Würfelwelt 42

Der Anfang des Spiels
( Die Ebene der Sechs Türme)
von Uwe Vitz
Männer, Frauen, Alte, Junge und selbst Kinder waren mit Ketten an die Wand gefesselt.
Die Folterknechte wetzten schon die Messer.
„ Halt! ", gebot eine grausame tiefe Stimme, die keinen Widerspruch duldete.
Die Folterer hielten erschrocken in ihrem Tun inne.
Eine dunkle, drohende Gestalt betrat den Kerker,
der Stimme nach war es ein älterer Mann.
Dies war jedoch nicht genau festzustellen,
denn er trug eine Schakalmaske, und ein roter Umhang wehte hinter ihm her.
Einige der Gefangenen begannen zu zittern,
als er an ihnen vorbeiging. Ohne die Unglücklichen auch nur anzusehen,
schritt er die Reihe ab. Vor einem dunkelhaarigen Mädchen blieb er stehen.
„ Du bist es. "
Der leichte Nachhall im Kerker verlieh der Stimme einen eiskalten Unterton.
Ein Folterknecht befreite sie von den Ketten
und der Unheimliche zerrte das Mädchen sogleich zu sich.
„ Die übrigen Gefangenen werden getötet. " befahl er nebenbei.
Das Mädchen schrie auf und begann auf ihn einzuschlagen.
Unter der Schakalmaske brach der Unheimliche in grausames Gelächter aus.
Dann zog er aus seinem Gürtel ein Messer und stieß es ihr blitzschnell in den Hals.
Als er die Sterbende davontrug, lachte er noch.
Um die Blutspur, die er hinterließ kümmerte er sich nicht,
wie immer.
Langsam begannen sich die blutroten Nebel um sie zu lichten.
Sie hörte fremde Stimmen,
seltsame Stimmen, krächzende und schnatternde nicht menschlich.
Mühsam öffnete sie die Augen und sah bizarre Vogelwesen, die auf sie herabblickten.
Die Wesen waren zwar menschenähnlich, aber ihre Köpfe erinnerten an Kraniche.
Der größte Teil des Körpers steckte unter seltsamen blauen Gewändern.
Sie sah auch, dass jene Geschöpfe nur drei Finger an jeder Hand hatten,
erst jetzt bemerkte die junge Frau,
dass sie auf etwas weichem, warmen lag, etwas, das sich bewegte.
Schnatternd und krächzende gingen die Kranichmenschen neben ihr her.
Als sich aufrichtete erschrak sie,
denn jetzt sah sie den riesigen Tausendfüßler,
auf den man sie einer Sänfte gelegt hatte.
Auch die Kranichmenschen wurden aufgeregter, als sie sahen,
dass die Frau bei Bewusstsein war.
Wild schwenkten die Wesen ihre dünnen Arme hin und her.
Plötzlich trat einer der Kranichmenschen an sie heran und sagte: " Trink. "

Er reichte ihr einen Wasserschlauch.
" Du sprichst meine Sprache? "
" Rox spricht Eierkopfsprache, Eierkopfsprache spricht Rox. "
Die Worte klangen krächzend, ähnlich wie bei einem Papagei.
Dunkel erinnerte sie sich daran, was sie über diese Geschöpfte wußte.
Es waren Yppas, geheimnisvolle Vogelwesen, die als Nomaden durch Sahuria zogen.
Es hieß,
sie wanderten von den Urwäldern Tandia bis zu der Wüsten der Djinns,
und kein Mensch kannte den Sinn oder Zweck dieser langen Wanderungen.
Doch beim Sheitan, sie konnte sich nicht erinnern, wer sie selbst war.
" Wo bin ich? ", fragte sie erschrocken.
" Bei uns. ", lautete die einfache Antwort. " Eierkopf ist bei den Yppas. "
Sie seufzte.
Die Kranichwesen dachten anders als Menschen, sprachen sie auch anders.
Gewisse Fragen konnten sie gar nicht richtig begreifen oder sie verstanden sie von Anfang an anders.
" Wer bin ich? "
Rox schnatterte kurz mit einem anderen Kranichwesen,
dann wandte er sich ihr wieder zu und sagte:
" Du sein blutig, in Eierkopfsprache du sein Canilca, die Blutige. "
Später erst sah sie in einer Oase, an einem kleinen Teich ihr Spiegelbild.
Sie hatte eine lange Narbe am Hals, dunkel erinnerte sie an einem Mann mit einer Schakalmaske,
der sie verletzt hatte und sie erinnerte sich an das Gemetzel,
aber wer die Täter waren,
wer die Opfer, und warum dies alles geschehen war,
wußte sie immer noch nicht.

