Mittwoch, 19. Mai 2010

Würfelwelt 69

Das Vermächtnis 1
(Der Bund von Torn)
von Christel Scheja

Schritt um Schritt kämpfte ich mich durch den lockeren Sand die Düne hinauf, dahinter, so wusste ich, würde ich bald felsigeren Boden erreichen und einem ausgetrockneten Wadi folgend, eine Oase, finden. Ich zog das Tuch weiter über meine Stirn um die wabernde Hitze und das Gleißen des Sandes besser von meinem Gesicht abzuhalten. Als ich den Grad erreicht hatte, atmete ich auf, blickte ich doch hinab, auf eine Talsenke die in Felsen auslief. Dort unten würde ich mich einen Moment ausruhen können. Oder sollte ich besser hier oben im Schutze eines Überhanges rasten?
Nein, noch nicht!
Energisch schüttelte ich den Kopf. Bei den Sonnen!
So lange war ich doch wirklich noch nicht unterwegs und die zweite Sonne hatte noch nicht einmal den Zenit erreicht. Zum Glück war um diese Jahreszeit nur eine der beiden Sonnen über der Ebene. Immerhin war ich erst in der Morgendämmerung aufgebrochen um das s`kima zu erfüllen. Ich lächelte. Das war ein Vermächtnis, das alle Erstgeborenen der Sippe Al’Ruth zu erfüllen hatten, um zu beweisen, dass sie eines Tages fähig sein würden, die Herrschaft über den Stamm zu übernehmen. Es war keine Prüfung des Mutes, der Ausdauer und der Körperkraft, sondern eine des Geistes. Schon mein Vater und dessen Vater waren zuvor fort gegangen, um sich der großen Mutter Wüste hinzugeben und zu verstehen zu lernen, wie wir mit und in ihr leben sollten. Ich sollte die Stimme einer Sonne vernehmen und mich ihrem Ratspruch beugen. So war ich guten Mutes, und die Alten erzählten, dass kein Prüfling länger als einen Tag in der Wüste verbracht habe, und nur selten einer nicht zurückkehrte.
Du wirst deine Schritte mit dem Wind lenken und dem Lauf der Sonne flogen. Wenn du dich in der Nacht niederlegst werden Träume über dich kommen, Visionen, die dich leiten werden!´ hatte mir mein Vater zum Abschied mitgegeben. ` Sieh nicht mit deinen Augen, sondern mit deinem Herzen. Viele seltsame Dinge werden geschehen und vielleicht wirst du einen Hauch des verlorenen Imai spüren, aus dem unsere Ahnen vor vielen Generationen verbannt wurden. Es war gerecht, so, denn sie hatten den Bund mit der Mutter und der s´tai vergessen..“
Ismai.. Ich schloss die Augen, um mich an die Worte der Großmutter zu erinnern.. war ein blühender Garten gewesen, gespeist von Quellen, die nie versiegten, mit Orten, die sonnendurchflutet und doch geschützt waren. Mit weiten Hallen aus prunkvollen Stein. Doch als seine Bewohner überheblich wurden und die Wüste schändeten und ihrer Schätze beraubten, war der schreckliche Zorn der Mutter über sie gekommen und hatte die Frevler getötet und die weniger Schuldigen aus dem heiligen Ort vertrieben, auf dass sie ihr Leben in der Einöde fristen und ihre Taten bereuen mochten.
Mit diesem Wissen zum Geleit war ich losgezogen. Vor Wind und Sonne durch mein helles Gewand und den Schleier gut geschützt und mit einem Wassersack auf der Schulter, der meinen Durst lindern sollte.
Um mich abzulenken, dachte ich an meine Schwester, die am selben Tag wie ich das Licht der beiden Sonnen erblickt hatte. Kymarah befand sich schon seit einem Jahr nicht mehr in den Zelten des Stammes, sondern war zu den Ufern des großen Stromes gereist, um dort von den weisen Männern und Frauen zu einer Sham´al Ur gemacht zu werden Sie lernte dort die geheimen Künste und das Wissen der Götter kennen und würde erst wieder zu uns zurückkehren, wenn sie. Wie ich jetzt, eine Prüfung bestand.
„ Ich wünschte, ich könnte bei dir sein, Schwester.“ Murmelte ich leise und unterdrückte die Frage, was sein würde wenn sie diese nicht bestand? Würde sie in Schande zu uns zurückkommen oder gar nicht mehr?
Ich schluckte, denn für einen Moment glaubte ich, mich an einem anderen Ort zu befinden, an dem kühl und dunkel war und kein Laut zu vernehmen war, außer meinem eigenen Atem und dem Pochen meines Herzens. Im nächsten Moment jedoch schrie ich auf und ruderte mit den Armen, als ich den Halt
unter meinem Füßen verlor und. zu fallen und rutschen begann!
Wie hatte ich nur so dumm sein können?
Jedes kleine Kind lernte doch schon früh, dass man beim Herabsteigen einer Düne
nicht träumen, durfte, sonst konnte es einem übel bekommen! Ich stolperte und stürzte in.
den Sand, überschlug mich, rollte und
rutschte unaufhaltsam nach unten. Immer.
wieder versuchte ich. Halt zu finden, aber
das war vergeblich. Plötzlich tat sich unter
mir ein dunkles Loch auf, das mich wie ein
hungriges R'abun verschlang.


