf die Zauberer warten. "
„ Jetzt beginnt für uns Sechsberger bald ein neues Zeitalter. ", prophezeite Goldzahntochter
und sah zufrieden zu Eselsohr Wasserträgersohn hinüber,
der ihr Büro mit einem Besen säuberte.
„ Wenn du hier fertig bist,
kehrst du den Dreck vom Hof weg,
und dann räumst du den Kamelstall auf.
Wenn die Zauberer kommen, muss alles perfekt sein.
Du wirst arbeiten bis zum Umfallen, aber es ist ja für unseren großen Triumph.
Also beeile dich ein bisschen und etwas mehr Begeisterung, bitte.."
Eselsohr seufzte.
Es war vielleicht doch besser, wenn man weniger erfolgreich darin war,
die Wünsche der Geschäftsführerin zu erfüllen..
ENDE
Uwe Vitz - 5. Feb, 04:05
Der Anfang des Spiels
( Die Ebene der Sechs Türme)
von Uwe Vitz
Männer, Frauen, Alte, Junge und selbst Kinder waren mit Ketten an die Wand gefesselt.
Die Folterknechte wetzten schon die Messer.
„ Halt! ", gebot eine grausame tiefe Stimme, die keinen Widerspruch duldete.
Die Folterer hielten erschrocken in ihrem Tun inne.
Eine dunkle, drohende Gestalt betrat den Kerker,
der Stimme nach war es ein älterer Mann.
Dies war jedoch nicht genau festzustellen,
denn er trug eine Schakalmaske, und ein roter Umhang wehte hinter ihm her.
Einige der Gefangenen begannen zu zittern,
als er an ihnen vorbeiging. Ohne die Unglücklichen auch nur anzusehen,
schritt er die Reihe ab. Vor einem dunkelhaarigen Mädchen blieb er stehen.
„ Du bist es. "
Der leichte Nachhall im Kerker verlieh der Stimme einen eiskalten Unterton.
Ein Folterknecht befreite sie von den Ketten
und der Unheimliche zerrte das Mädchen sogleich zu sich.
„ Die übrigen Gefangenen werden getötet. " befahl er nebenbei.
Das Mädchen schrie auf und begann auf ihn einzuschlagen.
Unter der Schakalmaske brach der Unheimliche in grausames Gelächter aus.
Dann zog er aus seinem Gürtel ein Messer und stieß es ihr blitzschnell in den Hals.
Als er die Sterbende davontrug, lachte er noch.
Um die Blutspur, die er hinterließ kümmerte er sich nicht,
wie immer.
Langsam begannen sich die blutroten Nebel um sie zu lichten.
Sie hörte fremde Stimmen,
seltsame Stimmen, krächzende und schnatternde nicht menschlich.
Mühsam öffnete sie die Augen und sah bizarre Vogelwesen, die auf sie herabblickten.
Die Wesen waren zwar menschenähnlich, aber ihre Köpfe erinnerten an Kraniche.
Der größte Teil des Körpers steckte unter seltsamen blauen Gewändern.
Sie sah auch, dass jene Geschöpfe nur drei Finger an jeder Hand hatten,
erst jetzt bemerkte die junge Frau,
dass sie auf etwas weichem, warmen lag, etwas, das sich bewegte.
Schnatternd und krächzende gingen die Kranichmenschen neben ihr her.
Als sich aufrichtete erschrak sie,
denn jetzt sah sie den riesigen Tausendfüßler,
auf den man sie einer Sänfte gelegt hatte.
Auch die Kranichmenschen wurden aufgeregter, als sie sahen,
dass die Frau bei Bewusstsein war.
Wild schwenkten die Wesen ihre dünnen Arme hin und her.
Plötzlich trat einer der Kranichmenschen an sie heran und sagte: " Trink. "
Er reichte ihr einen Wasserschlauch.
" Du sprichst meine Sprache? "
" Rox spricht Eierkopfsprache, Eierkopfsprache spricht Rox. "
Die Worte klangen krächzend, ähnlich wie bei einem Papagei.
Dunkel erinnerte sie sich daran, was sie über diese Geschöpfte wußte.
Es waren Yppas, geheimnisvolle Vogelwesen, die als Nomaden durch Sahuria zogen.
Es hieß,
sie wanderten von den Urwäldern Tandia bis zu der Wüsten der Djinns,
und kein Mensch kannte den Sinn oder Zweck dieser langen Wanderungen.
Doch beim Sheitan, sie konnte sich nicht erinnern, wer sie selbst war.
" Wo bin ich? ", fragte sie erschrocken.
" Bei uns. ", lautete die einfache Antwort. " Eierkopf ist bei den Yppas. "
Sie seufzte.
Die Kranichwesen dachten anders als Menschen, sprachen sie auch anders.
Gewisse Fragen konnten sie gar nicht richtig begreifen oder sie verstanden sie von Anfang an anders.
" Wer bin ich? "
Rox schnatterte kurz mit einem anderen Kranichwesen,
dann wandte er sich ihr wieder zu und sagte:
" Du sein blutig, in Eierkopfsprache du sein Canilca, die Blutige. "
Später erst sah sie in einer Oase, an einem kleinen Teich ihr Spiegelbild.
Sie hatte eine lange Narbe am Hals, dunkel erinnerte sie an einem Mann mit einer Schakalmaske,
der sie verletzt hatte und sie erinnerte sich an das Gemetzel,
aber wer die Täter waren,
wer die Opfer, und warum dies alles geschehen war,
wußte sie immer noch nicht.
Es war nur ein kleiner Trupp Yppas, nicht mehr als vierzig Personen,
ihre Kinder und ihre Eier beförderten sie auf den Rücken der Riesentausendfüßler.
Die Sippe hatte fünf Tausendfüßler.
Die Yppas fingen diese - den Menschen unheimlichen - Riesenwürmer in den Urwäldern Tandias.
Nur Yppas konnten die Tausendfüßler abrichten, denn der Biß dieser Tiere war für Menschen giftig.
Eine Woche lag Canilca noch in ihrer Sänfte.
Dann wanderte sie neben den Tausendfüßler her, denn sie kam dank der Pflege durch die Yppas rasch wieder zu Kräften.
Verzweifelt versuchte sie, sich zu erinnern, wer sie war, aber ihr fiel immer nur dieser schreckliche letzte Augenblick
im Kerker ein, ohne daß sie die Hintergründe begriff.
Alle ihre Fragen an Rox,
der als einziger ihre Sprache sprach wurden so beantwortet:
“ Das sein Eierkopfproblem.
Die Yppas nicht kümmert das,
was war, was sein wird. Eierköpfe sehr komische Leute,
fragen immer, was war. "
Also versuchte sie, aus dem eigenen Wissen zu lernen,
denn sie erinnerte sich, daß sie die Völker Sahurias wohl kannte.
Nur die Pylarister, ein Seeräubervolk von der Westküste, trugen Schakalmasken.,
um ihren Gott Anubis zu ehren.
Wegen dieser Masken wurden die Pylarister auch Hundsköpfe genannt.
Gehörte ihr Peiniger zum Volk der Pylarister?
Sie zog noch einige Wochen mit den Yppas durch das Land der Samaren.
Es war ein schönes Land, voller grüner Täler.
Aber Canilca hatte keine Freunde daran.
Wie sie zu den Yppas gekommen war,
wollte oder konnte Rox ihr nicht verraten.
In der Hauptstadt des Samarenreiches, in Samah,
wo der berühmte Elfenbeinpalast des Shas steht,
verließ sie die Yppas um ihre eigenen Wege zu gehen.
„ Nicht zu viele Gedanken darum machen, was war, Eierkopf. ", war der letzte Rat den Rox ihr noch gab.
Einige Wochen später begegneten die Yppas einen Reiter.
Er gehörte zum Volk der Pylarister und trug eine Schakalmaske.
„ Ich hörte ihr hättet eine Menschenfrau bei euch.
Wo ist sie? " , rief er.
" Wir pflegen Eierkopf gesund. Eierkopf jetzt weg.
War aber ist nicht mehr. Nur noch wichtig was sein wird
. Seltsame Eierköpfe, seltsame Fragen. " , sagte Rox.
Der Mann mit der Schakalmaske ritt fluchend weiter.
Zwei Jahre später.
Canilca wich geschickt der Streitaxt des Rahiten aus.
Sie schlug ihr kurzes Schwert gegen den Griff der Axt und
gab dem überraschten Gegner zu zugleich einen Tritt gegen sein Schienenbein.
Einen Augenblick später lag er vor im Staub.
Sie hielt ihr Schwert an seine Kehle und sagte: " Gib auf. "
" Ich ergebe mich. ", stöhnte der Besiegte.
Über den Köpfen der Zuschauer und der Gladiatoren schwebte ein Zwerg auf einem fliegenden Teppich.
Er gehörte zum berüchtigten Volk der Sechsberger,
welches aus Westania stammte, sich aber auf der ganzen Ebene angesiedelt hatte.
Im Schneidersitz saß der Kleine auf seinem Teppich und schwebte langsam herab.
Aus dunklen, unergründlichen Augen, blickte er auf die Zuschauer herunter.
„ Die Gladiation Canilca hat wieder einmal gesiegt.
Entscheidet euch, Leute, Gnade oder Ungnade für ihren Gegner, Leben oder Tod? " rief er laut.
" Entscheidet euch rasch, denn die nächsten Gladiatoren, warten schon auf ihren Kampf! "
Der Sechsberger trug einen roten Turban sowie einen dunklen Kaftan, was ihn als Schiedsrichter auswies.
" Keine Gnade für den verdammten Feigling! ",brüllten zahlreiche Zuschauer.
" Der Kerl soll verrecken! "
Die Daumen der Mehrheit senkten sich nach unten.
Der Zwerg sah Zuschauer mit einer absolut gleichgültigen Miene an.
War dem Sechsberger das Schicksal des Besiegten wirklich so egal?
Geschickt steuerte der Sechsberger seinen Teppich dicht über den Boden zu den beiden Gladiatoren.
" Das Publikum hat seine Entscheidung getroffen. "sagte er kaltblütig.
" Tötete ihm, Canilca. "
" Ich töte keine wehrlosen Gegner. "
antwortete die Dunkelhaarige stolz.
Aus kalten Augen fixierte der Zwerg die Gladiatorin. " Du widersetzt dich also der Entscheidung? "
" Ja, ich widersetze mich. "
Ohne ein weiteres Wort ließ der Sechsberger seinen Teppich wieder hinauf schweben.
" Die Gladiatorin Canilca widersetzt sich eurer Entscheidung.
Daher wird das Leben des Simon geschont,
aber Canilca wird von heute an aus der Arena von Cathaka verbannt! "
„ Bist du wahnsinnig? " schrie ihr Ahelischer Trainer Iful sie später aufgebracht an.
„ Du hättest als Gladiatorin ein Vermögen machen können,
dazu Ruhm geerntet von dem andere Frauen auf dieser Ebene nur träumen können. "
" Ich bin Gladiatorin geworden, um die Kunst des Schwertkampfes zu erlernen,
nicht um jahrelang andere Gladiatoren nieder zu metzeln.
Ich habe eine Rechnung zu begleichen.
Oft genug habe ich in dieser Arena getötet und kann nur hoffen, daß Ra mir meine Schuld vergibt. "
„ Du bist wirklich hoffnungslos verrückt. "
„ Vielleicht. ", sagte Canilca und ging ihr Pferd satteln.
„ Sie hat Cathaka verlassen, sie sucht dich Menschlein. "
berichtete der Djinn.
“ Gut. ", rief der Maskierte.
" Ich habe schon viel zu lange auf sie gewartet. "
" Hast du keine Angst? Sie ist jetzt eine berühmte Gladiatorin. "
Der Maskierte lachte höhnisch.
" Vergisst du wer ich bin, Djinn? "
" Nein, Menschlein. "
" Also, wie kannst du glauben, daß sie gegen mich eine Chance hat? "
" Auch du bist nicht unsterblich Menschlein, noch nicht. "
" Aber bald, Djinn, sehr bald schon und dann wird mich niemand mehr aufhalten. "
" Wenn sie sich wieder erinnert.."
" Dann wird es schon zu spät sein. "
" Du bist zu selbstsicher, Menschlein. "
" Nein, aber vielleicht ein bisschen übermütig, denn ich freue mich.
Das große Spiel hat endlich begonnen. "
Ende
Uwe Vitz - 5. Feb, 04:03
Uwe Vitz
Glotzauge III
Der Schachzauber
(Die Ebene der Sechs Türme)
Glotzauge der berüchtigte Goblinmagier saß im Schneidersitz auf einem Kissen, vor ihm stand ein dicklicher, älterer Mann, in kostbaren Kleidern. „ Ich weiß wirklich nicht, ob ich Euch helfen kann.“ meinte der Goblin nachdenklich. „Es wird sehr teuer werden, dieser spezielle Zauberer ist äußerst kostspielig. „
„ Nicht so kostspielig wie jetzt die Geschäfte laufen.“ seufzte der Kunde. „ So wahr ich Ibromah El Kah bin. Wie Ihr wist, ist es seit Generationen Brauch, dass die Handelshäuser der El Kah und der El Qohm jedes Jahr in einem Schachspiel entscheiden, wer mit welchen Waren aus Tandia handelt. Aber seit mein unglücklicher Sohn meine Nachfolge angetreten hat, hat unser Haus jedes Spiel verloren.“
„Hm, sehr ärgerlich.“ sagte Glotzauge.
„Seht teuer.“ sagte Ibromah. „ Dieser elende El Qohm lässt seine Tochter spielen, eine Schachmeisterin!!“
“ Wie unsportlich.“ meinte Glotzauge.
„ Ihr würdet so etwas natürlich nie tun.“
„Natürlich nicht, darum der Auftrag an Euch, Glotzauge.“
“Ich soll also ein Schachbrett mit einem Zauber belegen, das Euer Sohn wenn auf diesen Brett gespielt wird; das Spiel nicht verlieren kann?“
“Genau, so hatte ich mir das gedacht.“
Glotzauge blickte traurig auf das Schachbrett. Ibromah El Kah ahnte ja nicht, was er da verlangte. Sollte ein solcher Zauber wirken, musste jedes einzelne Feld des Schachbretts verzaubert werden, aber nicht nur gegen einen bestimmten Zug, sondern gegen mehrere verschiedene Züge, bei bestimmten Schachsituationen. Glotzauge stöhnte leise. Unendlich viele Möglichkeiten galt es zu berücksichtigen. Noch kein Magier auf dieser Ebene hatte so etwas geschafft. Ausgerechnet er, ein kleiner Goblin sollte das vollbringen. Aber er war schließlich der berühmte Goblinmagier . Glotzauge kicherte plötzlich leise und irgendwie auch ein bisschen bösartig..
Ibromah El Kah lief rot an vor Zorn.
“ Ihr macht Euch über mich lustig ! „
„Aber nicht doch.“ sagte der Goblin.
„ Ihr wolltet ein Schachbrett, auf dem man kein Spiel verlieren kann. Hier ist es!!“
„Verflucht, Ihr habt die Figuren einfach festgeklebt!! Mit diesem Brett kann niemand mehr spielen!“
„Also kann auch niemand mehr verlieren.“ erklärte Glotzauge lächelnd.
ENDE
Uwe Vitz - 5. Feb, 04:01
Glotzauge 2
Eine einfahre Sache
(Die Ebene der Sechs Türme)
von Uwe Vitz
" Eine einfache Sache. " erklärte Glotzauge,
der einzige Goblinmagier in Baran, versuchsweise freundlich lächelnd.