Es war nur ein kleiner Trupp Yppas, nicht mehr als vierzig Personen,
ihre Kinder und ihre Eier beförderten sie auf den Rücken der Riesentausendfüßler.
Die Sippe hatte fünf Tausendfüßler.
Die Yppas fingen diese - den Menschen unheimlichen - Riesenwürmer in den Urwäldern Tandias.
Nur Yppas konnten die Tausendfüßler abrichten, denn der Biß dieser Tiere war für Menschen giftig.
Eine Woche lag Canilca noch in ihrer Sänfte.
Dann wanderte sie neben den Tausendfüßler her, denn sie kam dank der Pflege durch die Yppas rasch wieder zu Kräften.
Verzweifelt versuchte sie, sich zu erinnern, wer sie war, aber ihr fiel immer nur dieser schreckliche letzte Augenblick
im Kerker ein, ohne daß sie die Hintergründe begriff.
Alle ihre Fragen an Rox,
der als einziger ihre Sprache sprach wurden so beantwortet:
“ Das sein Eierkopfproblem.
Die Yppas nicht kümmert das,
was war, was sein wird. Eierköpfe sehr komische Leute,
fragen immer, was war. "
Also versuchte sie, aus dem eigenen Wissen zu lernen,
denn sie erinnerte sich, daß sie die Völker Sahurias wohl kannte.
Nur die Pylarister, ein Seeräubervolk von der Westküste, trugen Schakalmasken.,
um ihren Gott Anubis zu ehren.
Wegen dieser Masken wurden die Pylarister auch Hundsköpfe genannt.
Gehörte ihr Peiniger zum Volk der Pylarister?

Sie zog noch einige Wochen mit den Yppas durch das Land der Samaren.
Es war ein schönes Land, voller grüner Täler.
Aber Canilca hatte keine Freunde daran.
Wie sie zu den Yppas gekommen war,
wollte oder konnte Rox ihr nicht verraten.
In der Hauptstadt des Samarenreiches, in Samah,
wo der berühmte Elfenbeinpalast des Shas steht,
verließ sie die Yppas um ihre eigenen Wege zu gehen.
„ Nicht zu viele Gedanken darum machen, was war, Eierkopf. ", war der letzte Rat den Rox ihr noch gab.
Einige Wochen später begegneten die Yppas einen Reiter.
Er gehörte zum Volk der Pylarister und trug eine Schakalmaske.
„ Ich hörte ihr hättet eine Menschenfrau bei euch.
Wo ist sie? " , rief er.
" Wir pflegen Eierkopf gesund. Eierkopf jetzt weg.
War aber ist nicht mehr. Nur noch wichtig was sein wird
. Seltsame Eierköpfe, seltsame Fragen. " , sagte Rox.
Der Mann mit der Schakalmaske ritt fluchend weiter.
Zwei Jahre später.
Canilca wich geschickt der Streitaxt des Rahiten aus.
Sie schlug ihr kurzes Schwert gegen den Griff der Axt und
gab dem überraschten Gegner zu zugleich einen Tritt gegen sein Schienenbein.
Einen Augenblick später lag er vor im Staub.
Sie hielt ihr Schwert an seine Kehle und sagte: " Gib auf. "
" Ich ergebe mich. ", stöhnte der Besiegte.
Über den Köpfen der Zuschauer und der Gladiatoren schwebte ein Zwerg auf einem fliegenden Teppich.
Er gehörte zum berüchtigten Volk der Sechsberger,
welches aus Westania stammte, sich aber auf der ganzen Ebene angesiedelt hatte.
Im Schneidersitz saß der Kleine auf seinem Teppich und schwebte langsam herab.
Aus dunklen, unergründlichen Augen, blickte er auf die Zuschauer herunter.

