Würfelwelt 74

Das Vermächtnis 6
(Der Bund von Torn)
v. Christel Scheja

Mein Kopf schwirrte von den unzähligen Eindrücken, die mich für einen winzigen
Augenblick in ihren Bann geschlagen hatten. Dann war es schlagartig dunkel um
mich geworden.
Leb wohl mein Bruder, dachte ich müde.
Wenigstens habe ich in meinem letzten Traum an deiner Seite sein dürfen.
Vielleicht sehen wir uns in einem anderen Lehen wieder...
Dann jedoch schreckte ich übergangslos hoch, nur um in das Gesicht der Heqt zu
sehen, die sich über mich gebeugt hatte. Ihre Augen wirkten besorgt, aber dann lächelte
sie voller Stolz und stützte mich, als die Schwäche in meine Glieder fahr.
"Endlich bist du erwacht, mein Kind. Ich dachte schon, das Gift der Sh'ar habe dich von uns
genommen. Du hast länger geschlafen, als es üblich ist."
"Dann bin ich. nicht tot?" fragte ich verwirrt.
"Das Gift der Sh'ar gilt doch..."
" Nur wenn du schwach- gewesen wärest, oder mit einem Makel behaftet, wärest du
nicht mehr erwacht. Die Sh'ar des Tempels tragen ein besonderes Gift in sich, das nicht
sofort, nicht unbedingt tötet. Willkommen unter den Auserwählten der Göttin!"
Ich berührte das Mal an meinem Hals, das zu einem mir wohlbekannten Zeichen vernarbt war. Jetzt endlich wusste ich woher das Mal stammte, dass auch die alte Sham al'Udr. getragen hatte, und sich zu wichtigen Anlässen auf die Stirn malte.
Verwirrung erfasste mich. Dann war ich also die ganze Zeit hier gewesen und nicht an jenem anderen Ort, nicht bei meinem Bruder? Meine Lehrmeisterin lächelte mich an und deutete auf eine kleine Truhe. "Dort liegen deine Gewänder. Wenn es dir besser geht,
dann kleide dich an und komm zu uns in die Halle. Wir wollen deine Erwählung und
deinen Abschied feiern."
"Meinen Abschied?" An der Tür drehte sich die alte Priesterin noch einmal auf meine
Frage hin um.
"Wie könntest du der Großen Mutter besser dienen als bei deinem Stamm, wo du dich
wirklich geborgen fühlst? Wir wussten von Beginn an, dass du dich niemals an die Hallen aus Stein gewöhnen würdest und haben dich immer nur als Gast betrachtet. Das ist es doch was du dir im tiefsten deines Herzens immer gewünscht hast oder? Sham al’Udr zu sein, eine Weise Frau. Die Göttin
hat Großes mit dir vor."
Sie wartete meine Antwort nicht mehr ab und verschwand aus dem Raum. Ich aber spürte, dass etwas in meinem Rücken stach und griff' danach. Mir stockte der Atem: Ich hielt die Hälfte einer Metallscheibe in den Händen, die jener aus dem Tempel Imais glich und sie trug die Hälfte eines Symbols das gleichzeitig das meiner Berufung war.
Ich schluckte, als ich das leise Wispern vernahm, das mich erfüllte. Der Traum war
kein Traum gewesen'. Alles war so geschehen, wie ich es erlebt hatte.

Ich schreckte auf, als mich etwas kitzelte und sprang sofort auf, blind in die Sonne
blinzelnd. Es dauerte eine Weile, bis ich wieder sehen konnte. Noch immer waren die
Spuren meines Sturzes auf der Düne zu sehen, aber ich war nicht in ein Loch gefallen, sondern gegen einen, versteckten Felsen geprallt. Ein Fiebertraum, weil ich das Was-
ser...
Hastig griff ich danach, doch der Beutel war ebenso verschwunden wie mein Burnus.
Ich sah mich verwirrt um. Was war damit bloß geschehen? Oder gab es die kleinen
Geschöpfe wirklich, die ich in diesem verrückten Traum gesehen hatte?
Ich hob die Hand an die Stirn.
"Warum muss das gerade mir passieren?“ Ich war einfach nur unachtsam gewesen hatte geträumt, sonst wäre ich nie gestürzt.
Was sollte ich tun? Einfach weiterwandern, oder zurückehren und erzählen, was ich geträumt hatte? Die Alten würden doch über mich lachen! Nein, ich musste noch wegbleiben, und das Beste aus meiner Lage machen. Etwas anderes blieb mir gar nicht übrig, beschämt über meine Unachtsamkeit.
Ich stöhnte auf. Ein spitzer Gegenstand stach in meine Handfläche. Die ganze Zeit hatte ich krampfhaft die Hälfte einer zerbrochenen Metallscheibe m den Fingern, gehalten. Und während ich das Symbol des
Stammesführers anstarrte, dass so seltsam unvollständig erschien, kehrte die Erinnerung zurück- Also waren meine Erlebnisse in der unterirdischen Stadt doch kein Traum
gewesen. Ich holte tief Luft und spürte, wie meine Zweifel wichen. Nein, nun brauchte
ich nichts mehr zu erzählen.. sondern nur noch den Schmuck vorzuweisen, der grün metallisch in meiner Hand schimmerte. Und Vater würde stolz auf mich sein, wenn ich
heimkehrte, denn ich kannte nun die Antwort auf die Fragen, die man mir stellen
würde


Ende.


C. by Christel Scheja

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