Allerdings lächeln Goblins ja nie besonders Vertrauens erweckend.
Vielleicht war Ali auch deswegen von Anfang an so misstrauisch.
" Wir sollen also in das Tal von Sha-Dow reiten und dort aus einer Pyramide eine bestimmte Schriftrolle stehlen? "
" Genau. Leichter geht es nicht. Die Pyramide wurde schon vor Jahrhunderten von Grabräubern geöffnet, die zwar alle Schätze stahlen, aber die Schriftrollen liegen ließen. "
" Und wieso sind diese Schriftrollen nicht zerfallen? "
" Ein Zauber liegt darauf, aber der der ist für euch ganz harmlos. " versicherte der Goblin schnell.
" Wieso lässt du dir die Schriftrolle denn nicht von einem Djinn holen? Du bist doch ein Zauberer! "
" Kein Djinn kann die Pyramide betreten. "
" Das Tal von Sha-Dow liegt im Reich Rah. Weißt du, was die Rahiten mit Grabräubern machen? "fragte Ali ärgerlich.
" Ein kluger Junge aus Baran wird sich doch nicht von solchen Bauerntölpeln erwischen lassen. " sagte Glotzauge.
" Wie viel ist diese Schriftrolle dir wert? "
" Zweihundert Dinare. "
" Für dreihundert Dinare besorgen wir dir diesen Papyrus. "
Der Goblin grinste, und Ali ahnte, dass er einen Fehler gemacht hatte.
Drei Reiter begaben sich in das Tal von Sha-Dow :
Ali El Suhr, seine Gemahlin Wesin und Horun, ein zweihundert Jahre alter Vampir,
der tagsüber stets einen Umhang mit heruntergezogener Kapuze trug, da er das Sonnenlicht nicht vertrug.
" Wieso haben sich in diesem Tal keine Menschen niedergelassen? ", wunderte sich Ali.
" Zu viele alte Gräber und viel zu viele alte Geschichten, dass mögen die Rahiten nicht.
Auch wenn sie die Gräber als heilig verehren. " erklärte Horun.
Seine Stimme klang wie immer sehr hohl.
Aber das ist bei Vampiren ja nun einmal so, je älter sie werden, desto hohler klingt ihre Stimme.
Sie ritten an dem unheimlichen Tempel von Yörk vorbei,
der schon seit Jahrtausenden verlassen war, und auch die Gräber der grausamen Priesterkönige beachteten sie nicht.
Dann erreichten die die Pyramide, die aus unbekannten Gründen von einem Rahitenkönig namens Camehli gebaut worden war.
Tatsächlich stand die Pyramide einladen offen.
Sie stiegen von ihren Pferden, zündeten die mitgebrachten Fackeln an und betraten vorsichtig die Pyramide.
Ali seufzte auf.
Warum fand man in Bauwerken aus grauer Vorzeit immer diese hässlichen Dämonenbilder?
Früher hatten die Leute wohl einfach keinen ordentlichen Geschmack gehabt.
Zahlreiche Treppen ging es hinunter und einige kurvenreiche Gänge entlang,
dann waren sie endlich am Ziel.
In einem kleinen Raum lagen zahlreiche Schriftrollen unsortiert nebeneinander.
Die Schriftrolle die der Goblin begehrte war mit einem Spinnensymbol versiegelt worden.
Als Ali das Siegel endlich entdeckt hatte,
hörte er die warnenden Schreie seiner Gefährten.
Im Boden öffnete sich eine Falltür und mit einem bösen Knurren kletterte eine Mumie aus der entstehenden Öffnung hervor.
Ali war vor Schreck wie gelähmt.
Ehe er sich besann, nahm die wütende Mumie ihm die Fackel aus der Hand, löschte sie mit einem eiskalten Atemzug und verfuhr ebenso mit den Fackeln der anderen.
" Rauchen verboten." zischte eine Stimme, der man anhörte, dass sie viele Jahrhunderte lang geschwiegen hatte.
Nach diesen Worten sprang die Mumie wieder durch die Falltür in den Keller.
" Was zum Sheitan meinte der Kerl mit Rauchen?" fragte Ali verwirrt.
" Diese Mumien drücken sich alle komisch aus." erklärte Horum verächtlich.
" Das kommt davon, wenn man Jahrtausende lang nur in alten Pyramiden rum liegt. "
" Wir sollten machen, dass wir von hier wegkommen."drängte Wesin.
" Ich grusle mich im Dunkeln. "
" Ach wirklich? Ich finde es eher gemütlich. " erwiderte Horun.
Trotzdem nahm der Vampir, die beiden Menschen bei der Hand und führte sie zum Ausgang zurück.
Es hat eben seine Vorteile im Dunkeln sehen zu können.
Leider warteten dort schon zwei Reiter auf sie.
Ein Mann und eine Frau.
" Jana und Jaba ", stöhnte Ali enttäuscht.
Die beiden waren Zwillinge und galten als gefährliche Schwertmeister;
wahrscheinlich waren sie ihnen von Anfang an gefolgt, Ali verfluchte seinen eigenen Leichtsinn;
er hatte einfach nicht damit gerechnet, verfolgt zu werden.
" Ihr habt wohl wieder mal einen neuen Auftrag? " fragte er düster.
" Natürlich. ", sagte Jana.
" Wir sollen euch die Schriftrolle abnehmen, die du da in der Hand hältst. Mach keine Dummheiten, Junge. "
Ali nickte.
Hätten vor der Tür vierzig Rahiten gewartet,
hätte er versucht, sie zu übertölpeln;
aber mit Schwertmeistern spaßte man nicht.
Wer so unvorsichtig war, sich mit den Meistern des Schwertes anzulegen, nahm ein viel zu frühes Ende.
" Also gut. " sagte Ali und gab Jaba die Schriftrolle.
Erleichtert sah er, wie die beiden Schwertkämpfer davon ritten.
So nette Leute sieht man eben lieber von fern als nah.
" Sei nicht traurig. " riet ihm Wesin.
" Freue dich lieber, dass wir noch leben. "
" Was nicht mehr lange der Fall sein wird, wenn wir uns nicht beeilen. " prophezeite Horun düster
und deutete nach Norden, wo ein Dutzend Reiter auftauchte.
Sie alle trugen die lange schwarzen Turbane und hatten die langen Schnauzbärte, die so typisch für die Anhänger der schwarzen Priester,
der Rahiten waren.
" Nichts wie weg! " schrie Ali.
Schnell sprangen die Gefährten auf ihre Pferde und flohen.
Mit fröhlichem Jagdgeschrei verfolgten die Rahiten sie bis an die Grenzbrücke über den Barinfluss.
Dann ritten sie zufrieden zurück zu ihren eigenen Geschäften.
" So ein Pech. " seufzte Glotzauge.
" Was ist mit den dreihundert Dinaren? " fragte Ali ohne viel Hoffnung.
" Ohne Schriftrolle keine Dinare. " sagte der Goblin höflich.
" Aber ich werde euch bei Gelegenheit wieder eine Chance geben. " versprach er freundlich.
Als Ali fort war, zog Glotzauge lächelnd die begehrte Schriftrolle aus einer Schublade seines Schreibtischs hervor.
Die Schwertmeister hatten nur die zweihundert Dinare verlangt, um den Grabräubern die Schriftrolle abzunehmen.
ENDE
Uwe Vitz - 5. Feb, 04:00
Der Ring des Zauberers
( Die Ebene der Sechs Türme)
von Uwe Vitz
Mathul steckte sich den Ring an den Finger.
Sogleich flog ein Djinn herbei, um seinen Befehlen zu lauschen.
„ Verrate mir den Namen des Geisterkönigs. „,befahl der Zauberer.
“ Menschlein, das darf ich nicht. „ sagte der Djinn.
„ Ich bin nur ein Djinn der Sechsten Stufe;
der Geisterkönig ist der einzige Djinn der Ersten Stufe auf dieser Ebene.
Niemals dürfte ich etwas gegen seinen Willen tun. „
“ Ich gebe dich aber erst frei, wenn du mir verrätst, wie ich dieses Geheimnis erfahren kann. „
„ Menschlein, du gierst nach Geheimnissen, die dir nur schaden können. „
„ Ich bin der mächtigste Magier in Baranya, und bald bin ich der Mächtigste auf dieser Ebene. „
“ Du bist anmaßend, Menschlein.
Du solltest den Geisterkönig fürchten, anstatt nach seinen Geheimnissen zu suchen. „
“ Ich fürchte nichts. „
“ Gut, Menschlein, so will ich dir verraten,
wie du den geheimen Namen meines Meisters erfahren kannst du bist ja so mutig und klug..“
„ Sprich Djinn. „
“ Oh größter Zauberer dieses Stadtviertels,
so höre denn, was ich kleiner, unwichtiger Djnn dir zu berichten habe. „
“ Werde nicht unverschämt. „
“ Wie du weißt, befindet sich das Reich meines Meisters nah am Ostrand der Ebene,
es ist vom Fluss des Todes eingeschlossen,
den man nur mit einem fliegenden Teppich überwinden kann.
Dort findest du unter einem von sechs würfelförmigen Felsen eine Höhle.
In der Höhle steht eine Säule aus purem Gold, auf der kannst du dem Namen meines Meisters lesen. „
“ Wie betrete ich diese Höhle? „
“ Rufe dreimal das Wort ` Tod´, und jeder der Felsen wird sich öffnen. "
“ Auch unter den anderen fünf Felsen sind Höhlen? „
“ Selbstverständlich. „
„ Was geschieht, wenn ich die falsche Höhle betrete? „
“ Natürlich wartet dort der Tod auf anmaßende Menschlein wie dich. „
Da verfluchte Mathul den Djinn und befahl ihm, sogleich zu verschwinden.
So sah also die Falle der Djinns für Menschen aus,
die versuchten den geheimen Namen des Geisterkönigs zu erfahren.
Mathul seufzte auf.
Der Weg zum Ebenenherrscher war eben doch lang und beschwerlich.
Voller Grimm erinnerte er sich an die sechs Jahre, während er auf der Inselfestung des ` Magischen Quadrates«
im Bitteren Meer in Westania als Adept gedient hatte.
Man hatte es abgelehnt, ihn zum ` Meister des Magischen Quadrates´ zu ernennen ,
weil Mahul angeblich die nötige Reife fehlte.
So hatte man ihm zum Trost den Ring gegeben, mit dem man rangniedere Djinns herbeirufen konnte.
Ha, wenn er erst den Namen des Geisterkönigs kannte,
würde er nicht länger nur ein unwichtiger Adept sein,
der den Befehlen der Meister sogar in seiner eigenen Heimatstadt gehorchen mußte,
-nein, diese Zeiten würden bald endgültig vorbei sein.
Er würde der nächste Großmeister des`Magischen Quadrates ´ werden und natürlich auch Sultan über die ganze Ebene.
Aber selbstverständlich dachte Mathul gar nicht daran,
sich für diese großen Ziele selbst in Gefahr zu bringen.
“ Glotzauge, komm her. „sagte Mathul in das Goblinphon.
Ein Rohr, welches direkt in den Keller führte.
Ein besonders abstoßender Goblin betrat mit schlürfenden Schritten den Raum..
“ Ja, Meister. „ fragte die elende Kreatur ängstlich.
Nun, der Goblin hatte auch allen Grund, Mathul zu fürchten
. Der Zauberer erinnerte sich lächelnd an die Vorgänger dieses Goblins:
Sie hatten seine Wünsche nicht erfüllen können, und alle waren sie eines grausamen Todes gestorben.
Dafür reichte die Macht seines Ringes aus.
Bisher hatte dieser Goblin Glück gehabt:
Er war geschickter rund klüger, als man ihm ansah.
“ Bringe mir einen Straßenjungen. „ befahl der Zauberer.
“ Jawohl Meister. „
Das Schattenviertel hatte sich seinen Namen redlich verdient,
schließlich lebten hier die Schatten von Baran, der Hauptstadt des Sultanats Baranya.
Es waren Schatten, die man durchaus fürchten konnte.
Meuchelmörder, Diebe, Vampire, Werwölfe und andere Wesen, die man besser nicht beschrieb,
hatten sich hier angesiedelt, denn der Glanz der prächtigsten Stadt Sahurias zog viele Schatten an.
Einer von ihnen war Mathul, der verruchte Zauberer gewesen;
zwei andere Schatten trafen sich derweil an einem ebenso finsteren Ort des Schattenviertels,
wie Mathuls Festung, nämlich in der Höhle der Werwölfe.
“ Für seine verdammte Zauberei hat Mathul zweien
meiner besten Fährtensucher das Fell über die Ohren gezogen. „
klagte Omar, der Leitwolf, der Stadtwölfe bitter.
„ Sehr bedauerlich. „ sagte Kerim, der Meuchelmörder nachdenklich;
dabei schnitt er sich mit seinem scharfen Dolch die Fingernägel.
“ Mathul ist ein mächtiger Zauberer.
Im Augenblick beherrscht er das Schattenviertel;
sogar die Vampire fürchten ihn. „, knurrte der Leitwolf.
“ Man muss den Mächtigen fürchten, bis ein noch Mächtigerer kommt. „,
zitierte Kerim einen geläufigen Spruch im Schatten Schattenviertel.
“ Oder bis er eines plötzlichen Todes stirbt. „
“ Ach, würde denn jemand für Mathuls plötzlichen Tod gut bezahlen? „ fragte Kerim scheinbar unbeteiligt.
“ Sehr gut sogar. „
Der Goblin Glotzauge öffnete mürrisch die Tür
und musterte misstrauisch den Jüngling,
der die Glocke geschlagen hatte.
Der Junge sah viel zu unschuldig und freundlich aus,
als dass er in das Schattenviertel gepasst hätte.
Irgendetwas verbarg sich also hinter diesem netten Gesicht.
„ Was willst du? „ knurrte der Goblin .
“ Ach, meine armen Eltern sind todkrank, und der Arzt verlangt ein Vermögen für die Behandlung, also suche ich Arbeit. „
„ Wieso ausgerechnet hier? „
“ Oh, Meister Mathul gilt als ein mächtiger Mann, und er hat einen sehr guten Ruf. „
Glotzauge nickte.
Mathul hatte in der Tat einen ganz besonderen Ruf.
Sinnlose Grausamkeit, wahnsinnige Experimente und sehr gefährliche Beschwörungen,
die immer für den größtmöglichen Schaden sorgten, hatten ihn bekannt gemacht.
“ Das stimmt natürlich.
Aber bist du auch geschickt genug, um einem so großen und edlen Zauberer zu dienen? „ fragte der Goblin ernst.
“ Verlangst du eine Prüfung? „
„ Natürlich, schließlich darf doch kein Unwürdiger Meister Mathul dienen.
Weisst du, der Meister kann sehr ärgerlich werden..“
“ Was soll ich tun? „
“ Der Meister schläft gerade in seinem Gemach.
Schleiche doch dort hinein und ziehe den Ring von seinem Finger, dass wäre ein annehmbarer Geschicklichkeitsbeweis. „
“ Ich werde es versuchen. „
Kerim hatte zwar gehört, dass Goblins dumm sind,
aber für so blöd hätte er die hässlichen Kreaturen nie gehalten.
Dieser Goblinsklave hatte ihm bereitwillig den Weg zu seinem schlafenden Meister gewiesen.
Kerim würde den Goblin später über seine Dummheit aufklären,
ehe er ihn tötete.
Aber zuerst mußte der Zauberer sterben.
Vielleicht war er ja auf irgendeine Art und Weise magisch mit dem Goblin verbunden
und würde dessen Tod spüren.