„ Die Gladiation Canilca hat wieder einmal gesiegt.
Entscheidet euch, Leute, Gnade oder Ungnade für ihren Gegner, Leben oder Tod? " rief er laut.
" Entscheidet euch rasch, denn die nächsten Gladiatoren, warten schon auf ihren Kampf! "
Der Sechsberger trug einen roten Turban sowie einen dunklen Kaftan, was ihn als Schiedsrichter auswies.
" Keine Gnade für den verdammten Feigling! ",brüllten zahlreiche Zuschauer.
" Der Kerl soll verrecken! "
Die Daumen der Mehrheit senkten sich nach unten.
Der Zwerg sah Zuschauer mit einer absolut gleichgültigen Miene an.
War dem Sechsberger das Schicksal des Besiegten wirklich so egal?
Geschickt steuerte der Sechsberger seinen Teppich dicht über den Boden zu den beiden Gladiatoren.
" Das Publikum hat seine Entscheidung getroffen. "sagte er kaltblütig.
" Tötete ihm, Canilca. "
" Ich töte keine wehrlosen Gegner. "
antwortete die Dunkelhaarige stolz.
Aus kalten Augen fixierte der Zwerg die Gladiatorin. " Du widersetzt dich also der Entscheidung? "
" Ja, ich widersetze mich. "
Ohne ein weiteres Wort ließ der Sechsberger seinen Teppich wieder hinauf schweben.
" Die Gladiatorin Canilca widersetzt sich eurer Entscheidung.
Daher wird das Leben des Simon geschont,
aber Canilca wird von heute an aus der Arena von Cathaka verbannt! "

„ Bist du wahnsinnig? " schrie ihr Ahelischer Trainer Iful sie später aufgebracht an.
„ Du hättest als Gladiatorin ein Vermögen machen können,
dazu Ruhm geerntet von dem andere Frauen auf dieser Ebene nur träumen können. "
" Ich bin Gladiatorin geworden, um die Kunst des Schwertkampfes zu erlernen,
nicht um jahrelang andere Gladiatoren nieder zu metzeln.
Ich habe eine Rechnung zu begleichen.
Oft genug habe ich in dieser Arena getötet und kann nur hoffen, daß Ra mir meine Schuld vergibt. "
„ Du bist wirklich hoffnungslos verrückt. "
„ Vielleicht. ", sagte Canilca und ging ihr Pferd satteln.
„ Sie hat Cathaka verlassen, sie sucht dich Menschlein. "
berichtete der Djinn.
“ Gut. ", rief der Maskierte.
" Ich habe schon viel zu lange auf sie gewartet. "
" Hast du keine Angst? Sie ist jetzt eine berühmte Gladiatorin. "
Der Maskierte lachte höhnisch.
" Vergisst du wer ich bin, Djinn? "
" Nein, Menschlein. "
" Also, wie kannst du glauben, daß sie gegen mich eine Chance hat? "
" Auch du bist nicht unsterblich Menschlein, noch nicht. "
" Aber bald, Djinn, sehr bald schon und dann wird mich niemand mehr aufhalten. "
" Wenn sie sich wieder erinnert.."
" Dann wird es schon zu spät sein. "
" Du bist zu selbstsicher, Menschlein. "
" Nein, aber vielleicht ein bisschen übermütig, denn ich freue mich.
Das große Spiel hat endlich begonnen. "
Ende

Die Würfelwelt

Ein Fantasy-Projekt zum Mitmachen

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Aktuelle Beiträge

Würfelwelt 2401
Hallo Leser, Vorerst geht es hier nicht weiter, da...
Uwe Vitz - 5. Feb, 03:54
Würfelwelt 2401
Björns Weg (Erste Ebene vor 301 Jahren) Von Uwe Vitz Epilog So...
Uwe Vitz - 31. Jan, 21:07
Würfelwelt 2401
Björns Weg 16 (Erste Ebene vor 301 Jahren) Von Uwe...
Uwe Vitz - 30. Jan, 20:46
Würfelwelt 2400
Björns Weg 15 (Erste Ebene vor 301 Jahren) Von Uwe...
Uwe Vitz - 29. Jan, 03:52
Würfelwelt 2399
Björns Weg 14 (Erste Ebene vor 301 Jahren) Von Uwe...
Uwe Vitz - 28. Jan, 10:37

Web Counter-Modul

Suche

 

Status

Online seit 6150 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 5. Feb, 03:55

Credits


Profil
Abmelden
Weblog abonnieren