Würfelwelt 49

Die Sechsberger auf der Insel des Großen Affen

" Wir alle kennen die Insel des Großen Affen. Sie liegt in der Meerenge von Munukutu und jeder der von der Westsee aus in die Innere See fährt, fährt vorbei an dieser Insel. Einst liebten sich dort der Vater Ra und die Mutter Nub, beide ritten auf je einen riesigen Elefanten. Die Mutter Nub kam von Süden, der Vater Ra ritt aus dem Norden heran. An den Klippen ließen beide ihre Reittiere stehen und flogen zu der Insel. Dort wurden sie von einem großen Affen bei ihrem Liebesspiel gestört. Seitdem muss dieser Affe dort sitzen und bis in alle Ewigkeit die Zahl Fünf rufen, da es der fünfte Tag der Woche war, als er Ra und Nub beobachtete. Die beiden Elefanten wurden von dem göttlichen Paar in Stein verwandelt, da sie am Ende der Zeit auf ihnen wieder reiten wollen, wenn sie sich erneut lieben. So steht auf den Felsen, auf beiden Seiten der Meerenge je ein steinerner Elefant. Auf der Insel jedoch sitzt der Große Affe und ruft die Zahl Fünf. So ist es und so wird es bis ans Ende aller Zeiten sein.

Nun kennen alle Bewohner Zarandas die Insel des Großen Affen und seine Legende, so lassen sie ihn in Ruhe. Aber auf den Kontinent Westania lebt das Zwergenvolk der Sechsberger und dieses geschäftstüchtige Völkchen lässt niemanden in Ruhe. Als die Sechsberger vor vielen Jahrhunderten nach Zaranda kamen, sah ihr Geschäftsführer die Insel des Großen Affen und erkannte, dass jeder der in die Innere See fährt, an dieser Insel vorbei fährt. Könnte es einen besseren Stützpunkt für ein Handelshaus geben? Er wurde ganz aufgeregt und befahl seinen Leuten, sofort auf der Insel zu landen und mit dem Bau eines Handelshauses zu beginnen.

Dies erfuhr ein Priester aus Munukutu. Er ruderte sofort mit seinen Boot herüber und forderte die Zwerge auf, die Insel so schnell wie möglich zu verlassen, da Sterbliche die Götter nicht versuchen dürften. Manch einer der Sechsberger wurde nachdenklich, aber dieser Geschäftsführer grinste nur unverschämt, wie es eben die Art der Sechsberger ist und sagte, dass er schon bessere Tricks von der Konkurrenz gewohnt sei, um die Errichtung eines Handelshauses zu verhindern. Der Priester bemühte sich vergeblich. Alles Mahnen und Warnen stieß bei diesen eitlen Zwerg auf taube Ohren. So kam es wie es kommen musste.

Kein Sterblicher fordert die Götter ungestraft heraus. Wenn sie jemand wirklich strafen wollen, so tun sie dass mit Lächerlichkeit. Wie wir alle wissen, ist der Große Affe wirklich ziemlich groß und kräftig. Er ist eben ein Prachtexemplar. Dies wissen aber nicht nur wir Menschen, sondern natürlich auch die Affen. Einst sind zwölf Affenweibchen immer wieder in das Boot eines Fischers aus Nubia gesprungen. Der gute Mann hat sie zuerst verscheucht, aber schließlich mochte er das Geschrei und den Ärger nicht mehr ertragen. Vielleicht hatte er auch ein bisschen Mitleid mit den verliebten Äffinnen. Jedenfalls fuhr er sie herüber zu der Insel. Aber dort erlebten die armen Affenweibchen eine harte Enttäuschung. Denn der Große Affe ist zwar ein großer und kräftiger Bursche, aber er sitzt nur den ganzen Tag auf seinen Platz und ruft immer seine Zahl. Eine Zeitlang saßen die Äffinnen um ihn herum und betrachteten ihn mit schmachtenden Blicken. Dann schrieen sie ihn an und schlugen sogar auf ihn ein. Doch er blieb nur sitzen und rief: ` Fünf ´. Die Affenweibchen versuchten es mit Unterwürfigkeitsgesten und Betteln. Doch der Große Affe blieb hart und rief: ` Fünf ! ´ . Da verzweifelten die armen Äffinnen schließlich. Es gab in Nubia in diesem Jahr viel mehr Affenweibchen als Affenmännchen, so dass die armen Äffinnen auch kaum Hoffnung hatten, auf dem Festland einen Partner zu finden.

Da kamen die Sechsberger und bauten ahnungslos in der Nähe des Affenlagers ihr Handelshaus. Nun hatten unsere Affenweibchen eine Riesensehnsucht nach Kindern, die leider bisher unerfüllt geblieben war. Unter den Sechsbergern waren auch Frauen und ein paar Kinder. Diese Kinder bekamen von ihren Eltern einen Spielplatz zugewiesen und dort überließ man sie sich selbst, weil ja allgemein bekannt ist, dass es auf der Insel des Großen Affen keine gefährlichen Raubtiere gibt. Doch kinderliebe Affenweibchen sind ja auch keine gefährlichen Raubtiere. Unsere Affenweibchen entdeckten die Kinder, griffen sich je eines von ihnen und verschwanden in den dichten Wald, der die Insel bedeckt. Jetzt sahen die entsetzten Zwerge, die Affen mit ihren Kindern in den Armen, auf den Baumwipfeln herumturnen. Da gab es viel Geschrei und böse Vorwürfe gegen den Geschäftsführer. Am Ende drohten die Sechsberger ihren Anführer, ihn mit einem Stein an den Füßen, in der Inneren See zu versenken.