Bei Magiern ging der Meuchelmörder lieber auf Nummer Sicher.
Der Meuchelmörder schlich absolut lautlos die Treppe zu Mathuls Schlafzimmer herauf,
ein leichtes Flimmern vor der Tür warnte ihn jedoch.
Ein Djinn bewachte den Eingang zu dem Schlafzimmer.
Mathul war vorsichtig.
Kerim hatte er aber gar nicht anderes erwartet;
unvorsichtige Narren überlebten im Schattenviertel nicht lange.
Er zog ein Blatt Papier hervor, auf dem ein einziger Satz stand, und legte es vor sich auf den Boden.
“ He, du da . Stimmt es, dass Djinns nicht lesen können? „, fragte er.
Sogleich wurde der Djinn sichtbar.
Er hatte die Gestalt eines gehörnten Teufels angenommen.
“ Dummer Mensch, ich werde dich für deine Frechheit zerschmettern. „
“ Trotzdem kannst du nicht lesen. „
“ Menschenwurm, ich werde dir deinen dummen Zettel schon vorlesen, ehe ich dich töte. „
Der Djinn schwebte entschlossen heran.
Sein Dämonengesicht zeigte tödliche Entschlossenheit.
“ Wir Djinns sind viel gebildeter als ihr Menschen. „
“ Beweise es und halte keine langen Reden. „, erwiderte Kerim unerschrocken.
Der Djinn hob den Zettel auf und las laut:
„ Ra ist unser Gott, Salemon ist sein Prophet- ah, du hast mich betrogen, Mensch! „
Sogleich zuckte ein Blitz aus der Ewigkeit heran,
und der Djinn verschwand in einer Lichtwolke,
die sich rasch auflöste.
Jedes Kind wusste, dass es den Djinns verboten war,
den Namen des Propheten und des Einen Gottes auszusprechen. Zum
Glück war es nur ein Djinn der Sechsten Stufe gewesen.
Solche Geisterwesen waren noch recht leicht zu überlisten.
Kerim hob den Zettel auf und ging zur Tür.
Sicher hatte der Zauberer einen Alarmmechanismus an der Tür angebracht
- für den Fall, dass diese von einem Eindringling geöffnet wurde.
Selbst Mathul war nicht so dumm, sich auf einen Djinn der Sechsten Stufe zu verlassen,
Aber Kerim war natürlich auch nicht so dumm, einfach die Tür zu öffnen.
Lächelnd verwandelte er sich in eine Nebelwolke,
die durch den Türschlitz quoll
und im Schlafzimmer des Zauberers wieder ihre natürliche Gestalt annahm.
Niemand in Baran ahnte, das Kerim, der Meuchelmörder, ein viele Jahrhunderte alter Vampir war.
Dieses kleine Geheimnis und die damit verbundenen Vampirfähigkeiten machten Kerims Beruf oft sehr viel leichter.
Neugierig sah sich der Vampirmeuchelmörder in dem Schlafzimmer des Zauberers um.
Tatsächlich, spinnfadendünne Seilchen hingen am Griff der Tür und waren mit einer
winzigen kleinen Glocke verbunden, die an der Wand über dem Schlafenden hing.
Kerim zog seinen Dolch und holte zum tödlichen Wurf aus.
„ Vorsicht, Meister! „ rief da die Stimme des Goblins.
Kerim fuhr herum, aber von dem Goblin war nichts zu sehen;
die Stimme war aus einem seltsamen Rohr an der Wand gekommen.
Mathul riss die Augen auf und richtete sich kerzengerade in seinem Bett auf.
Der Zauberer deutete mit seinem Ringfinger auf den Meuchelmörder und befahl:
„ Herbei Djinn, vernichte diesen Eindringling! „
Kerim schleuderte seinen Dolch und traf genau die Kehle des Zauberers.
Mathul sank sterbend in sein Bett zurück
Kerim hatte gerade noch Zeit, sich über seinen Triumph zu freuen,
bevor der Djinn herbei flog und den letzten Befehl des Zauberers ausführte.
Ein Flammenstrahl aus dem Mund des Djinns verwandelte den Mann,
der Meuchelmörder und Vampir in einem gewesen war,
in einen sehr einfachen Haufen Asche.
Der Goblin Glotzauge betrat das Schlafzimmer des Zauberers
mit einem Handbesen und einer Kehrschaufel.
Sorgfältig fegte er die Überreste des Meuchelmörders zusammen und schüttete die Asche zu dem anderen Abfall.
Dann untersuchte er die Leiche des Zauberers und zog ihr den Ring vom Finger.
Dieser Ring passte sowieso besser zu Glotzauge als zu dem Verstorbenen.
Der Goblin rief seinen Djinn herbei,
der die Leiche Mathuls verschwinden ließ.
Es alles eigentlich viel zu einfach gewesen, fand Glotzauge.
Als er Kerim zum ersten Mal sah, hatte er sofort den Verdacht gefasst,
einen Meuchelmörder vor sich zu haben.
Wer sonst wollte schon freiwillig in die Dienste eines verrückten Zauberers treten?
Also hatte er den Burschen einfach den Weg zum Schlafzimmer Mathuls gezeigt und diesen dann über das Goblinphon gewarnt.
Seine beiden Feinde hatten sich dann gegenseitig vernichtet.
War es nicht nur gerecht, dass ein so kluger Goblin den Ring des Zauberers erbte?
Nachdenklich betrat Glotzauge das Labor des Zauberers, sein Labor.
Der erste Goblinmagier von Baran begann mit seiner Arbeit.
ENDE
Uwe Vitz - 5. Feb, 03:59
Affentanz
(Die Ebene der Sechs Türme)
von Winfried Brand
Es dämmerte bereits, als sie im tiefen Dschungel von Tandia
endlich einen geeigneten Platz fanden, wo sie ihr Lager aufschlagen konnten.
Müde ließ sich Jago auf einen Moos bewachsenen Felsen sinken,
zog seine Schuhe aus und begann,
seine Füße zu massieren,
die er nach dem langen Marsch dieses Tages kaum noch spüren konnte.
Das war einer der Nachteile, einen berühmten Wissenschaftler zum Vater zu haben.
Zuhause in Oststadt war ja alles ganz wunderbar; dort genoß er es regelrecht, von den anderen Jugendlichen bewundert zu werden,
wenn er wieder einmal von all den Abenteuern erzählte,
die er mit seinem Vater auf dessen Forschungsreisen erlebt hatte.
Und irgendwie klangen die Geschichten auch viel aufregender,
wenn sie aus seinem Mund kamen.
Doch die Wahrheit war eigentlich ziemlich ernüchternd.
Keine wilden Tiere, vor denen er die Expedition retten mußte;
noch nicht einmal die legendären Menschen fressenden Affen
hatten sie bisher zu Gesicht bekommen,
und es war auch keine seiner verwegenen Heldentaten vonnöten,
die er seinen Freunden immer wieder erzählte.
Leise betete er, daß sie die sagenumwobene Stadt Ankia bald finden würden, so wie es ihnen ihr Führer Devos versprochen hatte,
denn dann würde dieses ewige Herumgelaufe endlich ein Ende haben.
Aber inzwischen zweifelte er am Wahrheitsgehalt der Worte des Führers,
der sie in diesen Urwald gelockt
hatte.
Angeblich hatte er die Stadt gesehen, war sogar in ihr gewesen.
So jedenfalls hatte er erzählt,
als er vor fast zwei Monaten halb verhungert
und verdurstet in Oststadt
bei Jagos Vater an die Tür geklopft hatte.
Sein Vater war natürlich sofort begeistert von der Aussicht,
die legendäre Stadt Ankia zu finden und
gründlich zu untersuchen, so daß er
nichts eiligeres zu tun hatte, als
schnellstens eine Expedition auszurüsten,
um auf die Suche nach der Stadt zu gehen.
Jago würde es nicht wundern,
wenn sich herausstellen würde,
daß ihr Führer gar keine Ahnung hatte, wo die Stadt zu finden war;
daß er diese Geschichte nur erfunden hatte,
um bei Jagos Vater für ein paar Tage Unterschlupf zu finden.
Jago warf einen kurzen Blick hinüber zu Devos,
der auch nicht gerade glücklich zu sein schien.
Seine dunkle Miene sprach Bände, während er zusammen mit den Trägern, die Jagos Vater für diese Expedition angeheuert hatte,
den Platz für die Nacht herrichtete.
Während Jago weiter seine wunden Füße massierte,
schweiften seine Gedanken immer weiter ab.
Seit mehr als sieben Jahren begleitete er seinen Vater nun schon auf dessen Expeditionen.
Früher war das alles anders gewesen, war sein Vater allein losgezogen.
Doch dann passierte das mit seiner Mutter.
Sie wurde krank, als sein Vater wieder einmal unterwegs war,
und keiner wußte, um was für eine Krankheit es sich handelte.
Als er endlich wieder heimkehrte,
wurde er mit der Nachricht empfangen, daß seine Frau am Fleckenfieber gestorben war,
einer Krankheit, die durchaus heilbar war,
wenn man sie rechtzeitig erkannte.
Jagos Vater schwor sich, daß er nie wieder einen Menschen verlieren sollte,
weil er nicht anwesend war.
Statt jetzt jedoch auf die Expeditionen zu verzichten,
nahm er seinen damals 8jährigen Sohn mit -
eine Tradition, die er bis heute beibehalten hatte
und auf die Jago inzwischen eigentlich ganz gut verzichten konnte.
Schließlich hatte er inzwischen genügend Stoff für seine Erzählungen zusammen
und war es satt, sich dauernd die Füße wund zu laufen.
Er schreckte aus seinen Gedanken hoch,
als er eine Berührung an seiner rechten Schulter spürte.
Der Geruch von gebratenem Fleisch stieg in seine Nase.
“ Komm, Sohn. Es wird Zeit zu essen. " hörte er seinen Vater,
der sich bereits wieder dem Lager zuwandte.
Jago mußte eine ganze Weile in Gedanken versunken sein,
denn an seinem Vater vorbei sah er bereits
die fertigen Unterstände für die Nacht,
und mitten zwischen ihnen drehte ein Träger
den ersten der drei großen Vögel,
die sie im Laufe des heutigen Tages hatten erlegen können,
über dem Feuer.
Wenigstens gab es heute etwas Ordentliches zu essen
- und nicht nur die Wurzeln,
die sie die letzten drei Tage bekommen hatten.
Sein Vater hätte ruhig noch den einen oder anderen Jäger auf die Expedition mitnehmen können,
dann hätten sie wesentlich mehr Fleisch zu essen bekommen,
dachte Jago, während er seine Schuhe wieder anzog
und zum Lager hinüberschlenderte.
Weder er noch einer der anderen Expeditionsteilnehmer bemerkte das Augenpaar,
welches sie aus dem Dikkicht, das die Lichtung umgab,
noch eine ganze Zeitlang beobachtete.
Am nächsten Morgen machten sie sich bereits früh wieder auf den Weg,
obwohl auch Jagos Vater inzwischen die Geschichte ihres Führers anzuzweifeln begann,
wie Jago vermutete.
Kurz bevor er am letzten Abend eingeschlafen war,
hatte er noch mitbekommen,
wie sich sein Vater mit ihrem Führer unterhielt,
zwar leise, aber doch unüberhörbar in einem zornigen Tonfall.
Jagos Meinung nach waren diese Zweifel längst überfällig,
aber wenn sich sein Vater einmal in seinen Forschungsdrang hineingesteigert hatte,
hielt ihn so schnell nichts mehr auf.
Jagos Füße hatten in dieser Nacht wohl zu wenig Zeit gehabt,
sich richtig zu erholen, denn bereits nach weniger als drei Stunden begannen sie wieder heftig zu schmerzen.
" Verdammter Tag/Nacht/Rhythmus ", dachte Jago,
der sich nichts sehnlicher gewünscht hätte als eine längere Nacht.
Doch diese war erst am Abend des heutigen Tages wieder zu erwarten.
Diese Expedition war aber auch eine ziemliche Zumutung,
fand Jago.
Er setzte sich auf eine Baumwurzel am Rand des Weges,
den die Gruppe förmlich aus dem Urwald geschnitten hatte,
und ließ die anderen erst einmal an sich vorbeiziehen.
Er mußte einfach ein wenig ausruhen, und wenn es nur fünf Minuten waren.
Die Gruppe würde er schon wieder einholen, und verlaufen konnte er sich auch nicht. Der von ihnen geschaffene Weg war schließlich der einzig gangbare Teil in diesem Urwald.
Jagos Vater nickte ihm noch zu, als er an ihm vorbeiwanderte,
zuckte dann mit den Schultern
und verschwand im dichten Unterholz.
Kurz nachdem die Gruppe außer Sicht war,
fühlte sich Jago schon wieder besser.
Vielleicht hatte er die Einsamkeit auch einfach mal gebraucht.
Drei Wochen nur in Begleitung der Expedition konnten einem schon auf den Geist gehen.
Er sehnte sich zurück nach Oststadt und seinen Freunden. Plötzlich schien es ihm, als ob sich die Baumwurzel,
auf der er saß, bewegen würde.
Vor Schreck erstarrte er förmlich,
was sein Fehler gewesen war.
Die Wurzel rutschte nach hinten,
und während sie ihn mitriß,
bemerkte er, daß das Gebüsch hinter seinem Rücken nur wenige Zentimeter dick war.
Danach ging es einen steilen Abhang hinunter.
Auch saß er nicht, wie vermutet, auf einer Wurzel,
sondern auf einem abgestorbenen Ast,
der sich an beiden Enden ein bißchen in den Waldboden gegraben hatte.
Dieser Ast hatte durch das Gewicht des Jungen seinen Halt verloren
und rutschte nun unaufhaltsam den Ab- hang hinunter
- und Jago mit ihm.
Das letzte, was er wahrnahm, war ein pelzbedeckter Kopf, der ihm durch das Gebüsch am oberen Ende des Abhangs nachsah,
dann wurde ihm schwarz vor Augen.
Sein ganzer Körper schmerzte,
als er erwachte.
Und noch etwas anderes spürte er.
Es war, als ob sein Körper von irgendjemandem von oben bis unten abgetastet würde.
" Salemon sei Dank, sie haben mich gefunden ", dachte er,
dann schlug er unter lautem Stöhnen die Augen auf.
" Mir geht es..."., fing er an,
doch dann verstummte er.
Nicht etwa sein Vater oder einer der anderen Expeditionsteilnehmer hatte sich über ihn gebeugt,
sondern ein großer Affe, der fast menschlich aussah.
Mit einem leisen Schrei sank er zurück in die Ohnmacht.
Als er das nächste Mal erwachte, bemerkte er etwas Kühles auf seinen Beinen.
Vorsichtig schlug er die Augen wieder auf.
Diesmal war er nicht mehr überrascht,
den Affen zu erblicken, der wenige Meter neben ihm auf dem Boden des Urwaldes saß
und auf irgendwelchen Blättern herumkaute.
Vorsichtig versuchte Jago, sich zu bewegen.
Seine Beine schmerzten zwar noch immer,
aber er schien sich glücklicherweise nichts gebrochen zu haben.
Vielleicht konnte er fliehen, ohne daß der Affe ihn bemerken würde;
denn er zweifelte nicht daran, einen der Menschen fressenden Affen vor sich zu haben,
die hier im Urwald ihr Unwesen treiben sollten,
von denen sie bisher jedoch noch nichts gesehen hatten.
Als er sich vorsichtig auf die Seite rollte,
konnte er jedoch ein leises Stöhnen nicht unterdrücken.