Nachdem ich den bitteren Trank der. Erkenntnis zu mir genommen hatte, war ich in
einen tiefen Schlaf gesunken und erst wieder in der Dunkelheit und Kühle eines unterirdischen Raumes erwacht; Ich atmete den bitteren Duft von Lehm' und Erde ein und lauschte der Stille, denn mehr vermochte ich nicht zu tun. Mein Körper war wie gelähmt,
obgleich ich den Hauch eines Windzuges auf meiner nackten Haut spüren konnte.
Ein kalter Schauder lief über meine Haut und ich fragte mich verwirrt, ob meine Prüfung schon begonnen hatte. Sicher, meine Lehrer hatten vom Schoß der Erde gesprochen, in den ich mich begeben musste, um die Göttin zu erwarten, aber das sah nicht wie eine Tempelhalle aus. Auf mich wirkte es eher wie ein Verließ. Was hatte ich zu erwarten? Als die Angst in mir hinauf kroch, dachte ich, um mich abzulenken, an meinen Bruder Kiman, die andere Hälfte meiner Seele. Was tat er jetzt wohl gerade? Ich lächelte innerlich. Sicher war, er schon los gezogen, um das s'kima zu erfüllen, die Reise in die Wüste, die er, durchführen musste, um als Nachfolger unseres Vaters anerkannt zu werden und bestimmt hatte er es bereits bestanden. Denn er war klug und geschickt.
Ich wünschte mir, endlich wieder bei ihm zu sein, so sehr sehnte ich mich nach ihm. Ihn in die Arme zu nehmen, mit ihm zu reiten und an den Feuern zu sitzen. Wir hatten uns so viel zu erzählen..
Und dann war mir plötzlich, als spürte ich den warmen Hauch des Windes an meiner Wange, hörte sein beständiges Säuseln, das ich so sehr vermisste, seit ich an diesen Ort gekommen war, dieses riesigen Haus aus Stein. Ich dachte wehmütig an unsere Kindheit in den Zelten des Stammes, in der wir beide
glücklich und unzertrennlich gewesen waren und hatten die Freiheit genossen. Seit ich hier war, hatte ich den Tempelbezirk nicht mehr verlassen dürfen, und wenn ich nicht gerade die alten Riten der Göttin erlernte, Dienerpflichten wie das Reinigen und Flicken der Gewänder, erfüllen müssen.
Die Rh'kem waren freundlich und geduldig, und sie wussten so viel, aber ich fragte inzwischen, wie ich das Wissen, das sie mir vermittelt hatten, in den Zelten anwenden konnte, wie ich der Mutter dienen sollte, wenn die Hälfte der Dinge, fehlte, die ich für die Riten brauchte, oder viel zu teuer waren wie etwa der Weihrauch, den wir in den Andachten verbrannten. Dennoch hatte ich gehorsam gelernt, um mein Volk nicht, zu enttäuschen und die Monate waren dahingeflogen wie ein Blatt im Wind. Schneller als erwartet, war die Zeit der Prüfung gekommen.
Die Priester hatten mich aus den Hallen der Schüler gerufen und. ich hatte drei Tage gefastet, um mich von allem irdischen zu reinigen und nur das Wasser der heiligen Quellen zu mir genommen.
Dann schreckte mich ein Licht das an der Decke erschien auf. Es war nur ein Funke,
aber er genügte, um mich zu Blenden. Mit einem klagenden Laut schloss ich die Augen und hielt den Atem aus Schreck an, denn da war noch etwas anderes....
Früher hätte ich das Geräusch nicht so klar und deutlich vernommen. Mein Herz begann heftig zu pochen, doch noch immer konnte ich kein Glied rühren. In mir schrie alles nach Flucht, denn ich. kannte den Laut nur zu gut! Die Alten ahmten ihn nach, und behaupteten, dass ihn einer von uns nur an dem Tag vernähme, an dem er stürbe.
Ssskt. Ssskt.
Ich wusste, dass sich mir eine Sh'ar- Viper näherte. Ihr Biss tötete sofort. Sie war auch die Todesbotin der Göttin, deren, anderer Name Mutter der Schlangen war.
Ich schloss die Augen und schluckte. Verzweiflung stieg in mir auf. Hatte ich versagt und die Göttin strafte, mich nun auf diese Weise?

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