Die Not des Geschäftsführers war nun wirklich groß. Eltern deren Kinder verschleppt werden, verstehen keinen Spaß. Verzweifelt versuchte er die Affen mit Bananen anzulocken. Dann wollte er sie mit einem Netz einfangen, er kaufte in Nubia dressirte Affenmännchen. Doch alles scheiterte. Irgendwie schienen die Weibchen an dressierten Männchen kein Interesse zu haben. Die Zwergeneltern verloren langsam auch die Geduld und der Geschäftsführer hatte guten Grund sich zu fürchten. So nahm er sich ein Boot und ruderte an die Küste von Munukutu. Dort suchte und fand er das Haus jenes Priesters, den er so lästerlich verhöhnt hatte. Trotzdem hatte der gute Mann Mitleid mit den Sechsbergern, als der Geschäftsführer ihm die Notlage geschildert hatte.
` Ich habe dich ja gewarnt. ´ sagte er. ` Jetzt müssen wir einen schwierigen Zauber anwenden, um die Kinder zu retten.´ Was blieb dem Geschäftsführer übrig? Er erklärte sich mit allem einverstanden. Der Priester gab in einen Zaubertrank und erklärte: ` Da diese Affen alle kinderlose Weibchen sind, sehnen sie sich nach Kindern. Es gibt nur eine Möglichkeit, eure Kinder zurück zu holen. Du musst dich diesen Affen anschließen und ihr Vertrauen gewinnen. Das klappt natürlich nur, wenn du selbst ein Affe wirst. Wenn du einen Schluck von diesen Zaubertrank nimmst, wirst zu zum Affen, noch ein Schluck und du bist wieder Zwerg. ´

Also bedankte sich unser Sechsberger bei den Priester, stieg in sein Boot und ruderte zu der Insel des Großen Affen zurück. Dort nahm er einen Schluck von dem Zaubertrank und kletterte flink zu den Affenweibchen, die auf den Bäumen saßen. So gesellte er sich zu den weiblichen Affen, von denen gerade jede einem Zwergenkind die Brust gab. Er gewann bald ihr Vertrauen, in dem er sie mit jenen Bananen fütterte, welche sie zuvor verschmäht hatten. Der Sechsberger lernte die Sprache der Affen und erfuhr, dass sie ihm alle heiraten wollten. So geschah es und nach einiger Zeit brachten die Affenweibchen zwölf Junge zur Welt und gaben den Zwergen die entführten Kinder zurück, da sie sich jetzt um ihren eigenen Nachwuchs kümmern mussten. Als sie an einen heißen Sommertag alle schliefen, lief der Geschäftsführer schnell davon, erreichte das sichere Handelshaus und nahm erleichtert einen Schluck von dem Zaubertrank, so dass er wieder Zwerg wurde.

Endlich konnte er sein normales Leben wieder aufnehmen. Aber nach einen Jahr kamen die Affen wieder und drohten die Kinder erneut zu rauben, wenn er nicht zu ihnen zurückehre. Was bleib dem armen Kerl übrig? Er nahm wieder Affengestalt an und kletterte zu ihnen auf die Bäume. Dies geschah noch mehrere Male und so entstand schließlich eine neue Rasse, die Affenberger. Diese affengesichtigen Zwerge verbinden den Eifer der Sechsberger, mit der Torheit der Affen. So beten sie den Großen Affen als Gott an und verehren die Zahl Fünf über allen anderen Zahlen. Immer predigen sie, dass die Macht der Fünf größer sei, als die der Sechs, obwohl dieser Unsinn allen Erfahrungen widerspricht. Außerdem behaupten sie nicht von den Sechsbergern, sondern von dem Großen Affen ab zu stammen. Dies, wo doch jeder weiß, dass der Große Affe nur auf seinen Platz sitzt und ` Fünf ´ ruft. So ist jener törichte Geschäftsführer zum Stammvater eines Volkes von Toren geworden. "

" Ja, so erzählt man es sich von den Sechsbergern auf der Insel des Großen Affen. Ach, diese Geschichte gefällt dir nicht, Kleiner? Wenn dir schon bekannte Geschichten nicht gefallen, Sechsberger, solltes du nicht so misstrauisch gegen Unbekannte sein. Ah, der Palmwein ist vorzüglich, gute Frau. Doch was hast du, wieso schaust du so traurig aus? Ach, dein Nachbar hat dich wegen Hexerei verklagt? Du bist angeblich schuld daran, dass sein dritter Sohn Zahnschmerzen hat, weil du den bösen Blick hast? Bist du denn eine Hexe? Nein, wie schade. Die meisten Leute, die ihre Nachbarin Hexe nennen, wissen überhaupt nicht, wie viel eine Hexe sein kann. Wenn ich zu Ende gegessen habe, werde ich euch die Geschichte der Hexe Negehu erzählen. "

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