Der Affe sah ruckartig auf und kam dann zu ihm herüber.
Er griff nach Jagos Beinen,
die dieser in einer Reflexreaktion zur Seite zog.
Der Affe war jedoch schneller.
Mit seinen Händen hielt er Jagos Beine wie in einem Schraubstock.
" Soviel also zu deinem Fluchtversuch. Schöner Held bist du...".,
verspottete sich Jago in seinen Gedanken selbst.
Dann sah er sich den Affen genauer an.
Eigentlich sah er ja recht friedlich aus,
nur das Gefühl des harten Griffs um seine Beine
und der grünliche Saft,
der dem Affen aus den Mundwinkeln lief,
gaben ihm ein Furcht erregendes Aussehen.
Als könnte ihn Jagos Fluchtversuch nicht aus der Ruhe bringen,
kaute der Affe in aller Seelenruhe weiter auf den seltsamen Blättern herum.
Jago beschloß, sich still zu verhalten
und später eine neue Fluchtchance besser zu nutzen,
die sich sicherlich bieten würde.
Schließlich schien der Affe das Kauen leid zu sein,
denn er griff mit einer Hand nach seinem Mund und holte die Blätter daraus hervor.
Völlig überraschend für Jago klatschte er den grünlichen Brei jedoch auf Jagos Unterschenkel
und verrieb ihn dort.
Starr vor Schreck wagte es Jago nicht,
sich weiter zu bewegen.
Erst jetzt entdeckte er,
daß sein anderer Unterschenkel ebenfalls von einer grünlichen Paste bedeckt war.
Das war also das feuchtkühle Gefühl auf seinen Beinen gewesen.
Aber was, um Salemons Willen, machte der Affe denn eigentlich mit ihm?
" Ich heile deine Beine, was glaubst du denn? ",
erklang eine Stimme in Jagos Kopf.
Jago vergaß vor Schreck sogar fast das Atmen.
Was war das für ein Zauber?
" Kein Zauber.
Das ist nur meine Art, mich zu unterhalten.."
Die Stimme in seinem Kopf schien amüsiert zu sein.
" Wer... wer bist du? " fragte Jago laut,
froh, wenigstens ein Geräusch zu hören,
das nicht zu dem ewigen Rauschen des Urwaldes gehörte.
" Kannst du dir das nicht denken? "
Fast schien es Jago,
als ob die Stimme in seinem Kopf sich über ihn lustig machte.
Dann riß ein fremdes Geräusch ihn aus seiner Konzentration.
Der Affe schien zu lachen.
Jedenfalls konnte man die Geräusche,
die er von sich gab,
als solches interpretieren
- mit viel Phantasie zumindest.
Auch konnten die verzogenen Mundwinkel nicht etwa auf eine grimmige Gesinnung hindeuten
, wie man vermuten könnte,
sondern vielmehr auch das äffische Gegenstück eines Grinsens sein.
Jago kannte sich in der Mimik der Affen nicht allzugut aus,
was ihn jedoch nicht daran hinderte,
erst einmal erstaunt zu schauen und dann ebenfalls breit vor sich hin zu grinsen.
" Dir gehört die Stimme in meinem Kopf, nicht wahr? "
redete er auf den Affen ein.
" Gut erkannt.."
" Wieso hilfst du mir eigentlich? "
" Hm, ich weiß auch nicht so recht. " Ich habe eure Gruppe schon eine Weile beobachtet,
das ist interessanter als mit den anderen zu spielen.
Denen fallen sowieso keine neuen Spiele mehr ein,
und immer das gleiche... Na ja, jedenfalls wart ihr eine Abwechslung für mich.
Und als ich dann gesehen habe, wie du hier runtergerutscht
und liegen geblieben bist... Ich rutsche hier ja auch öfter runter,
ist ein schönes Spiel,
aber du hast das wohl eher unfreiwillig gemacht,
und dann kann man sich schließlich verletzen...."
Jago begriff langsam, daß er wohl eher ein Affenkind vor sich hatte.
Wie groß würde es eigentlich noch werden,
wenn es einmal erwachsen wäre?
Schon jetzt war das Affenkind fast so groß wie er selbst...
" Danke ", stammelte er,
immer noch überrascht von der unvermuteten Mitteilsamkeit des Affen.
" Aber gern geschehen.
Meine Mutter hat mir gezeigt,
wie man kleine Wunden behandeln kann.
Und deshalb hab ich das bei dir auch gemacht.."
" Wie kommt es eigentlich, daß du reden kannst
- oder wie man das auch nennen will, wenn deine Stimme in meinem Kopf erscheint? "
Jago spürte, schon als er diese Worte aussprach,
daß er einen Fehler gemacht hatte.
Das Affenkind wich mit einem Satz von ihm zurück,
das Grinsen war aus seinem Gesicht verschwunden.
" Oh je, jetzt habe ich doch glatt das wichtigste vergessen,
was mir mein Vater gesagt hat."
" Und was ist das? "
Immer noch war Jagos Stimme die einzige,
die die natürliche Geräuschkulisse des Urwaldes durchdrang.
Der Affe gab nur ab und zu ein leises Grunzen von sich,
doch seine Stimme erklang in Jagos Kopf so klar,
als ob er laut sprechen würde.
" Sprich nie mit Menschen. "
" Oh ", machte Jago.
Er begann zu verstehen.
Die Affen wollten nichts mit ihrer Nahrung zu tun haben.
Aber dieses Affenkind schien doch eigentlich freundlich zu sein.
Wieso hatte es ihm geholfen?
" Nein, du verstehst überhaupt nichts. " vernahm er wieder die Stimme in seinem Kopf.
Konnte der Affe etwa seine Gedanken erkennen?
" So in etwa. Wenn du richtig fest an etwas denkst,
kann ich erkennen, was es ist."
Na, das war ja eine nette Überraschung.
" Na, jetzt ist es ja eigentlich egal.
Du weißt es ja sowieso schon.
Auch wenn es meinem Vater gar nicht gefallen wird.
Du darfst ihm auf keinen Fall etwas davon erzählen,
sonst wird er böse."
" Keine Angst, ich kann schweigen wie ein Grab."
Jago kam kurz der Gedanke,
daß diese Redewendung gar nicht mal so falsch sein könnte,
wenn der Vater oder einer der anderen Affen herausfinden würde,
daß er das Geheimnis ihrer Art kannte.
Sollte er nicht wirklich schweigen,
konnte es durchaus dazu kommen, daß er für immer schweigen würde.
Schließlich waren diese Affen ja Menschenfresser,
auch wenn er das jetzt nicht mehr so ganz glauben konnte.
Dann sprach wieder die Stimme des Affenkindes in seinem Kopf:
" Komm mit, ich zeig dir was..."
Der Affe winkte Jago zu, ihm zu folgen.
Verwundert stellte Jago fest,
daß er fast keine Schmerzen mehr in seinen Beinen hatte.
Selbst seine wunden Füße schienen geheilt zu sein.
Dieses grünliche Zeug schien Wunder zu wirken.
Vorsichtig folgte er dem Affen, der stets ein paar Meter vor ihm ging,
gerade so weit, daß er ihn durch das dichte Unterholz noch erkennen konnte.
Nach vielleicht einer Viertelstunde hielt der Affe abrupt inne.
Er bedeutete Jago, jetzt ganz leise zu sein,
dann schlich er behutsam weiter bis
zu einer undurchdringlich erscheinenden Wand aus Gestrüpp,
wo er sich niederließ.
Jago versuchte,
jedes Geräusch zu vermeiden,
als er sich an die Seite des Affen begab.
Vorsichtig schob der Affe ein paar Zweige auseinander.
Jago erkannte erstaunt,
daß sich sein Freund,
so glaubte er den Affen inzwischen bezeichnen zu können,
hier eine Art Versteck geschaffen hatte,
wo er wohl des öfteren saß
und irgendetwas beobachtete.
Neugierig blickte Jago durch die entstandene Öffnung
und konnte nur mit Mühe einen Ausruf des Erstaunens unterdrücken.
Er blickte direkt auf die Gemäuer einer uralten Stadt.
Teilweise schien sie zerfallen
und vom Urwald zurückerobert zu sein,
doch war sie alles in allem in einem erstaunlich guten Zustand.
Dies mußte Ankia sein, die Stadt,
nach der sein Vater die ganze Zeit gesucht hatte.
Dann konnte er einen Laut des Erstaunens doch nicht unterdrücken,
als er einiger Affen gewahr wurde,
die sich durch die teilweise zerfallenen Straßen der Stadt bewegten.
Die Affen mußten zur Art seines Freundes gehören,
nur waren sie größer, ein ganzes Stück größer
als das Affenkind neben ihm.
Und die Affen gingen aufrecht,
ganz so wie Menschen.
Seinen Vater hätte das sicherlich sehr interessiert.
Genau nach so etwas suchte er schon seit Jahren:
Den Beweis, daß Menschen und Affen irgendwie verwandt miteinander waren.
Seine Kollegen hatten ihn immer wieder ausgelacht,
wenn er auf diese Theorie zu sprechen kam,
doch er hatte nicht aufgegeben.
Daß sie ihn überhaupt noch ernstnahmen,
hatte er nur seinen anderen Forschungen zu verdanken
- und der Tatsache,
daß er von seiner speziellen Theorie nur noch sehr selten sprach.
Das hier würde seinen Vater sicherlich begeistern.
Als Jago genauer hinsah,
konnte er erkennen,
daß die Affen noch menschenähnlicher schienen,
als er auf den ersten Blick glaubte.
Ihr Fell war nicht so dicht wie bei den anderen Affenarten,
die er bisher zu sehen bekommen hatte.
Was sie jedoch fast auf unheimliche Art menschenähnlich machte,
war die Art, wie sie ihre Hände gebrauchten.
Staunend sah Jago zu,
wie einer der Affen mit Hilfe von einigen Werkzeugen
den Eingang eines der Häuser zu reparieren schien.
Wenn das doch nur sein Vater sehen könnte.
Staunend beobachtete er weiter,
als er plötzlich zurückgerissen wurde.
" He", beschwerte er sich in der Annahme,
daß er seinen Affenfreund vor sich hatte,
doch dann erkannte er die Gestalt hinter sich.
Es war einer der ausgewachsenen Affen,
der nun in drohender Gebärde über ihm stand.
Ende des 1. Teils
Winfried Brand
Affentanz
(Die Ebene der 6 Türme)
2. Teil
Der Affe holte zu einem Schlag aus,
als ihm das Affenkind in den Arm fiel.
" Laß ihn, er ist mein Freund! "
erklang die inzwischen vertraute Stimme des Kindes in seinen Gedanken.
Der ältere Affe hielt inne.
Dann packte er entschlossen nach dem Affenkind und Jago.
Mit unbarmherzigem Griff zerrte er die beiden aus dem dichten Unterholz
ins Freie auf die Stadt zu.
Die anderen Affen sahen erstaunt auf,
als sie den freien Platz betraten.
Eine Sekunde lang schien der Dschungel den Atem anzuhalten,
dann brach die Hölle los.
Die Affen rannten aufgescheucht durcheinander,
und es dauerte Minuten, bis sie sich wieder beruhigt hatten.
Schließlich kam einer der Affen auf sie zu.
Das Affenkind neben Jago schien sich wie in Schmerzen zu winden;
dann erklang wieder die bekannte Stimme in Jagos Kopf,
diesmal jedoch schien sie dem Weinen nah zu sein.
" Vater, bitte sprich auch zu ihm.
Er hat ein Recht darauf, dich auch zu hören."
Jago begriff zuerst nicht,
doch dann erklang eine andere, zornige Stimme in seinen Gedanken.
" .Was hast du nur getan, Tela?
Du weißt doch, daß kein Mensch von uns wissen darf. "
Tela?
Jago glaubte, sich verhört zu haben.
Oder war dies Affenkind neben ihm wirklich ein Mädchen?
" Aber Vater, er hatte sich verletzt,
und ich wollte ihm doch nur helfen. Außerdem ist er wirklich nett...."
" Na, das werden wir ja sehen.
Du weißt doch, wie die Gesetze lauten? "
" Ja, Vater."
Die Stimme Telas schien gedrückt.
Jago wurde zornig.
" Aber ich weiß es nicht.
Würde mir vielleicht jemand erklären,
um was es hier eigentlich geht? "
" Na gut ", erklang die Stimme von Telas Vater in seinem Kopf.
" Du hast ein Recht darauf, es zu erfahren.
Außerdem wirst du es sowieso nicht weitererzählen können.."
" Was soll das denn heißen? "
" Alles zu seiner Zeit. Kommt erst mal mit. "
Telas Vater gab dem Affen,
der die beiden hielt, einen Wink,
sie loszulassen.
Dann bedeutete er ihnen, ihm zu folgen.
Kurze Zeit später saßen sie zusammen an einem Tisch
in einem der Häuser der Stadt
. Jago kam aus dem Staunen gar nicht mehr heraus.
Alles wirkte zwar ein wenig primitiv,
aber irgendwie... menschlich.
" Ja, du hast gar nicht mal so unrecht.
Aber setz dich erstmal."
Die Stimme von Telas Vater war ruhiger geworden.
Fast schien es Jago, als könne er eine Spur von Mitleid aus ihr herauslesen,
aber sicher war er sich nicht.
Nachdem sie sich an den roh zusammen gezimmerten Tisch gesetzt hatten,
erzählte Telas Vater:
" Es ist schon lange her,
Jahrhunderte, da lebten unsere Vorfahren mitten unter den Menschen.
Ja, sie waren sogar Menschen wie du.
Doch irgendwie waren sie auch anders.
Sie hatten die Gabe, ihre Stimme durch
die Geister der anderen Menschen wandern zu lassen
. Diese Gabe machte sie zu etwas Besonderem, doch die anderen Menschen fürchteten sich
vor ihnen und wollten sie töten,
sobald sie einen von unseren Vorfahren erkannten.
Es gelang dreizehn von ihnen,
sich in den Urwald zu flüchten,
wo sie vor den Menschen sicher waren.
Hier fanden sie ein neues Zuhause,
ohne Furcht und Neid.
Denn der Neid war es gewesen
, der die anderen Menschen dazu trieb, unsere Vorfahren zu fürchten.
Irgendwann fanden sie schließlich diese Stadt, und sie machten sich daran,
sie in Teilen wieder bewohnbar zu machen.
Während all der Jahrhunderte jedoch
haben wir uns an unsere Umgebung angepaßt,
uns weiterentwickelt, bis wir schließlich immer weniger
wie Menschen aussahen.
Und unsere Gesetze verbieten uns,
uns mit Menschen einzulassen.
Sollten die Menschen von uns erfahren,
werden sie die Jagd wieder aufnehmen und uns diesmal endgültig vernichten.
Deshalb darf niemals ein Mensch von unserem Geheimnis erfahren.
Und wenn doch einer davon erfährt, darf er uns nie wieder verlassen.
Wir werden also auch dir nicht erlauben können,
wieder zu den Deinen zurückzukehren.."
" Aber ich dachte, ihr seid Menschenfresser..."
" Ja ", erklang die Stimme von neuem in Jagos Kopf.
" In diesem Urwald gibt es viele dieser Menschen fressenden Affen,
und auch wir müssen uns vor ihnen in Acht nehmen.
Doch wir können sie uns vom Leib halten.
Außerdem legen wir großen Wert darauf, mit ihnen verwechselt zu werden,
denn dies hält uns die neugierigen Menschen vom Hals.
Eigentlich sind wir über diese Affen sehr froh,
auch wenn sie manchmal zum Problem werden.
Aber keine Angst,
wir werden dich jedenfalls nicht auffressen.
Vielleicht wirst du dir jedoch irgendwann einmal wünschen,
daß wir es doch tun würden."
Telas Vater gab dem Affen,
der den Eingang des Hauses bewachte, einen Wink.
Er kam näher und griff nach Jago.
" Wir werden dich jetzt erst einmal einsperren müssen.
Wenn du irgendetwas benötigen solltest,
kannst du ja nach uns rufen.
Schließlich sind wir ja keine Unmenschen..."
Jago wußte, daß Gegenwehr zu diesem Zeitpunkt nichts bringen würde,
und so ließ er sich widerstandslos abführen.
Der Affe brachte ihn zu einem Haus, das außergewöhnlich gut erhalten war.
Nirgendwo waren Spuren von Verfall zu sehen,
die Mauern schienen sehr stabil zu sein,
und auch die Tür, durch die er ins Innere gebracht wurde,
war alles andere als morsch.
Er hörte, wie die Tür hinter ihm geschlossen wurde;
dann wurde ein Riegel vorgelegt. Als er sich in dem kleinen Raum umsah, in dem er nun gefangen war und in dem er wohl den Rest seines Lebens verbringen sollte,
wenn es nach dem Willen der Affenmenschen ging,
stellte er fest, daß er wenigstens
einigermaßen gemütlich eingerichtet war.
Lediglich die Gitter vor den Fenstern gefielen ihm nicht so besonders,
was kein Wunder war, denn noch hatte er die Hoffnung, fliehen zu können, nicht aufgegeben.
Die Affen würden es nicht schaffen, ihn hier zu behalten.
Schließlich hatte er sich schon oft aus ausweglosen Situationen befreien können.
Während dieser Gedanken kam ihm gar nicht richtig zu Bewußtsein,
daß diese Rettungsaktionen eigentlich nur in seiner Phantasie stattgefunden hatten,
in den Geschichten, die er seinen Freunden in Oststadt erzählt hatte.
In diesem Moment glaubte er daran,
daß er sie wirklich erlebt hatte.
Und er wußte, daß es ihm irgendwie gelingen würde,
sich zu befreien. Wenig später klopfte jemand an die Tür
. Dann wurde der Riegel zurückgeschoben, und Tela kam herein.
" Es tut mir leid, das wollte ich nicht.",
erklang ihre Stimme in seinem Kopf. " Ist schon gut."
" Weißt du, ich kann dich richtig gut leiden,
und ich hoffe, daß ich meinen Vater vielleicht irgendwann überreden kann,
dich doch gehen zu lassen. Du würdest doch nichts über uns verraten, oder? "
" Nein, natürlich nicht
. Schließlich bist du doch meine Freundin."
Jago meinte dies ernst,
denn er konnte durchaus die Gefahr sehen,
in der die Affenmenschen schwebten,
wenn sie von den Menschen entdeckt würden,
ihre Existenz bekannt würde.
Tela schien seinen Gedankengängen gefolgt zu sein,
denn sie wurde ruhiger.
Gleichzeitig schien sie einen entschlossenen Gesichtsausdruck aufzusetzen,
soweit Jago dies bei ihr erkennen konnte.
" Ich wollte dir eigentlich nur etwas zu essen und trinken bringen. ", sagte Tela
und setzte ihm eine Art Tablett aus Baumrinde auf den Tisch,
auf dem eine Schale mit einer dampfenden Flüssigkeit
und ein Krug mit Wasser stand;
dann verließ sie ihn wieder.
Jago hörte, wie von draußen der schwere Riegel wieder vorgelegt wurde; dann spürte er,
daß er tatsächlich Hunger hatte. Eigentlich kein Wunder,
denn er hatte schon seit heute morgen nichts mehr gegessen,
was immerhin schon fast zehn Stunden her war.
Draußen begann es schon wieder zu dämmern. So setzte er sich also an den Tisch,
der dem in dem Haus von Telas Vater ähnelte,
und begann, seinen Hunger zu stillen.
Die dampfende Flüssigkeit erwies sich als eine sehr schmackhafte
und sättigende Suppe,
die Jago nur mit Mühe restlos verspeisen konnte.
Nach der reichhaltigen Mahlzeit fühlte er sich schlapp und müde,
und so legte er sich auf die Matratze aus Stroh,
die er in einer Ecke des Raumes erblickt hatte.
Das war doch schon etwas ganz anderes als der Waldboden,
auf dem er die letzten drei Wochen hatte nächtigen müssen.
Kurze Zeit später war er eingeschlafen.
Als er erwachte, war es dunkel.
Nur ein schwacher Lichtschein fiel durch eines der Fenster in den Raum.
Zuerst wußte er nicht, was ihn geweckt hatte, doch dann hörte er leise Geräusche von draußen.
Verwundert stand er auf und ging zu dem vergitterten Fenster,
das auf eine Art Platz hinausführte. Erstaunt stieß er den Atem aus, als er erkannte,
was dort vor sich ging.
Die Menschenaffen hatten sich um mehrere kleine Feuer herum versammelt,
deren Lichtschein kaum ausreichte,
die Szenerie wirklich zu erhellen.
Viele der Affenmenschen waren auch jetzt noch von der Dunkelheit mehr oder weniger verschluckt,
und er konnte nur erahnen,
daß sie sich wirklich dort befanden,
wo er sie vermutete.
Es waren vielleicht an die fünfzig Affenmenschen,
die sich hier versammelt hatten,
wahrscheinlich die gesamte Bevölkerung der Stadt,
wie Jago vermutete.
Und sie schienen irgendetwas zu feiern.
Jedenfalls tanzten einige von ihnen in einem Kreis
um eins der Feuer herum,
während die anderen dazu im Takt in die Hände klatschten.
Es war ein wahrer Affentanz,
den er hier beobachtete.
Was die Affen jedoch feierten,
entzog sich seinem Vorstellungsvermögen.
Seine Festnahme konnte es ja wohl nicht sein, oder?Nein, sicherlich nicht, beruhigte er sich.
Diese Affenmenschen waren friedlich und froh,
wenn sie mit den Menschen nichts zu tun hatten.
Jago gähnte intensiv
und beschloß, sich wieder hinzulegen.
Vielleicht konnte er am nächsten Morgen näheres
über dieses seltsame Fest herausfinden.
Es war immer noch dunkel, als er zum zweiten mal aufwachte.
Das Fest schien bereits zu Ende zu sein,
denn diesmal war die Dunkelheit fast vollkommen.
Nur das schwache Licht der Sterne ließ ihn einige Umrisse in seiner Umgebung erkennen.
Er zuckte zusammen,
als er eine Berührung an einem rechten Arm fühlte.
" Psst ", erklang Telas Stimme in seinem Kopf.
" Versuche, nicht intensiv zu denken,
sonst könnten sie vielleicht aufwachen."
" Was..." Jago schlief noch mehr, als daß er wach war.
" Schschscht! " machte Tela,
" Ruhe. "
Dann zog sie ihn vorsichtig auf die sperrangelweit offen stehende Tür zu.
Wenige Minuten später war sie mit
ihm in der Dunkelheit des Dschungels verschwunden.
" So, jetzt sind wir weit genug weg. "
" Was machst du eigentlich? "
" Ich will dich befreien, du Dummkopf! "
" Aber dein Vater...."
" Ach, der wird sich schon wieder beruhigen. Ich weiß,
daß du uns niemals verraten würdest, auch deinem Vater gegenüber nicht.
Und ich mag dich und möchte nicht mit ansehen,
wie du langsam, aber sicher in deinem Gefängnis
Tag für Tag ein Stück mehr stirbst."
Jago schwieg.
Es war auch gar nicht nötig, daß er ein Wort sagte,
denn Tela konnte schließlich seine Gedanken verstehen.
Schweigend drangen sie Hand in Hand weiter in den Urwald vor.
Schließlich hielt Tela inne.
" Hier müssen sich unsere Wege trennen.
Dort vorne ", sie zeigte in die Richtung,
in die sie bisher vorgestoßen waren,
" liegt das Lager der Leute deines Vaters.
Sie suchen dich schon seit gestern Mittag,
als sie feststellten, daß du ihnen nicht mehr gefolgt bist.
Dein Vater ist sehr in Sorge um dich. " Jago schwieg noch immer.
Er konnte Telas Reaktion immer noch nicht begreifen.
" Dummkopf! " ertönte wieder ihre Stimme, doch klang sie irgendwie liebevoll.
Schließlich verstand Jago, was Tela dazu getrieben hatte, ihn zu befreien.
Er wollte noch etwas sagen, doch da war Tela schon von seiner Seite verschwunden.
" Nein, du brauchst nichts zu sagen, ich weiß es schon.
Und ich kann auch nicht mit dir kommen. Die Menschen würden das Geheimnis unseres Volkes erkennen,
und das wäre wahrscheinlich unser Untergang."
Jago wollte es zuerst nicht wahrhaben,
doch dann sah er ein, daß Tela recht hatte.
Sie konnte ihn nicht begleiten.
Schwermütig machte er sich auf in die Richtung,
die Tela ihm gewiesen hatte.
Kurz bevor er das Lager erreichte, spürte er noch einmal ihre Hand
kurz über seinen Arm streichen.
" Denke an dein Versprechen... Auf Wiedersehen...".,
die letzten Worte Telas verklangen leise in seinem Kopf,
dann durchbrach er das letzte Gebüsch,
das ihn noch vom Lager seines Vaters getrennt hatte.
Die Morgendämmerung zog bereits auf,
als sich die Aufregung im Lager langsam wieder legte.
Sein Vater hatte sich tatsächlich um ihn gesorgt
und hatte in seiner Sorge die anderen Männer der Expedition fast verrückt gemacht.
Und so waren auch sie mehr als froh,
daß Jago wieder bei ihnen war.
Seinem Vater hatte er einen Teil der Wahrheit erzählt.
Daß er mit dem Baumstamm den Abhang hinuntergerutscht war,
danach bewußtlos gewesen und erst vor vielleicht zwei Stunden wieder zu sich gekommen sei.
Er sei den Abhang wieder hinaufgeklettert und hatte schließlich den Weg
zum Lager gefunden
. In seiner Freude hatte sein Vater den kleinen Schwachpunkt der Geschichte nicht bemerkt.
Denn die Gruppe hatte den abgerutschten Baumstamm gefunden,
jedoch keine Spur von Jago.
Aber das konnte er immer noch damit erklären,
daß er etwas weiter gerollt war, unter einen Busch oder so,
wenn es denn nötig werden sollte.
Sein Vater hatte sich übrigens entschlossen,
die Suche nach der legendären Stadt Ankia aufzugeben.
Er war jetzt davon überzeugt, daß Devos gelogen hatte,
als er von ihr erzählte.
Heute würde man sich also auf den Rückweg machen
und die Expedition als gescheitert erklären.
Gern hätte Jago seinem Vater erzählt,
daß es die Stadt doch gab, daß er sie gesehen hatte,
und auch von den Affenmenschen;
doch er erinnerte sich an sein Versprechen, das Versprechen, das er sein Lebtag nicht brechen würde.
Und er erinnerte sich an die letzten Worte Telas.
" Auf Wiedersehen. ", hatte sie gesagt.
" Ja, auf Wiedersehen, Tela. Und wir werden uns wieder sehen - irgendwann...."
ENDE
© 15.02.96 by Winfried Brand /
Uwe Vitz - 4. Feb, 05:25
Die Ehre des Henkers
(Die Ebene der Sechs Türme)
von Uwe Vitz
Im Heerlager der Thulaner, an der Nordküste des Sauren Meers, wimmelten Ritter, Knappen und Kriegsknechte durcheinander.
Einer dieser Kriegsknechte war der Cymre Camlan. Er war Matrose auf einem Handelsschiff im Sauren Meer gewesen,
das von den Bullemännern geentert wurde.
Sie verkauften alle wehrtauglichen Matrosen und Passagiere an die Thulaner,
die ständig Nachschub für ihren Krieg gegen die Nordianer brauchten.
Der Krieg war grausam, die Thulaner wurden in den Sümpfen und den Wäldern so rasch getötet,
dass ihr Kaiser Mühe hatte, genug Nachschub zu finden.
Sie rächten sich, indem sie das Land so gründlich nieder brannten , wie es Menschen möglich war.
General Wigard hatte gleich zu Beginn des Krieges seinen inzwischen berüchtigten "Keine-Gnade-Befehl" gegeben,
der nichts weiter besagte, als dass jeder Nordianer, egal ob Mann, Frau oder Kind, zu töten sei,
denn Kaiser Sieghardt hatte sich entschlossen, das ganze Nordiansiche Volk auszurotten.
Für solch einen hohen Herren war ein solcher Befehl rasch gegeben,
denn er musste die Gesichter seiner Opfer nie sehen.
Der Kaiser saß sicher in der Hauptstadt von Thula hielt dort große Reden über die Zivilisation.
Camlan fragte sich, seit er im Thulanischer Krieg kämpfen musste,
ob es nicht besser sei, alle Könige und Kaiser zu enthaupten und die Zivilisation zu vergessen.
Heute war wieder einer dieser großartigen " Siege der Zivilisation " gewesen.
Die Thulaner hatten ein Nordianisches Dorf in den Wäldern entdeckt und niedergebrannt.
Sie hatten sogar ein paar Gefangene gemacht, eine kleine Familie, die so dumm gewesen war, sich erwischen zu lassen.
Morgen früh sollten die Gefangenen gevierteilt werden, als kleine Aufmunterung für die Truppe.
Camlan jedenfalls fühlte sich nicht aufgemuntert.
Noch viel weniger, als er erfuhr, dass man ihn dazu ausgewählt hatte,
die Hinrichtung zu vollstrecken.
" Ich bin kein Henker. „protestierte er.
" Doch ab heute. "erklärte ihm sein Vorgesetzter sachlich.
" Unser alter Henker ist beim letzten Anschlag der Nordianer ums Leben gekommen.
Betrachte dieses Amt als eine Ehre Soldat. "
" Welche Ehre soll es sein, diese hilflosen Menschen abzuschlachten? "
" Das hast du nicht zu beurteilen, Soldat. " ermahnte ihn sein Vorgesetzter streng.
" Bedenke dennoch, dass sie Nordianer sind,
primitive Barbaren, die nichts mit zivilisierten Menschen gemein haben.
Damit sich die große Thulanische Kultur weiter verbreiten kann,
muss dieses entartete Volk ausgerottet werden. So grausam es klingen mag, es ist notwendig. "
Nach diesem Gespräch fühlte sich Camlan so klein und hilflos wie nie zuvor.
So besuchte er am Abend die Gefangenen.
" Ah, der Henker will sich seine sichere Beute schon mal ansehen. "begrüßte ihn einer der Posten freundlich.
" Leider hat der General verboten, dass wir sie, bevor du sie fertig machst, noch ein bisschen verprügeln. "
" Hast du denn gar kein Mitleid, wenigstens mit den Kindern? " fragte Camlan verstört.
" Mein Bruder starb durch einen Hinterhalt der Nordianer. ", antwortete der Posten.
" Dafür sollen diese Bastarde büßen. "
" Ja natürlich. ", seufzte Camlan und betrat die Zelle.
An Händen und Füßen angekettet hockten sie da.
Der Mann starrte Camlan hasserfüllt an, die Frau hatte Tränen in die Augen.
Sie flehte ihm in ihrer fremden Sprache an- worum?
Um das Leben ihrer Kinder?
Um einen schnellen Tod?
Morgen würde es ein sehr langsamer Tod werden.
Camlan blickte in die fünf schmutzigen Gesichter,
sah die Hoffnung in den Augen der Kinder und die Hoffnungslosigkeit in denen der Erwachsenen.
Als Camlan die Zelle verließ, fragte der Posten:
" Haben diese feigen Schweine um ihr Leben gefleht? "
Camlan nickte.
Der Posten lachte verächtlich.
" Ich wünschte ich könnte deinen Job machen, Henker. "
" Vielleicht hast du bald eine Gelegenheit. ", erwiderte Camlan und ging.
Am nächsten Morgen hielt General Wigard eine lange Rede.
Er sprach über Pflicht, Treue und über Gerechtigkeit.
Er sprach auch darüber, dass die heutige Hinrichtung ein gutes Beispiel für Gerechtigkeit bieten würde.
Als die Soldaten die Gefangenen aus der Zelle bringen sollten,
eilten sie verstört zurück und berichteten, dass die Gefangenen schon tot seien.
Sie waren im Schlaf gestorben.
Der General bekam daraufhin einen Wutanfall, der noch viel schlimmer wurde,
als er erfuhr, dass der Henker spurlos verschwunden war..
Ein kleines Boot trieb über das Saure Meer.
Camlan blickte gleichgültig zur Nordianischen Küste, von der er immer weiter abgetrieben wurde.
Er dachte an die giftigen Kräuter, die er den Gefangenen gegeben hatte, für einen schnellen, schmerzlosen Tod.
Und er fragte sich immer wieder, ob es eine Möglichkeit gegeben hätte, ihr Leben zu retten.
ENDE
Uwe Vitz - 4. Feb, 05:24
Das Geschenk der Goblins
Prinzessin Nordwind 2
(Die Ebene der Sechs Türme)
von Uwe Vitz
Auf der Gurkeninsel im Sauren Meer liegt das Schloss der Fee Malefysatek,
von den anderen Bewohnern auch Male genannt.
Einst zog die Fee Male ein kleines Mädchen auf, dessen Eltern ums Leben gekommen waren.
Da dieses Kind das einzige Menschenkind auf der Gurkeninsel war,
nannte die Fee es einfach `Menschenkind´.
Sie war nie sehr einfallsreich was Namen anging.
Dennoch zog die Fee das Kind mit all der Liebe und Gewissenhaftigkeit auf,
die man von einer guten Fee erwartete und natürlich lehrte sie Menschenkind auch manchen Zauberspruch.
Auf der Gurkeninsel gibt es auch noch Goblinsdorf.
Die Goblins sind hässliche, kleine Kobolde von bräunlich, schwarzer Gesichtsfarbe und voller List und Tücke.
Der Bürgermeister von Goblinsdorf war zu jener Zeit Bruder Langzahn,
er war der übelste und bösartigste Goblin auf der ganzen Insel.
Eines Tages nun versammelte sich der Dorfrat von Goblinsdorf.
Fünfzehn, braune, schwarze oder grünhäutige Kobolde hockten in einem Steinkreis mitten im Dorf und berieten sich mit so schrillen Stimmen, dass Glas davon zersplittert wäre.
(Dies ist übrigens auch der Grund weshalb es in Goblinsdorf keine Glasfenster gibt)
Bruder Langzahn begann: " Liebe Brüder, lange schon haben wir Goblins auf eine Gelegenheit gewartet,
die ganze Gurkeninsel für uns zu beanspruchen, nun ist es soweit. "
" Wie willst du das große Ziel erreichen? " fragte Bruder Giftblick.
Bruder Langzahn gab ihm einen Schlag mit der rechten Klauenhand,
der ihn aus dem Steinkreis schleuderte.
Knurrend kroch Bruder Giftblick in den Steinkreis zurück und starrte den Bürgermeister hasserfüllt an.
" Unterbrich nie deinen Bürgermeister "keifte Bruder Langzahn und fuhr fort.
" Ich habe eine blaue Rose. "
" Woher? " kreischten die anderen vierzehn Goblins im Chor.
" Von einem Zauberer aus Sahuria gestohlen.
Ihr wisst was eine blaue Rose bewirkt Brüder? "
Schrilles Triumphgebrüll erschütterte die ganze Gurkeninsel.
" Die Goblins sind heute so unruhig,
da gibt es bestimmt schlechtes Wetter. ",
meinte die Fee Male besorgt und blickte in Richtung Goblinsdorf.
" Menschenkind, geh doch schnell zum Brunnen und hol noch etwas Wasser,
Wasserholen ist bei guten Wetter viel leichter als bei Dauerregen. "
" Ja sofort gute Fee. ", sagte Menschenkind müde.
Sie fragte sich nicht zum ersten Mal,
wieso die Fee ihre magischen Kräfte nicht auch für das Wasserholen
und die Küchenarbeit verwendete.
Manchmal hatte das Mädchen den Verdacht,
dass es mit der Zauberkraft der Fee nicht so weit her war,
wie alle Bewohner der Gurkeninsel glaubten.
Diesmal wurde das Wasserholen besonders unangenehm,
denn neben den Brunnen hockte ein Goblin.
Nicht irgendein Goblin, sondern Bruder Langzahn persönlich,
der Bürgermeister der Goblin.
Menschenkind hatte ein bisschen Angst vor Bruder Langzahn,
denn er war fast so groß wie sie, der größte Goblin auf der ganzen Insel.
Der Goblin versuchte freundlich zu grinsen, was bei einem Goblin ziemlich Furcht erregend aussieht.
" Habt keine Angst braves Kind. ", zischte der Goblin sanft.
" Ich habe keine Angst. ", sagte Menschenkind stolz.
" Du weißt doch, ich stehe unter dem Schutz von Male. "
" Natürlich, ich weiß. " ,zischte der Goblin.
" Deswegen bin ich hier, ich bin ja so traurig,
weil ich der guten Fee in den letzten Wochen so viele Schwierigkeiten gemacht habe. "
" Vergiss nicht den Schiffbrüchigen, den du gefressen hast. "
Bruder Langzahn winke ab.
" Ja, der arme Schiffbrüchige, aber das war ein Bullemann,
und hat auch überhaupt nicht richtig geschmeckt. "
" Aber es war doch ein Mensch. "
Bruder Langzahn nickte.
" Jetzt will ich alles wieder gut machen. Hier ist mein Geschenk für die gute Fee,
vom traurigen lieben Goblin. "
Mit diesen Worten überreichte er Menschenkind die blaue Rose, deren Blüte geschlossen war
“ Es liegt ein Zauber auf dieser Rose. " zischte der Goblin.
" Sie wird sich öffnen, so bald du sie der lieben Male überreicht, ein Geschenk der Versöhnung. "
" Das ist aber nett von dir. ", meinte Menschenkind erstaunt.
Sie war noch nie einem netten Goblin begegnet.
" Soll ich dir den schweren Eimer tragen? " fragte Bruder Langzahn.
Ohne auf die Antwort zu warten, ergriff er den Eimer und trug ihn blitzschnell zum Schlosstor.
Das Betreten des Schlosses war allen Goblins verboten.
" Und schöne Grüße an die liebe Fee! ", rief der Goblin Menschenkind nach,
als sie mit dem Einer ins Schloss ging.
" Werde ich ausrichten. ", rief das Mädchen zurück.
Mit dem Eimer in der Hand stieg Menschenkind die Treppe hinauf und schüttete das Wasser in die Vorratswahne der Fee.
Male saß gerade vor ihrem Fernrohr und beobachtete Goblinsdorf.
" Irgendetwas stimmt nicht. ", vermutete die Fee besorgt.
" Die Goblins sind ganz außer Rand und Band. "
" Ich weiß auch nicht. ", sagte Menschenkind verwirrt.
" Ebene hockte Bruder Langzahn am Brunnen,
er hat mir sogar den Eimer bis vor das Tor getragen und mir etwas für dich geschenkt. "
" Du hast das Geschenk doch nicht angenommen? "
" Doch, er war diesmal so lieb, da wollte ich ihn nicht beleidigen. ",
verteidigte sich Menschenkind. " Aber ich habe es heimlich zurückgegeben. Als er nach dem Eimer griff,
steckte ich die Rose hinter sein rechtes Ohr. "
" Was für eine Rose? ", fragte Male.
" Oh eine komische blaue Rose. "
Die Fee wurde bleich.
" Die Rose des Vergessens. ", sagte sie erschrocken.
Triumphierend lief Bruder Langzahn zurück nach Goblinsdorf.
" Sieg! "kreischte er wild.
" Diesmal haben wir es geschafft, die Alte ist erledigt! "
Die vierzehn Dorfrate von Goblinsdorf brachen in schrilles Geheul aus.
Nur Bruder Giftblick trottete mit gesenkten Haupt davon.
Er hasste Bruder Langzahn schon sehr lange und hätte gern dessen Posten als Bürgermeister gehabt,
aber daran war nach diesem Erfolg natürlich nicht mehr zu denken.
" Als erstes werden wir das Schloss der Alten stürmen
und sie mit ihren Ziehkind zusammen in Stücke schneiden. ", plante Bruder Langazahn.
" Aber ordentlich würzen, bevor wir sie braten. " erinnerte einer der Dorfräte.
" He, was ist denn das? " fragte einer der Goblins seinen Bürgermeister.
" Was meinst du? ",knurrte Bruder Langzahn, der seine Siegesfeier gestört sah.
" Na, hinter deinem Ohr. " sagte der Dorfrat.
Bürgermeister Langzahn griff natürlich zuerst an sein linkes und dann an sein rechtes Ohr.
" Oh nein. " flüsterte er noch, als er die blaue Rose in seiner Hand sah.
Wie der Zauber gesprochen war, so wirkte er nun auch.
Die Rose öffnete sich und der Duft des Vergessens kam über die Goblins.
" Oh jetzt ist es aber still. " meinte Menschenkind als der Lärm aus Goblinsdorf plötzlich verstummte.
" Bruder Langzahn und sein Dorfrat haben endlich Ruhe und Frieden gefunden. ",sagte die Fee.
" Dann hat die blaue Rose ja doch einem guten Zweck gedient. ", meinte Menschenkind
und beschäftigte sich weiter mit dem Zauberbruch, welches die Fee Male ihr gegeben hatte.
ENDE
Uwe Vitz - 4. Feb, 05:23
Spieglein, Spieglein, an der Wand
Prinzessin Nordwind 1
( Die Ebene der Sechs Türme)
von Uwe Vitz
Während ein besonders strenger Winter über Burland herrschte,
musste Königin Edith wieder einen Staatsbesuch in Moria machen,
denn das Verhältnis der beiden Königreiche war wieder einmal mehr als gespannt.
An der Grenze hatte es einige böse Gemetzel zwischen zwei seit Jahrhunderten verfeindeten Ritterfamilien gegeben,
und da die eine Sippe diesseits und die andere jenseits der Grenze lebte,
versuchten ehrgeizige Adelige auf beiden Seiten, den Vorfall als Vorwand für einen neuen Krieg zu nehmen.
Dabei wartete man jenseits des Bitteren Meeres, in Thula nur auf eine solche Gelegenheit, um über die südlichen Nachbarn herzufallen.
Aber zum Glück war Edith von Burland die Schwester von König Gandru von Moria.
Gandru mochte ein finsterer Bösewicht sein, aber seine Schwester liebte und fürchtete er,
und so war es Edith mehrfach gelungen beiden Völkern Kriege zu ersparen.
Der Königliche Schlitten wurde von zwei riesigen Burlandwölfen gezogen
und war mit einem kutschenartigen Aufbau ausgerüstet.
Normale Kutschen mit Rädern konnten um diese Jahreszeit den Pfad nach Moria nicht befahren.
Als Schutz für die Königin ritten sechs Ritter neben dem Schlitten her.
Der Nordwind pfiff ihnen ordentlich um die Ohren und die Kälte kroch ihnen allen in die Knochen.
Aber während die Ritter einfach nur froren,
blickte Königin Edith nachdenklich in die Nacht.
Das Heulen des Nordwindes ließ sie nicht frösteln, sondern ehrfürchtig staunen.
" Ach hätte ich doch ein Kind. " seufzte sie.
“So wild wie der Nordwind, so schön wie der Schnee, so stolz wie die Nacht. "
Am Ende der Reise gelang es Königin Edith wieder einmal,
einen Krieg zu verhindern und einige Tage später erfuhr sie, dass sie schwanger war.
" Meisterlein, Meisterlein, an der Wand, bald bist der Mächtigste im ganzen Land. "
Die rothaarige Frau kniete demütig vor dem dunklen Spiegel, aus dem jetzt ihre eigene Stimme klang.
" Frau Gräfin, habt Ihr Haare von der Königin gewonnen, wie wir es Euch rieten, besonnen? "
" Ja Meister. ", sagte die Gräfin.
Die rothaarige Frau wich vor dem Zauberspiegel zurück
und zog einen roten Samtvorhang vor das Spiegelglas.
Sie seufzte, denn es war anstrengend, zugleich einen Gräfin und eine heimliche Hexe zu sein.
Aber noch hatte sie nicht alles vollbracht.
Die Gräfin öffnete vorsichtig einen Schrank
und holte ein kleines Kästchen heraus.
Aus ihrem Kleid zog sie einen Schlüssel und öffnete das Kästchen vorsichtig.
Ein winzig kleines schwarzes Wesen lag in einem Bettchen und blinzelte träge zu ihr herauf.
Die Gräfin ergriff eine Pinzette, packte die Haarsträhne und reichte sie herab zu der Kreatur.
" Pestmännchen klein, bringe zu der Person mit diesem Haar den Tod fein. "
Kaum hatte das eben noch so träge Wesen die kleine Haarsträhne berührt, da jagte es mit unglaublichem Tempo davon.
Die Königin erkrankte an der Pest und starb.
Die Ärzte sprachen von einem Pestmännchen, dass man einfangen musste, um die Königin zu retten,
doch so etwas schaffte niemand.
König Gerhard trauerte ein Jahr lang ehrlich.
Aber er hatte nur eine Tochter und als König in Burland benötigte man nun einmal einen Sohn.
So musste er wieder heiraten und alle Fürstentöchter des Königreiches und einige
Prinzessinnen aus Nachbarländern wurden ihm vorgeführt. Doch keine konnte sein Herz gewinnen.
Eines Tages besuchte ihn die Gräfin Lydia von Grausumpf.
Sie war eine Schönheit mit ihren langen roten Haar, den blauen Augen und den roten Lippen.
Aber seit dem Tod ihres Mannes, des brutalen Grafen Herbert von Grausumpf,
rankten sich Gerüchte von Hexerei um sie.
Die Gräfin verlangte eine Privataudienz wegen der zunehmenden Streitereien mit Moria.
Seit dem Tod seiner Schwester entwickelte König Gandru einen beängstigenden Hass auf Burland,
und das Volk von Moria schien die Gefühle seines Königs zu teilen.
An der Grenze wurde es immer unsicherer, es gab jetzt häufiger blutige Gemetzel.
König Gandru begann, ein starkes Heer aufzustellen,
und es gab Gerüchte über einen Feldzug gegen Burland.
Doch in seiner Verzweifelung und Trauer hatte Gerhard diese Probleme einfach verdrängt.
Während er mit der Gräfin sprach, trank er reichlich Wein, wie so häufig.
Er ahnte nichts von dem bestochenen Diener, der einen bestimmten Zaubertrank in den Wein mischte.
Gräfin Lydia war eine sehr erfahrene Frau und in dieser Nacht lernte König Gerhard die Liebe wieder neu.
Ein weiteres Jahr verging, dann hatte Burland eine neue Königin.
" Dieser Bastard! " brüllte Gandru außer sich vor Zorn.
Er hat einer Hexe den Platz meiner Schwester geschenkt.
So ist das Andenken von Königin Edith entehrt, sie war eine Heilige, und er heiratet eine Hexe! "
" Das ist der Beweis. " behauptete einer der Grafen.
" Um einer Hexe willen hat König Gerhard Eure Schwester ermordet. "
" Rache! ", rief das Volk von Moria..
" Krieg! " riefen die Adeligen von Moria.
" Heiliger Krieg! "riefen die Priester von Moria.
" Tod! ",rief König Gandru. " Tod dem Mörderkönig Gerhardt. "
Obwohl der Winter schon nahte, stürmte König Gandru an der Spitze seiner Truppen über den Grauen Pfad nach Burland.
Die ersten Dörfer, die sie erreichten, wurden niedergebrannt und die gesamte Bevölkerung erschlagen,
auch Frauen und Kinder.
König Gerhardt blieb kleine andere Wahl, er musste seinem Hass erfüllten Feind entgegen ziehen.
In der Nacht nahm Gerhardt Abschied von Lydia.
Er weinte und war wie ein kleines Kind, weil er sich nicht von ihr trennen mochte,
aber am Morgen war er wieder der stolze König von Burland.
Und Lydia?
Es wird behauptet auch sie hätte eine Träne vergossen, denn auf eine seltsame Art liebte sie Gerhardt ebenfalls.
Wer weiß?
Aber der unerbittliche Morgen kam.
Der Bischof von Burland segnete Gerhardts Schwert,
so wie der der Bischof von Moria Gandrus Schwert gesegnet hatte.
Das Burländische Heer zog mit König Gerhardt ab der Spitze in den Norden und bei Schloss Grausumpf
kam es zum Treffen zwischen den beiden Königen.
Um den Krieg zu beenden bat Gerhardt Gandru um ein Treffen zwischen den beiden Heeren,
Gandru willigte sofort ein.
In ihren Rüstungen und mit blanken Schwert in der Hand saßen sich die beiden Könige auf ihren Schlachtrössern gegenüber.
" Gandru beende diesen Wahnsinn ehe es zu spät ist. " flehte Gerhardt.
" Du vernichtest uns beide. "
" Gerhardt gib mit meine Schwester zurück. ",verlangte Gandru unerbittlich.
" Das kann ich nicht. "
" Gut. Aber ich hörte, meine Schwester starb durch ein Pestmännchen.
In deiner Königsburg lebt eine Hexe namens Lydia. Verbrenne sie und ich bin mit der Rache zufrieden. "
" Das kann ich nicht. "
Gandru lachte verzweifelt.
" Dann begreife, dass du uns beide vernichtet hast, nicht ich. "
Mit diesen Worten stürmte er vor.
Gerhardt konnte den Schwertstreich seines ehemaligen Schwagers gerade noch parieren.
Ihre Klingen prallten mit einem lauten Klirren zusammen.
Über die gekreuzten Schwerter hinweg starrten die beiden einander an,
und zwei Heere stürmten los um den Königen nach zu eifern.
In der Schlacht von Grausumpf wurden eintausend Soldaten
und zwei Könige erschlagen,
wie man einige Tage später feststellte
" Meisterlein, Meisterlein an der Wand, heute bist du der Mächtigste im ganzen Land. "
" Frau Königin, in Burland sind wir heute stark,
aber was wird morgen sein?
Des Königs Töchterlein macht uns Sorgen. "
" Nordwind ist noch kein Jahr alt, sie ist keine Gefahr für Euch. ", sagte Königin Lydia.
" Frau Königin, was eine Gefahr ist und was nicht,
entscheiden wir, nicht ihr. "
Die Stimme klang kalt wie immer.
Doch glaubte Lydia eine Drohung heraus hören zu können.
Wieder einmal bereute sie es, sich mit dem Zauberspiegel eingelassen zu haben.
Wer einmal im Bann dieser Macht stand,
für den gab es kein zurück mehr.
Hatte der Spiegel ihr nicht gegeben,
was er versprochen hatte?
Macht, Schönheit und Reichtum besaß sie.
Trotzdem schauderte Lydia,
denn es war ihr eigenes Spiegelbild welches mit ihrer eigenen Stimme,
jedoch mit unmenschlicher Kälte,
zu ihr sprach.
Dies machte alles noch viel unheimlicher.
Sie wusste, dass sie im Grunde genommen Schuld an dem Krieg zwischen Burland und Moria war.
So war sie fest entschlossen, nicht noch mehr Schuld wegen des Spiegels auf sich zu laden. Sie trat zurück und zog wortlos den roten Vorhang vor den Spiegel.
Sie wandte sich ab und ging zur Tür, da hörte sie wie der Vorhang wieder aufgezogen wurde.
Langsam drehte sich Lydia um und sah wie ihr eigenes Spiegelbild ihr zulächelte.
Ihr Spiegelbild welches aus den Spiegel heraus griff und absichtlich langsam den Vorhang aufzog.
Lydia schaffte es irgendwie einen Entsetzensschrei zu unterdrücken, ihr eigenes lächelndes Gesicht sprach:
" Frau Königin, weil wir existieren müssen auch noch morgen,
macht des Königs Töchterlein uns Sorgen. "
" Was willst du? ",fragte Königin Lydia mit bebender Stimme.
" Frau Königin, bringt uns Nordwinds blutiges Herz,
damit sie uns nicht später zufügt schweren Schmerz. "
" Und wenn ich mich weigere? "
" Frau Königin zwingt uns nicht Euch zu strafen,
es wäre schade,
denn unser Zorn kennt keine Gnade. "
" Du bist ein Ungeheuer. ", sagte Königin Lydia.
" Frau Königin, Ihr sprecht wahr,
aber es nutzt Euch nichts. Denn wir sind Euer Lebenslicht vergesst dies nicht. "
Wütend zog Lydia den Vorhang wieder vor das Spiegelglas und stürmte aus dem geheimen Raum.
Königin Lydia stand mit dem Schwert in der Hand vor dem Bettchen Nordwinds.
Sie schloss die Augen und hob das Schwert zum Schlag.
Aber sie konnte es nicht tun.
Sie dachte an Königin Edith, König Gerhardt und viele andere Unschuldige,
die sie nicht einmal kannte.
Als Lydie die besonderen Fähigkeiten des Spiegels entdeckt hatte,
war es zuerst nur ein Spiel gewesen. Sie stammte eigentlich aus Goria.
Dort war sie als Tochter eines kleinen Häuptlings aufgewachsen,
der ihr eines Tages den Spiegel schenkte, den er in einer Ruine gefunden hatte.
Dann hatte man sie mit den Grafen Herbert von Grausumpf verheiratet.
Er war war ein brutaler Despot,der sie täglich vergewaltigte.
Damals sprach der Spiegel zum ersten Mal mit ihr.
Er bot ihr seine Hilfe an, wenn sie ihn als Meister anerkenne
und seinen Geboten gehorche.
Dabei wies er darauf hin, dass ein solcher Pakt für ewig gelten würde.
Sie musste nur ihre Hand ausstrecken und die Hand ihres Spiegelbildes berühren,
als es geschah, glaubte sie, eiskalte Haut zu fühlen und ihr Spiegelbild lächelte sie an,
obwohl sie selbst keine Miene verzog.
Der Spiegel verriet ihr ein einfach herzustellendes,
aber sehr wirksames Gift und so starb Graf Herbert.
Aber der Spiegel gab weitere Befehle.
Er machte sie mächtiger und reicher, es schien ihr,
dass ihre Schönheit immer mehr aufblühte und überirdisch wurde.
Doch auch die Schuld wuchs.
Sie verursachte Tod und Verderben in einem Ausmaß, dass ihr vor sich selbst graute.
Voller Schrecken erkannte Lydia,
dass der Tod dieses Kindes auch ihr eigener Tod sein würde.
Der Spiegel würde immer größere Gräueltaten von ihr verlangen.
" Wir sind Euer Lebenslicht „ hatte der Spiegel gesagt.
Lydia begriff nicht genau, was der Spiegel meinte,
aber sie ahnte, dass sie schon zu sehr mit ihm verbunden war,
um seinem Willen zu trotzen.
Doch wenn es ihr gelang den Spiegel zu überlisten,
würde dieser vielleicht freiwillig den Pakt lösen und auf ihre weiteren Dienste verzichten.
Sie rief eine Hebamme, die für ihre Treue bekannt war und befahl ihr Nordwind an einen Ort zu bringen,
wo niemand Gerhards Tochter vermuten würde.
Anschließend befahl sie einem Jäger, ihr das Herz eines Rehs zu bringen.
„ Meisterlein, Meisterlein an der Wand,
heute bist du der Mächtigste im ganzen Land. "
Sie verneigte sich scheinbar demütig vor dem Spiegel und hob das blutige Herz empor.
„ Frau Königin, Ihr habt uns betrogen, deshalb sind wir Euch nicht mehr gewogen.
Ihr entgeht jedoch dem Tod, denn wir bereiten Euch größere Not. "
Eine eiskalte Hand griff aus dem Spiegel heraus und packte Lydia am Handgelenk,
die Königin schrie gellend auf,
während ihr Spiegelbild zufrieden lächelte.
Dann zog das Spiegelbild Lydia mit einem einzigen Ruck in den Spiegel und
trat selber heraus ins Freie. Burland hatte wieder eine neue Königin bekommen,
aber niemand würde es erfahren. Ihr Spiegelbild schien merkwürdig verzerrt,
so als würde es unter großen Schmerz und Grauen leiden.
Die neue Königin schob lächelnd den roten Vorhang vor das Spiegelglas.
Sie würde den Spiegel nicht mehr befragen.
ENDE
Uwe Vitz - 4. Feb, 05:22
Der Besucher
v. Uwe Vitz
( Die Ebene der sechs Türme)
Dr. Philuppus betrat die Universität von Abgrundia, ohne von der Sensation zu wissen.
„ Oh geehrter Lehrer.“ begrüßte ihn, einer seiner Schüler.
„ Habt Ihr auch schon von der Sensation gehört? „
„ Welche Sensation? Hast du dich ausnahmsweise einmal auf den Unterricht vorbereitet, Sixtus? „
„ Scherzt heute nicht. „, sagte Sixstus ernst.
„ Bei den Spiegeln hat man jemanden gefunden. „
„ Einen Landstreicher? „, fragte Philuppus müde.
„ Einen Besucher! Einen Besucher von der anderen Ebene. „
“ Aber man kann doch die Kanten zwischen den Ebenen unserer Welt nicht überwinden.
Wer es versucht, wurde bisher in den Weltraum gesaugt. Wie ist er hergekommen? „
“ Mit so einer Art Raumschiff! „ , berichtete Sixtus begeistert.
Zuerst wollte Philuppus es nicht glauben, aber auch keiner der übrigen Lehrer und Schüler sprach von etwas anderen.
Schließlich machten sich alle zusammen auf den weg zu den Spiegelmeistern,
in deren Hauptquartier der Besucher vorübergehend untergebracht war.
Es war beeindruckend dieses riesige Haus,
an dessen Rückseite die gigantischen Spiegel angebracht waren.
Mit gewaltigen Stangen wurden andere, ebenso große Spiegel über die Kante der Welt gehalten,
dass sich in den Spiegeln an dem Gebäude seltsame Bilder, von der anderen Ebene spiegelten.
Ein seltsames Flimmern lag in der Luft, und da hinter die ewige Finsternis des Weltalls.
So nah wie hier kam man dem Rand der Ebene sonst nirgendwo.
Philuppus hatte den Gedanken nur einige Schritte vom Weltraum zu stehen,
immer als genauso faszinierend empfunden, wie die Bilder in den Spiegeln.
Heute waren es fast tausend Personen, die sich vor dem riesigen Gebäude drängelten, und Angestellte der Spiegelmeister versuchten, die Leute zurückzuhalten.
Immer wieder wurde an die Vernunft der Leute appelliert und versprochen,
dass jeder den Besucher sehen könnte.
Schließlich erschien Mirutus, der oberste Spiegelmeister, auf dem Balkon
und gebot Ruhe.
Er führte einen jungen Mann an der Hand heraus auf den Balkon.
Der dunkelhaariger schmale Junge trug einen seltsamen silbernen Anzug
und sah ein bißchen bleich, um die Nase aus.
“ Er spricht natürlich kein Wort Westanisch. „ berichtete Mirutus.
“ Trotzdem kann kein Zweifel besehen, dass er von der nächsten Ebene stammt.
Wir Spiegelmeister haben durch jahrelanges Beobachten der anderen Ebene
offenbar das Interesse der Bewohner für unsere Ebene geweckt.
Heute können wir endlich den ersten Besucher begrüßen.
Wenn wir erst das Sprachproblem gelöst haben, wird er uns viele neue Erkenntnis vermitteln.
Dies ist der Lohn von über dreißig Jahren intensiver Arbeit und ständigen Beobachten der anderen Ebene.
Alles was durch diesen Kontakt für unsere Ebene und deren Völker gewonnen wird,
ist uns Spiegelmeister zu verdanken, dies darf niemals vergessen werden! Des Weiteren..“
Philuppus hörte nicht mehr weiter zu,
den Rest von Mirutus Geschwafel konnte er sich denken,
er kannte den alten Mirutus ja schon lange genug.
Was ihn mehr beschäftigte, war der Sechsberger Goldzahn Gläubigersohn,
Geschäftsführer der Sechsberger in Abgrundia, der sich den Bauch vor Lachen hielt.
Der Zwerg stand eine Reihe vor Philuppus und zwei andere Zwerge mussten ihren Geschäftführer unter die Arme greifen, sonst wäre er vor Lachen zu Boden gefallen.
Auch diese Sechsberger kicherten die ganze Zeit,
und die missbilligen Blicke all der Doktoren und sonstigen Gelehrten
schien sie gar nur noch mehr zu erheitern.
Als sie schließlich gingen, noch immer schallend lachend, schloss sich Philuppus ihnen an.
Er hatte die beunruhigende Erfahrung gemacht,
dass es immer besser war die Sechsberger besonders im Auge zu behalten,
wenn sie fröhlich wurden.
“Auf ein Wort Herr Gläubigersohn. „ sprach Philuppus den Zwergengeschäftsführer vor dessen Büro an.
“Ja, wie viel ist Euch denn ein Wort von mir wert? „ fragte der Sechsberger grinsend.
“ Das kommt darauf an. Was findet Ihr an unserem Besucher denn so lustig? „
Sofort bekam der Zwerg wieder einen Lachkrampf,
und auch die anderen anwesenden Sechsberger lachten sich ins Fäustchen.
“ Bitte hört auf. „, flehte Goldzahn Gläubigersohn schließlich.
“ Ich lache mich sonst noch tot. Habt Ihr etwa nicht das angebliche Raumschiff gesehen? „
„ Nein wieso? „
„ Ein Fass mit Rädern, damit soll er irgendwie über die Kante gerollt sein. „
Der Zwergengeschäftsführer schüttelte den Kopf.
“ Schade, dass ich nicht auf die Idee gekommen bin, diese klugen aromianischen Gelehrten
sind so herrlich leicht zu foppen Wenn ich nur den silbernen Anzug von dem Jungen sehe!
Man hat doch schon Personen von der anderen Ebene im Spiegel gesehen,
Seefahrer oder Bewohner dieser komischen Insel, wie nennt Ihr sie noch? „
“ Andere Ebeneinsel. „ half Philuppus dem ungebildeten Zwerg aus.
„ Ja, ja die Andere Ebeneinsel. „ , sagte der Sechsberger grinsend ,„ man hat sie zwar immer nur aus weiter Ferne Schiffe und Bewegungen auf der Insel gesehen, aber solche silberne Anzuge wären schon früher aufgefallen. „
“ Er ist eben ein Raumfahrer „ erwiderte Philuppus .
„ Sicher „ stimmte der Sechsberger grinsend zu.
" Aber wenn er von der anderen Ebene stammt, woher hat er dann einen Anzug aus Hykno? „
„ Wieso aus Hykno? „ fragte Philuppus.
„ Na solche Klamotten tragen doch die ` Meister des Drachentores´
im Kaiserreich von Hykno – ich kenne übrigens ihren Schneider. „
“ Oh nein „ seufzte Phillupus.
“Doch, doch der Geschäftsführer der dortigen Sechsberger, Schlitzauge Langzopfsohn ist ein alter Freund von mir. „
„ Ich werde Senator Claudius schreiben,
das wird der endgültige Triumph der Wissenschaft gegenüber den Imperialisten im Senat,
die den Sinn einer Stadt wie Abgrundia bezweifeln. „
“ Kann ich vorher noch einmal mit dem Besucher sprechen? „ , fragte Philuppus seinen alten Freund.
“ Wozu, der arme Junge hatte heute schon genug Aufregung. „ sagte der Spiegelmeister.
“ Bitte, du kennst mich, es ist wirklich wichtig. „
„ Na gut. „, sagte Mirutus besorgt. „ Aber nur ganz kurz. „
Er führte Philuppus in ein Gästezimmer der Spiegelmeister.
Auf dem Bett lag der Jüngling in den fremdartigen silbernen Anzug.
Philupps trat an den Schlafenden, packte ihn am silbernen Kragen und blickte hinein
. „ Tatsächlich, das Sechsbergezeichen. „ , stöhnte er.
„ Was soll das heißen? „ , fragte Mirutus verwirrt.
“ Das dein Besucher ein Betrüger ist „ , erwiderte Philuppus.
In diesem Augenblick erwachte der Besucher, erschrocken hörte er die Worte und fuhr auf.
.“Es ist nicht meine Schuld. „ versicherte er eilig.
“Ich wurde zu diesem Schwindel gezwungen. „
“ Von wem gezwungen? „, fragte Philuppus drohend.
„ Senator Claudius, ich bin sein Sklave gewesen, und er drohte, mich an die Thulaner zu verkaufen. „
“ Wozu, was bezweckt der Senator mit dieser Täuschung? „, fragte Miuruts.
„ Wenn er hier eintrifft, wird er mich ganz nebenbei als Betrüger entlarven,
ganz Aromia wird dann über die `verblödeten Eierköpfe´ lachen.
Der Senator plant, den Kaiser dazu zu bewegen, kein Geld mehr in die Forschungen in Abgrundia zu stecken,
sondern stattdessen eine große Flotte zu bauen. „
“ Wahrscheinlich, um die Nachbarländer zu erobern. „, vermutete Philuppus düster.
„ Ja, aber später, erst will er seine Gegner im Senat mundtot machen. „ , berichtete der Besucher.
„ Du kennst seine Pläne ja sehr genau. „ , bemerkte Philuppus.
„ Ein Leibsklave kennt seinen Herrn. „, lautete die Antwort.
„ Eine Katastrophe. „, stöhnte Mirutus. „ Das ist mein Ende. „
„ Aber wieso denn? „ , fragte Philuppus.
„ Der Senator wird mich und alle Gelehrten von Abgrundia zum Gespött der ganzen Ebene machen. „
„ Wird er nicht. „, versprach Philuppus.
„ Denn jetzt haben wir alle Trümpfe in diesem Spiel. „
„ So haben wir diese Lüge verbreitet,
um der aromianischen Bevölkerung ein mahnendes Beispiel zu geben,
wie leicht sich die Massen doch irreführen lassen. „ erklärte Spiegelmeister Mirutus.
„ Wahrhaftig erschreckend. „, stimmte Senator Claudius zu,
der dem Spiegelmeister gegenübersaß.
„ Und ich persönlich bin Euch sehr dankbar für dese Demonstration.
Der junge Schauspieler, der den Besucher spielte –Wisst ihr zufällig was aus ihm geworden ist?
Ich würde ihn gerne fördern. „
„ Bedauerlicherweise ist er gestern schon abgereist. „ , erzählte Mirutus traurig.
„ Er hatte dringende Geschäfte in Akonos zu erledigen. „
„ Sehr schade. „, sagte der Senator.
„ Wie erstaunlich, dass er kurz vor meiner Ankunft abreisen musste. „
„ Aber ist es nicht auch erstaunlich, dass Ihr zufällig gerade jetzt hier vorbeischauen wolltet,
ohne von dem Besucher zu wissen? „ , fragte der Spiegelmeister sanft.
„ Wir leben eben auf einer erstaunlichen Ebene. „, antwortete der Senator.
Vor dem Hauptquartier der Spiegelmeister, bei den riesigen Spiegeln,
in denen sich seltsame Bilder von der nächsten Ebene spiegelen,
standen zwei Gestalten und blickten zum Rand der Ebene,
der nur wenige Schritte entfernt war,
der geehrte Gelehrte Dr. Philuppus und der
bekannte Geschäftsführer der Sechsberger, Goldzahn Gläubigersohn.
„ Seltsam, dass so ein kluger Kopf wie Ihr,
auf das Gerede eines so dummen Zwerges, wie mir gehört habt. „ , sagte Goldzahn nachdenklich.
„ Und seltsam, dass ein so geschäftstüchtiger Sechsberger wie Ihr, sich die Zeit nimmt,
einen Betrüger, der die Bewohner Abgrundias bloßstellen soll, zu entlarven. „ , antwortete der amorianische Gelehrte.
„ Man könnte fast meinen, Euch liegt etwas an Abgrundia und seinen Bewohnern. „
„ Sie sind so wunderbar leicht zu foppen. „ , seufzte der Sechsberger.
„ Aber wer weiß, vielleicht gelingt es uns, eines Tages Kontakt
zu der anderen Ebene herzustellen, dann werden wir wirklich Besucher haben. „ meinte Philuppus.
Der Sechsberger grinste nur.
Ende
Uwe Vitz - 4. Feb, 05:20
Uwe Vitz
Inselteufel an Bord
( Die Ebene der Sechs Türme)
„ Das waren noch Zeiten. "
Cornelius, ein Seemann der in einem Gefecht mit den Pylaristern ein Bein verloren hatte,
verdrehte vor Sehnsucht die Augen.
" Wir befuhren die ganze Südsee.
Die herrlichen Inseln dort- ihr könnt euch nicht vorstellen wie schön die Südsee ist! „
„ Ach was. „ brummte Bachos, der Wirt.
„ Ich war schon als Urlauber auf der Bananeninsel im Süßen Meer, das reicht mir, da treiben sich wenigstens keine Seeräuber herum. „
„ Na ja, die Seeräuber. „ sagte Cornelius. „ ob es nun die Pylarister oder die Schwertländer sind, mit denen wird unsereins rasch fertig. „
“ Und dein Bein? „
Cornelius seufzte auf und nahm einen weiteren kräftigen Schluck aus dem Bierkrug
„ Dafür habe ich sechs Pylarister erschlagen. „ ,behauptete er stolz.
„ Ja, ja. „ , stöhnte Bachos, der diese Geschichte schon unendlich oft gehört hatte.
„ Aber es war ein Seegefecht, wie es auf dieser Ebene noch keines gegeben hat. „,
meinte Cornelius verträumt. „ Unser Prinz wollte eine Inselprinzessin freien,
wir fuhren mit fünf Schiffen aus Anataris zu jener Insel.
Der König der Pylarister wollte ebenfalls dieses Mädchen für sich gewinnen,
er näherte sich mit drei Schiffen. Aber die Inselprinzessin entschied sich für unseren Prinzen. Nun, dem Seeräuber passte das nicht,
und er versuchte es mit Gewalt. "
„ Und am Ende sanken alle fünf Schiffe, ihr seid nur mit Ruderbooten heimgekehrt,
von den Pylaristern sank nicht ein einziges. „ bemerkte der Wirt spöttisch.
Cornelius starrte ihn wütend an. „ Sag ein Wort gegen die Flotte von Anataris,
und ich brat dir einen mit meinem Krückstock über. „ knurrte er.
„ Wir hatten eben Pech, unsere Schiffe wurden von den verflixten Hundsköpfen mit Brandpfeilen angegriffen,
nachdem sie es nicht geschaffen hatten, sie zu entern. „
“ Hm „ erwiderte der Wirt, „ und ich habe gehört, ihr hättet eure Schiffe selber in Brand gesteckt,
um den Pylaristern im Rauch zu entkommen. „
“ Alles nur Verleumdung. „ behauptete Cornelius ärgerlich.
„ Außerdem „ triumphierte er „ trotz allem haben wir gewonnen.
Wir haben die Prinzessin mit nach Hause gebracht.
Unser Prinz hat sie geheiratet."
„ Na ja , nach allem was ich über sie gehört habe, bin ich mir gar nicht mehr so sicher,
ob es nicht der größer Sieg gewesen wäre, sie dem Seeräuberkönig zu überlassen. „ sagte Bachos.
Cornelius seufzte tief und schwer. . Cornelius seufzte tief und schwer.
„ Ja, ja, das war ein unheilvolles Abenteuer mit den Pylaristern, fast so schlimm, wie die Sache mit dem Inselteufel. „
„ Inselteufel? „,fragte Bachos
„ Ja, mit dem hatten wir es auch einmal zu tun. „
„ Die Geschichte hast du mir noch nie erzählt, im Gegensatz zu der mit den Pylaristern. Wieso eigentlich nicht? „ „ Ach weißt du. „ , sagte Cornelius.
„ So Wesen wie den Inselteufel erwähnt man besser gar nicht. Da passiert leicht ein Unheil. „
„ Hm, ist die Geschichte gut? „
„ Ist dir eine gute Geschichte Freibier für einen alten Veteranen wert? „
„ Einverstanden. „
„ Dann hör mal zu. Damals hatte die „ Möwe „ den Auftrag von den Bewohnern
der Südseeinseln kostbare Gewürze zu kaufen.
Gleich bei der ersten Insel,
nach nur einen halben Tag Seereise hatten wir unerwartetes Glück:
Der Häuptling dieser Insel wollte uns die gesuchten Gewürze schenken,
wenn wir einen Gast von ihm, mit zurück nach Anataris nähmen.
Natürlich machten wir diesen Handel sofort!
Also brachten uns die Inselbewohner die Gewürze und den Gast.
Es war ein hagerer, dunkelhäutiger Mann, und in seinen Augen lag,
wenn man ihn genau beobachtete, jenes Leuchten, welches den wahren Magier verrät.
Kapitän Arminus begrüßte ihn freundlich,
doch er winkte nur ab.
Zu unserer Überraschung erklärte er,
dass er nun unser aller Herr über Leben und Tod sei.
Wir sollten nicht zurück nach Anataris segeln, sonder ihn von einer Insel zur nächsten bringen,
bis sein Hunger gesättigt sei.
Der Kapitän war noch ganz verdutzt und fragte ihn verwirrt, ob er etwa einen Sonnenstich habe,
da packte ihn der Fremde, öffnete den und schwups hatte der Unhold unseren braven Kapitän
schon mit Haut und Haaren verspeist. „
„ Wie hast du doch eben gesagt, es wäre ein ganz normaler Mann gewesen? „
“ Na ja, sein Mund wuchs dabei und wurde breiter und breiter, wie bei einer großen Schlange,
die einen Ziegenbock herunterwürgt
- so ähnlich würgte die Kreatur unseren Kapitän hinter,
du hättest mal seinen Bauch sehen sollen, als alles vorbei war.
Übrigens er rülpste ganz ordinär.
Natürlich griff ein beherzter Junge nach dem Messer und stieß es dem Kapitänfresser direkt ins Herz.
Aber der Kerl lachte nur höhnisch.
Auch als man ihm den Bauch aufschlitzte kicherte er.
Die Wunden heilten so schnell, dass es direkt schwierig war,
das Messer wieder heraus zu ziehen, während der Menschenfresser lachte,
als ob ihn die Klinge kitzeln würde.
Nachdem wir es aufgegeben hatten, ihn mit Dolchen, Messern, Speeren und Äxten zu bearbeiten,
versuchten wir, ihn über Bord zu werfen, doch es war als er an den Planken unseres Schiffes festgenagelt.
Jetzt grinste er bloß niederträchtig.
` Ihr könnt euch die Mühe sparen, mich kriegt keine Macht dieser Ebene mehr von eurem Schiff herunter.´
Erschöpft gaben wir auf.
Nun erklärte er uns, dass er der berüchtigte Inselteufel sei,
der stets, wenn er auf einer Südseeinsel gelandet sei,
sich solange von den unglücklichen Bewohnern ernährte,
bis irgendein Schiff ihn freiwillig an Bord nähme.
Sei er erst einmal auf den Schiff, dürfe er mit der Besatzung verfahren,
wie er wolle, bis diese ihn zu einer Insel mit einer zufrieden stellenden Besiedlung bringe,
wo er sich wieder solange aufhalten würde, bis ein anderes Schiff ihn wieder freiwillig an Bord nähme.
Bis wir diese Insel erreicht hätten, würde er sich natürlich von Besatzungsmitgliedern ernähren.
Da war guter Rat teuer, noch nie hatte einer von uns von dem Inselteufel gehört.
Zweifellos hatte dieses Wesen schon oft Schiffe benutzt
um von einer Insel zur nächsten zu gelangen,
aber kein Seefahrer hatte an irgendeinen Hafen von ihm erzählt.
Dafür gab es nur eine Erklärung:
Wenn wir eine Insel fänden, die ihm gefiel, würde er sogleich die ganze Besatzung verschlingen,
da er ja keine Zeugen schonen durfte,
die anderen Schiffen von ihm berichten könnten.
Während der Inselteufel seelenruhig in der Kapitänskajüte schlief berieten wir,
wie wir ihn wieder loswerden konnten.
Zum Glück hatte ich schon damals ein helles Köpfchen.
` Da hilft nichts Jungens, wir müssen unsere gute alte Möwe mit Sack und Pack versenken. ´
Gesagt, getan.
Besser im Ruderboot heimkommen als von so einem Inselteufel gefressen zu werden.
Das Schiff schlugen wir leck, setzten uns in die Boote und ruderten davon.
Doch just da musste dieser Inselteufel aufwachen,
offenbar hatte unseren Kapitän flink verdaut und wollte nach der nächsten Mahlzeit schauen.
Als er sah, was gespielt wurde, war er natürlich nicht begeistert.
` Verräterpack, glaubt ihr mir so einfach zu entkommen? ´ brüllte er hasserfüllt.
` Ich werde euch zeigen, wer der Inselteufel ist! ´
Er sprang wie ein riesiger Frosch von dem Schiff
und flog auf das letzte Boot zu,
in dem ausgerechnet ich drin saß.
Ich packte ein Ruder, mit beiden Händen und drosch auf ihn ein,
als er heran flog. Er landete mit einem lauten Platsch im Wasser und versank blubbernd.
Und wir kamen wieder einmal in Ruderbooten heim.
Aber dafür hatten wir die Südsee von dem üblen Inselteufel befreit. „
„ Ist das wirklich wahr? „
“ Freibier? „
ENDE
Uwe Vitz - 4. Feb, 05:18